VwGH vom 12.02.1998, 94/15/0184
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der R GmbH in W, vertreten durch Dr. Helmar Feigl, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Preinsbacherstraße 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat VIII, vom , 6/4 - 4173/94-10, betreffend Körperschaftsteuer und Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin schaffte im Streitjahr eine Schottergrube an und machte hiefür einen Investitionsfreibetrag von rund 3 Mio S gewinnmindernd geltend.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid rechnete die belangte Behörde den geltend gemachten Investitionsfreibetrag dem Gewinn hinzu, wobei sie zur Begründung ausführte, ein nicht gehobener Bodenschatz sei von seiner Funktion her eher mit der Lagerung von Waren zu vergleichen als mit einem Anlagegut. Ein gehobener Bodenschatz zähle jedenfalls zum Umlaufvermögen, sodaß von diesem Blickpunkt aus bei Anschaffung eines Bodenschatzes kein Investitionsfreibetrag nach § 10 Abs 1 EStG 1988 geltend gemacht werden könne. Selbst bei gegenteiliger Auffassung, ein nicht gehobener Bodenschatz stellte Anlagevermögen dar, sei die Tatbestandsvoraussetzung des "abnutzbaren Anlagevermögens" iSd § 10 Abs 1 EStG 1988 nicht gegeben. Bei einem Wirtschaftsgut sei zu unterscheiden, ob die Absetzung für den Gebrauch oder, wie im Beschwerdefall, für den Verbrauch eines Wirtschaftsgutes vorgenommen werde. Der Satz des § 10 Abs 1 EStG 1988 "Die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) wird dadurch nicht berührt" bringe lediglich zum Ausdruck, daß bei einem abnutzbaren Wirtschaftsgut, die Geltendmachung eines Investitionsfreibetrages der Inanspruchnahme der Absetzung für Abnutzung iSd Bestimmungen der §§ 7 und 8 EStG 1988 nicht entgegenstehe. Obwohl die Überschrift des § 8 EStG 1988 "Sonderformen der Absetzung für Abnutzung" laute, dürfe nicht übersehen werden, daß inhaltlich mit dieser Bestimmung drei verschiedenartige Absetzungen normiert würden, nämlich eine Absetzung für Abnutzung iSd § 7 für bestimmte Wirtschaftsgüter (Abs 1 bis 3), eine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (Abs 4) und eine Absetzung für Substanzverringerung (Abs 5). Aus dieser Bestimmung könne daher nicht der Schluß gezogen werden, sie erweitere die im ersten Satz des § 10 Abs 1 EStG 1988 normierte Tatbestandsvoraussetzung, weil dieser Annahme die klare Aussage dieses Satzes entgegenstehe. Eine Bezugnahme auf § 8 EStG 1988 erscheine im Hinblick auf die Abs 1 bis 3 geboten, weil hiedurch diese Wirtschaftsgüter als abnutzbare Anlagegüter gelten würden. Daraus ergebe sich aber, daß die in § 8 Abs 5 EStG 1988 normierte Absetzung für Substanzverringerung vom diesbezüglichen Satz des § 10 Abs 1 EStG 1988 nicht angesprochen werde. Auch die Überschrift des § 8 EStG 1988 könne zu keinem anderen Ergebnis führen, weil § 8 Abs 5 EStG 1988 inhaltlich dem § 7 Abs 3 EStG 1972 entspreche und dessen Überschrift "Absetzung für Abnutzung oder für Substanzverringerung" gelautet habe.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin hält dem angefochtenen Bescheid entgegen, soweit die belangte Behörde davon ausgehe, eine Schottergrube sei einer Lagerung von Waren vergleichbar, beziehe sie sich offenbar auf das hg Erkenntnis vom , 1134/64, Slg Nr 3230/F, in dem die vorzeitige Abschreibung der Anschaffungskosten einer Sandgrube verneint worden sei. Der Gewinnungsvorgang bei einer Sandgrube beschränke sich auf den bloßen Abtransport des Sandes. Hingegen erfordere die Gewinnung des Schotters industriell-gewerbliche Produktionsmethoden. Hiezu seien umfangreiche (näher dargestellte) Arbeitsvorgänge erforderlich, die einen umfangreichen (ebenfalls näher dargestellten) Maschineneinsatz bedingten. Demnach sei die Ansicht der belangten Behörde, eine Schottergrube stelle gleichsam ein Schotterlager dar, aus dem der Schotter nur abtransportiert werden müsse, verfehlt. Auch die Ansicht, es handle sich bei der Absetzung für Substanzverringerung iSd § 8 Abs 5 EStG 1988 nicht um eine Abnutzung iSd § 10 Abs 1 EStG 1988, sei unrichtig.
Substanzvorkommen bzw Bodenschätze iSd § 8 Abs 5 EStG 1988 gehörten zum Anlagevermögen. Zu beurteilen sei aber nicht nur, ob der Schotter zum Anlagevermögen zähle, sondern auch, ob er ein abnutzbares Wirtschaftsgut darstelle. Dies müsse im Zusammenhang mit der Bewertungsbestimmung des § 6 Z 1 EStG 1988 beurteilt werden. In dieser werde auf die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 und 8 EStG 1988 (alle Fälle) Bezug genommen. Wie schon aus der Überschrift ersichtlich, stellten die in § 8 EStG 1988 angeführten Fälle Sonderformen der Absetzung für Abnutzung dar. Daß sich § 10 Abs 1 EStG 1988 auch auf diese Sonderformen der Abnutzung beziehe, ergebe sich zwingend daraus, weil in dessen Text die §§ 7 und 8 EStG 1988 angeführt seien. Die Anführung des § 8 EStG 1988 in § 10 Abs 1 EStG 1988 wäre nicht erforderlich, wenn sich der Text davor nicht auch auf diese Sonderformen der Abnutzung bezöge. Daher sei für sämtliche Wirtschaftsgüter, für die eine Absetzung für Abnutzung gemäß den §§ 7 oder 8 EStG 1988 zulässig bzw vorzunehmen sei, bei Zutreffen der sonstigen in § 10 EStG 1988 genannten Voraussetzungen die Geltendmachung eines Investitionsfreibetrages möglich.
Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Bei Abbaubetrieben kann ein Investitionsfreibetrag für einen angeschafften Bodenschatz auch im Geltungsbereich des EStG 1988 nicht geltend gemacht werden. Denn die Anschaffung eines Bodenschatzes, der von vornherein bestimmt ist, zum Umlaufvermögen zu gehören, ist vom Zweck einer Investitionsbegünstigung für das Anlagevermögen nicht erfaßt. Auch ein nicht gehobener Bodenschatz ist, wie auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, von seiner Funktion her eher mit der Lagerung von Waren zu vergleichen als mit einem Anlagegut (vgl Doralt, EStG3, § 10, Tz 7; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 10, Tz 16; Hofstätter/Reichel/Fellner/Fuchs/Zorn, Die Einkommensteuer, Kommentar, § 10, Tz 3). Der im Schrifttum vertretenen gegenteiligen Ansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof aus den bei Doralt, aaO, und Quantschnigg/Schuch, aaO, dargestellten Gründen nicht anzuschließen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist es bedeutungslos, ob die Gewinnung des Schotters industriell-gewerbliche Produktionsmethoden unter umfangreichem Maschineneinsatz erfordert. Entscheidend ist vielmehr die Funktion des Schotters als von vornherein bestimmtes Umlaufvermögen. In diesem Zusammenhang ist für die Beschwerdeführerin auch aus § 8 Abs 5 EStG 1988 nichts zu gewinnen, zumal diese Bestimmung lediglich als Bewertungsvorschrift und Regelung zur Ermittlung des Wareneinsatzes anzusehen ist. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ebenfalls zutreffend dargelegt hat, ist somit der (allgemeine) Verweis des § 10 Abs 1 EStG 1988 auf § 8 EStG 1988 nicht auch als ein Verweis auf dessen Abs 5 zu verstehen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.