VwGH vom 25.06.1997, 94/15/0167
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dkfm. K in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7 - 1171/94, betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde gegenüber dem Beschwerdeführer die Einhebung folgender Abgaben ausgesetzt:
Einkommensteuer 1986 S 188.120,--
Einkommensteuer 1990 S 121.065,--
Gewerbesteuer 1986 S 90.255,--
Gewerbesteuer 1990 S 21.906,--
Die Berufung des Beschwerdeführers betreffend die Einkommensteuer für 1986 und 1990 wurde als unbegründet abgewiesen. Der Berufung betreffend Gewerbesteuer wurde Folge gegeben und die Gewerbesteuer - dem Vorbringen der Beschwerde zufolge - für das Jahr 1986 mit einer Gutschrift von S 121.425,-- und für das Jahr 1990 mit einer Gutschrift von S 21.906,-- festgesetzt.
Mit Bescheid vom sprach das Finanzamt den Ablauf der Aussetzung infolge Erledigung der Berufung aus. Auf der Grundlage einer im einzelnen dargestellten Berechnung, die von einem Aussetzungsbetrag von S 309.185,-- (Einkommensteuer 1986 und 1990) und Jahreszinssätzen zwischen 6,25 % und 14,5 % ausgeht, wurden dem Beschwerdeführer Aussetzungszinsen in der Höhe von S 71.027,-- vorgeschrieben.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen die Festsetzung der Aussetzungszinsen. Im Berufungsverfahren brachte er vor, insgesamt habe sich aus der Berufungserledigung ein Guthaben ergeben. "Allein" bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1985 habe sich ein Guthaben von S 180.792,-- ergeben. Die Aussetzungszinsen hätten daher nur auf der Basis von S 7.328,-- (Differenzbetrag zwischen der Einkommensteuerbelastung für 1986 von S 188.120,-- und der Einkommensteuergutschrift für 1985 von S 180.792,--) vorgeschrieben werden dürfen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat sie begründend die Auffassung, die Aussetzungszinsen seien auf der Grundlage der von der Aussetzung betroffenen Abgabenschulden von S 188.120,-- (Einkommensteuer 1986) und S 121.065,-- (Einkommensteuer 1990) zu berechnen. Insoweit seien die Berufungen als unbegründet abgewiesen worden. Die Entrichtungsweise bei Ende des Zahlungsaufschubes - hier durch Verwendung von Gutschriften - sei im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung, weil die Gutschriften auf dem Abgabenkonto erst ab ihrem Entstehen wirkten und somit die Herabsetzungen durch Berufungserledigung nicht auf die Zeit der Aussetzung zurückwirkten. Die auf einzelne Abgabenschulden abstellende Regelung des § 212a Abs. 9 lit. b zweiter Satz BAO erlaube es nicht, die Herabsetzung der Gewerbesteuerschuld rückwirkend bei der Berechnung der Aussetzungszinsen für die Einkommensteuer der Jahre 1986 und 1990 zu berücksichtigen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird geltend gemacht, es sei im Verfahren nicht dargelegt worden, wie die belangte Behörde "zu den Zinsfüßen gelangte". Dem Beschwerdeführer sei im ganzen Verfahren nicht die Möglichkeit gegeben worden, "zu den Zinsfüßen" Stellung zu nehmen.
Nach § 212a Abs. 9 erster Satz BAO idF BGBl. 312/1987 sind Aussetzungszinsen unter Anwendung des sich aus § 212 Abs. 2 für Stundungszinsen ergebenden Zinsfußes zu entrichten.
Nach § 212 Abs. 2 BAO sind ... Stundungszinsen in Höhe von 4 % über dem jeweils geltenden Zinsfuß für Eskontierungen der Oesterreichischen Nationalbank pro Jahr zu entrichten.
Die erstzitierte Vorschrift wurde mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. 13493, aufgehoben, wobei ausgesprochen wurde, daß die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt. Der Beschwerdefall ist kein Anlaßfall im Sinne des Art. 140 Abs. 7 B-VG; § 212a Abs. 9 erster Satz BAO idF BGBl. 312/1987 ist daher für den Zeitraum bis zum anzuwenden.
Nach § 212a Abs. 9 erster Satz BAO idF des Art. XXIV Z. 12 des Steuerreformgesetzes 1993, in Kraft getreten mit , sind Aussetzungszinsen in Höhe von 1 % über dem jeweils geltenden Zinsfuß für Eskontierungen der Oesterreichischen Nationalbank pro Jahr zu entrichten.
Im Bescheid des Finanzamtes wurde die Berechnung der Aussetzungszinsen im einzelnen dargelegt; der entsprechenden Darstellung ist unter anderem zu entnehmen, welcher Jahreszinssatz (jeweils umgerechnet auf Tageszinssatz) für welche Laufzeit (jeweils nach Tagen ausgewiesen) der Berechnung der Aussetzungszinsen zugrunde gelegt wurde. Es trifft somit nicht zu, daß dem Beschwerdeführer im gesamten Verfahren keine Möglichkeit gegeben worden wäre, "zu den Zinsfüßen" Stellung zu nehmen. Es stand ihm frei, seinen Standpunkt im Berufungsverfahren vorzutragen. Die Beschwerde enthält sich auch näherer Darlegungen darüber, welchen von den Annahmen der Abgabenbehörde abweichenden Sachverhalt der Beschwerdeführer hätte vortragen können; dem ist hinzuzufügen, daß die Abgabenbehörde ihrer Berechnung der Aussetzungszinsen jene Zinssätze zugrunde gelegt hat, die sich auf Grund der oben dargestellten Rechtslage und des jeweils geltenden Zinsfußes für Eskontierungen der Oesterreichischen Nationalbank im jeweils ausgewiesenen Zeitraum ergaben (vgl. hiezu die Übersicht samt Fundstellen bei Stoll, BAO-Kommentar, 2259). Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.
Die Beschwerde macht als Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend, bei "rückwirkender Betrachtung", nämlich bei Bedachtnahme auf die Ergebnisse des Berufungsverfahrens, ergebe sich, daß der Beschwerdeführer nur einen Betrag von insgesamt S 165.854,-- geschuldet habe. Dies folge aus der Verrechnung der mit Berufungsentscheidung festgestellten Gutschriften von S 121.425,-- (Gewerbesteuer 1986) und S 21.906,-- (Gewerbesteuer 1990), mit der Einkommensteuer von S 188.120,-- (1986) und S 121.065,-- (1990). Dem Gesetz sei eine isolierte Betrachtung der einzelnen Abgabenarten nicht zu entnehmen; vielmehr folge aus § 212a Abs. 9 lit. b BAO eindeutig, daß die Zinsen von jenem Betrag vorzuschreiben seien, der als "endgültige Steuerschuld" festgestellt werde. Es sei somit eine "rückwirkende Gesamtbetrachtung" anzustellen.
Nach § 212a Abs. 9 zweiter Satz BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.
Es handelt sich dabei um eine auf einzelne Abgabenschulden abstellende Regelung, die es nicht erlaubt, die infolge Herabsetzung einer Abgabenschuld entstehende Gutschrift rückwirkend bei der Berechnung der Aussetzungszinsen für eine andere Abgabenschuld zu berücksichtigen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 94/15/0043). Die Gutschriften aus der Veranlagung der Gewerbesteuer konnten somit erst ab dem Zeitpunkt ihrer Entstehung (durch die Erlassung des betreffenden Berufungsbescheides; vgl. hiezu das Erkenntnis vom , Zl. 95/15/0164) zur Tilgung der Einkommensteuerschuldigkeiten verwendet werden; § 212a Abs. 9 zweiter Satz BAO enthält insoweit keine Rückwirkungsanordnung. Im übrigen entspricht die Vorschreibung von Aussetzungszinsen selbst dann dem Gesetz, wenn während des Aussetzungszeitraumes ein Guthaben auf dem Abgabenkonto besteht, jedoch kein Antrag im Sinne des § 212a Abs. 8 BAO gestellt wird (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 96/14/0132).
Die im Beschwerdefall erfolgte Vorschreibung der Aussetzungszinsen entspricht somit auch in Ansehung der soeben zitierten Vorschrift dem Gesetz. Eine "nachträgliche Herabsetzung einer Abgabenschuld" durch die Berufungsentscheidung erfolgte nicht, soweit die Einkommensteuerschuldigkeiten in Rede stehen; insoweit entsprach die Heranziehung des gesamten auf die Einkommensteuer entfallenden Aussetzungsbetrages als Bemessungsgrundlage der Aussetzungszinsen dem Gesetz. Soweit die Gewerbesteuer in Rede steht, wurde der "Herabsetzung" der Abgabenschuld durch die Berufungsentscheidung bei der Festsetzung der Aussetzungszinsen Rechnung getragen, indem der auf die Gewerbesteuer entfallende Aussetzungsbetrag nicht als Grundlage der Vorschreibung von Aussetzungszinsen herangezogen wurde.
Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.