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VwGH vom 25.10.1995, 94/15/0169

VwGH vom 25.10.1995, 94/15/0169

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. 46-GA6-DMe/94, betreffend Sicherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Sicherstellungsauftrag vom ordnete das Finanzamt die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschwerdeführers zur Sicherung der Einkommen- und Umsatzsteuer verschiedener Jahre zwischen 1984 und 1990 im Gesamtbetrag von S 13,067.494,-- an; dies mit der Begründung, eine Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben sei zu befürchten, weil der Beschwerdeführer in letzter Zeit umfangreiche Vermögensverschiebungen im Bereich seines Liegenschaftsvermögens vorgenommen habe (Schenkungsvertrag vom sowie Aufhebung dieses Vertrages am ).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung nach Durchführung von Sachverhaltsermittlungen abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungen aus, beim Beschwerdeführer seien betreffend die genannten Jahre Einkommensteuernachforderungen in Höhe von rund S 12,5 Mio festgesetzt worden seien, denen rund S 13 Mio aus dem Sicherstellungsauftrag gegenüberstünden. Diese Abweichung begründe keine Rechtswidrigkeit des Sicherstellungsauftrages, weil die Ermittlung des genauen Ausmaßes der Abgabenschuld nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht wie bei einer ordnungsgemäßen Abgabenfestsetzung erfolgen müsse. Auf Grund der im Beschwerdefall vorliegenden besonderen Umstände (Erklärung negativer Einkünfte auf Grund von Scheinbeteiligungen bzw. auf Grund des Verdachtes der vollendeten bzw. versuchten Abgabenhinterziehung) liege auch eine Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringung von Abgaben im Sinne des § 232 Abs. 1 BAO, welche voraussichtlich nur bei einem raschen Zugriff der Behörde gesichert erscheine, vor. Auf Grund schon erfolgter Veräußerung seiner Grundstücke im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages vom und mangels anderen bekannten Vermögens liege eine Abgabenüberschuldung des Beschwerdeführers in Höhe von rund S 13 Mio vor. Die beiden Pensionen des Beschwerdeführers in monatlicher Höhe von zusammen S 54.000,-- stünden in keinem Verhältnis zu den Abgabenansprüchen. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers rechtfertigten daher die Erlassung des Sicherstellungsauftrages.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Abs. 2 dieser Gesetzesstelle normiert, daß der Sicherstellungsauftrag unter anderem die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld sowie die Gründe zu enthalten hat, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt.

Eine Sicherstellung ist kein abschließender Sachbescheid im Sinne des § 183 Abs. 4 BAO, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, daß sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern daß es genügt, daß die Abgabenschuld dem Grunde nach (nämlich gemäß § 4 BAO) mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind. Von einer solchen Gefährdung bzw. wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung kann im wesentlichen dann gesprochen werden, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden muß, daß nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint. Derartige Gefährdungen oder Erschwerungen werden unter anderem bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleuderung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein. Dabei reicht der objektive Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung aus; eine vom Abgabenschuldner selbst gesetzte Gefährdungshandlung ist nicht erforderlich. In all diesen Fällen genügt es, wenn aus der wirtschatlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, daß nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 89/13/0047, vom , Zl. 89/15/0131, und vom , Zlen. 86/13/0198, 0199, m.w.N.).

Das Beschwerdevorbringen, die Abgabeneinbringung sei höchstens im Ausmaß von rund S 3,3 Mio gefährdet bzw. erschwert gewesen, weil nur hinsichtlich dieses Betrages Anzeige wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung an die Staatsanwaltschaft erstattet worden sei, zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, geht es doch im Beschwerdefall nicht um die Höhe einer allfälligen Abgabenhinterziehung, sondern darum, ob das Verhalten des Beschwerdeführers und seine wirtschaftliche Lage im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages durch das Finanzamt Anlaß für die Annahme einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Abgabeneinbringung boten. Die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, die Abgabeneinbringung sei in dem vom Finanzamt angenommenen ungefähren Ausmaß gefährdet bzw. erschwert gewesen, hält aus den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid dargestellten Gründen der Schlüssigkeitskontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof stand. Daß die gesicherten Abgabenschuldigkeiten im wesentlichen nur im Wege der Exekution auf Teile der Pensionen des Beschwerdeführers entrichtet werden konnten, stellt die Rechtmäßigkeit der Sicherungsmaßnahme nicht in Frage. Da auch das Abgabenverfahren keine wesentlichen Mängel aufweist, mußte die Beschwerde somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.