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VwGH vom 14.09.1993, 91/15/0103

VwGH vom 14.09.1993, 91/15/0103

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des Dr. J, Rechtsanwalt in K, als Masseverwalter im Konkurs der T-GmbH in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , 141-2/90, betreffend Rückzahlung eines Guthabens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über das Vermögen der im Spruch dieses Erkenntnisses genannten GmbH wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom der Konkurs eröffnet und der Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für den Monat November 1989 eine Umsatzsteuerzahllast von 50.000 S fest. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

In der Folge meldete das Finanzamt im Konkurs über das Vermögen der GmbH Abgabenforderungen von 43.625 S an.

Am reichte der Beschwerdeführer die Umsatzsteuererklärung der GmbH für das Jahr 1988 ein, aus der sich eine Gutschrift von 44.264 S ergab, wodurch sich der Rückstand (unter Berücksichtigung anderer Abgabenschulden) auf dem vom Finanzamt gemäß § 213 BAO geführten Abgabenkonto der GmbH von ursprünglich 43.625,80 S auf 2.400,80 S verringerte. Auch der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1988 ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 239 BAO die Rückzahlung des aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 resultierenden "Guthabens" von 44.264 S, wobei er zur Begründung ausführte, der Abgabenanspruch aus der Festsetzung der Umsatzsteuerzahllast für den Monat November 1989 sei am , somit noch vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH entstanden. Die zu diesem Zeitpunkt bestehende Abgabenschuld von 43.625,80 S sei daher nicht anders zu behandeln, als die Forderungen der übrigen Konkursgläubiger, weswegen das Finanzamt diese Abgabenschuld auch als Konkursforderung angemeldet habe.

Die zu Gunsten der Masse bestehende Forderung aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 von 44.264 S sei mangels Konnex zwischen dem Abgabenzeitraum 1988 und der Konkursforderung aus der Festsetzung der Umsatzsteuerzahllast für den Monat November 1989 nicht aufrechenbar, weswegen die Rückzahlung des Betrages von 44.264 S an die Masse zu erfolgen habe.

Das Finanzamt wies den Rückzahlungsantrag mit der Begründung ab, die Gutschrift aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 betreffe einen Zeitraum vor der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH, weswegen diese Gutschrift mit der angemeldeten Konkursforderung zu verrechnen und nicht der Masse zuzurechnen sei.

Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer unter Wiederholung seiner Ausführungen im Rückzahlungsantrag ein, eine Gegenverrechnung des aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 entstandenen Guthabens mit der festgesetzten Umsatzsteuerzahllast für den Monat November 1989 hätte nicht stattfinden dürfen.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer im wesentlichen vor, für die Frage, ob Abgabenschulden Konkurs- oder Masseforderungen darstellten, sei nicht der Zeitpunkt der Erlassung des jeweiligen Bescheides maßgebend, sondern der Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld. Die aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 entstandene Gutschrift sei zweifelsohne ebenso wie die festgesetzte Umsatzsteuerzahllast für den Monat November 1989 Zeiträumen vor der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH zuzuordnen, weswegen diese beiden Beträge aufzurechnen seien. Die im Konkurs über das Vermögen der GmbH angemeldeten Abgabenforderungen würden dadurch vermindert.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vertrat der Beschwerdeführer nach wie vor die Auffassung, zwischen dem Abgabenzeitraum 1988 und der (angemeldeten) Konkursforderung aus der festgesetzten Umsatzsteuerzahllast für den Monat November 1989 bestehe kein zeitlicher oder sonstiger rechtlicher Konnex, weswegen der Betrag von 44.264 S zurückzuzahlen sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Rückzahlungsansuchen zunächst mit der Begründung ab, es bestehe auf Grund der Verrechnungsvorschriften des § 215 BAO kein Guthaben auf dem Abgabenkonto der GmbH. Sowohl die Steuerschuld aus der Festsetzung der Umsatzsteuerzahllast für den Monat November 1989 als auch die Gutschrift aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 seien vor der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH entstanden und könnten somit als Konkursforderungen nur das gleiche rechtliche Schicksal teilen. Der Anspruch auf die Gutschrift aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 sei kein Gegenanspruch, der erst mit der bescheidmäßigen Festsetzung der Jahresabgabenschuld entstehe, sondern handle es sich dabei lediglich um die kassenmäßige Verrechnung bereits vorher entstandener Ansprüche. Da somit feststehe, daß sowohl die für den Monat November 1989 festgesetzte Abgabenschuld als auch die für das Jahr 1988 erteilte Gutschrift Konkursforderungen seien, weswegen das Aufrechnungverbot des § 20 KO nicht Platz greife, seien die beiden Beträge zu Recht gegeneinander aufgerechnet worden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 21 Abs 1 UStG in der bis zum Ablauf des Jahres 1989 geltenden Fassung hat der Unternehmer .... spätestens am zehnten Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß .... selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuß sind Abgaben im Sinn der Bundesabgabenordnung. ....

Nach § 21 Abs 3 UStG hat das Finanzamt die Steuer

festzusetzen, wenn der Unternehmer die Einreichung der

Voranmeldung unterläßt oder wenn sich die Voranmeldung als

unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig

erweist. .... Eine festgesetzte Vorauszahlung hat den im § 21

Abs 1 leg cit genannten Fälligkeitstag. ....

Auf Grund des § 21 Abs 4 UStG wird der Unternehmer nach

Ablauf des Kalenderjahres zur Steuer veranlagt. .... Der

Unternehmer hat für das abgelaufene Kalenderjahr eine Steuererklärung abzugeben, die alle in diesem Kalenderjahr endenden Veranlagungszeiträume zu umfassen hat.

Nach § 21 Abs 5 UStG wird durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von § 21 Abs 1 und 3 UStG abweichende Fälligkeit begründet.

Gemäß § 213 Abs 1 BAO ist bei den von derselben

Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben .... für

jeden Abgabepflichtigen .... die Gebarung (Lastschriften

Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlaß entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefaßt zu verbuchen.

Nach § 215 Abs 4 BAO sind Guthaben, soweit sie nicht gemäß Abs 1 bis 3 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen ....

Gemäß § 239 Abs 1 erster Satz BAO kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 215 Abs 4 BAO) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

Auf Grund des § 216 BAO hat die Abgabenbehörde auf Antrag einen Abrechungsbescheid zu erlassen, wenn zwischen ihr und einem Abgabepflichtigen Meinungsverschiedenheiten bestehen, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist.

Nach § 19 Abs 1 KO brauchen Forderungen, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar waren, im Konkurs nicht geltend gemacht werden.

Im Sinn des § 19 Abs 2 KO wird die Aufrechnung dadurch

nicht ausgeschlossen, daß die Forderung des Gläubigers .... zur

Zeit der Konkurseröffnung noch bedingt oder betagt .... war.

Gemäß § 20 Abs 1 KO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn

ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner

der Konkursmasse geworden .... ist.

Wie sich sowohl aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides als auch aus den Beschwerdeausführungen ergibt, ist strittig, ob die Rückzahlung von 44.264 S zulässig ist. Ein Guthaben im Sinn des § 215 BAO stellt sich als das Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto dar. Da das Abgabenkonto der GmbH im Zeitpunkt des Rückzahlungsantrages kein Guthaben, sondern eine Schuld von 2.400,80 S ausgewiesen hat, wäre dem Rückzahlungsantrag schon deswegen der Erfolg zu versagen gewesen (vgl die Ausführungen der belangten Behörde auf S 2 des angefochtenen Bescheides). In Wahrheit besteht Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto der GmbH. Ein derartiger Streit ist aber nicht in einem Verfahren nach § 239 Abs 1 BAO, sondern in einem solchen nach § 216 leg cit auszutragen. Nichtsdestoweniger ist der im vorliegenden Verfahren ergangene angefochtene Bescheid nach seinem materiellen Gehalt einer Deutung als Abrechnungsbescheid im Sinn des § 216 BAO zugänglich.

Wie sich aus den zitierten Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes ergibt, ist die Abgabenschuld aus der festgesetzten Umsatzsteuerzahllast für den Monat November 1989 mit Ablauf dieses Monates und die Gutschrift aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 (spätestens) mit Ablauf dieses Jahres entstanden. Auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung kommt es hingegen nicht an. Somit ist die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH erst nach Entstehen der Abgabenschuld bzw der Gutschrift erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß den Aufrechnungsvorschriften der Konkursordnung der Vorrang vor den Verrechnungsregeln des § 214 BAO zukommt. Aus den Aufrechnungsvorschriften der §§ 19 und 20 KO ergibt sich jedoch entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht, daß die Abgabenbehörde das aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 resultierende Guthaben nicht mit der aus der festgesetzten Umsatzsteuerzahllast für den Monat November 1989 entstandenen Abgabenschuld hätte aufrechnen dürfen. Aus § 20 Abs 1 erster Satz KO folgt, daß die Aufrechnung nur dann unzulässig ist, wenn der Konkursgläubiger erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner der Konkursmasse geworden oder wenn die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung erworben worden ist. Beides ist hier nicht der Fall, weil die Abgabenbehörde bereits mit Ablauf des Jahres 1988, somit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner der Konkursmasse geworden ist. Der Aufrechnung stand auch kein sich aus anderen (insbesondere abgabenrechtlichen) Vorschriften ergebendes Aufrechnungsverbot entgegen. Die Abgabenbehörde durfte daher zu Recht die sich aus der Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 1988 ergebende Gutschrift von 44.264 S zur Tilgung der mit Ablauf des Monates November 1989 entstandenen Abgabenschuld verwenden (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/15/0012, mwA).

Die Gebarung der Abgabenbehörde auf dem Abgabenkonto der GmbH ist daher zu Recht erfolgt, weswegen sich die Beschwerde als unbegründet erweist und daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl Nr 104/1991.