VwGH vom 26.05.1999, 97/09/0223
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde der "ZEPTER" International Handelsgesellschaft m.b.H. in Linz, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in Feldkirch, Lichtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom , Zl. LGSV/III/13113/1996, ABB 1416028, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte am für ihre Filiale Dornbirn beim Arbeitsmarktservice Dornbirn die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für J B, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, für die berufliche Tätigkeit als Vertreter.
Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Dornbirn mit Bescheid vom gemäß § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 7 AuslBG (den zuletzt genannten Versagungsgrund in Zusammenhalt mit der Kundmachung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Bundeshöchstzahl 1995, BGBl. Nr. 944/1994, und der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung) ab.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Mit Erkenntnis vom , B 1367/95-8, hob der Verfassungsgerichtshof den im Instanzenzug ergangenen Berufungsbescheid der belangten Behörde vom auf, weil die belangte Behörde bei Erlassung dieses Bescheides die als verfassungswidrig erkannte Bestimmung des § 4 Abs. 7 AuslBG angewendet hatte.
Im fortgesetzten Berufungsverfahren wurden zunächst die Bewilligungsvoraussetzungen auf Grundlage der Bundeshöchstzahl 1996 bzw. im Rahmen eines Bundeshöchstzahlenüberziehungsververfahrens erörtert.
In weiterer Folge nahm die belangte Behörde eine Ersatzkraftstellung vor und brachte der Beschwerdeführerin danach mit Schreiben vom zur Wahrung ihres Parteiengehörs das Ermittlungsergebnis zur Kenntnis, dass ihr Bedarf an einem Außendienstmitarbeiter durch die geeignete Vorzugsperson Z M (ein bosnischer Befreiungsschein-Inhaber) gedeckt werden könnte. Dieser Bewerber sei laut schriftlicher Rückmeldung mit der Begründung nicht eingestellt worden, dass er über keine Qualifikation verfüge. Laut Aussage der zuständigen Beraterin des Arbeitsmarktservice Dornbirn sei die angebotene Ersatzkraft nach ihrem Erscheinungsbild und ihrer Ausbildung jedoch geeignet, besitze die erforderlichen Sprachkenntnisse, einen Führerschein und auch einen eigenen Pkw.
Die Beschwerdeführerin antwortete auf diesen Vorhalt mit Schriftsatz vom . Sie brachte darin im Wesentlichen vor, die angebotene Ersatzkraft habe nach Bekanntgabe des Tätigkeits- und Aufgabenbereiches erklärt, an diesem Arbeitsplatz nicht interessiert zu sein und "noch andere Angebote" zu besitzen. Es stehe demnach derzeit keine geeignete Vorzugsperson zur Vermittlung zur Verfügung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid des Arbeitsmarktservice Dornbirn mit der Maßgabe bestätigt, dass die Ablehnung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf die Bestimmung des § 4 Abs. 1 AuslBG gestützt werde.
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes, der Rechtslage und der sachverhaltsmäßigen Grundlagen im Wesentlichen aus, die Vorhaltsbeantwortung vom gehe an den "konkreten Tatsachenfeststellungen der Berufungsbehörde" vorbei. Auf Grund des "Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens" sehe die belangte Behörde als erwiesen an, dass die Beschwerdeführerin keine ausreichende Bereitschaft zur Beschäftigung der angebotenen Ersatzkraft (Z M) bekundet habe; diese Ersatzkraft wäre für die vorgesehene Tätigkeit geeignet gewesen. Die Beschwerdeführerin habe widersprüchlich argumentiert, weil sie in schriftlicher Form die fehlende Qualifikation, dann jedoch die ermangelnde Bereitschaft der Ersatzkraft zur Beschäftigung ins Treffen geführt habe. Es sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund zuerst die fehlende Qualifikation und dann die mangelnde Bereitschaft der angebotenen Ersatzkraft für das Nichtzustandekommen eines Dienstverhältnisses maßgebend gewesen sei. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG seien daher nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 357/97-3, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene - Beschwerde.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem im ergänzenden Beschwerdeschriftsatz erstatteten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte ausländische Arbeitskraft verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die belangte Behörde habe sich mit ihrer Stellungnahme vom sowie den darin gestellten Beweisanträgen nicht ausreichend auseinandergesetzt und in dieser Hinsicht kein Ermittlungsverfahren durchgeführt.
Schon mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.
Die belangte Behörde hat die Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 1 AuslBG gestützt.
Nach dieser Gesetzesbestimmung ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG muss auf Grund eines ordnungsgemässen Ermittlungsverfahrens, das von Amts wegen unter Beteiligung des Antragstellers durchzuführen ist, vorerst festgestellt werden, für welche Beschäftigung diese Bewilligung konkret beantragt wurde und ob Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes - unter Beachtung der Regelung des § 4b AuslBG - diese konkrete Beschäftigung des für sie in Aussicht genommenen Ausländers zulässt. Es ist das Recht jedes Arbeitgebers, sofern er damit nicht gegen zwingendes Recht verstößt, die Anforderungen festzusetzen, die er an eine von ihm zu beschäftigenden Person stellt. Finden diese Anforderungen in objektiven Notwendigkeiten eine Grundlage, dann gehören sie zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen der Beschäftigung, die bei einer Prüfung nach § 4 Abs. 1 AuslBG zugrunde zulegen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0110, und die darin angegebene Judikatur).
Die vom Gesetzgeber angesprochenen wichtigen öffentlichen und gesamtwirtschaftlichen Interessen (zweiter Tatbestand des § 4 Abs. 1 AuslBG) kommen jedoch erst dann zum Tragen, wenn feststeht, für welche Beschäftigung konkret die Bewilligung beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes diese konkrete Beschäftigung zulässt. Das wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, ob für die Beschäftigung wenigstens ein bestimmter Inländer oder im gegebenen Zusammenhang ein einem Inländer gleichgestellter oder begünstigt zu behandelnder Ausländer in der Reihenfolge nach § 4b AuslBG zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gesetzlichen (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Diese Beweisführung (Prüfung der Arbeitsmarktlage) erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Arbeitskraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. für viele etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 93/09/0426, und vom , Zl. 95/09/0040).
Gemäß § 58 Abs. 2 - des nach Art. II Abs. 2 lit. D Z. 41 EGVG auf das behördliche Verfahren der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice anzuwendenden - AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht inhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Diesen Anforderungen entspricht die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird - zum Nachteil der Beschwerdeführerin - eine unbegründete Ablehnung der angebotenen Ersatzkraft angenommen. Das zur Ersatzkraftstellung erstattete Vorbringen der Beschwerdeführerin beurteilte die belangte Behörde als nicht erwiesen. Diese Beurteilung der belangten Behörde vermag sich jedoch auf kein Ermittlungsverfahren bzw. kein konkretes Ermittlungsergebnis zu stützten und entbehrt demnach einer sachverhaltsmäßigen Grundlage. Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides bekundete fehlende "Nachvollziehbarkeit" jener Gründe, die letztlich tatsächlich für das Nichtzustandekommen eines Dienstverhältnisses mit der angebotenen Ersatzkraft maßgebend gewesen seien, zeigt vielmehr deutlich, dass im vorliegenden Fall ein Ermittlungsverfahren zur Aufklärung des strittig gebliebenen Sachverhaltes geboten gewesen wäre. Die belangte Behörde hat ihrer amtswegigen Verpflichtung, die Richtigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin zu überprüfen und die dabei gewonnenen Ermittlungsergebnisse zu würdigen, nicht entsprochen (vgl. insoweit etwa die hg. Erkenntnisse jeweils vom , Zl. 93/09/0447, und Zl. 94/09/0074, sowie vom , Zl. 94/09/0120). Dass das Verhalten bzw. die Erklärungen der Beschwerdeführerin für die belangte Behörde widersprüchlich erschienen, vermag an dieser Verpflichtung zur Aufklärung und Klarstellung des Sachverhaltes nichts zu ändern (vgl. insoweit auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/09/0273). Aus welchem Grund die in der Stellungnahme vom von der Beschwerdeführerin beantragten Beweise nicht aufgenommen wurden, wird im angefochtenen Bescheid nicht begründet.
Des Weiteren ist auch darauf hinzuweisen, dass die im vorgelegten Akt der belangten Behörde als ON 16 erliegende "schriftliche Rückmeldung" weder Angaben über die als fehlend angesehene Qualifikation (der angebotenen Ersatzkraft) enthält, noch eine der Beschwerdeführerin zurechenbare (firmenmäßige) Fertigung erkennen lässt (von wem die am Ende des Formulars befindliche unleserliche Unterfertigung tatsächlich stammt, wäre aufklärungsbedürftig).
Im vorliegenden Fall kann demnach nicht abschließend beurteilt werden, ob die Beschwerdeführerin die angebotene Ersatzkraft unbegründet abgelehnt hat, bzw. ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG vorliegen.
Die belangte Behörde hat aus den dargelegten Gründen somit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weil der festgestellte Sachverhalt in wesentlichen Punkten einer Ergänzung bedarf. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am