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VwGH vom 03.07.2000, 97/09/0312

VwGH vom 03.07.2000, 97/09/0312

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des G in Wien, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Ottakringerstraße 57, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom , Zl. 10/13114/768 878, betreffend Nichtausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am bei der regionalen Geschäftsstelle Wien, Handel-Transporte-Verkehr-Landwirtschaft, des Arbeitsmarktservice die Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den polnischen Staatsangehörigen Tadeusz Maziarz (geboren am ) für die berufliche Tätigkeit eines Stallburschen.

Diesen Antrag wies die genannte Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom gemäß § 11 in Verbindung mit § 4 Abs. 7 und § 12a AuslBG sowie der zu § 12a AuslBG ergangenen Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1997, BGBl. Nr. 646/1997, und deren Überziehung, BGBl. Nr. 278/1995, ab.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er brachte darin im Wesentlichen vor, er betreibe ein Fiakerunternehmen mit zehn Pferden und vier Fahrkonzessionen bzw. vier Wagen. Er benötige für sein Unternehmen eine Fachkraft, die einerseits Erfahrung im Umgang mit Pferden, anderseits besondere handwerkliche Fähigkeiten aufweisen müsse. Fuhrwerksunternehmen mit Pferden gebe es in Österreich seit längerer Zeit nicht mehr, entsprechend qualifizierte Arbeitskräfte seien in Österreich daher nicht mehr zu bekommen. Der beantragte Ausländer verfüge jedoch im Hinblick auf seine entsprechenden Erfahrungen in Polen über die erforderlichen Kenntnisse uns Fähigkeiten.

Die Behörde erster Instanz habe es unterlassen, auf die Person der beantragten Arbeitskraft einzugehen, und auch nicht überprüft, ob eine geeignete Ersatzkraft überhaupt erforderlich sei. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer ein Fiakerunternehmen betreibe, welches im Interesse der österreichischen Wirtschaft, nämlich in Interesse des Tourismus gelegen sei, sodass die Beschäftigung des beantragten Ausländers auch im gesamtwirtschaftlichen Interesse liege.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 11 Abs. 6 und § 4 Abs. 7 und § 12a AuslBG sowie "der zu § 12a AusBG ergangenen Verordnungen" abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage - soweit für den Beschwerdefall relevant - aus, auf die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 646/1996, für das Kalenderjahr 1997 festgesetzte Bundeshöchstzahl (262 246) seien nach der Statistik des Arbeitsmarktservice Österreich zum Stichtag bereits 267.165 Ausländer anzurechnen; die Bundeshöchstzahl 1997 sei demnach überschritten.

Es liege kein Tatbestand zur Anrechnung des beantragten Ausländers auf die Bundeshöchstzahl vor. Im Ermittlungsverfahren sei auch keine Voraussetzung für eine Zuordnung der beantragten ausländischen Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung festgestellt worden. Es sei kein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers gegeben. Ein solches liege nur vor, wenn an der Beschäftigung des Ausländers ein qualifiziertes Interesse, welches über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Abdeckung eines dringenden Arbeitskräftebedarfes hinausgehe. Einerseits beklagten die Fiakerunternehmer, wie aus den Medien zu entnehmen, durch die Zunahme von Fiakern über beträchtliche Umsatzeinbußen sowie auch über eine schlechte Auslastung - es könnten wesentlich mehr Fahrten durchgeführt werden - andererseits trage das Unternehmen des Beschwerdeführers mit vier Wagen sicherlich nicht zur Belebung des Tourismus bei, zumal der Beweggrund für einen Wienbesuch gewiss nicht in einer Fiakerfahrt liege, sondern dies allenfalls eine angenehme Begleiterscheinung für den Gast, der dieses Angebot auch immer seltener wahrnehme, darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach ihrem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung für die beantragte ausländische Arbeitskraft verletzt. Er bringt dazu im Wesentlichen vor, der beantragte Ausländer habe die in seiner Berufung im Einzelnen vorgebrachten Kenntnisse bzw. Bedeutung für sein Unternehmen. Die belangte Behörde habe zu Unrecht nicht überprüft, ob eine geeignete Ersatzkraft für den Beschwerdeführer überhaupt vorhanden sei und sei auf die spezifischen Eigenschaften des beantragten Ausländers nicht eingegangen.

Das Fiakerunternehmen des Beschwerdeführers sei im Interesse der österreichischen Wirtschaft, nämlich im Interesse des Tourismus gelegen. Jede Möglichkeit, ausländische Investoren ins Inland zu bringen, müsse in Zeiten wie diesen ausgeschöpft werden. Das Gewerbe des Fiakers gehöre zum traditionellen Erscheinungsbild der Bundeshauptstadt Wien und sei mit dieser bereits historisch verbunden. Die Behauptung der belangten Behörde, Fiakerunternehmen würden sich über Umsatzeinbußen und schlechte Auslastung beklagen, könne nicht ins Treffen geführt werden, zumal der Beschwerdeführer über die entsprechende Gewerbeberechtigung verfüge. Es sei eine Tatsache, dass er für die Ausübung seines Berufes eine geeignete Fachkraft benötige, und die Eigenschaften der beantragten ausländischen Arbeitskraft seien einzig in Österreich. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Fiaker sei selbstverständlich im Interesse der österreichischen Gesamtwirtschaft gelegen. Dies insbesondere jetzt, da diese eben durch den Besuch von Touristen angekurbelt werden solle.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Ausstellung der beantragten Sicherungsbescheinigung auf die gemäß § 11 Abs. 6 AuslBG in einem solchen Verfahren sinngemäß geltende Bestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995 (i.V.m. § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie die Verordnungen BGBl. Nr. 646/1996 und BGBl. Nr. 278/1995) gestützt.

Nach dieser Gesetzesbestimmung dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 AuslBG Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, dass die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.

Die beschwerdeführende Partei tritt den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach die im Beschwerdefall maßgebende Bundeshöchstzahl 1997 im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides überschritten und die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahrens gegeben gewesen seien, nicht entgegen. Es geht im Beschwerdefall demnach ausschließlich darum, ob - ungeachtet der Überschreitung der Bundeshöchstzahl - im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren die Sicherungsbescheinigung für die beantragte ausländische Arbeitskraft erteilt werden durfte.

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, mit der die Gesamtzahl der unselbstständig beschäftigten arbeitslosen Ausländer überzogen wird (in ihrer im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 278/1995;

Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung - BHZÜV), dürfen unter anderem nach der (aus Sicht des Beschwerdefalles relevanten) Z. 3 über die Gesamtzahl der unselbstständig beschäftigten und arbeitslosen Ausländer (Bundeshöchstzahl) gemäß § 12a Abs. 1 AuslBG hinaus Sicherungsbescheinigungen ausgestellt und Beschäftigungsbewilligungen erteilt werden für:

"Ausländer, an deren Beschäftigung

a) im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung, speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besonderen Erfahrung oder

b) im Hinblick auf den mit der Beschäftigung verbundenen Transfer von Investitionskapital

gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen;".

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/09/0192, m.w.N.) müssen nach § 1 Z. 3 lit. a BHZÜV zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:

1. Eine besondere Qualifikation des Ausländers in Bezug auf die beantragte Beschäftigung (subjektive, in der Person des beantragten Ausländers gelegene Komponente) und

2. ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung des qualifizierten Ausländers (objektive Komponente).

Das gesamtwirtschaftliche Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers (die objektive Komponente) setzt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung eines derartigen Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus (vgl. auch dazu das angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 97/09/0192, m.w.N.).

Im Beschwerdefall konnte die belangte Behörde nach dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen davon ausgehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 1 Z. 3 BHZÜV schon deshalb nicht erfüllt sind, weil der Beschwerdeführer ein gesamtwirtschaftliches Interesse an der Beschäftigung bzw. Anwerbung für eine Beschäftigung letztlich nicht darzulegen vermochte. Das in dieser Hinsicht erstattete Vorbringen über die Bedeutung des Fiakergewerbes in Wien für die Ankurbelung der österreichischen Wirtschaft kommt im Ergebnis nicht zum Tragen. Der Beschwerdeführer hat nämlich - angesichts der unbestrittenen Feststellung der belangten Behörde hinsichtlich der mangelnden Auslastung der Fiaker in Wien - nicht dargelegt, weshalb die Beschäftigung der beantragten Arbeitskraft nicht bloß den Effekt einer Verbesserung der wirtschaftlichen Position seines Unternehmens im Wettbewerb mit anderen Fiakern in Wien, sondern eine im gesamtwirtschaftlichen Interesse liegende Erhöhung des Umsatzes des Fiakergewerbes zur Folge hätte.

Wenn die belangte Behörde ausgehend von dem vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringen demnach zu dem Ergebnis gelangte, dass im Beschwerdefall die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 BHZÜV nicht vorlagen, vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde erweist sich somit aus den dargelegten Erwägungen als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am