VwGH vom 31.08.2000, 99/16/0304
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. Michael Kinberger und Dr. Alexander Schuberth, Rechtsanwälte in Zell am See, Salzachtalbundesstraße 13, gegen den Bescheid des Berufungssenates IV der Region Linz bei der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich mit dem Sitz in Linz vom , GZ. ZRV 158/1-L 4/1998, betreffend Erstattung bzw. Erlass von Einfuhrabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer gab am im Zuge einer vom Gendarmerieposten Mittersill aufgenommene Niederschrift unter anderem folgendes zu Protokoll:
"Dazu gebe ich an, dass ich ca. 100 Stangen Zigaretten der Marken Marlboro rot und weiß, bei ca. 30 Fahrten aus der Slowakei mitgenommen habe. In der Folge dürfte ich pro Fahrt ca. 3 Stangen Zigaretten mitgenommen haben und dabei ca. 60 Stangen illegal nach Österreich geschmuggelt haben.
Weiters fuhr WIELAND Heinz öfters alleine in die Slowakei. Dabei habe ich von WIELAND bei 10 Übergaben ca. 50 Stangen Zigaretten der Marken Marlboro rot und weiß bekommen. Ich musste an WIELAND pro Stange ca. 180 bis 200,-- ATS bezahlen."
Heinz Matthias Wieland sagte bei seiner Vernehmung durch das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz am unter anderem folgendes aus:
"Zur Aussage des Günter GRÖBL vom gebe ich an, dass diese Aussage der Wahrheit entsprechen und ich GRÖBL ca. 50 Stangen Zigaretten weiterverkauft habe. Die 50 Stangen habe ich GRÖBL nicht auf einmal verkauft, sondern es haben bestimmt mehrere Übergaben stattgefunden, an den Zeitraum kann ich mich aber nicht mehr erinnern. Großteils habe ich ihm die Zigaretten zum Einstandspreis verkauft."
Bei seiner niederschriftlichen Befragung durch die Finanzstrafbehörde erster Instanz am gab der Beschwerdeführer schließlich unter anderem folgendes an:
"Grundsätzlich möchte ich feststellen, dass ich nur Gelegenheitsraucher bin. Nachdem die Zigaretten in der Slowakai sehr billig sind habe ich natürlich anlässlich der meisten Rückfahrten Zigaretten mitgenommen. Die Zigaretten habe ich in Preßburg gekauft. Ich bin mir aber sicher, dass ich im genannten Zeitraum nicht mehr als 100 Stangen Zigaretten der Marke Marlboro aus Slowakien mit nach Österreich genommen habe. Für eine Stange wurden von mir in Preßburg durchschnittlich 160 S bezahlt. Wie bereits angegeben, habe ich die Zigaretten bei ca. 30 Fahrten über das Zollamt Berg nach Österreich eingeführt. Die meisten der gekauften Zigaretten habe ich weiterverkauft, ein paar habe ich auch verschenkt. Weiterverkauft habe ich die Zigaretten deshalb, um mir die Fahrten nach Preßburg zu finanzieren. Pro Stange habe ich zwischen 220 und 250 S verlangt. Von diesen 100 Stangen habe ich, da ich nur sporadisch rauche, glaublich 10 Stangen selber geraucht. Wenn ich gefragt werde, wie viele Stangen ich in der geschilderten Weise von 1992 bis nach Österreich eingebracht habe, so kann ich dazu angeben, dass ich nicht mehr weiß wie viele Zigaretten ich jährlich nach Österreich verbracht habe, insgesamt waren es aber nicht mehr als 100 Stangen.
Weiters habe ich von Heinz Wieland bei 10 Übergaben im Zeitraum von 1996 - 1997 ca. 50 Stangen Zigaretten der Marke Marlboro rot oder weiß gekauft. Pro Stange musste ich an Wieland 185 S bezahlen. Weiterverkauft habe ich sie um zwischen 220 und 250 S. Übernommen wurden die Zigaretten von mir in Saalfelden."
Mit Bescheid des Hauptzollamtes Salzburg vom wurden dem Beschwerdeführer für 50 Stangen Zigaretten der Marke Marlboro Eingangsabgaben in Höhe von S 21.717,-- vorgeschrieben, wobei die Behörde davon ausging, der Beschwerdeführer habe diese einfuhrzollfplichtigen Waren, die vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden waren, übernommen, obwohl er zum Zeitpunkt des Erhalts der Waren wusste, dass sie vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden waren. Dazu berief sich die Zollbehörde erster Instanz unter anderem auf Art. 202 Abs. 3, dritter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Zollkodex; (im folgenden kurz: ZK) und verwies auf die Niederschrift vom .
Am stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf "Erstattung oder Erlass" der Abgabenschuld gemäß § 236 ZK mit der Begründung, er habe nicht gewusst und auch nicht wissen müssen, dass die erhaltenen Zigaretten vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden waren.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Hauptzollamtes Salzburg vom im Wesentlichen mit dem Hinweis auf die Protokolle vom 14. November und abgewiesen. Die subjektive Tatseite sei allein schon aus dem niedrigen Ankaufspreis der Zigaretten von ca. S 185/Stange abzuleiten.
In der dagegen erhobenen Berufung hielt der Beschwerdeführer an seiner Behauptung, von der vorschriftswidrigen Einbringung der Zigaretten in das Zollgebiet nichts gewusst zu haben, fest.
Daraufhin wurde mit Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Salzburg vom die Berufung als unbegründet abgewiesen, wobei auch in dieser Entscheidung die subjektive Tatseite für gegeben erachtet und insbesondere der Umstand betont wurde, dass der durchschnittliche inländische Kleinverkaufspreis zur Tatzeit S 380/Stange betragen habe.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit denselben Erwägungen, wie sie von den Unterinstanzen gebraucht worden waren, als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erlass der Einfuhrabgaben verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 202 (1) lit. a ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld,
wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird.
Art. 236 (1) ZK bestimmt:
"Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Art. 220 Abs. 2 buchmäßig erfasst worden ist.
Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erlassen, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Art. 220 Abs. 2 buchmäßig erfasst worden ist.
Eine Erstattung oder ein Erlass wird nicht gewährt, wenn die Zahlung oder buchmäßige Erfassung eines gesetzlich nicht geschuldeten Betrages auf ein betrügerisches Vorgehen des Beteiligten zurückzuführen ist."
Gemäß Art. 202 (3), dritter Teilstrich, leg. cit. sind Zollschuldner die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben obwohl sie in dem Zeitpunkt des Erwerbes oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.
Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer im Kern seiner Argumentation nur geltend, er habe zum Zeitpunkt des Erwerbes der Zigaretten nicht wissen können, dass die Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden waren. Es sei kein Beweis über ein derartiges Wissen oder "Wissen-müssen" erbracht worden.
Insoweit der Beschwerdeführer dabei ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren behauptet, ist er auf seine eingangs wiedergegebenen eigenen Aussagen sowie die Aussage des Heinz Matthias Wieland zu verwiesen, aus denen die belangte Behörde vollkommen zu Recht abgeleitet hat, dass beim Beschwerdeführer zur Zeit des Erwerbs der Zigaretten jene von Art. 202 (3), dritter Teilstrich ZK geforderten subjektiven Voraussetzungen vorlagen, die ihn zum Zollschuldner nach der zitierten Gesetzesstelle machten. Der Beschwerde gelingt es in diesem Zusammenhang nicht, irgendeine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde oder einen Verfahrensmangel aufzuzeigen, zumal die Beschwerde auch nicht konkretisiert, auf Grund welcher zusätzlichen Ermittlungen die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können.
Da die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen konnte, dass der Beschwerdeführer auf Grund des Vorliegens der erforderlichen subjektiven Elemente Zollschuldner nach Art. 202 (3), dritter Teilstrich ZK wurde, liegen die Voraussetzungen für einen Erlass nach Art. 236 (1) leg. cit. nicht vor, weil danach ein Erlass nur in Frage kommt, wenn der Betrag im Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung gart nicht geschuldet war oder wenn der Betrag entgegen Art. 220 Abs. 2 ZK buchmäßig erfasst wurde.
Der für Irrtumsfälle vorgesehene Art. 236 Abs. 1 ZK ist - wie z. B. schon seinerzeit Art. 2 Abs. 1, zweiter Teilstrich der Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates (Erstattung/Erlass VO) - nicht anwendbar, wenn der Steuerpflichtige selbst durch rechtswidriges Verhalten die Einfuhr der Ware bewerkstelligt hat bzw. von der vorschriftswidrigen Verbringung der Ware in das Zollgebiet wusste oder wissen musste (vgl. dazu z.B. das Urteil des BFH vom , 7 R 41/88 BFHE Bd 160/130 und die dort zitierte Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften).
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am