VwGH vom 25.11.1999, 99/16/0366
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der F-GmbH in G, vertreten durch Dr. Josef Kaiblinger, Rechtsanwalt in Gunskirchen, Pichler Straße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. KAP 700/1-T6/99, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.190,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bekämpft einen Bescheid, mit dem die belangte Behörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO den Bescheid (Berufungsvorentscheidung) des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck vom , StNr. 323/6954 aufgehoben und dabei zum Ausdruck gebracht hat, dass betreffend ein aufschiebend bedingtes Anschaffungsgeschäft in der Steuerbemessungsgrundlage (über den vom Finanzamt berücksichtigten Baukaufpreis hinaus) auch eine übernommene Haftung in Höhe von S 19,500.000,-- einzubeziehen sei.
Die Beschwerdeführerin macht unter anderem ausdrücklich geltend, dass nur voll rechtswirksame Anschaffungsgeschäfte besteuert werden dürfen, nicht aber aufschiebende bedingte und verweist dazu auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 2448/97-8, womit die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "bedingte oder" in § 18 Abs. 2 Z. 3 KOVG beschlossen wurde.
Mit Beschluss vom , Zl. A 29/99-1, stellte der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Worte "bedingte oder" in § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG, DRGBl. 1/1934, S 1058, als verfassungswidrig aufzuheben.
In Entsprechung dieses Antrages sprach der Verfassungsgerichtshof mit Urteil vom , G 85/99-5, Folgendes aus:
"Die Worte 'bedingte oder' in § 18 Abs. 2 Z 3 des Kapitalverkehrsteuergesetzes, DRGBl. 1/1934, S 1058, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Art. 140 Abs. 7 erster und zweiter Satz B-VG lauten:
"Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht."
Der Beschwerdefall bildete u.a. den Anlassfall für den oben wiedergegebenen verfassungsgerichtlichen Ausspruch.
Dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auf die aufgehobene Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Antrags - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am