VwGH vom 19.12.2006, 2003/21/0160
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des R, vertreten durch Dr. Herbert Grün, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorferstraße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom , Zl. Fr 8755/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom erließ die Bezirkshauptmannschaft Tulln gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Z 1, § 37 Abs. 1 und § 45 Abs. 4 des (bis in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis befristetes Aufenthaltsverbot. Ihre Zuständigkeit begründete die erstinstanzliche Behörde damit, dass der Beschwerdeführer entgegen seiner Behauptung in einer Stellungnahme vom (er habe seinen Wohnsitz in H "längst aufgegeben" und werde nach seiner Entlassung aus der Haft bei einem näher genannten Bauunternehmen als Dachdecker arbeiten und in einer firmeneigenen Personalwohnung in 1170 Wien Wohnsitz nehmen) seinen Wohnsitz in H nicht aufgegeben, sondern vielmehr nur die Marktgemeinde A (zuständig für die Ortsgemeinde H) die amtliche Abmeldung am (dem Tag der Inhaftierung des Beschwerdeführers) veranlasst habe. Eine Anmeldung an einer Adresse in Wien sei noch nicht erfolgt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer die örtliche Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde geltend und verwies dazu auf seinen Schriftsatz vom mit der Bekanntgabe, dass er "seinerzeit" seinen Wohnsitz in H aufgegeben habe und sich in der Justizanstalt Wien-Josefstadt aufhalte.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und führte zum Einwand der örtlichen Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde aus:
Der Beschwerdeführer sei zwar am an seiner vormaligen Adresse amtlich abgemeldet worden, sonst sei jedoch keine aufrechte Meldung in Österreich nach dem Meldegesetz vorgelegen. Somit sei die Bezirkshauptmannschaft Tulln auf Grund des ersten behördlichen Einschreitens (Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom über die beabsichtigte Ergreifung fremdenpolizeilicher Maßnahmen) auch für die Erlassung des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes gemäß § 91 FrG örtlich zuständig. Der Beschwerdeführer sei erst nach Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides aus der Haft, die keinen Wohnsitz begründet habe, entlassen worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 91 Abs. 1 FrG richtet sich die örtliche Zuständigkeit, sofern nichts anderes bestimmt ist, nach dem Wohnsitz des Fremden im Inland, falls kein solcher besteht, nach seinem Aufenthalt zum Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens.
Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Beschwerdeführer keinen inländischen Wohnsitz gehabt habe. Im Hinblick darauf irrte sie aber darin, dass sie die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Tulln auf Grund des Schreibens vom bejaht hat. Es kann nämlich bereits die Vornahme von Abfragen bei Datenbanken als aktenkundige fremdenpolizeiliche Amtshandlung die Zuständigkeit der Behörde begründen (vgl. auch dazu das zit. hg. Erkenntnis Zl. 2001/18/0230). Im vorliegenden Fall nahm bereits die Bundespolizeidirektion Wien am eine Datenabfrage in der Fremdeninformationsdatei vor. Es kann aber dahinstehen, ob auf den Aufenthalt am oder am abzustellen ist, denn in beiden Fällen lag der durch die Haft begründete Aufenthalt des Beschwerdeführers (Justizanstalt Wien-Josefstadt) im Sprengel der Bundespolizeidirektion Wien.
Die sich demnach ergebende Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde hätte die belangte Behörde aufgreifen und deren Bescheid ersatzlos beheben müssen. Da dies unterblieb, war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die beantragte Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-62440