VwGH vom 26.01.1995, 94/16/0065
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der H in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IV) als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom , Zl. GA 13-1/B-352/1/93, betreffend Bestrafung wegen versuchten Schmuggels, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz wurde am folgender Spruch gefällt:
"H ist schuldig, sie hat am in W im (teilweise) bewußten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert bereits rechtskräftig abestraften Mittäterin Mag. M vorsätzlich eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich einen Nerzmantel (Eingangsabgaben an EUSt 28.160 S) und einen Woll-Nerzswinger (Eingangsabgaben an EUSt 4.928 S) unter Verletzung ihrer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen versucht.
Sie hat hiedurch das Finanzvergehen des versuchten Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs. 1 FinStrG begangen.
Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG wird über sie eine Geldstrafe von 25.000 S (fünfundzwanzigtausend Schilling) verhängt; gemäß § 20 FinStrG wird die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 25 Tagen festgesetzt.
Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG iVm § 17 FinStG wird auf Verfall der bezeichneten Gegenstände, nämlich des Nerzmantels und des Woll-Nerzswingers erkannt.
Gemäß § 185 FinStrG hat die Beschuldigte die Kosten des Strafverfahrens und eines etwaigen Strafvollzuges zu ersetzen. Der Pauschalbetrag gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG wird mit 2.500 S bemessen."
Der Spruchsenat ging dabei von folgenden Feststellungen aus:
Die Beschwerdeführerin habe am in Deutschland die beiden Bekleidungsstücke erworben und sei damit am nächsten Tag per Flugzeug nach Österreich gereist. Um sich die inländischen Eingangsabgaben zu sparen, habe sie in voller Kenntnis ihrer Stellungspflicht in Absprache mit Mag. M, die sie im Flugzeug kennengelernt habe, den "Grünkanal" des Flughafens Wien beschritten. Ca. 3 m danach seien beide Frauen von Zollwachebeamten angehalten worden.
Der Spruchsenat gründete seine Feststellungen und die gewonnene Überzeugung, die Beschwerdeführerin habe ihre Stellungspflicht bewußt und gewollt verletzt, auf die ursprünglichen niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführerin und ihrer Begleiterin.
Die Beschwerdeführerin hatte nämlich unmittelbar nach der Tat (in Korrektur eines vom vernehmenden Beamten zunächst geschriebenen Textes) folgende Aussage abgelegt:
"Ich war zwei Tage in München und habe mir im Zuge dieser Reise die beiden Bekleidungsstücke gekauft. Im Flugzeug kam ich dann mit meiner Sitznachbarin Frau Mag. M ins Gespräch, wobei wir auch die ungleiche Steuerbelastung in Österreich und Deutschland erläuterten. Ich habe den Nerzmantel und die Woll/Nerzjacke deshalb nicht deklariert, weil mir meine Bekannte Frau Mag. M ihre Hilfe angeboten hat und ich annahm, daß wir beide unkontrolliert durch den österreichischen Zoll gehen könnten und ich mir deshalb die Einfuhrumsatzsteuer in Österreich erspare."
Mag. M hatte damals folgendes angegeben:
"Ich habe den Nerzmantel meiner Bekannten Frau H interessehalber anprobiert und war auf einmal spontan bereit mit dem Nerzmantel durch den Zoll zu gehen und ihr damit zu helfen, ohne dabei auf die Folgen meiner Handlung zu achten. Der Nerzmantel wurde von mir erst vor dem Aussteigen im Flugzeug anprobiert".
Der von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vom gebrachten Version, sie habe ihrer Stellungspflicht nachkommen wollen, sei daran aber dadurch gehindert worden, daß Mag. M mit Mantel und Koffer sofort zum Ausgang gegangen sei, schenkte der Spruchsenat keinen Glauben. Der Senat stützte sich dabei - abgesehen von der Erstvernehmung der Beschwerdeführerin - insbesondere auf die in Gegenwart der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vom abgelegte Aussage der Mag. M, die u.a. folgendes angegeben hatte:
"... Beim Gespräch im Flugzeug war die Beschuldigte über die hohe Steuerbelastung, die sie in Österreich bezüglich des Nerzmantels erwartete, überrascht, fast "zerstört".
Interessehalber habe ich den Mantel beim Verlassen des Flugzeuges anprobiert. Wir haben unsere Mäntel getauscht. Ich wollte der Beschuldigten "helfen". Gemeinsam haben wir dann auf den Koffer gewartet und haben dann gemeinsam den Grünkanal durchschritten. ...
Es ist nicht richtig, daß ich mit Koffer und Mantel durch das Tor vorangeeilt bin und die Beschuldigte mich gleichsam verfolgen mußte. Wir haben gemeinsam den Grünkanal betreten und das Tor durchschritten ...
Es ist nicht richtig, daß die Beschuldigte mich nach der Paßkontrolle um die Rückgabe des Mantels ersuchte. Ich habe sie nur dahin beruhigt, daß die "Sache nicht so gefährlich sei"."
Gegen das Erkenntnis des Spruchsenates berief die Beschwerdeführerin, wobei sie an der von ihr im Verfahren vor dem Spruchsenat gebrachten Version festhielt und in Bekämpfung der Beweiswürdigung die Meinung vertrat, es sei nicht nachvollziehbar, woher der Spruchsenat seine Feststellungen getroffen habe. Der Behörde sei es nicht gelungen, den Beweis dafür zu erbringen, daß sich der Vorfall anders als von der Beschwerdeführerin geschildert abgespielt habe.
Die belangte Behörde wies die Berufung (nach Ergänzung des Beweisverfahrens durch zeugenschaftliche Einvernahme eines Zollbeamten) als unbegründet ab. Sie führte dazu aus, auch aus den Aussagen des Zollwachebeamten J ergebe sich in keinem Punkt ein Widerspruch zu den erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen betreffend die relevanten Tatumstände. Mangels irgendwelcher Bedenken gegen die Feststellungen der Finanzstrafbehörde erster Instanz und die darauf gegründeten rechtlichen Schlußfolgerungen erachtete die belangte Behörde die Berufung gegen den Schuldspruch als unbegründet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten dadurch verletzt, daß sie bestraft werde, obgleich ihr schuldhaftes Handeln nie nachgewiesen worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Den Beschwerdeausführungen, die sich in der Bekämpfung der Beweiswürdigung erschöpfen, ist folgendes entgegenzuhalten:
Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung nur insoweit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, d.h. ob sie u.a. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. dazu z. B. die bei Ritz, BAO-Kommentar Rz 12 zu § 167 BAO zitierte hg. Rechtsprechung , Zl. 88/16/0241 u.v.a.).
Der Beschwerdeführerin gelingt es allein dadurch, daß sie betont, ihre Angaben wichen von denen der Mag. M ab, nicht, eine Unschlüssigkeit in der Beweiswürdigung der Verwaltungsinstanzen aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat nämlich (wie schon die Finanzstrafbehörde erster Instanz) logisch nachvollziehbar und im Einklang mit den Denkgesetzen dargelegt, warum sie den Angaben der Mag. M den Vorzug vor der Version gegeben hat, deren sich die Beschwerdeführerin (im Widerspruch zu ihren eigenen Erstangaben) im späteren Verfahren bediente. Dasselbe gilt für die Ausführungen der Beschwerde betreffend die Zeugenaussage Peck. Auch diesbezüglich gelangte die belangte Behörde frei von Unschlüssigkeit zur Auffassung, daß dadurch die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen nicht widerlegt worden seien.
Angesichts der von der belangten Behörde in Bestätigung der Entscheidung des Spruchsenates gewonnenen Überzeugung und der darauf gegründeten Feststellungen bestand auch von vornherein kein Raum für die Anwendung der von der Beschwerde jetzt ins Treffen geführten Zweifelsregel.
Insoweit die Beschwerdeführerin schließlich Verfahrensmängel behauptet und dabei einerseits mangelnde Sachverhaltsermittlung und andererseits eine Verletzung ihres Parteiengehöres geltend macht, muß sie schon daran scheitern, daß nicht im einzelnen dargelegt wird, welche zusätzlichen Ermittlungsergebnisse zu gewinnen gewesen wären. Davon, daß das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin verletzt worden wäre, kann im übrigen auf Grund der Aktenlage schon deshalb nicht gesprochen werden, weil sowohl die Beschwerdeführerin als auch ihr Vertreter bei allen maßgeblichen Beweisaufnahmen (insbesondere in den in beiden finanzstrafbehördlichen Instanzen abgeführten mündlichen Verhandlungen) stets zugegen waren und Gelegenheit hatten, zu den Ergebnissen der aufgenommenen Beweise Stellung zu nehmen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich damit insgesamt als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.