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VwGH vom 21.02.1996, 94/16/0093

VwGH vom 21.02.1996, 94/16/0093

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Magistrates der Stadt Wien gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-05/26/00014/93, betreffend Übertretung des Getränkesteuergesetzes für Wien (mitbeteiligte Partei: C in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gegen die mitbeteiligte Partei ergangenen Berufungsbescheid vom wurde folgende Entscheidung getroffen:

"Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird das angefochtene Straferkenntnis wie folgt abgeändert:

"Sie haben es als Geschäftsführer der C HandelsgesmbH., welche persönlich haftende Gesellschafterin der C HandelsgesmbH. & Co KG. ist, unterlassen, die Getränkesteuer

1. für die Zeit vom bis im Betrag von 2.245,--

2. für die Zeit vom bis im Betrag von 43.602,--

3. für die Zeit vom bis im Betrag von 21.783,--

für den Betrieb in W, J-Gasse 9 einzubekennen und zu entrichten.

Sie haben dadurch die Getränkesteuer in der Zeit vom bis verkürzt und dadurch drei Verwaltungsübertretungen begangen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Getränkesteuergesetz für Wien 1971

§ 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz - VStG 1950

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

zu 1.) Geldstrafe von Schilling 700,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden gemäß § 10 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971

zu 2.) Geldstrafe von Schilling 14.000,-- falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen gemäß § 10 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971

zu 3.) Geldstrafe von Schilling 7.000,-- falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen gemäß § 10 Abs. 1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

ad 1.) S 70,--

ad 2.) S 1.400,--

ad 3.) S 700,--

als Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren, d.s. 10% der Strafen

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 23.870,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)."

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Betrag

zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten."

In der Begründung führte die belangte Behörde zur Strafbemessung unter anderem aus, die herabgesetzten Strafen nähmen ausreichend Bedacht auf die als ungünstig zur wertenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gesetzliche Sorgepflicht für zwei minderjährige Kinder sowie auf den Milderungsgrund, daß die Tat schon vor längerer Zeit begangen worden sei und der Täter sich - soweit bekannt - seither wohlverhalten habe. Einer Selbstanzeige komme im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren zwar keine strafaufhebende Wirkung zu, doch sei die Selbstanzeige, da sie zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen habe, bei der Strafbemessung nunmehr als mildernd zu werten.

In den Verwaltungsakten befindet sich folgende vom steuerlichen Vertreter unterfertigte, an den Magistrat der Bundeshauptstadt Wien gerichtete Stellungnahme:

"Anläßlich des Beginnes der Getränkeabgabenprüfung am 13. Feber 1991 wurde von mir dem Prüfungsorgan Amtsrat U gegenüber eine mündliche Selbstanzeige erstattet. Dies deshalb, weil es der Kanzlei infolge Personalausfällen und Arbeitsüberlastung nicht möglich war, berichtigte Getränkeabgabenerklärungen zu erstellen. Diese wären notwendig gewesen, weil infolge verspäteter Nachlieferung von Belegen sich zwangsläufig eine Getränkeabgabendifferenz ergeben hätte. Anläßlich der Bilanzerstellung wurde aber diesem Umstand durch Bildung einer Rückstellung Rechnung getragen.

Das Prüfungsorgan nahm die Selbstanzeige zwar zur Kenntnis, wies aber gleichzeitig darauf hin, daß dieses Institut in der WAO nicht vorgesehen sei. Mein Einwand, daß es in der BAO aber sehr wohl die Einrichtung der Selbstanzeige gäbe, nahm das Prüfungsorgan formell zur Kenntnis. Im Laufe der Prüfung wurde dann nicht mehr über die Selbstanzeige gesprochen. Um aber sicher zu gehen, daß diese Selbstanzeige auch aktenkundig würde, habe ich veranlaßt, daß am die Selbstanzeige auch schriftlich an die Stadtkasse für den 1., 8. und 9. Bezirk abgesandt wurde. Dieses Schriftstück dem Prüfungsorgan zu übergeben schien mir deshalb nicht sinnvoll, weil mir bereits zu Beginn der Prüfung kundgetan wurde, daß die Selbstanzeige nicht möglich wäre.

Ich stelle fest, daß sich mein Mandant im Falle der Nichtanerkennung der Selbstanzeige im Vergleich zu anderen Abgaben benachteiligt fühlt und werde mit im Falle einer Strafverfolgung weitere Schritte überlegen."

Die bereits zitierte, der Stadtkasse übermittelte "Selbstanzeige" hat folgenden Inhalt:

"Hiemit erstatten wir namens unseres Mandanten vor Beginn der Getränkesteuerprüfung die Selstanzeige für die Jahre 1989 und 1990. Es kommt in den erwähnten Jahren zu Differenzen gegenüber den abgegebenen Jahreserklärungen.

Der Fehler passierte, da bei einigen Ausgangsrechnungen vergessen wurde sie bei der Getränkesteuerberechnung zu berücksichtigen, bzw. teilweise auf den Rechnungen eine falsche Getränkesteuer ausgewiesen war. Der Fehler wurde erst bei der Bilanzerstellung, die erheblich später als die Abgabe der Jahreserklärungen erfolgte, erkannt.

Wir bitten Sie die Selbstanzeige zu akzeptieren und von der Vorschreibung einer Strafe Abstand zu nehmen."

Gegen diesen Bescheid erhob der Magistrat der Stadt Wien vor dem Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gemäß § 14a des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, LGBl. für Wien Nr. 53/1990 idF LGBl. Nr. 10/1994, und führte aus, der Berufungsbescheid sei rechtswidrig, weil die "Selbstanzeige" zu Unrecht als Milderungsgrund angesehen und damit die Strafe nicht dem Gesetz entsprechend festgesetzt worden sei, was sich auch auf die Aussprüche über die Beiträge zu den Kosten des Verfahrens erstrecke. Da der Unabhängige Verwaltungssenat Wien die Selbstanzeige mit der Begründung, daß sie zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen habe, bei der Strafbemessung als mildernd gewertet habe, habe er die Rechtsfrage, ob ein mildender Umstand vorliege, unrichtig gelöst, da er nicht die Kriterien des § 14 Z. 17 StGB herangezogen habe, andernfalls er die Formulierung wählen hätte müssen " zur wesentlichen Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen" habe. Eine solche Annahme wäre jedoch aktenwidrig, da nach der Aktenlage der Steuerberater über den Umfang der Minderzahlung und -abrechnung nach seiner eigenen Darstellung keine Angaben gemacht habe. Eine Geträkesteuerrevision finde anhand der Geschäftsaufzeichnungen des Steuerpflichtigen statt. Aus diesen Aufzeichnungen ergebe sich die Steuerschuld. Eine Selbstanzeige könne daher nur dann zur Wahrheitsfindung beitragen, wenn sie Umstände aufdecke, die aus den Geschäftsaufzeichnungen nicht hervorgingen oder zumindest nicht erkannt würden. Dies sei nicht der Fall, die Bilanzen hätten sogar ausdrücklich auf den Fehler bei der Getränkesteuer hingewiesen.

Die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und legte die Verwaltungsakten vor. Die mitbeteiligte Partei äußerte sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 19 VStG lautet:

"(1)Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2)Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Nach ständiger hg. Judikatur handelt es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung. Die Behörde hat ihre Ermessensübung so zu begründen, daß eine nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof stattfinden kann. Hat die Behörde dabei von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht, so ist die Strafzumessung darüber hinaus einer weiteren Überprüfung nicht zugänglich (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 94/16/0103).

Ein besonderer Milderungsgrund gemäß § 34 StGB liegt ua vor, wenn der Täter "sich ernstlich bemüht hat, den verursachten Schaden gutzumachen oder weitere nachteilige Folgen zu verhindern" (Z. 15) bzw. "ein reumütiges Geständnis ablegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat" (Z. 17).

Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall das Verhalten des Beschwerdeführers vor Beginn der Getränkeabgabeprüfung als Beitrag zur Wahrheitsfindung gewertet. Auch wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang in der Begründung des angefochtenen Bescheides das Attribut "wesentlich" vermißt, vermag sie damit keinen Ermessensfehler aufzuzeigen, weil mit hinreichender Deutlichkeit klargestellt ist, daß die mitbeteiligte Partei mit dieser "Selbstanzeige" - eine Umschreibung, was unter "Selbstanzeige" zu verstehen ist, enthält weder das VStG noch das Getränkesteuergesetz, sondern nur das hier nicht anzuwendende FinStrG - unter anderem auch die Nichtberücksichtigung von Ausgangsrechnungen und falsche Berechnungen der Getränkesteuer bekanntgegeben hat. Da diese Tatsache jedenfalls entsprechenden Ermittlungsaufwand ersparte, konnte die belangte Behörde darin im Ergebnis frei von Ermessensfehlern einen Milderungsgrund im Sinne des § 34 Z. 17 StGB erblicken (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0171).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Verfahrenskosten waren nicht zuzusprechen.