VwGH vom 21.06.2000, 97/09/0326
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des H in Wien, vertreten durch Dr. Egbert Schmid und Dr. Michael Kutis, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 113, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 49/6-DOK/97, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Oberrevident (im Postdienst) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist als Systemtechniker beim Fernsprechbetriebsamt Wien tätig.
Mit dem (nach durchgeführter mündlicher Verhandlung ergangenen) Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig befunden,
"den Vorladungen zum Anstaltsarzt für den , 9 Uhr, für den , 8 Uhr, und für den , 8.15 Uhr, ohne Angabe rechtfertigender Gründe keine Folge geleistet zu haben.
Durch sein Verhalten hat ORev H gegen die Pflicht des Beamten, seine Vorgesetzen zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979) sowie gegen die Pflicht des Beamten, der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesend ist, sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen (§ 52 Abs. 2 leg. cit.) verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 leg. cit. schuldig gemacht.
Es wird deshalb über ihn gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von S 7000,-- verhängt.
Die Abstattung der Geldbuße wird gemäß § 127 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 in sieben Monatsraten bewilligt.
Der Beschuldigte hat allfällige Kosten des Verfahrens gemäß § 117 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 zu ersetzen."
Die Disziplinarkommission erster Instanz legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die folgenden Sachverhaltsfeststellungen zu Grunde:
"H befand sich vom bis auf Kur. Am meldete er sich krank. Daraufhin wurde er für den , 9 Uhr, zum Amtsarzt vorgeladen. Da er dieser Vorladung nicht nachkam, wurde noch am selben Tag ein Kontrollarzt zu ihm nach hause geschickt. Da dieser H jedoch nicht antraf, hinterließ er eine Vorladung zum Anstaltsarzt für den , 8 Uhr, im Postkasten. H leistete dieser Vorladung wiederum keine Folge und wurde für den , 8.15 Uhr, zum Anstaltsarzt vorgeladen. Dieser Vorladung leistete er abermals keine Folge. Der neuerlichen Vorladungen für den 24. Oktober1996,
10.30 Uhr, kam er nach.
Anschließend in der Abteilung fünf niederschriftlich einvernommen, gab der Bedienstete an, von den Vorladungen zum Anstaltsarzt für den und für den keine Kenntnis gehabt zu haben. Er habe keine Verständigung hierüber vorgefunden. Auf die Frage, warum ihn der Kontrollarzt am nicht zu Hause angetroffen hätte, gab er an, nichts von einem Kontrollarztbesuch zu wissen. Es habe niemand geläutet und es habe sich niemand bei ihm gemeldet. Auf eindringlicheres Befragen meinte er, am die meiste Zeit zu Hause gewesen und im Bett gelegen zu sein. Schließlich gab er an, an diesem Tag gegen Nachmittag beim Arzt gewesen zu sein. Ihm wurde aufgetragen, eine Bestätigung hierüber vorzulegen. Er gab weiters an, keine Verständigung vom Kontrollarzt vorgefunden zu haben. Er könne sich nicht erinnern, irgendetwas von einem Kontrollarzt gehört oder eine Benachrichtigung gefunden zu haben. Die Vorladung für den habe er in der Früh im Briefkasten vorgefunden und sei zum Anstaltsarzt gekommen.
Laut telefonischer Auskunft der Personalstelle des FSBA Wien wurde das Telegramm mit der Vorladung zum Anstaltsarzt für den am abgeschickt und das Telegramm mit der Vorladung zum Anstaltsarzt für den wurde am abgeschickt. Eine Rückfrage beim zuständigen Abgabepostamt 1220 Wien ergab, dass es sich bei der Tschudigasse 19 - wo H wohnhaft ist - um ein Einfamilienhaus handelt. Beide Telegramme waren laut Zustellkarten in den Briefkasten eingeworfen worden. Eine Nachfrage beim Krankenreferat ergab, dass der Kontrollarzt Dr. Schidla, als er H am , um 14.45 Uhr, zu Hause nicht angetroffen hatte, die Vorladung zum Anstaltsarzt für den , 8 Uhr, in den Postkasten geworfen hatte. Am langte eine Bestätigung von Dr. Neuwirth, praktischer Arzt, ein, dass H am in der Zeit von 13.30 Uhr bis 14.45 Uhr in ihrer Ordination gewesen sei."
Die Disziplinarkommission erster Instanz führte zur Begründung aus, den vorliegenden Zustellkarten sei zu entnehmen, dass die beiden Diensttelegramme vom Zusteller in den Briefkasten eingelegt worden seien. Nach seinen Angaben habe der Kontrollarzt Dr. Schidla die Vorladung zum Anstaltsarzt für den in den Postkasten persönlich eingeworfen. Es stehe somit fest, dass die Vorladungen von zwei verschiedenen Personen, die einander nicht kennen, in den Briefkasten eingelegt worden seien. Diese Vorgangsweise erscheine der Disziplinarkommission auch durchaus glaubwürdig. Der Beschwerdeführer habe keinen Beweis dafür erbracht, dass die Telegramme nicht in seinen Briefkasten eingelegt worden seien. Er habe lediglich behauptet, keine Kenntnis von den Vorladungen erlangt zu haben, nicht aber, dass die Vorladungen nie eingelegt worden seien. Die Disziplinarkommission sei daher zu dem Schluss gekommen, dass in allen drei Fällen die Vorladungen zum Anstaltsarzt auch tatsächlich in den Briefkasten des Beschwerdeführer eingelegt worden seien. Zur Behauptung des Beschwerdeführers, dass sein Briefkasten öffentlich zugänglich sei und jedermann die im Briefkasten einliegende Postsendungen herausnehmen könne, sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer - nach dem ihm diese Möglichkeit zumindest seit der letzten Disziplinarverhandlung bekannt habe sein müssen - dies weiterhin geduldet habe und offensichtlich damit einverstanden gewesen sei. Es wäre für den Beschwerdeführer ein Leichtes gewesen, in der Zwischenzeit einen versperrbaren und nur mit Schlüssel zugänglichen Briefkasten zu montieren. Hinzu komme, dass gerade von einem Beamten der PTA erwartet werden dürfe, dass dieser für eine klaglose Postzustellmöglichkeit vorsorge. Da der Beschwerdeführer selbst angebe, auch andere Postsendungen (z.B. einen Kontoauszug im Februar 1997) nicht erhalten zu haben, könne im gegenständlichen Fall auch nicht von einem für ihn unvorhersehbaren Ereignis gesprochen werden. In rechtlicher Hinsicht sei davon auszugehen, dass gemäß § 171 der Postordnung die Zustellung nicht bescheinigter Postsendungen ordnungsgemäß sei, wenn sie an der Abgabestelle zurückgelassen oder im Briefkasten eingelegt werden, die an der Abgabestelle des Empfängers (Briefeinwurf) oder mehrere Empfänger in der Nähe des Gebäudeeinganges (Hausbrieffachanlage) oder für Empfänger im Landzustellbezirk an einer geeigneten Stelle im Freien (Abgabebriefkasten) angebracht seien. Da auf Grund des Beweisverfahrens bewiesen sei, dass die Vorladungen zum Anstaltsarzt in den Briefkasten des Beschwerdeführer eingelegt worden seien, sei die Zustellung dieser nicht bescheinigten Postsendungen auf Grund der einschlägigen Vorschriften der Postordnung ordnungsgemäß erfolgt. Sämtliche Ladungen seien daher bereits in den persönlichen Bereich des Beschwerdeführer eingegangen. Es sei ihm daher die Nichtbefolgung der Weisung sich einer anstaltsärztlichen Untersuchung zu unterziehen zuzurechnen.
Mit dem (in nichtöffentlicher Sitzung) im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis bestätigt.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung des bisherigen Verwaltungsgeschehens wie folgt aus:
"Aus dem von der Erstinstanz erhobenen und vom erkennenden Senat nicht angezweifelten Sachverhalt geht hervor, dass die beiden entscheidungsrelevanten Diensttelegramme dem Beschuldigten ordnungsgemäß zugestellt worden und daher wirksam zugegangen sind. Der Beschuldigte konnte diese Tatsache zu keinem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung widerlegen. Er behauptete nur, nicht von den Vorladungen zum Anstaltsarzt Kenntnis bekommen zu haben. Diese Behauptung, aber auch jene, sein Briefkasten wäre jedermann zur Entnahme der Post offen gestanden, ist für die ordnungsgemäße erfolgte Zustellung von Postsendungen unerheblich. Dies deshalb, weil gemäß der einschlägigen Bestimmung des § 171 Postordnung die Zustellung nicht bescheinigter Postsendungen dann ordnungsgemäß ist, wenn sie an der Abgangsstelle zurückgelassen wird oder im Hausbriefkasten eingelegt worden ist. Entscheidend für den wirksamen Zugang von Postsendungen ist ihr Gelang in die Sphäre des Empfängers. Der erkennende Senat sieht sich nicht dazu veranlasst, die schlüssigen und rechtsrichtigen Ausführungen der Disziplinarbehörde erster Instanz in Zweifel zu ziehen, zumal es im Hinblick auf die Rechtsfolgen unerheblich sein muss, ob der Empfänger vom Inhalt ordnungsgemäß zugestellter Postsendungen Kenntnis erlangt hat. Diesfalls läge es am Willen des Empfängers darüber zu entscheiden, welche Postsendungen ihm nun tatsächlich zugegangen sind. Das widerspricht jedenfalls der Intention des Gesetzgebers. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen in dem Recht verletzt, nicht der ihm angelasteten Dienstpflichtverletzungen schuldig erkannt und dafür disziplinär bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und/oder Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist gemäß § 91 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) nach diesem Abschnitt (das ist der 9. Abschnitt "Disziplinarrecht") zur Verantwortung zu ziehen.
Gemäß § 44 Abs. 1 BDG 1979 hat der Beamte seine Vorgesetzen zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes Bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
Der Beamte kann nach Absatz 2 dieser Gesetzesstelle die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder eine Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
Hält der Beamte eine Weisung eines vorgesetzten Beamten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er zufolge Abs. 3 leg. cit., wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.
§ 52 BDG 1979 regelt die ärztliche Untersuchung. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen. Wenn es zur zuverlässigen Beurteilung erforderlich ist, sind Fachärzte heranzuziehen. Eine Anordnung im Sinne des ersten Satzes ist spätestens drei Monate nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längsten drei Monaten zu erteilen.
Gemäß § 118 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 ist das Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt.
Gemäß § 126 Abs. 1 BDG 1979 hat die Disziplinarkommission bei der Beschlussfassung über das Disziplinarerkenntnis nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der mündlichen Verhandlung vorgekommen ist. Dies gilt auch für die Disziplinaroberkommission, wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist.
Gemäß § 125 a Abs. 1 BDG 1979 (in der im Beschwerdefall zufolge
§ 243 Abs. 6 leg. cit. geltenden Fassung vor der 1. BDG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 61/1997, und der 1. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 123/1998) kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt nach der Aktenlage hinreichend geklärt ist und die Parteien nicht ausdrücklich in der Berufung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt haben.
Ungeachtet eines Parteienantrages kann zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle die Disziplinaroberkommission von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn die Berufung zurückzuweisen, die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen oder ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist.
§ 1 Zustellgesetz regelt seinen Geltungsbereich. Nach Abs. 1 dieser Gesetzesstelle regelt dieses Bundesgesetz die Zustellung der von Gerichten und Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zur übermittelnden Schriftstücke sowie die durch sie vorzunehmende Zustellung von Schriftstücken ausländischer Behörden.
Bei Zustellungen ohne Zustellnachweis durch Organe der Post gelten nach dem bis Ablauf des in Geltung gestandenen Abs. 3 leg. cit. neben den Vorschriften über die Zustellung von Postsendungen nur die §§ 6, 7, 8 Abs. 1, 9 bis 12 und sinngemäß auch § 26 Abs. 2 dieses Bundesgesetzes.
Gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor dem BGBl. I Nr. 158/1998) gelten Zustellungen im Sinne des Abs. 1 (das sind Zustellungen ohne Zustellnachweis) als mit dem dritten Werktag nach der Übergabe an die Gemeinde oder den behördlichen Zusteller bewirkt, es sei denn, es wäre behauptet, die Zustellung sei nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen worden. In den Fällen der Mitteilung des Inhalts von Erledigungen im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in einer anderen technisch möglichen Weise gilt die Zustellung im Zeitpunkt der Mitteilung als bewirkt. Im Zweifel obliegt es der Behörde, die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung nachzuweisen. War der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 im Zeitpunkt der Zustellung vorübergehend von der Abgabestelle abwesend, so wird die Zustellung er mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Dies gilt im Falle der Mitteilung des Inhalts von Erledigungen im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in einer anderen technisch möglichen Weise auch dann, wenn die Mitteilung an eine Stelle erfolgt ist, die außerhalb einer Abgabestelle im Sinne des § 4 liegt und der Empfänger überdies von den Abgabestellen im Sinne des § 4 abwesend war.
Im Beschwerdefall geht es darum, ob der Beschwerdeführer Anordnungen nach § 52 Abs. 2 BDG 1979 - diese sind als Weisungen zu verstehen (vgl. in dieser Hinsicht das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/12/0108) -, sich einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen, schuldhaft nicht befolgt hat. Strittig ist dabei allein, ob diese Weisungen rechtzeitig und wirksam dem Beschwerdeführer gegenüber erlassen (bekannt gemacht) und derart für ihn verbindlich wurden.
Die Disziplinarbehörden haben dabei die Rechtslage wie folgt verkannt:
Für die Erlassung von Weisungen besteht keine Formvorschrift; es ist demnach jede Art der Erlassung (mündlich, telefonisch, schriftlich, etc.) zugelassen. Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift daher meint, sie bzw. die Dienstbehörde sei sich "der Beweisproblematik bei der Zustellung nicht bescheinigter Postsendungen bewusst", ist darauf zu verweisen, dass die Wahl dieser Art der Bekanntmachung der Weisungen allein der Behörde oblag, sie statt dieser Publikationsart auch eine andere (im konkreten Fall zweckdienlichere) Art hätte wählen können, jedenfalls ein aus dieser Art der Publikation resultierender Beweisnotstand nicht zum Nachteil des Disziplinarbeschuldigten oder zu einer Umkehr der Beweislast (wie dies etwa die Behörde erster Instanz anzunehmen scheint) führen kann.
Die belangte Behörde hat keine mündliche Verhandlung durchgeführt und im Berufungsverfahren keine Beweise aufgenommen. Im Disziplinarverfahren gilt der Grundsatz der Unmittelbarkeit (vgl. hiezu Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, zweite Auflage 1996, Seite 362 f und die dort angegebenen weiteren Nachweise). Das von der Disziplinarkommission erster Instanz unter Beachtung dieses Grundsatzes durchgeführte Beweisverfahren (mündliche Verhandlung vom ) erschöpfte sich in einer Vernehmung des Beschwerdeführers und in einer Erörterung von Zustellkarten (betreffend die beiden Diensttelegramme); andere Beweisergebnisse, die unter Beachtung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit aufgenommen worden sind, liegen nicht vor.
Vor dem Hintergrund dieser Beweislage haben die Disziplinarbehörden verkannt, dass ein Beweis dafür, die (unbeachtet gebliebenen) Weisungen seien dem Beschwerdeführer rechtzeitig und wirksam bekannt gemacht worden, fehlt. Auch bei "strengster Würdigung" dieser Beweisergebnisse kann aus der Aussage des Beschwerdeführers nicht schlüssig gefolgert werden, er habe die unbeachtet gebliebenen Anordnungen zur ärztlichen Untersuchung rechtzeitig erhalten und danach nicht befolgt. Den erörterten Zustellkarten ist lediglich zu entnehmen, wann die Diensttelegramme abgefertigt und diese Zustellungen erledigt wurden, nicht aber darüber hinaus gehende Nachweise über die Ausführung dieser Zustellvorgänge und den Empfang der Sendungen.
Ungeachtet der aus Sicht des Beschwerdefalles nicht relevanten und daher nicht zu lösenden Frage, ob schriftliche Weisungen überhaupt nach den Zustellvorschriften zugestellt werden können (vgl. in dieser Hinsicht die Ausführungen von Kucsko-Stadlmayer, a. a.O., Seite 153), haben die Disziplinarbehörden nämlich jedenfalls unberücksichtigt gelassen, dass bei der gewählten Art der Zustellung ohne Zustellnachweis zufolge der sinngemäß anzuwendenden Bestimmung des § 26 Abs. 2 Zustellgesetz derartige Zustellungen erst als mit dem dritten Werktag nach der Übergabe bewirkt gelten; der Nachweis einer früheren Übernahme durch den Beschwerdeführer fehlt im Beschwerdefall unbestrittenermaßen. Demnach gelten die von den Disziplinarbehörden als entscheidungsrelevant angesehenen Diensttelegramme, die unbestrittenermaßen am (Telegramm Nummer 142) bzw. am (Telegramm Nr. 180) abgeschickt wurden, erst als am bzw. am an den Beschwerdeführer zugestellt, sodass die mit diesen Telegrammen angeordneten ärztlichen Untersuchungen (am bzw. am ) erst verbindlich wurden, als der Beschwerdeführer diese Anordnungen wegen Zeitablaufes nicht mehr befolgen hatte können.
Die Disziplinarbehörden haben verkannt, dass die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folgen dafür auf sich nehmen muss, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis - wie im Beschwerdefall - hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muß - mangels Zustellnachweises - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht - wie im Beschwerdefall - muß die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage 1998, Seite 2046, E 1-3 wiedergegebene Judikatur).
Ausgehend von der im Beschwerdefall gegebenen Beweislage, wonach nicht bzw. für einen Schuldspruch nicht hinreichend nachgewiesen werden konnte, dass die unbeachtet gebliebenen Anordnungen nach § 52 Abs. 2 BDG 1979 dem Beschwerdeführer (rechtzeitig) bekanntgemacht wurden, hätte die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht disziplinär bestrafen dürfen (vgl. zum Erfordernis des Nachweises einer Dienstpflichtverletzung § 118 Abs. 1 Z 2 BDG 1979). Eine Regel, wie § 5 Abs. 1 VStG sie für Ungehorsamsdelikte normiert, besteht im Disziplinarverfahren jedenfalls nicht.
Ein weisungswidriges Verhalten kann dem Beschwerdeführer nur dann vorgeworfen werden, wenn ihm die Weisung tatsächlich bekannt war oder ihm vorzuwerfen ist, dass sie ihm nicht bekannt geworden ist. Beides hat die belangte Behörde nicht hinreichend dargetan.
Die belangte Behörde belastete somit, indem sie das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis zu Unrecht bestätigte, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am