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VwGH vom 18.12.1996, 94/15/0156

VwGH vom 18.12.1996, 94/15/0156

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der G-Baugesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 5-1565/1/94, betreffend Haftung für Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Säumniszuschlag für den Zeitraum Jänner 1987 bis Dezember 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Anläßlich einer den Zeitraum Jänner 1987 bis Dezember 1989 umfassenden Lohnsteuerprüfung ergab sich nach Ansicht des Prüfers eine Nachforderung von lohnabhängigen Abgaben u.a. deswegen, weil die von Bautechnikern und Bauleitern geleisteten Arbeiten nicht überwiegend unter Umständen verrichtet worden seien, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellten. Die diesen Arbeitnehmern von der Beschwerdeführerin jeweils gewährte Bauzulage könne daher nicht als Erschwerniszulage gemäß § 68 EStG 1972 bzw. 1988 begünstigt versteuert werden.

Das Finanzamt erließ in der Folge einen entsprechenden Haftungsbescheid, gegen den die Beschwerdeführerin im wesentlichen mit der Begründung berief, die betroffenen Arbeitnehmer verbrächten den überwiegenden Teil ihrer Arbeitszeit tatsächlich auf Baustellen im Freien. Hiebei trete in erheblichem Maß eine Verschmutzung dieser Arbeitnehmer und ihrer Kleidung ein bzw. sei deren Leben, Gesundheit und körperliche Sicherheit durch ihre Arbeit gefährdet. Es sei eine unrichtige Beurteilung des tatsächlichen Arbeitsablaufes auf Baustellen, wenn man Geländevermessungen, die Montage auf Gerüsten, das Aufstellen von Dachstühlen, Pölzungen usw. als nicht verschmutzend bzw. gefahrlos einstufe, auch wenn es sich dabei zum Teil um Überwachungsarbeiten handle.

Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Erfüllung der durch das Gesetz geforderten Voraussetzungen sei durch die Vorlage von Kopien von Bautagesberichten (Regielisten) nachgewiesen worden.

Im Berufungsverfahren wurde der Beschwerdeführerin ein im Verwaltungsakt erliegender Aktenvermerk zu Kenntnis gebracht, der auszugsweise wie folgt lautet:

"Auf Grund der vorgelegten Regielisten sind die Bautechniker und Bauleiter im Durchschnitt ca. 40 % im Innendienst beschäftigt. In den Außendienststunden sind auch die Wegzeiten zu den einzelnen Baustellen bzw. wieder retour zum Büro enthalten. Die Innendienstzeit und die Wegzeiten ergeben im Durchschnitt 45 bis 50 % der gesamten Tagestätigkeit.

Die reine Außendiensttätigkeit auf den Baustellen besteht laut Aussage des Dienstgebers in der Erstellung von Bauabrechnungen, Baufaufsicht, Servicetätigkeit ... Die Aussage, daß die Tätigkeit vorwiegend auf Baustellen IM FREIEN AUSGEÜBT WIRD, sagt noch nichts darüber aus, ob Arbeiten überwiegend unter Umständen verrichtet werden, welche im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen. Einzelne Arbeiten können eine erhebliche Erschwernis darstellen, aber nicht alle Arbeiten, welche ein Bautechniker bzw. Bauleiter verrichten, ... sodaß das Merkmal des Überwiegens fehlt".

Dem hielt die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme entgegen, aus den ihr schon bekannten Unterlagen sei nicht ersichtlich, daß die Abgabenbehörde "Prüfungshandlungen zur zuverlässigen Feststellung des von uns beschriebenen tatsächlichen Sachverhaltes gesetzt" habe. Die Beschwerdeführerin sei weiterhin der Überzeugung, daß die betroffenen Arbeitnehmer ihre Tätigkeit überwiegend unter Umständen verrichtet hätten, welche im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellten bzw. mit besonderen Gefahren für Gesundheit und Leben verbunden seien.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid ab; dies nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage im wesentlichen mit der Begründung, die steuerlich begünstigte Besteuerung von Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen im Sinne des § 68 Abs. 2 EStG 1972 bzw. Abs. 5 EStG 1988 erfordere, daß die von Arbeitnehmern zu leistenden Arbeiten überwiegend unter den im Gesetz beschriebenen Umständen erfolgten. Eine bloß fallweise Verschmutzung, Erschwernis oder Gefährdung der Arbeitnehmer sei nicht ausreichend. Im vorliegenden Fall erstreckten sich die Außendiensttätigkeiten der Bauleiter und Bautechniker auf die Erstellung von Bauabrechnungen, auf die Bauaufsicht und auf Servicetätigkeiten, also auf Tätigkeiten, die nach der Verkehrsauffassung keinesfalls zu einer erheblichen Verschmutzung, Erschwernis oder Gefährdung der Arbeitnehmer führten, sondern lediglich fallweise eine derartige Beeinträchtigung bewirken könnten. Der für eine andere Beurteilung erforderliche Nachweis, daß die Arbeitnehmer, bezogen auf die gesamte von ihnen zu erbringende Tätigkeit, überwiegend einer erheblichen Verschmutzung, Erschwernis oder Gefährdung ausgesetzt gewesen seien, sei im Abgabenverfahren nicht erbracht worden. Ein solcher Nachweis sei im Regelfall aus Anlaß einer Lohnsteueraußenprüfung durch das Lohnkonto und die zugehörigen Grundaufzeichnungen zu erbringen, müsse doch der Abgabenbehörde eine entsprechende Überprüfungsmöglichkeit geboten werden. Die spätere Rekonstruierbarkeit - sei es auf Grund nicht näher aufgegliederter Eintragungen im Lohnkonto über ausgezahlte Zulagen, sei es auf Grund von Kollektivverträgen, Dienstplänen, Zeugenaussagen oder nachträglich beigebrachten eidesstättigen Erklärungen der Arbeitnehmer - reiche zum Nachweis nicht aus. Die erforderlichen Nachweise seien im Beschwerdefall nicht erbracht worden; dies umso weniger, als die betroffenen Bauleiter und Bautechniker einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Arbeitszeit mit Büroarbeiten und der Anreise zu Baustellen verbracht hätten (zwischen 45 und 50 %) und die Tätigkeiten auf den Baustellen u.a. in der Erstellung von Bauabrechnungen und in der Bauaufsicht bestanden hätten. Es sei deshalb davon auszugehen, daß die maßgeblichen Arbeiten nur zu einem geringen Teil unter den in den zitierten Gesetzesstellen normierten Umständen verrichtet worden seien. Den diesbezüglichen Feststellungen des Lohnsteuerprüfers habe die Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren nichts Stichhaltiges entgegengesetzt, zumal das Verbringen des überwiegenden Teiles der Arbeitszeit im Freien auf Baustellen nicht erweise, daß die entsprechenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgt seien, die zu einer erheblichen Verschmutzung, Gefährung oder Erschwernis geführt hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 sowie gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1972 sind u.a. Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Als solche Zulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die

1. in erheblichem Maße eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung zwangsläufig bewirken (EStG 1972) bzw. in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Abeitnehmers und seiner Kleidung bewirken (EStG 1988), oder

2. im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder

3. infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.

Diese Begünstigungen setzen u.a. voraus, daß der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeiten verrichtet, die überwiegend unter Umständen erfolgen, die die eben angeführten Voraussetzungen erfüllen. Der Arbeitnehmer muß also während der Arbeitszeit überwiegend mit Arbeiten betraut sein, die die genannte Verschmutzung zwangsläufig bewirken oder eine außerordentliche Erschwernis oder Gefahr darstellen. Dies erfordert nach Rechtsprechung und Lehre, daß der Behörde nachgewiesen wird, um welche Arbeiten es sich im einzelnen gehandelt hat und wann sie geleistet wurden (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/14/0057, mwN). Wenn es der Abgabepflichtige verabsäumt, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen überprüfbaren Nachweise zu erbringen, um welche Arbeiten es sich im einzelnen gehandelt hat und wann diese geleistet wurden, ist die Abgabenbehörde nicht gehalten, von sich aus Ermittlungen anzustellen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/15/0172, mwN).

Im vorliegenden Fall ist aus den von der Beschwerdeführerin dem Finanzamt vorgelegten Regielisten nur die Anzahl der Arbeitsstunden ersichtlich, die die betroffenen Arbeitnehmer im Außendienst zugebracht haben, wobei diese Zeitangaben nicht einmal als Beweis für die auf Baustellen zugebrachten Zeiten herangezogen werden können, weil darin auch jene Zeiten enthalten sind, die die Arbeitnehmer für die Fahrten zu und von den einzelnen Baustellen aufgewendet haben. Keinesfalls wurde aber durch diese Regielisten der Beweis dafür erbracht, welcher Art die tatsächlich erbrachten Tätigkeiten der Bauleiter und Bautechniker gewesen sind, für welche die Beschwerdeführerin die für Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen im Sinne des § 68 EStG 1972 bzw. 1988 vorgesehenen Steuerbegünstigungen in Anspruch genommen hat. Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt, wäre der Nachweis der von den Arbeitnehmern tatsächlich erbrachten Tätigkeiten und ihres zeitlichen Ausmaßes im Beschwerdefall auch deswegen notwendig gewesen, weil die betroffenen Arbeitnehmer, wie aus dem eingangs wiedergegeben Aktenvermerk hervorgeht, auch Arbeiten verrichtet haben, die nach der Verkehrsauffassung nicht unter den Tatbestand des § 68 Abs. 2 EStG 1972 bzw. § 68 Abs. 5 EStG 1988 subsumierbar sind. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung, bereits eine überwiegende Außendiensttätigkeit ihrer Arbeitnehmer rechtfertige die steuerbegünstigte Behandlung der bezahlten Zulagen, erweist sich im Hinblick darauf, daß es stattdessen auf die von der Beschwerdeführerin weder nachgewiesene noch auch nur glaubhaft gemachte Art und das ebenfalls nicht belegte zeitliche Ausmaß der im Außendienst erbrachten Tätigkeit ankommt, somit nicht als geeignet, die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Da auch kein wesenlicher Verfahrensmangel vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte angesichts der zitierten Vorjudikatur gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.