VwGH vom 07.07.1999, 97/09/0308
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des T K in Wien, vertreten durch Dr. Wulf Kern, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 22, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom , Zl. 10/13117/754 730, betreffend Feststellung gemäß Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice (belangte Behörde) vom gerichtet, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsbürgers, vom auf Feststellung, dass er gemäß Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des nach dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom eingerichteten Assoziationsrates vom , Nr. 1/80 (ARB Nr. 1/80), berechtigt sei, abgewiesen und zugleich festgestellt wurde, dass er die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich ARB Nr. 1/80 nicht erfülle und für die Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung in Österreich nicht vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen sei.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer zwar dem regulären österreichischen Arbeitsmarkt angehöre, jedoch nicht vier Jahre ununterbrochen dem regulären österreichischen Arbeitsmarkt angehört habe. Vom bis zum sei eine Unterbrechung festzustellen, welche keine der in Abs. 2 des Art. 6 ARB Nr. 1/80 genannten Lebenssachverhalte erfasse. Insbesondere liege auch keine unverschuldeten Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum vor. Erst per sei der Beschwerdeführer wieder Arbeit suchend gemeldet gewesen. Eine auf einen Urlaub in der Türkei zurückzuführende Unterbrechung des Leistungsbezuges bzw. die Nichtbeanspruchung desselben könne nicht als unverschuldete Arbeitslosigkeit gewertet werden. Im Übrigen sei ihm ein Befreiungsschein für die Zeit vom bis zum ausgestellt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Art. 6 Satz 1 (Abs. 1) ARB Nr. 1/80 hat folgenden Wortlaut:
"Artikel 6
(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat
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- | nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt; | |||||||||
- | nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben; | |||||||||
- | nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis. |
(2) Der Jahresurlaub und die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit werden den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt. Die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit werden zwar nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt, berühren jedoch nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche.
3) Die Einzelheiten der Durchführung der Absätze 1 und 2 werden durch einzelstaatliche Vorschriften festgelegt."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, vom bis zum nicht beschäftigt gewesen zu sein. Er hält den angefochtenen Bescheid aber deswegen für rechtswidrig, weil diese Unterbrechung seiner unselbständigen Beschäftigung eine unverschuldete gewesen sei. Vom bis sei es seitens des Arbeitgebers zu einer saisonbedingten Freistellung gekommen, die im Winter im Baugewerbe an der Tagesordnung liege und von der belangten Behörde akzeptiert werde. Richtig sei, dass er sich vom bis in der Türkei aufgehalten habe, jedoch nur, weil Formalitäten hinsichtlich der Spitalseinweisung seines Sohnes hätten gemacht werden müssen.
Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Dass der Beschwerdeführer in dem saisonal bedingten Unterbrechungszeitraum zwischen dem und dem infolge seines Aufenthaltes in der Türkei - aus welchem Grunde immer - keinen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung hatte, bestreitet er auch in der Beschwerde nicht. Andere Umstände, aus denen sich eine Zugehörigkeit zum Arbeitsmarkt auch für diesen Zeitraum hätte ergeben können, sind nicht aktenkundig. Nach dem Verlust seiner Beschäftigung im Jahre 1993 konnte sich der Beschwerdeführer aber noch nicht auf einen allenfalls durch die Zurücklegung von in Art. 6 Abs. 1 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 umschriebenen Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung erworbenen Anspruch auf Fortsetzung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nach den - erst mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union am wirksamen - Bestimmungen des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 - etwa im Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom , in der Rechtssache C-171/95 (Recep Tetik) - berufen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/21/0100, vom , Zl. 97/09/0152, und vom , Zl. 98/09/0044). Daher hat die vor dem gelegene Unterbrechung der Beschäftigung des Beschwerdeführers auch zum Untergang der davor erworbenen Anwartschaft auf die mit dem dritten Gedankenstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 verbundene Rechtsposition geführt. Die ab dem zu berücksichtigende Zugehörigkeit zum österreichischen Arbeitsmarkt erfüllte jedoch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides () noch nicht die zeitlichen Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 dritter Gedankenstrich des ARB Nr. 1/80.
Die Beschwerde erweist sich somit bereits aus diesem Grund als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am
Fundstelle(n):
GAAAE-62837