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VwGH vom 09.09.1997, 97/09/0244

VwGH vom 09.09.1997, 97/09/0244

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

97/09/0245

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerden der Erich Obertlik Barbetriebs KEG in Zell am See, vertreten durch

Dr. Michael Kinberger, Dr. Alexander Schuberth und Mag. Franz Lochbichler, Rechtsanwälte in Zell am See, Mozartstraße 3, gegen die Bescheide der Landesgeschäftstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg 1. vom , Zl. LGSSBG/5/1311/1997 ABANr.: 754453 (hg. Zl. 97/09/0244),

2. vom , Zl. LGSSBG/5/1311/1997 ABANr.: 754293 (hg. Zl. 97/09/0245), beide betreffend Nichtausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in den - von den Verfahrensdaten abgesehen - wörtlich übereinstimmenden Beschwerden und dem Inhalt der vorgelegten angefochtenen Bescheide ergibt sich folgender Sachverhalt:

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr zu hg. Zl. 97/09/0244 angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die slowakische Staatsangehörige I (geboren am ) gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 11 Abs. 6 und § 4 Abs. 7 AuslBG abgewiesen.

2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr zu hg. Zl. 97/09/0245 angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung nach dem AuslBG für die slowakische Staatsangehörige G (geboren am ) gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 11 Abs. 6 und § 4 Abs. 7 AuslBG abgewiesen.

Zur Begründung führte die belangte Behörde in den (von den Verfahrensdaten abgesehen) wörtlich übereinstimmenden Bescheiden im wesentlichen aus, auf die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 646/1996, für das Kalenderjahr 1997 festgesetzte Bundeshöchstzahl (262 246) seien zum Stichtag Ende Mai 1997 bereits 266.951 Ausländer anzurechnen; die Bundeshöchstzahl 1997 sei demnach überschritten. Die von der beschwerdeführenden Partei jeweils beantragte ausländische Arbeitskraft sei bisher keiner nach dem AuslBG bewilligten Beschäftigung nachgegangen und habe auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Auf die jeweils beantragte ausländische Arbeitskraft würden auch nicht die Voraussetzungen für eine Überziehung der Bundeshöchstzahl nach der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BGBl. Nr. 278/1995) zutreffen. Der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung stehe daher der nach § 11 Abs. 6 AuslBG auch im Verfahren betreffend Sicherungsbescheinigungen anwendbare Versagungsgrund nach § 4 Abs. 7 AuslBG entgegen. Die beschwerdeführende Partei habe Schriftstücke eines "Dance-Clubs" aus Bratislava vorgelegt, aus denen hervorgehe, daß die jeweils beantragte ausländische Arbeitskraft einen Kurs des modernen Tanzes in der Dauer von drei Monaten absolviert habe. Weitere Qualifikationsnachweise betreffend die Künstlereigenschaft der Ausländerinnen seien nicht dargebracht worden. Mit Verständigungen vom sei die beschwerdeführende Partei davon in Kenntnis gesetzt worden, daß die genannten Kursbestätigungen nicht geeignet seien, die Künstlereigenschaft der Ausländerinnen glaubhaft zu machen und diese daher dem Regime der Bundeshöchstzahl unterlägen.

Gegen diese Bescheide erhob die beschwerdeführende Partei zwei getrennte, inhaltlich jedoch gleichlautende Beschwerden, die der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres rechtlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden hat. Er hat darüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide in dem Recht auf Ausstellung von Sicherungsbescheinigungen nach dem AuslBG für die beantragten Ausländerinnen verletzt. Sie bringt dazu im wesentlichen vor, die belangte Behörde hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die Voraussetzungen des § 4a AuslBG gegeben seien. Bei den beantragten Ausländerinnen handle es sich nämlich "sehr wohl um Künstlerinnen". Als Künstler seien insbesondere auch Tänzer anzusehen. Über "die künstlerische Tätigkeit und Qualität des Ausländers" dürfe kein Werturteil abgegeben werden. Die Sicherungsbescheinigungen seien trotz Vorliegens der Voraussetzung des § 4a AuslBG nicht erteilt worden. Den angefochtenen Bescheiden sei nicht zu entnehmen, weshalb begründete Zweifel über die künstlerische Tätigkeit der Ausländerinnen bestünden. Die im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Kursbestätigung gegebene Begründung stelle eine "Scheinbegründung" dar. Die angefochtenen Bescheide seien insoweit mit Begründungsmängeln behaftet. Auch wenn die vorgelegte Ausbildungsbestätigung nicht ausgereicht hätte, um die Künstlereigenschaft zu überprüfen, hätte die belangte Behörde von Amts wegen weitere Nachforschungen darüber anstellen müssen.

Dieses Vorbringen vermag den Beschwerden nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Ausstellung der beantragten Sicherungsbescheinigungen auf die zufolge § 11 Abs. 6 AuslBG sinngemäß für die Ausstellung von Sicherungsbescheinigungen geltende Bestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 257/1995 (iVm § 12a Abs. 1 und 2 AuslBG sowie die Verordnungen BGBl. Nr. 646/1996 und BGBl Nr. 278/1995) gestützt.

Nach dieser Gesetzesbestimmung dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 Beschäftigungsbewilligungen (hier: Sicherungsbescheinigungen) nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, daß die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung (bzw. Sicherungsbescheinigung) für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.

Der festgestellte Sachverhalt, der zu der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde führte, daß der (sinngemäß geltende) Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG vorliege und die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskräfte zum Personenkreis des § 1 der Bundeshöchtszahlenüberziehungsverordnung nicht erfüllt seien, wird von der beschwerdeführenden Partei nicht bestritten. In den Beschwerden wird auch kein Sachverhalt dargetan, der geeignet wäre, die von der belangten Behörde festgestellte Überschreitung der Bundeshöchstzahl als unrichtig zu erkennen oder der im BundeshöchtszahlenÜberziehungsverfahren in Betracht kommen hätte können.

Dem zur Anwendung der Bestimmung des § 4a AuslBG erstatteten Vorbringen ist folgendes zu erwidern:

Die Bestimmung des § 4a AuslBG lautet:

"(1) Für einen Ausländer, dessen unselbständige Tätigkeit überwiegend durch Aufgaben der künstlerischen Gestaltung bestimmt ist, darf die Beschäftigungsbewilligung auch bei Fehlen der Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 bis 3 nur versagt werden, wenn die Beeinträchtigung der durch dieses Bundesgesetz geschützten öffentlichen Interessen unverhältnismäßig schwerer wiegt als die Beeinträchtigung der Freiheit der Kunst des Ausländers.

(2) Bei der Abwägung gemäß Abs. 1 ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß durch die Versagung der Beschäftigungsbewilligung dem Ausländer eine zumutbare Ausübung der Kunst im Ergebnis nicht unmöglich gemacht wird. Dabei darf weder ein Urteil über den Wert der künstlerischen Tätigkeit, deren unselbständige Ausübung beantragt wurde, noch über die künstlerische Qualität des Künstlers, für den die Beschäftigungsbewilligung beantragt wurde, maßgebend sein.

(3) Die Voraussetzung der künstlerischen Tätigkeit des Ausländers im Sinne des Abs. 1 ist bei begründeten Zweifeln glaubhaft zu machen."

Die belangte Behörde hat in sachverhaltsmäßiger Hinsicht angenommen, daß die beschwerdeführende Partei die Voraussetzungen einer künstlerischen Tätigkeit der Ausländerinnen (im Sinne von § 4a Abs. 1 AuslBG) nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Sie hat der beschwerdeführenden Partei im Berufungsverfahren vorgehalten, daß allein die vorgelegte Kursbestätigung als Glaubhaftmachung im Sinne des § 4a Abs. 3 AuslBG nicht ausreichend sei.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag - auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens - diese behördliche Beweiswürdigung weder als unschlüssig noch als der Lebenserfahrung widersprechend zu erkennen. Daß nicht jeder Absolvent eines Tanzkurses bzw. jeder Tänzer automatisch als Künstler zu betrachten ist, liegt auf der Hand. Auch in den Beschwerden wird kein Sachverhalt dargelegt, aus dem zu erkennen wäre, warum allein die durch die Kursbestätigungen nachgewiesene Ausbildung die belangte Behörde zu der sachverhaltsmäßigen Annahme hätte führen müssen, daß die Ausländerinnen als Künstlerinnen angesehen werden können. Für welche konkrete Tätigkeit (im Rahmen der beabsichtigten Beschäftigung) diese Ausländerinnen angeworben werden, wird von der beschwerdeführenden Partei ebenfalls nicht vorgebracht.

Bei Prüfung der (sachverhaltsmäßigen) Anwendungsvoraussetzungen des § 4a AuslBG ist zu berücksichtigen, daß dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes korrespondiert, was immer dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind. Dies trifft auf die Bestimmung des § 4a AuslBG insofern zu, als die nach Abs. 1 leg. cit. vorzunehmende Interessenabwägung (vgl. hiezu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg Nr. 11737) notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbringen der Partei über die beabsichtigte künstlerische Tätigkeit des Ausländers voraussetzt (vgl. in diesem Zusammenhang die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 299ff, wiedergegebene hg. Judikatur zur Mitwirkungspflicht). Daß die Voraussetzung einer künstlerischen Tätigkeit des Ausländers im Sinne des Abs. 1 bei begründeten Zweifeln glaubhaft zu machen ist, ergibt sich auch ausdrücklich aus § 4a Abs. 3 AuslBG.

Diese Glaubhaftmachung ist der beschwerdeführenden Partei, die nach ihrem Firmenwortlaut das Gastgewerbe in der Betriebsform einer Bar betreibt, nicht gelungen.

In den Beschwerden wird der (in den angefochtenen Bescheiden wiedergegebene) Umstand, daß der beschwerdeführenden Partei - nach Vorhalt der Ermittlungsergebnisse - im Berufungsverfahren Gelegenheit geboten wurde, zu den Voraussetzungen einer künstlerischen Tätigkeit der Ausländerinnen Vorbringen zu erstatten und in dieser Hinsicht geeignete Nachweise anzubieten, nicht bekämpft. Daß die beschwerdeführende Partei aufgrund dieses Vorhaltes derart mitgewirkt habe, daß sie die Voraussetzungen einer künstlerischen Tätigkeiten der Ausländerinnen im Sinne des § 4a Abs. 3 AuslBG (in sachverhaltsmäßiger Hinsicht) näher dargelegt und dafür geeignete Bescheinigungsmittel angeboten habe, wird in den Beschwerden nicht einmal behauptet (vgl. in dieser Hinsicht sinngemäß auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/09/0306, und vom , Zl. 95/09/0295). Entgegen den Beschwerdeausführungen war die belangte Behörde im Hinblick auf die fehlende Mitwirkung der beschwerdeführenden Partei demnach nicht gehalten, die in den Beschwerden behaupteten Erhebungen anzustellen.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerden erkennen läßt, daß die von der beschwerdeführenden Partei behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, waren beide Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.