TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 26.04.2005, 2003/21/0192

VwGH vom 26.04.2005, 2003/21/0192

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des E, vertreten durch Mag. Wolfgang Auner, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Parkstraße 1/I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom , Zl. Fr 1434/03, betreffend ein befristetes Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem durch die Beschwerde angefochtenen Spruchteil 1. des im Instanzenzug ergangenen Bescheides der belangten Behörde vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen armenischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren verhängt. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei im April 2000 zusammen mit seiner Ehefrau und seinen Kindern in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag gestellt, der gemäß den "§§ 7 und 8" AsylG als unbegründet abgewiesen worden sei. Auch ein vom Beschwerdeführer am eingebrachter Asylerstreckungsantrag (in Bezug auf den Asylantrag seiner Ehefrau) sei rechtskräftig abgewiesen worden, der Verwaltungsgerichtshof habe der dagegen erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Der Ehefrau des Beschwerdeführers sei aber gemäß § 8 AsylG Abschiebungsschutz gewährt und ihr sowie den drei Kindern eine bis befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Eine dem Beschwerdeführer bis April 2003 erteilt gewesene Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen sei nicht verlängert worden, weil folgende strafgerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers festgestellt worden seien:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom sei er wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 15, 127 und 130 erster Fall StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten (davon sechs Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen) verurteilt worden. Dem sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem nicht mehr auszuforschenden Mittäter einem Verfügungsberechtigten der Firma I. fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von S 1.890,-- (darunter ein Elektrogerät, Rasierer und Baby-Schnullerthermometer) mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wegzunehmen versucht habe.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der versuchten Befreiung von Gefangenen nach den §§ 15 und 300 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt worden, weil er am einem in Schubhaft festgehaltenen Gefangenen zum Entweichen Hilfe zu leisten versucht habe, indem er diesem mehrmals zwei Eisensägeblätter und eine Telefonwertkarte zuwerfen habe wollen.

Schließlich sei der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 und § 129 Z 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt worden. Die ihm bis dahin gewährten bedingten Strafnachsichten seien gleichzeitig widerrufen worden. Dem sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei bislang unbekannt gebliebenen Mittätern Verantwortlichen der Firma H. fremde bewegliche Sachen, und zwar fünf Mobiltelefone und zwei dazu gehörige Akkus im Gesamtwert von EUR 2.475,--, durch gewaltsames Öffnen einer Glasvitrine, mithin durch Aufbrechen eines Behältnisses, mit dem Vorsatz weggenommen habe, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Das Landesgericht Wiener Neustadt habe mit Beschluss vom eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft abgelehnt, weil ihn das Haftübel des einmonatigen unbedingten Teiles der (mit Urteil vom ) verhängten teilbedingten Freiheitsstrafe nicht von einer neuen, massiven und einschlägigen Delinquenz innerhalb der offenen Probezeit abgehalten habe.

Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers zeige, so die belangte Behörde weiter, eine ausgeprägte sozialschädliche Neigung zur Missachtung österreichischer Rechtsvorschriften und lasse die Prognose zu, dass sein weiterer Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden werde. Aus den strafgerichtlichen Verurteilungen ergebe sich, dass der Beschwerdeführer schon drei Monate nach seiner Einreise in das Bundesgebiet das Verbrechen des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls begangen habe. Weitere drei Monate später, somit während noch offener Probezeit, habe er versucht, einen Schubhäftling zu befreien und habe davon erst abgelassen, als ihm der Schusswaffengebrauch angedroht worden sei. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Baden vom sei der Beschwerdeführer von der Absicht der Fremdenpolizeibehörde, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, verständigt worden. Dennoch habe er im Dezember (richtig: Oktober) 2002 das Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch begangen und damit seine bisherigen kriminellen Machenschaften noch gesteigert. In der letztgenannten, mit Mittätern "gewaltsam" begangenen und daher offensichtlich geplanten Tat stecke bereits ein beträchtliches Maß an krimineller Energie. Die belangte Behörde habe daher auch das Ermessen im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausüben können.

Bei der Beurteilung nach § 37 FrG ging die belangte Behörde davon aus, dass mit dem Aufenthaltsverbot ein relativ schwer wiegender Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers einher gehe. Die Ehegattin und die drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers, von denen sich zwei bereits im schulpflichtigen Alter befänden, seien jedenfalls bis zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Dennoch sei das Aufenthaltsverbot im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten, sei doch auch im Gerichtsbeschluss betreffend die Ablehnung der bedingten Entlassung die Befürchtung geäußert worden, dass der Beschwerdeführer in Freiheit weitere strafbare Handlungen begehen könnte, weil ihn die teilbedingte Freiheitsstrafe nicht einmal innerhalb offener Probezeit von einer neuerlichen einschlägigen Delinquenz habe abhalten können.

Zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich verwies die belangte Behörde auf die nicht besonders lange Aufenthaltsdauer und darauf, dass die Straftaten auch der sozialen Komponente einer Integration entgegen stünden. Die Beziehungen des Beschwerdeführers zu seiner Familie nahm die belangte Behörde als "sicher intensiv" an und stellte fest, dass sich der Beschwerdeführer seit Oktober 2002 in Haft befinde. Vor diesem Hintergrund und wegen der drei Straftaten des Beschwerdeführers, von denen vor allem die Rückfallstat des schweren Einbruchsdiebstahls ins Gewicht falle, sehe sich die belangte Behörde außer Stande, die Auswirkungen der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie schwerer zu gewichten als die Nachteile, die sich aus einem Unterbleiben der aufenthaltsbeendenden Maßnahme ergäben. Die persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers müssten daher hinter das öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen zurücktreten. Mit einer zehnjährigen Befristung des Aufenthaltsverbotes könne gegenständlich deshalb das Auslangen gefunden werden, weil die Aussicht des Beschwerdeführers auf ein Zusammenleben mit der Familie seinem Wohlverhalten förderlich sein werde. Vor Ablauf dieses Zeitraumes könne jedoch von einem positiven Gesinnungswandel des Beschwerdeführers nicht ausgegangen werden.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer lässt die Feststellungen der belangten Behörde unbestritten, sodass gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Annahme, § 36 Abs. 2 Z 1 (erster, zweiter und vierter Anwendungsfall) FrG sei gegenständlich erfüllt, keine Bedenken bestehen.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Prognose der belangten Behörde im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG, sein Aufenthalt im Bundesgebiet werde die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden. Er bereue die von ihm begangenen Taten zutiefst und habe nun, weil er sich "bislang niemals in Haft befand", erstmals das so genannte Haftübel zu spüren bekommen. Die bislang verbrachte Zeit in Haft sei erzieherisch bereits derart wirksam geworden, dass erwartet werden könne, der Beschwerdeführer werde in Hinkunft keine Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung mehr begehen. Um die Auswirkungen des Haftübels auf den Beschwerdeführer zu ergründen, hätte die belangte Behörde ein kriminalpsychologisches Sachverständigengutachten einholen müssen.

Dieses Vorbringen ist schon vom Ansatz her verfehlt, weil der Beschwerdeführer bereits nach dem Urteil vom zu einer teilbedingten Strafe verurteilt wurde und bereits damals eine einmonatige Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte. Ungeachtet des Vollzuges dieses Strafteiles hat der Beschwerdeführer in der Folge zwei weitere strafbare Handlungen, darunter den maßgeblichen Einbruchsdiebstahl vom , begangen. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Beschwerdeführer nun erstmals das Haftübel verspüre und dass deshalb von einer günstigen Prognose ausgegangen werden müsse. Abgesehen davon hat die belangte Behörde bei der Gefährdungsprognose zu Recht darauf Bedacht genommen, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom (und zwar, laut Akt Seite 289, unter ausdrücklichem Vorhalt seiner bisherigen Straftaten) auf die Absicht der Fremdenpolizeibehörde, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu verhängen, aufmerksam gemacht wurde. Dennoch - und trotz der noch offenen Probezeiten der über ihn bis dahin verhängten (teil-)bedingten Freiheitsstrafen - hat der Beschwerdeführer am den genannten Einbruchsdiebstahl begangen und damit sein bisheriges kriminelles Verhalten noch gesteigert. Vor diesem Hintergrund bestehen weder Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegte Annahme im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG noch gegen die Ermessensübung der belangten Behörde.

Gegen die Beurteilung nach § 37 FrG verweist der Beschwerdeführer auf die bereits dargestellte familiäre Situation und darauf, dass sein jüngstes Kind in Österreich geboren wurde. Der Beschwerdeführer beabsichtige, nach der Haftentlassung eine gemeinsame Zukunft mit der Familie aufzubauen und für diese auch materiell zu sorgen.

Mit diesem Vorbringen ist deshalb nichts zu gewinnen, weil die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid wegen der befristet erteilten Aufenthaltsberechtigung der Ehegattin und der Kinder des Beschwerdeführers ohnedies zu Grunde gelegt hat, dass mit dem Aufenthaltsverbot ein beachtlicher Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Da der Beschwerdeführer, wie erwähnt, trotz des angedrohten Aufenthaltsverbotes und trotz der bedingten Strafnachsichten sein kriminelles Verhalten gesteigert hat, durfte die belangte Behörde eine derart große Gefahr für das Eigentum Anderer annehmen, dass das Aufenthaltsverbot dringend geboten und trotz des damit verbundenen Eingriffs in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 FrG zulässig ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/21/0112). Der Beschwerdeführer und seine Familie haben die Beeinträchtigung ihrer Interessen daher im - zumindest ebenso schwer wiegenden - öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren der belangten Behörde für Schriftsatzaufwand war abzuweisen, weil sich die "Gegenschrift" - insoweit sie den allein beschwerdegegenständlichen Spruchteil 1. des angefochtenen Bescheides betrifft - auf den bloßen Verweis auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid beschränkte, ohne auf die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente einzugehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/06/0174).

Wien, am