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VwGH vom 09.11.2000, 99/16/0396

VwGH vom 09.11.2000, 99/16/0396

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, Haunspergstraße 33, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. ZRV/12-13/96, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Zollabrechnungsbescheid vom schrieb das Hauptzollamt Wien dem Beschwerdeführer gemäß § 80 Abs. 1 ZollG 1988 für das Fahrzeug Pkw Mercedes Benz, Typ 300 E,

FGNr WDB 1400321A026741, Baujahr 1991, ungarisches

Kennzeichen V 03484, S 83.486,-- Einfuhrumsatzsteuer vor und verhängte einen Säumniszuschlag in Höhe von S 1.670,--.

Die Zollbehörde erster Instanz ging dabei davon aus, der Beschwerdeführer habe für dieses Fahrzeug im Jahr 1992 unzulässigerweise den formlosen Eingangsvormerksverkehr in Anspruch genommen, obwohl sein gewöhnlicher Wohnsitz im Zollgebiet gelegen sei.

Gegen diesen Bescheid berief der Beschwerdeführer, wobei er unter anderem die Unzuständigkeit des Hauptzollamtes Wien und den Umstand geltend machte, er hätte 1992 seinen Wohnsitz in Ungarn gehabt.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie die Zuständigkeit des Hauptzollamtes Wien als Zollbehörde erster Instanz für gegeben erachtete und der Behauptung des Beschwerdeführers, seinen Wohnsitz 1992 im Zollausland gehabt zu haben, keinen Glauben schenkte.

Die belangte Behörde stützte sich dabei insbesondere auf folgende Erwägungen:


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Der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung weder das Original noch eine beglaubigte Kopie des Mietvertrages betreffend die von ihm angegebene Wohnung in Budapest vorgelegt; ebensowenig beglaubigte Übersetzungen von Belegen über Strom-, Gas- und Wasserbezug;
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Der behauptete Vermieter habe bei seiner Vernehmung durch das hauptstädtische Fahndungsamt der Zoll- und Finanzwache Budapest angegeben, dass der Beschwerdeführer an der behaupteten Adresse praktisch nie gewohnt habe;
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Auch der an der behaupteten Adresse wohnhafte Czaba Rizi habe angegeben, dass der Beschwerdeführer an der behaupteten Anschrift nie gewohnt habe, ja dass dort nie ein Ausländer gewohnt habe;
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Der Beschwerdeführer habe nach Vorhalt dieser Beweisergebnisse dazu nur gemeint, er müsse nicht dort wohnen, wo er gemeldet sei;
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Die Angaben der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers Andrea Nador vom (sie wohne seit einem Jahr mit dem Beschwerdeführer in Budapest zusammen) seien durch die Aussage des Czaba Rizi widerlegt, der angegeben habe, auch Andrea Nador habe an der angegebenen Adresse nie gewohnt;
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Aus einem Schreiben des vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Wolfgang Grell ergebe sich nur, dass dieser in Erfahrung gebracht hätte, dass der Beschwerdeführer in Budapest eine Wohnung gemietet hätte, und zwar die Wohnung zweier ungarischer Gastwirte, die von ihm ein Restaurant gepachtet hätten; aus dem Schreiben des Wolfgang Grell gehe aber hervor, dass dieser am 8. und den Beschwerdeführer in Budapest gesucht, aber weder ihn noch sein Fahrzeug dort angetroffen habe. Er habe aber (am ) den Beschwerdeführer in der Wohnung seiner Eltern in Wien 3, Arsenal Objekt 8c Stiege 3 angetroffen; ein Brief Grells an die Budapester Anschrift des Beschwerdeführers sei als unzustellbar zurückgekommen;
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Aus der Aussage des Norbert Bily ergebe sich nur, dass der Beschwerdeführer in einem Restaurant in Ungarn über ein Zimmer (Personalunterkunft) verfüge und dass der genannte Zeuge ein Angebot des Beschwerdeführers, er könne dort wohnen, "aus hygienischen Gründen" abgelehnt habe;
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Aus (bei einer Hausdurchsuchung in der Wohnung in Wien 3 aufgefundenen) Kalenderaufzeichnungen gehe hervor, dass sich der Beschwerdeführer in den Jahren 1991, 1993 und 1994 in Ungarn nur 55 bzw. 142 bzw. 37 Tage, dagegen aber in Österreich 285 bzw. 210 bzw. 215,5 Tage aufgehalten habe;
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Der Beschwerdeführer sei auch einer Aufforderung der Behörde, Belege über die Bestreitung seiner Lebenshaltungskosten in Ungarn vorzulegen, nicht nachgekommen;
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Durch eine Mitteilung des ungarischen Fahndungsamtes der Zoll- und Finanzwache Budapest sei die Behauptung des Beschwerdeführers, er versteuere sein gesamtes Einkommen in Ungarn widerlegt; der Beschwerdeführer sei beim Amt für Steuer- und Finanzkontrolle nicht registriert und entrichte in Ungarn keine Steuern;
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Eine Rechtshilfevernehmung der vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen Janos Moldovan, Hannes Schlager, Vilmos Karpati und Andrea Nador in Ungarn sei daran gescheitert, dass diese Personen von der ungarischen Rechtshilfebehörde nicht ausgeforscht werden konnten. Der Beschwerdeführer habe trotz Vorhalts dazu nur seinen Antrag auf Vernehmung dieser Personen wiederholt;
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Auch die vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen Laszlo Kiss, Michaly Solti, Petras Laszlo und Adam Pusztai seien zu ihrer Einvernahme nicht erschienen. Aus einem Schreiben des Petras Laszlo ergebe sich nur, dass dieser den Beschwerdeführer gar nicht kenne;
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Der Beschwerdeführer selbst habe in seiner Stellungnahme vom zugegeben, dass er sich etwa fünf bis sechs Tage pro Monat in der Wohnung seines Vaters in Wien 3, Arsenal Objekt 8c/3/12, aufhalte, wo er sein Jugendzimmer benutze;
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Die als Zeugin vernommene Hausbesorgerin des Objektes 8c im Arsenal habe angegeben, dass sie den Beschwerdeführer seit 1990 kenne; er halte sich manchmal täglich dort auf;
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Erhebungen der Großbetriebsprüfung Wien hätten für den Zeitraum 1984 bis 1994 ergeben, dass Belege über die Bestreitung des Lebensunterhaltes des Beschwerdeführers in Österreich existieren.
Zum Wert des Fahrzeuges des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde darauf hin, dass sie diesen Wert der Eurotaxliste für 1992 entnommen habe; der Beklagte habe einen von ihm angekündigten Sachverständigenbeweis nicht vorgelegt und die Behörde habe selbst ein Sachverständigengutachten nicht erstellen lassen können, weil das Fahrzeug dem Beschwerdeführer wieder ausgefolgt worden sei.
Von diesen Umständen ausgehend erachtete die belangte Behörde den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers im Jahr 1992 als in Österreich gelegen. Der Beschwerdeführer sei daher nicht berechtigt gewesen, für das Fahrzeug den formlosen sicherstellungsfreien Vormerkverkehr in Anspruch zu nehmen. Für den Beschwerdeführer sei daher die gemäß § 177 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 2 ZollG 1988 bedingt entstandene Zollschuld schon mit dem Verlassen des Amtsplatzes gemäß § 177 Abs. 3 lit. e leg. cit. unbedingt und gemäß § 175 Abs. 2 ZollG 1988 gleichzeitig auch fällig geworden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, weder Einfuhrumsatzsteuer noch einen Säumniszuschlag entrichten zu müssen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt inhaltlicher Rechtswidrigkeit rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde auf den Beschwerdefall noch das Zollgesetz 1988 angewendet hat.
Dazu ist der Beschwerdeführer (zur Vermeidung weitwendiger Ausführungen) kurz darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, dass auf Sachverhalte, in denen die Zollschuld schon von dem Betritt Österreichs zu den Europäischen Gemeinschaften entstanden ist, noch die für Zeitraum vor dem Betritt geltende Rechtslage anzuwenden ist (vgl. dazu z.B. die von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift zu Recht zitierten hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/16/0073 und vom , Zl. 97/16/0512 sowie die dort jeweils angeführte hg. Vorjudikatur). Damit ist die materielle Rechtsrüge der Beschwerde bereits erledigt.
Insoweit die Beschwerde zur Frage der Zuständigkeit der eingeschrittenen Zollbehörde erster Instanz ungeachtet der eingehenden Darlegungen im angefochtenen Bescheid weiterhin den Standpunkt vertritt, das Hauptzollamt Wien sei zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sachlich nicht zuständig gewesen, ist auf folgendes zu verweisen: Die Beschwerde begründet ihren Standpunkt wörtlich damit, dass das Zollamt Nickelsdorf als Zollamt erster Klasse befugt gewesen sei "alle Arten von Waren, die im Zollrecht vorgesehen sind, zollrechtlichen Bestimmungen zuzuführen". Die Beschwerde hat mit dieser Formulierung offenbar die Kompetenz im Auge, die den Zollämtern erster Klasse durch § 14 a Abs. 2 Z. 1 AVOG (idF BGBl. Nr. 516/1995) übertragen wurde.
Danach sind die Zollämter erster Klasse befugt, "1. alle Arten von Waren den im Zollrecht vorgesehenen zollrechtlichen Bestimmungen zuzuführen."
Gemäß Art. 4 Z 15 ZK sind zollrechtliche Bestimmungen einer Ware die folgenden Vorgänge:
"a) Überführung in ein (der in Z. 16 erschöpfend aufgezählten) Zollverfahren;
b)
Verbringung in eine Freizone oder in ein Freilager;
c)
Wiederausfuhr aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft;
d)
Vernichtung oder Zerstörung;
e)
Aufgabe zu Gunsten der Staatskasse."
Da die Erlassung eines Zollabrechnungsbescheides gemäß § 80 Abs. 1 ZollG 1988 jedenfalls nicht zu diesen Vorgängen gehört, ergibt sich daraus - ungeachtet des Umstandes, dass das Zollamt Nickelsdorf nach Anlage 1 zu § 1 der VO des BM f. Fin., BGBl. Nr. 38/1995 ein Zollamt erster Klasse ist - nicht die sachliche Unzuständigkeit des Hauptzollamtes Wien betreffend die Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides vom . Vielmehr war das Hauptzollamt Wien gemäß § 14 Abs. 1 AVOG (idF BGBl. Nr. 516/1995) die für die Länder Wien, Niederösterreich und Burgenland zuständige Zollbehörde erster Instanz.
Somit geht auch die Behauptung der Beschwerde, dem angefochtenen Bescheid hafte Rechtswidrigkeit seines Inhaltes an, weil die belangte Behörde die Unzuständigkeit der Zollbehörde erster Instanz nicht aufgegriffen habe, ins Leere.
Im Übrigen wendet sich die Beschwerde im Ergebnis lediglich gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde und führt vor allem ins Treffen, die belangte Behörde hätte sich mit den vorliegenden Ergebnissen nicht begnügen, sondern sich vielmehr um die Vernehmung der zuletzt als Zeugen beantragten Personen neuerlich bemühen müssen bzw. die belangten Behörde hätte von den vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden ausgehen müssen. Damit gelingt es der Beschwerde aber - angesichts der oben im Detail wiedergegebenen Umstände - nicht, einen Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde aufzuzeigen. In der von der belangten Behörde vorgenommenen Wertung der oben im Einzelnen wiedergegebenen Erhebungsergebnisse ist nämlich weder ein Verstoß gegen die Denkgesetze zu erblicken noch steht die von der belangten Behörde vorgenommene Würdigung im Widerspruch mit den allgemeinen Lebenserfahrungen.
Insoweit die Beschwerde schließlich einen Verfahrensmangel darin erblickt, dass die belangte Behörde kein Sachverständigengutachten zum Wert des Fahrzeuges eingeholt hat, ist sie darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde selbst ein solches Gutachten gar nicht einholen konnte, weil das Fahrzeug (von der Beschwerde unbestritten) dem Beschwerdeführer ja wieder ausgefolgt worden war. Es wäre daher am Beschwerdeführer gelegen gewesen, durch Einholung und Vorlage eines entsprechenden Gutachtens darzulegen, dass der von der belangten Behörde herangezogene Eurotaxwert unrichtig ist. Bezeichnenderweise legt aber die Beschwerde auch jetzt nicht näher dar, inwieweit und warum der Wert des Fahrzeuges unter dem von der belangten Behörde herangezogenen Eurotaxwert für das Jahr 1992 liegen sollte. Selbst wenn der von der Beschwerde behauptete Verfahrensmangel vorgelegen wäre, hätte es der Beschwerdeführer verabsäumt, die erforderliche Relevanz dieses Mangels zur Darstellung zu bringen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit insgesamt als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Mit Rücksicht auf die einerseits durch die angeführte hg. Judikatur klargestellte und im Übrigen ohnehin einfache Sach- und Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am