VwGH vom 14.12.1994, 94/16/0050
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der H GmbH in N, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 9-408/93, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Frage strittig, ob eine von der Beschwerdeführerin als Leasingnehmerin an die "X Leasing Gesellschaft m.b.H." als Leasinggeber geleistete Mietvorauszahlung von S 23,518.000,-- in die Bemessungsgrundlage für die Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG einzubeziehen ist.
Die maßgebliche Urkunde des Immobilienleasingvertrages hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"2.1. Der Leasingvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ...
2.2. Die Vertragsparteien sind berechtigt, den Vertrag jederzeit unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist zum Ende eines Kalender-Quartals aufzukündigen.
2.3. Der Leasingnehmer verzichtet ausdrücklich bis zur Übergabe und auf die Dauer von 20 Jahren ab Übergabe (gem. Punkt 2.1.) auf das Recht der Kündigung des Vertrages.
2.4. "X" ist berechtigt, das Vertragsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist aufzulösen wenn:
2.4.1. der Leasingnehmer trotz zweimaliger eingeschriebener Mahnung und Setzung einer Nachfrist von 30 Tagen mit Zahlungen in Höhe von mehr als zwei Leasingentgelten in Verzug ist,
2.4.1. der Leasingnehmer trotz Mahnung und Setzung einer Nachfrist von 30 Tagen gegen sonstige Bestimmungen dieses Vertrages in erheblichem Maße verstößt oder erhebliche Folgen von Vertragsverletzungen nicht unverzüglich beseitigt, insbesondere im Falle eines Verstoßes gegen die im Punkt 14.1. getroffenen Vereinbarungen,
2.4.3. der Leasingnehmer ein gerichtliches Ausgleichsverfahren anstrebt oder das Konkursverfahren über sein Vermögen eröffnet wird.
2.4.4. eine wesentliche Änderung der rechtlichen Situation des Leasingnehmers eintritt, die eine schwerwiegende Verschlechterung der Gläubigerposition des Leasinggebers bewirkt.
...
2.7.1. Wird dieser Vertrag vor der gemäß Punkt 2.3. vereinbarten Kündigung vorzeitig gelöst, ist mangels anderer Vereinbarung "X" so zu stellen, wie wenn der Leasingvertrag vom Leasingnehmer wie vereinbart erfüllt worden wäre. "X" stehen die von der vorzeitigen Vertragsbeendigung bis zum vereinbarten Vertragsende noch ausstehenden Leasingentgelte zu, abgezinst 1/2 % unter dem jeweiligen gültigen Verzinsungsäquivalent, zuzüglich dem kalkulierten (vereinbarten) Restwert. Diesem Abrechnungsbestrag sind noch hinzuzurechnen sämtliche duch die Vertragsauslösung zwangsmäßig ausgelösten Aufwendungen, Gebühren und Steuern (einschließlich nachzuzahlende, wie z.B. bei Verlust eines Vorsteuerabzuges) für Rücknahme, Sicherstellung, Schätzung und Verwertung samt allen Nebenkosten.
2.7.2. Wird dieser Vertrag nach Übergabe und vor Ablauf der Kündigungsfrist gemäß Punkt 2.3. durch H-Ges.m.b.H. aus einem "X" zuzurechnenden wichtigen Grund vorzeitig gelöst, stehen "X" ebenfalls die von der vorzeitigen Vertragsbeendigung bis zum vereinbarten Vertragsende noch ausstehenden Leasingentgelte zu, jedoch abgezinst mt 1,5 % unter dem jeweiligen gültigen Verzinsungsäquivalent zuzüglich des kalkulierten (vereinbarten) Restwertes. Alle mit der Auflösung des Vertrages in Zusammenhang stehenden Aufwendungen, Gebühren und Steuern sind von "X" zu tragen."
Nach Ergehen eines vorläufigen Gebührenbescheides am teilte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien am eine "geleistete Mietvorauszahlung" von S 23,518.000,-- mit.
Daraufhin erließ das Finanzamt am einen endgültigen Bescheid, wobei es die Mietvorauszahlung als einmalige Leistung in die Bemessungsgrundlage einbezog.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Behauptung, die Mietzinsvorauszahlung sei gebührenrechtlich unbeachtlich.
Am forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, jenen Vertragspunkt des Immobilienleasingvertrages bekanntzugeben, in dem die Rückzahlung der bis zur Kündigung nicht verbrauchten Mietzinsvorauszahlung vereinbart worden sei.
Daraufhin legte die Beschwerdeführerin eine Kopie der Seiten 1, 2 und 3 Abs. 1 des Vertrages vor und berief sich ausdrücklich auf die Vertragspunkte, die sich mit der Vertragsdauer befassen.
Gegen die daraufhin ergehende abweisliche Berufungsvorentscheidung begehrte die Beschwerdeführerin die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, wobei sie sich auf die Punkte 2.7.1. und 2.7.2. des Mietvertrages berief und meinte, diese Position sei bei der Gebührenvorschreibung "richtigerweise" außer Ansatz zu lassen.
Die belangte Behörde forderte am die Leasinggeberin auf, zur Frage der weiteren Verfügbarkeit der Mietzinsvorauszahlung im Zeitpunkt der Auflösung des Leasingvertrages Stellung zu nehmen, woraufhin diese am die Antwort erteilte, darüber sei im Vertrag keine Vereinbarung getroffen worden; üblicherweise verfalle bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung die restliche Mietvorauszahlung.
Mit Vorhalt vom brachte die belangte Behörde diese Ansicht der Leasinggeberin der Beschwerdeführerin zur Kenntnis und forderte sie zu einer Stellungnahme auf, wobei sie die beabsichtigte Abweisung der Berufung mitteilte.
Die Beschwerdeführerin antwortete dazu, der Vorhalt sei zuwenig konkret um plausibel zu sein.
Auch auf einen daraufhin wiederholten Vorhalt vom antwortete die Beschwerdeführerin nur damit, daß der Vorhalt der "äußerst unscharfen Aussage" der Leasinggeberin zuwenig konkret sei, um plausibel zu sein.
Daraufhin wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat dazu die Rechtsmeinung, eine Mietzinsvorauszahlung, bei der kein Anspruch auf anteilige Rückforderung im Falle der vorzeitigen Vertragsauflösung bestehe, stelle eine einmalige Leistung dar, die zu einer Bereicherung des Vermieters führe. Da die Leasinggeberin zu dieser Frage nur eine unkonkrete Äußerung abgegeben und auch die Beschwerdeführerin nicht konkret dargelegt habe, bei Kündigung des Mietverhältnisses einen Rückforderungsanspruch auf die dann noch verbleibende Vorauszahlung zu haben, sei davon auszugehen, daß in einem derartigen Fall die Vorauszahlung zugunsten der Leasinggeberin verfalle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die Vergebührung der Mietvorauszahlung in ihren Rechten verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 33 TP 5 GebG lautet auszugsweise:
"Bestandverträge
(1) Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert
1. im allgemeinen ... 1 v.H.;
...
(2) Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können.
(3) Bei unbestimmter Vertragsleistung sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht."
Nach der hg. Judikatur werden einmalige Leistungen mit ihrem vollen Wert in die Bemessungsgrundlage einbezogen, wenn bei vorzeitiger Vertragsauflösung keine Erstattung erfolgen soll (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren, Erg Y 22/1 Y zu § 33 TP 5 GebG referierte hg. Judikatur, und zwar die Erkenntnisse vom , Zl. 92/16/0068, und vom , Zl. 93/16/0014).
Anders als es die belangte Behörde gesehen hat, ergibt sich gerade aus jenen Vertragspunkten, auf die sich die Beschwerdeführerin in ihrem Vorlageantrag selbst berufen hat (nämlich Punkt 2.7.1. und 2.7.2. des Leasing-Mietvertrages), daß die Leasinggeberin in den vertragsmäßig festgelegten Fällen einer vorzeitigen Beendigung des Leasingverhältnisses so zu stellen ist, wie sie stünde, wenn die Beschwerdeführerin als Leasingnehmerin ihre vertragsmäßigen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt hätte. Demgemäß hat die Leasinggeberin bei vorzeitiger Vertragsauflösung insbesondere Anspruch auf Erhalt der Leasingentgelte, die ohne die vorzeitige Vertragsauflösung angefallen wären. Daraus erweist sich aber im Ergebnis die Rechtsmeinung der belangten Behörde als richtig, weil auch für den Beschwerdefall (anders als dies die Beschwerdeführerin darzulegen sucht) im Lichte der oben zitierten hg. Judikatur schon auf Grund der Vertragsurkunde die Mietzinsvorauszahlung als nicht rückzahlbare, einmalige Leistung anzusehen ist.
Aus diesem Grund müssen auch alle auf die Behauptung, es liege eine nicht konkrete Vertragssituation vor, gestützten Argument der Beschwerde ebenso versagen wie die Verfahrensrüge, weil es weiterer Aufklärungen gar nicht bedurfte.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG), wobei die Entscheidung mit Rücksicht auf die im Wege der oben zitierten hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.