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VwGH vom 30.08.1995, 94/16/0034

VwGH vom 30.08.1995, 94/16/0034

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde der D in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ GA 9-874/6/93, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Alleinerbin nach dem am bei einem Flugunfall verstorbenen Friedrich D. Der Erblasser war Geschäftsführer der Ga GmbH und der GG GmbH. Nach dem Inhalt der Akten stand der Erblasser in einem Dienstverhältnis zu diesen Gesellschaften.

In der Erbschaftssteuererklärung wurde unter anderem ein Guthaben gegenüber der Ga GmbH mit der Bezeichnung "Erfolgsprämie" im Betrag von S 1,000.000,-- ausgewiesen.

Weiters wurden in einer Beilage E zur ErbSt-Erklärung Versicherungsleistungen aus Unfallversicherungen erklärt, nämlich je eine Kollektivunfallversicherung bei der E Versicherung über den Betrag von je S 1,000.000,-- (Versicherungsnehmer einerseits Ga GmbH und andererseits GG GmbH), eine (in einem Bündel von Versicherungen enthaltene) Kollektivunfallversicherung der C Versicherung über S 200.000,-- (Versicherungsnehmer Ga GmbH), weiters eine Versicherungsleistung von S 200.000,-- auf Grund der Inanspruchnahme eines Kreditkartenunternehmens und schließlich eine Leistung auf Grund der Unfallversicherung des Luftfahrtunternehmens (S 550.000,--).

Nach verschiedenen Verfahrensschritten wurde die Erbschaftssteuer der Beschwerdeführerin mit endgültigem Bescheid vom vorgeschrieben.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde beantragt, die auf die "Erfolgsprämie" entfallende Einkommensteuer als Passivpost anzuerkennen. Nach dem Einkommensteuerbescheid (1991) des Finanzamtes für den 9., 18. und 19. Bezirk sei die in Rede stehende Erfolgsprämie in Höhe von S 1,000.000,-- als "sonstige Einkünfte" erfaßt worden. Der Spitzensteuersatz betrage 50 %. Weiters wurde beantragt, die Unfallversicherungsleistungen aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Bei der auf die Erfolgsprämie entfallenden Einkommensteuer handle es sich nicht um eine vom Erblasser herrührende Steuerschuld, sondern um eine "originär" die Erbin treffende Verbindlichkeit, deren Ausmaß dem Wesen einer Personensteuer entsprechend von den persönlichen Verhältnissen der Erbin abhängig sei. Zu den Leistungen aus den Unfallversicherungsverträgen wurde die Meinung vertreten, Kollektivunfallversicherungen seien nicht anders als Einzelversicherungen zu beurteilen. Im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG könne sich auch ein anderer (hier: die Dienstgeber) eine Leistung an einen Dritten (hier: die gesetzlichen Erben) versprechen lassen. Bei den Versicherungsverträgen habe es sich nicht um Verträge gehandelt, mit denen der Erblasser seinen Erben den gesetzlichen Unterhalt sichern wollte. Der Unterhalt der Erbin und der pflichtteilsberechtigten (und gegenüber der Erbin unterhaltsberechtigten) Kinder sei durch das Einkommen der Erbin, das im Jahre 1991 S 8,000.000,-- betragen habe, die gesetzliche Abfertigung und den Wert des Nachlaßvermögens gesichert. Zur Unfallversicherung des Luftfahrtunternehmens wurde von der belangten Behörde ausgeführt, der Vermögensvorteil resultiere aus dem Beförderungsvertrag, der ein unter § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG zu subsumierendes Rechtsgeschäft sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Gegenschrift der belangten Behörde und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilanspruches. Nach Z. 3 dieser Gesetzesstelle gilt weiters als Erwerb von Todes wegen der Erwerb von Vermögensvorteilen, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird.

Im Beschwerdefall ist zunächst die Besteuerung von Leistungen auf Grund verschiedener Versicherungsverträge strittig. Bei den drei von den Dienstgebern des Erblassers abgeschlossenen Kollektivunfallversicherungen handelt es sich i. S. des § 179 VVG um Unfallversicherungen, bei denen die Versicherung vom Dienstgeber (Versicherungsnehmer) auf Rechnung des jeweiligen Dienstnehmers genommen wurde. Dabei ist in der in den Akten enthaltenen (Nachtrags)Polizze der

C Versicherung AG (nur) der jeweilige Dienstnehmer der Ga GmbH als versicherte Person genannt. Ein - vom jeweiligen Dienstnehmer als Gefahrsperson - verschiedener Begünstigter scheint in dieser Urkunde - die ein Bündel von Versicherungen enthält - nicht auf. Ist aber wie im Falle der angeführten Versicherung im Versicherungsvertrag kein anderer Begünstigter genannt, so gehören die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nach überwiegender zivilrechtlicher Auffassung zum Nachlaß; andernfalls stehen sie im Sinne der Bestimmungen des §§ 180, 166 Abs. 2 VVG unmittelbar dem Begünstigten zu

(vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht9, II 289; Welser in Rummel2, Rz 11 zu § 531 m.w.H.; Schwimmer/Eccher III § 531 Rz 30, 31 m.w.H.). Daraus folgt für den Beschwerdefall, daß die Versicherungsleistung der C Versicherungs AG der Erbschaftssteuer nach der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG unterlag. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin, die sich mit der Anwendung der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG auseinandersetzen, gehen daher insoweit ins Leere.

Unter dem Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG kann auch ein Erwerb fallen, dessen Grundlage nicht EIN Vertrag, sondern zwei oder mehrere Verträge sind (vgl. dazu die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 3243/F, und vom , 1992/73).

Der Steuerpflicht der Versicherungsleistungen aus den von den Dienstgebern des Erblassers abgeschlossenen Unfallversicherungen wird von der Beschwerdeführerin zunächst entgegengehalten, die Dienstgeber seien im Beschwerdefall zum Abschluß der in Rede stehenden Kollektivunfallversicherungen nicht verpflichtet gewesen.

Zum Sachverhalt war dazu in einem Schreiben eines der Dienstgeber (der Ga GmbH) vom mitgeteilt worden, die Ga GmbH habe ebenso wie die GG GmbH für die leitenden Mitarbeiter solche Unfallversicherungen abgeschlossen; der Abschluß sei deshalb erfolgt, weil diese Mitarbeiter sehr häufig Dienstreisen zu unternehmen hätten und daher ein erhöhtes Risiko gegenüber den anderen Mitarbeitern tragen würden.

Bei diesem Sachverhalt ist davon auszugehen, daß der Abschluß der Unfallversicherungen eine Nebenleistung des Dienstgebers aus dem mit dem Erblasser - jeweils Geschäftsführer der beiden Dienstgeber - in welcher Form auch immer abgeschlossenen Dienstvertrag gewesen ist. Für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG ist damit aber wesentlich, daß die Grundlage des Erwerbes der Versicherungsleistungen die Vereinbarungen des Erblassers mit seinem Dienstgeber gewesen sind, wodurch sich der Dienstgeber zum Abschluß entsprechender Versicherungsverträge (und Leistung der ihn daraus treffenden Verpflichtungen) verbunden hatte. Daß der Dienstgeber zum Abschluß entsprechender Dienstverträge allenfalls durch Betriebsvereinbarungen oder Kollektivverträge verhalten sein müßte, ist entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht erforderlich.

Daraus folgt für den Beschwerdefall, daß die Leistungen der E Versicherung, bei der als Begünstigte ausdrücklich die Erben der Gefahrsperson genannt worden sind, ebenso wie die aus dem Vertragsverhältnis zum Kreditkartenunternehmen Eurocard vereinbarte Leistung, bei der nach dem Inhalt der Akten ebenfalls die Erben begünstigt waren, den Tatbestand nach § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG erfüllt haben.

Zu der Versicherungsleistung auf Grund der Unfallversicherung des Luftfahrunternehmens wird von der Beschwerdeführerin die Ansicht vertreten, die Erbschaftssteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 3 ErStG sei deswegen ausgeschlossen, weil es sich um eine gesetzliche und nicht eine vertragliche Verpflichtung gehandelt habe.

Nach § 29g Abs. 1 Luftverkehrsgesetz, dRGBl. 1936 I 653, müssen die Inhaber von Luftverkehrsunternehmen nachweisen, daß sie die Fluggäste für deren Rechnung gegen Unfälle im Sinne des § 29a LuftVG - Tötung, Verletzung oder sonstige Schädigung eines Fluggastes an Bord eines Luftfahrzeuges oder beim Ein- und Aussteigen - versichert haben. Daraus, daß eine derartige Unfallversicherung somit für Rechnung des Fluggastes abgeschlossen wird, folgt aber, daß die Leistung aus dieser Versicherung auf Grund des vom Fluggast mit dem Flugunternehmen geschlossenen Beförderungsvertrag erbracht wird. Damit ist aber jedenfalls der Tatbestand des § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG erfüllt. Der Auffassung des deutschen Bundesfinanzhofes in seinem Urteil vom II R 46/76, BStBl. II 1979, 115, auf welches sich die Beschwerdeführerin beruft, kann sich der Verwaltungsgerichtshof demgegenüber nicht anschließen. So ist aus den angeführten gesetzlichen Regelungen insbesondere nicht erkennbar, daß die Leistung aus der Unfallversicherung eigene (Schadenersatz-)Ansprüche der Leistungsempfänger abgelten soll.

Erstmals in der Beschwerde wird die Behauptung aufgestellt, der Erblasser habe seine Dienstverträge nicht deswegen abgeschlossen, um seine Erben zu bereichern, sondern um seiner Familie den standesgemäßen Unterhalt zu sichern. Dies treffe auch für die Versicherung mit dem Kreditkartenunternehmen zu. Was auch immer mit diesem Vorbringen gemeint ist, so ist allerdings richtig, daß bei Erwerben i.S. des § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG zu prüfen ist, ob beim Erblasser ein Bereicherungswille bestanden hat (vgl. z. B. das Erkenntnis vom , 81/15/0128, 0130).

Ein solcher Bereicherungswille braucht allerdings kein unbedingter zu sein; es genügt, daß der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers bejaht bzw. in Kauf nimmt (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom , 89/16/0068, und vom , 91/16/0012). Dabei kann der Bereicherungswille von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden (vgl. das Erkenntnis vom , 1168/77).

Seit dem von einem verstärkten Senat beschlossenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 3219/F, wird vom Gerichtshof die Auffassung vertreten, es sei hinsichtlich eines Erwerbes i.S. des § 2 Abs. 1 Z. 3 ErbStG zu prüfen, ob der Bereicherungswille des Erblassers durch seine Absicht, mit der entsprechenden Zuwendung dem Begünstigten den gesetzlichen Unterhalt zu sichern, ausgeschlossen wurde.

Abgesehen davon, daß nach der diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Rechtslage der Ehegatte nicht pflichtteilsberechtigt gewesen war, sondern ihm lediglich nach § 796 ABGB a.F. der mangelnde anständige Unterhalt gebührt hatte, hatte im Falle dieses Erkenntnisses der Erblasser zur Entlastung seiner Erben mit der Vereinbarung eines Rentenrechtes für die überlebende Ehegattin für deren anständigen Unterhalt vorgesorgt. Im nunmehrigen Beschwerdefall ist demgegenüber die erblasserische Ehegattin - die Beschwerdeführerin - selbst Alleinerbin des nicht unbeträchtlichen Vermögens des Erblassers. Überdies hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf das eigene Vermögen der Beschwerdeführerin sowie ihr Einkommen hingewiesen. Unter Bedachtnahme auf diese Umstände hat die belangte Behörde zu Recht den Schluß gezogen, daß der Erblasser die in Rede stehenden Vereinbarungen über die Leistung eines Kapitalbetrages nicht in der Absicht abgeschlossen hat, der beschwerdeführenden Alleinerbin den ihr zustehenden Unterhalt zu sichern.

Schließlich wendet sich die Beschwerdeführerin dagegen, daß die belangte Behörde die auf eine "Remuneration" des früheren Dienstgebers des Erblassers entfallende Einkommensteuer nicht als Verbindlichkeit berücksichtigt hat. Wie dazu den Akten zu entnehmen ist, wurde diese "Remuneration" erst im Jahre 1991 an die Beschwerdeführerin ausbezahlt. Ein Lohnsteuerabzug vom Arbeitslohn wurde nicht vorgenommen; der Bezug wurde bei der Veranlagung der Beschwerdeführerin zur Einkommensteuer für 1991 als "sonstige Einkünfte" besteuert. Daraus folgt, daß die Einkommensteuerschuld für diese Remuneration erst nach dem für die Ermittlung der Erbschaftssteuer maßgeblichen Stichtag - das ist gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG der Todestag des Erblassers - entstanden ist. Noch nicht entstandene Steuerschulden können aber bei der Berechnung des Nachlaßvermögens nicht als Nachlaßschulden berücksichtigt werden. Abgesehen davon, daß Erbschaftssteuer und Einkommensteuer grundsätzlich nebeneinander bestehen (vgl. das Erkenntnis vom , 88/14/0022), ist dabei überdies zu bedenken, daß der Umfang der Zeiträume nach dem Todestag betreffenden Einkommensteuer ausschließlich von den nach dem Todestag des Erblassers entstandenen, in der Person des Erben gelegenen Umständen bestimmt wird. Auch die Berufung der Beschwerdeführerin auf das die Erbschaftssteuer beherrschende Bereicherungsprinzip geht ins Leere, weil die die Höhe der Einkommensteuerschuld beeinflussenden Umstände nicht in einem Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang stehen. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf das Erkenntnis vom , 92/16/0190, stützt, ist sie darauf zu verweisen, daß im Falle dieses Erkenntnisses - soweit der Sachverhalt aus den damals vorgelegten Akten erkennbar gewesen ist - der Erblasser bis zum Todestag Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt hatte, wobei er den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt hatte. Die Einkommensteuerschuld - deren Höhe unter anderem auch durch die erst nach dem Todestag eingegangenen, aber als Forderung zum Todestag schon bestandenen Honorarforderungen beeinflußt worden ist - war somit im Zeitpunkt des Todestages des Erblassers bereits entstanden (vgl. § 4 Abs. 2 lit. a Z. 2 BAO letzte Alternative). In einem solchen Fall stellt die Steuerschuld somit eine bei der Ermittlung der Erbschaftssteuer zu berücksichtigende Nachlaßverbindlichkeit dar. Gerade eine derartige Fallkonstellation lag aber - wie ausgeführt - im Beschwerdefall nicht vor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.