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VwGH vom 18.08.1994, 94/16/0056

VwGH vom 18.08.1994, 94/16/0056

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der F-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ GA 9-528/91, betreffend Rechtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin schloß am mit sieben weiteren Gesellschaften einen Vertrag über die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mit der Bezeichnung "Werbegemeinschaft der A. Lizenznehmer Wien". In einer Vorbemerkung wurde festgehalten, daß Vertragspartner die Betriebsgesellschaften aller derzeitigen Franchise-Nehmer mit A.-Restaurants in Wien und Umgebung seien. Zum ausschließlichen Zweck der Durchführung gemeinsamer Werbe- und PR-Maßnahmen im Raume Wien und Umgebung werde von den Betriebsgesellschaften der Lizenznehmer diese Gesellschaft bürgerlichen Rechtes begründet. Der Vertrag lautet auszugsweise:

"...

3. Gegenstand des Unternehmens

3.1. Ausschließlicher Gegenstand des Unternehmens ist die Vorbereitung, Veranlassung und Durchführung von gemeinsamen Werbe- und Public Relation-Maßnahmen für die A. Restaurants der Gesellschafter.

3.2. Die Gesellschaft ist weiters zu allen Handlungen, Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes dienlich sind und mit dem Gesetz und diesem Vertrag im Einklang stehen.

3.3. Eine andere Tätigkeit, insbesondere im Interesse Dritter oder im alleinigen Interesse einzelner Gesellschafter, darf die Gesellschaft nicht entfalten.

4. Einlage und Beteiligung der Gesellschafter

4.1. Die Gesellschafter haben weder eine Bareinlage zu leisten noch Arbeitsleistungen für die Gesellschaft zu erbringen.

4.2. Am Vermögen sowie am Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind die Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt.

...

8. Geschäftsabwicklung

8.1. Die Gesellschaft soll nach dem Willen der Gesellschafter stets ausgeglichen budgetieren und keinen Gewinn anstreben.

...

8.4. Die Gesellschafter haben für den Aufwand der Gesellschaft, somit insbesondere für die Kosten der beschlossenen und durchgeführten Werbe- und PR-Maßnahmen im Verhältnis des Umsatzes beizutragen, den sie in ihren A. Restaurants erzielen.

Akonto dieser Verpflichtung überweisen die Gesellschafter monatlich 0,3 % des jeweils von Ihnen erzielten Nettomonatsumsatzes an die Gesellschaft. Den auf diese Weise nicht gedeckten Teil des Aufwandes der Gesellschaft werden die Gesellschafter binnen 14 Tagen nach Aufforderung durch den Vorsitzenden, im Falle seiner Verhinderung durch seinen Stellvertreter, an die Gesellschaft bezahlen.

Die Gesellschaft wird an die Gesellschafter über diese Beiträge entsprechende Rechnungen legen.

...

10. Gewinn- und Verlustverteilung

10.1. Über die Verteilung des jährlichen Reingewinnes oder Verlustes beschließen die Gesellschafter einstimmig. Haben die Gesellschafter keinen besonderen Beschluß gefaßt, so erfolgt die Verteilung des Reingewinnes oder des Verlustes im Verhältnis der Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft.

10.2. Den Gesellschaftern steht kein Entnahmerecht zu.

10.3. Für Schulden der Gesellschaft haften die Gesellschafter zu gleichen Teilen und haben sich gegenseitig schadlos zu halten, falls einer der Gesellschafter von einem Dritten für Gesellschaftsschulden in Anspruch genommen wird.

Nach einem Vorhaltsverfahren, in dem auch die rechtliche Beurteilung der streitgegenständlichen Vereinbarung erörtert wurde, erließ das Finanzamt einen vorläufigen Bescheid über eine Rechtsgebühr im Sinne des § 33 TP 16 Abs 1 Z 1 lit b GebG, wobei der Bemessung der neunfache Jahreswert des 0,3-fachen Nettoumsatzes der Vertragspartner zugrunde gelegt wurde.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Auffassung vertreten, für die Gebührenpflicht einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft sei eine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich. Auf Grund des Vertragspunktes 8.1 sei aber ein Reinertrag nicht zu erwarten. Die Zahlungen der Gesellschafter hätten nicht den Charakter von Einlagen.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde der angefochtene Bescheid insoferne abgeändert, als nach dem Spruch der Berufungsentscheidung im Gebührenbescheid die Bezeichnung "vorläufig gemäß § 200 Abs 1 BAO" zu entfallen habe. Begründet wurde die Berufungsentscheidung im wesentlichen damit, daß die in Punkt 8.4 des Vertrages angeführten Zahlungen als (für Gesellschaftszwecke gewidmete) Einlagen anzusehen seien.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 16 Abs 1 Z 1 lit b GebG unterliegen Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes verbinden, bei Widmung von Vermögenswerten einer Gebühr in Höhe von 2 v.H. vom Werte der bedungenen Vermögenseinlage.

Mit dieser Gesetzbestimmung wird somit für den Bereich des Gebührenrechts der Begriff der Gesellschaft eigenständig und unabhängig vom bürgerlichen Recht bzw. vom Handelsrecht bestimmt. Während eine Gesellschaft nach § 1175 ABGB durch einen Vertrag entsteht, vermöge dessen mehrere Personen einwilligen, ihre Mühe allein oder auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, ist zur Erfüllung des gebührenrechtlichen Tatbestandes - abgesehen von der Abgrenzung zu Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes - die Verbindung einer Personenmehrheit zur Verfolgung eines Erwerbszweckes erforderlich. Dabei stellt nicht jede Tätigkeit, bei der wirtschaftliche Mittel eingesetzt werden, die Verfolgung eines Erwerbszweckes dar (vgl das Erkenntnis vom , 713/55, Slg Nr. 1772F). Von der Verbindung mehrerer Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes kann vielmehr nur bei einer Tätigkeit die Rede sein, aus der der Sachlage nach ein Reinertrag zu erwarten ist (vgl das Erkenntnis vom , 84/15/0178). Im Beschwerdefall ist demgegenüber durch die in Rede stehende Vereinbarung die Möglichkeit, einen Reinertrag zu erzielen, geradezu ausgeschlossen. Auch aus den Punkten 4.2. und 10.1. des wiedergegebenen Vertrages kann dabei nichts anderes entnommen werden. Diese Bestimmungen können als Vorsorge für den Fall angesehen werden, wenn der grundsätzlichen Bestimmung des Punktes 8.1. über eine ausgeglichene Budgetierung aus welchen Gründen immer nicht entsprochen werden kann. Durch diese Grundsatzbestimmung des Punktes 8.1. soll entsprechend der gesamten Vertragsabsicht die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolges durch die Gemeinschaft der Vertragspartner vermieden werden. Diese haben sich vielmehr bloß zusammengeschlossen, um einen bestimmten Aufwand für den Betrieb ihrer Unternehmen - nämlich Werbeaufwendungen für den Vertrieb bestimmter Waren unter einer einheitlichen Marke auf Grund von Franchise-Verträgen - gemeinschaftlich nach der jeweiligen Betriebsgröße zu tragen. Mag auch eine solche bloße Regiegemeinschaft in bürgerlich-rechtlicher Sicht den Tatbestand einer Gesellschaft im Sinne des § 1175 ABGB darstellen (vgl die Entscheidung des , RdW 1989, 189, zu einer Regiegemeinschaft von Rechtsanwälten), so fehlt es bei der vorliegenden bloßen Verteilung eines einheitlichen, für alle Vertragspartner anfallenden Aufwandes am Merkmal der Verfolgung eines Erwerbszweckes dieser Vereinigung selbst. Im Beschwerdefall lag damit aber eine Gesellschaft im Sinne der Begriffsbestimmung des § 33 TP 16 Abs. 1 GebG nicht vor, sodaß es auf die von der belangte Behörde in den Vordergrund ihrer Überlegungen gestellte Frage, ob Vermögenswerte gewidmet wurden, nicht mehr ankam.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, womit es sich erübrigte, auf die übrigen Beschwerdeausführungen näher einzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.