VwGH vom 16.12.1999, 99/16/0146
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der E Gesellschaft m.b.H. in R, vertreten durch die Dr. Arnold
Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV 184/1-9/1998, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war eine Tochtergesellschaft, deren alleinige Gesellschafterin die Segelbacher GmbH (als Muttergesellschaft) war. Alleiniger Gesellschafter der Muttergesellschaft war Rudolf Segelbacher.
Mit Notariatsakt vom vereinbarten die Beschwerdeführerin und ihre damalige Muttergesellschaft eine Verschmelzung dergestalt, dass die Muttergesellschaft von der Tochtergesellschaft (= der Beschwerdeführerin) aufgenommen wurde (sog. down stream merger).
Punkt Sechstens des Notariatsaktes hat folgenden Wortlaut:
"Von einer Erhöhung des Stammkapitals der aufnehmenden Gesellschaft wird im Sinne des Paragraph sechsundneunzig Absatz zwei (§ 96 Abs. 2) des GmbH-Gesetzes in Verbindung mit Paragraph zweihundertvierundzwanzig Absatz zwei (§ 224 Abs. 2) des Aktiengesetzes einvernehmlich abgesehen. Gemäß Paragraph zweihundertvierundzwanzig Absatz drei (§ 224 Abs. 3) des Aktiengesetzes wird Herr Rudolf Segelbacher als alleiniger Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft mit deren gesamten Geschäftsanteil an der aufnehmenden Gesellschaft abgefunden. In Folge der gegenständlichen Verschmelzung wird somit Herr Rudolf Segelbacher alleiniger Gesellschafter der aufzunehmenden Gesellschaft mit einem Geschäftsanteil, welcher einer zur Gänze einbezahlten Stammeinlage von S 5,000.000,-- (Schilling fünf Millionen) entspricht."
Dieser Vorgang wurde im Firmenbuch am eingetragen.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz setzte für den Vorgang unter Hinweis "Erwerb eigener Anteile" Börsenumsatzsteuer fest, wogegen die Beschwerdeführerin berief und den behaupteten Erwerb eigener Anteile in Abrede stellte.
Gegen die in der Folge ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz.
Die belangte Behörde erließ aufgrund der Berufung folgenden Bescheidspruch:
"Für den Erwerb der Geschäftsanteile im Nominale von S 5,000.000,-- an der EUROL-Mineralöl Handelsgesellschaft m.b.H. im Verschmelzungsvertrag vom von der Segelbacher GmbH wird die Börsenumsatzsteuer festgesetzt mit 250 Groschen für jede angefangene S 100,-- vom Wert der Anteile in Höhe von S 129,357.920,-- mit (gerundet gem. 204 BAO) S 3,233.948,--."
Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.
Auch die belangte Behörde ging dabei davon aus, dass im Zuge eines down stream mergers ein "Durchgangserwerb" der eigenen Anteile durch die aufnehmende Tochtergesellschaft für eine juristische Sekunde stattfindet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Börsenumsatzsteuerfreiheit verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 KVG unterliegt der Börsenumsatzsteuer der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere.
Nach § 18 Abs. 1 KVG sind Anschaffungsgeschäfte entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind. Gemäß Abs. 2 Z. 1 leg. cit. gelten als Anschaffungsgeschäfte auch Geschäfte, die das Einbringen von Wertpapieren in eine Kapitalgesellschaft oder eine andere Personenvereinigung zum Gegenstand haben.
Ebenso wie in dem mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/16/0224, entschiedenen Fall liegen auch hier die Dinge anders, als sie von der belangten Behörde und von der Beschwerdeführerin gesehen werden. Auch im jetzt entschiedenen Beschwerdefall wurden schon vor der die Universalsukzession bewirkenden Eintragung der Verschmelzung der beiden Kapitalgesellschaften im Firmenbuch () im Wege des Notariatsaktes vom kraft Vereinbarung der Beschwerdeführerin und ihrer damals noch existenten Muttergesellschaft die bis dahin von der Mutter der Beschwerdeführerin an der Beschwerdeführerin gehaltenen Geschäftsanteile auf eine dritte Person, nämlich den bisherigen Alleingesellschafter der Muttergesellschaft, übertragen. Auch der oben wiedergegebene Punkt Sechstens des zitierten Notariatsaktes ist insoferne als Vereinbarung (der Beschwerdeführerin mit ihrer damaligen Mutter) zugunsten des Rudolf Segelbacher zu sehen, weshalb auch der jetzt vorliegende Beschwerdefall nicht anders zu entscheiden ist, als der über den mit dem oben zitierten Erkenntnis abgesprochen wurde. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses verwiesen.
An dieser Lösung vermag auch § 224 Abs. 3 AktG nichts zu ändern, weil er keineswegs einen Anteilsübergang ex lege bewirkt, sondern nur die rechtsgeschäftlich durchzuführende Verwendung der Anteile anordnet (arg.: "... sind ... zu verwenden").
Auch im Beschwerdefall wurde daher schon vor der Universalsukzession mit dem ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft zugunsten Dritter darstellenden Notariatsakt vom der Tatbestand eines Anschaffungsgeschäftes erfüllt, für das die Beschwerdeführerin als Vertragsteil gemäß § 25 KVG Steuerschuldner ist (im oben zitierten Erkenntnis ist diesbezüglich ein Schreibfehler unterlaufen, als dort § 9 KVG zitiert wurde, was aber am Ergebnis nicht zu ändern vermag).
Sohin erweist sich der angefochtene Bescheid (auch wenn der von der belangten Behörde angenommene Durchgangserwerb nicht stattgefunden hat) im Ergebnis als frei von Rechtswidrigkeit, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Mit Rücksicht auf die durch das zitierte hg. Erkenntnis klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.
Wien, am