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VwGH vom 29.01.1996, 94/16/0064

VwGH vom 29.01.1996, 94/16/0064

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der Dr. G in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 9-1661/92, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist die Erbschaftsbesteuerung des von der Beschwerdeführerin von Todes wegen erworbenen Lebensversicherungsbetrages in der Höhe von S 540.100,-- strittig. Die belangte Behörde hat mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom die Berufung gegen die Vorschreibung der Erbschaftssteuer, ausgehend von einem steuerpflichtigen Gesamterwerb von S 1,197.766,86, in der Höhe von S 71.866,-- abgewiesen und betreffend die Einbeziehung des Lebensversicherungsbetrages in die Bemessungsgrundlage der Erbschaftssteuer ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei im Falle eines Erwerbes gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 Erbschaftssteuergesetz, BGBl. Nr. 141/1955 (ErbStG), zu untersuchen, ob der Erblasser den Begünstigten bereichern wollte oder lediglich aus einer moralischen Verpflichtung heraus gehandelt habe. Weiters sei zu beachten, ob der Begünstigte die Prämien allenfalls aus eigenem bezahlt habe. Die belangte Behörde könne im Beschwerdefall nicht finden, daß einer dieser Gründe vorliege, der die Erbschaftssteuerpflicht ausschließe. Die Beschwerdeführerin und ihr verstorbener Gatte hätten im Februar 1972 ein wechselseitiges Testament abgeschlossen. Damals seien beide Rechtsanwaltsanwärter gewesen. Die Beschwerdeführerin habe im Jänner 1975 - damals bereits Richterin - einen Lebensversicherungsvertrag mit 20-jähriger Dauer und einer Prämie von S 9.993,10 jährlich auf eine Versicherungssumme von S 220.000,-- geschlossen, wobei im Erlebensfall sie selbst Bezugberechtigte, im Ablebensfall ihr Gatte Bezugberechtigter sein sollte. Die in Rede stehende Lebensversicherung sei vom verstorbenen Gatten im März 1978 mit einer 25-jährigen Dauer und einer Prämie von S 17.716,-- jährlich auf eine Versicherungssumme von S 500.000,-- geschlossen worden. Bei dieser Sachlage könne nicht davon die Rede sein, daß die beiden Versicherungsverträge so aneinander gekoppelt seien, daß die Prämienzahlung durch einen Ehegatten praktisch dem anderen zuzurechnen wäre, sodaß gleichsam der jeweils Begünstigte die Prämie selbst zahle.

Dagegen vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, dem angefochtenen Bescheid liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung zugrunde. Diese Entscheidung gehe zunächst an dem auf der Hand liegenden Zweck der Vereinbarung zwischen dem verstorbenen Gatten und der Beschwerdeführerin vorbei, der nicht gewesen sei, die Beschwerdeführerin "geradezu vor Dürftigkeit für den Fall seines Todes abzusichern". Der verstorbene Gatte sei im Zeitpunkt der Vereinbarung vor der Gründung einer eigenen Kanzlei gestanden. Da die Beschwerdeführerin bereits Richterin gewesen sei, sei ihr finanzieller Beitrag zur Absicherung der Kanzleigründung dringend geboten gewesen. Dieser Beitrag stammte im wesentlichen aus den laufenden Erträgnissen der Arbeitsleistung der Beschwerdeführerin. Für den Fall des Todes der Beschwerdeführerin sei der Abschluß einer Versicherung "auf mein Leben zugunsten meines Mannes" geboten gewesen. Umgekehrt sei aber zu erwarten gewesen, daß bei Erfolg der Kanzlei der "Zuschnitt des gemeinsamen Lebensstandards" weit über die finanziellen Möglichkeiten als Richter hinausging und die Beschwerdeführerin im Fall des Todes ihres Ehegatten zu äußerst ungünstigen und kostspieligen Liquidationen und Neuinvestitionen neben dem Verlust ihres bisherigen Lebensstandards zwingen würde. Es liege daher ein nicht erbschaftssteuerpflichtiger entgeltlicher Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten vor, zumindest aber eine moralische Verpflichtung auf seiner Seite, der Beschwerdeführerin den bisherigen Lebensstandard als Gegenleistung für ihre Hilfe bei der Kanzleigründung im Falle seines Todes zu bewahren.

Mit der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Nichtbesteuerung des Lebensversicherungsbetrages verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) unterliegt der Steuer nach diesem Bundesgesetz der Erwerb von Todes wegen.

Nach § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb von Vermögensvorteilen, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird.

Unter die im § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG genannten Verträge fallen auch Versicherungsverträge (Kapitalversicherungen) auf Ableben (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/16/0103).

Das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz knüpft an Rechtsvorgänge an. Für die Erhebung der Steuer nach diesem Gesetz ist daher nur der Rechtsgrund der Zuwendung von Bedeutung. Für die Besteuerung ist aber nicht erheblich, welche Vereinbarungen dem in Rede stehenden Vertrag zugunsten Dritter vorangegangen sind, somit auch nicht, ob aus einer vertraglichen Verpflichtung heraus der verstorbene Ehegatte den Lebensversicherungsvertrag zugunsten der Beschwerdeführerin abgeschlossen hat. Die Beschwerdeführerin vermag somit mit ihrem Vorbringen, es läge ein "nicht erbschaftssteuerpflichtiger entgeltlicher Vertrag" zwischen ihr und dem verstorbenen Ehegatten vor, ihr den bisherigen Lebensstandard als Gegenleistung für die Hilfe bei der Kanzleigründung zu bewahren, nichts zu gewinnen.

Bei Erwerben im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG ist auch zu prüfen, ob beim Erblasser ein Bereicherungswille bestanden hat (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 81/15/0128, 0130).

Ein solcher Bereicherungswille braucht allerdings kein unbedingter zu sein; es genügt, daß der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers bejaht bzw. in Kauf nimmt (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom , 89/16/0068, und vom , 91/16/0012). Dabei kann der Bereicherungswille von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden (vgl. das Erkenntnis vom , 1168/77).

Seit dem von einem verstärkten Senat beschlossenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 3219/F, wird vom Gerichtshof die Auffassung vertreten, es sei hinsichtlich eines Erwerbes i.S. des § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG zu prüfen, ob der Bereicherungswille des Erblassers durch seine Absicht, mit der entsprechenden Zuwendung dem Begünstigten den gesetzlichen Unterhalt zu sichern, ausgeschlossen wurde (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/16/0034).

Von einem erkennbaren Ausschluß des Bereicherungswillens kann im Beschwerdefall keine Rede sein. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid mit Recht den Schluß gezogen, der Erblasser habe die Lebensversicherung zugunsten der Beschwerdeführerin nicht in der Absicht abgeschlossen, die beschwerdeführende Alleinerbin in irgendeiner Weise für den Fall seines Todes finanziell absichern zu müssen. Dies wird dem Grunde nach von der Beschwerdeführerin - wie bereits dargestellt - in der Beschwerde nicht bestritten. Die Absicht der Bewahrung des "bisherigen Lebensstandards" schließt jedenfalls einen Bereicherungswillen nicht aus.

Da die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.