VwGH vom 30.04.1999, 99/16/0095
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der C in R/Brasilien, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilferstraße 1d, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch vom 12. Feber 1999, Zl. Jv 514-33/99, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin hatte als Klägerin zu 6 Cg 234/95i des LG Feldkirch gegen drei Beklagte Klage auf Unterlassung, weiters (gemäß Art. XLII EGZPO) auf Rechnungslegung und (sukzessive) Zahlung sowie schließlich auf Urteilsveröffentlichung geführt. Das Unterlassungsbegehren war mit S 400.000.-- das Rechnungslegungs- und (sukzessive) Zahlungsbegehren mit S 50.000,-- und das Veröffentlichungsbegehren ebenfalls mit S 50.000,-- bewertet worden.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom wurde ein Vergleich mit auszugsweise folgendem Inhalt geschlossen:
"1. Die beklagten Parteien verpflichten sich, im geschäftlichen Verkehr mit Textilien das Inverkehrbringen von Sport- und Freizeitbekleidungsstücken, welche nicht von der Klägerin oder ihren Lizenznehmern stammen, mit Abzeichen, die der für die Klägerin geschützten Marke AT 157 329, verwechselbar sind, in Österreich zu unterlassen;
...
3. Die beklagten Parteien verpflichten sich, der klagenden Partei S 135.000,-- bis zu Handen des Klagsvertreters zu bezahlen.
4. Die beklagten Parteien verpflichten sich, der klagenden Partei an Veröffentlichungskosten S 100.000,-- und S 26.400,-- (darin enthalten S 4.400,-- USt) zu bezahlen.
..."
Daraufhin forderte der Kostenbeamte mit Zahlungsauftrag zusätzliche Pauschalgebühr von S 6.630,-- zuzüglich S 100,-- Einhebungsgebühr an, wogegen die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Berichtigungsantrag stellte.
Die belangte Behörde gab dem Berichtigungsantrag keine Folge und vertrat die Auffassung, die in den Vergleichspunkten 3 und 4 genannten Summen von S 135.000,-- und S 26.400,-- seien der von der Beschwerdeführerin für den Vergleichspunkt 1 schon in der Klage genannten Bemessungsgrundlage von S 400.000,-- hinzuzurechnen, womit gemäß TP 1 GGG eine Pauschalgebühr in Höhe von S 13.520,-- zu entrichten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass nur für das Klagebegehren übersteigende Leistungen zusätzliche Pauschalgebühr zu entrichten ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das
ganze Verfahren gleich.
Hievon tritt u.a. gemäß Abs. 2 Z. 2 leg. cit. folgende Ausnahme ein:
"Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen."
Art. XLII EGZPO lautet auszugsweise:
"(1) Wer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ein Vermögen oder Schulden anzugeben verpflichtet ist, oder wer von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat, kann mittels Urteiles dazu verhalten werden, allenfalls unter Vorlage eines Verzeichnisses des Vermögens oder der Schulden anzugeben, was ihm von diesem Vermögen, von den Schulden oder von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bekannt ist, und einen Eid dahin zu leisten, dass seine Angaben richtig und vollständig sind.
...
(3) Wenn mit der Klage auf eidliche Angabe des Vermögens die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistung, welche der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die eidliche Angabe über das Vermögen gemacht ist."
Die Beschwerde wendet sich ausschließlich gegen die Einbeziehung der Summen von S 26.400,-- (aus Vergleichspunkt 4) und S 135.000,-- (aus Vergleichspunkt 3) und damit gegen die Annahme, dass durch den Vergleich die gemäß TP 1 GGG relevante Streitwertgrenze von S 500.000,-- überschritten wurde.
Dabei übersieht die Beschwerde folgendes: Nach der in der Klage vorgenommenen Bewertung betrug der Gesamtstreitwert S 500.000,--, wovon ein Teilbetrag von S 50.000,-- auf das Manifestationsbegehren und ein weiterer Teilbetrag von S 50.000,-- auf das Veröffentlichungsbegehren entfielen.
Bereits im Wege des Vergleichspunktes 4 - der nach dem Beschwerdevorbringen im angefochtenen Bescheid zutreffend wiedergegeben ist - übernahmen die Beklagten die Verpflichtung zur Bezahlung von Veröffentlichungskosten in Höhe von S 100.000,-- und S 26.400,-- und damit eine Verpflichtung, die vom ursprünglichen, nicht weiter bestimmten Veröffentlichungsbegehren ("auf Kosten der Beklagten") nicht umfasst waren. Schon damit wurde aber eine Erweiterung des Streitwertes über die Grenze von S 500.000,-- hinaus vorgenommen. Davon, dass Punkt 4 des Vergleiches nur eine Verpflichtung enthielte, die schon vom Klagebegehren umfasst gewesen wäre, kann deshalb keine Rede sein, weil das ursprüngliche Klagebegehren einen Anspruch auf Ersatz konkreter Veröffentlichungskosten in der Höhe von insgesamt S 126.400,-- auch nach dem Beschwerdevorbringen nicht enthalten hat.
Dazu kommt, dass die Zahlungsverpflichtung laut Punkt 3 des Vergleiches von dem in der Klage erhobenen Manifestationsbegehren zu unterscheiden ist. Art. XLII EGZPO (die sogenannte Manifestations- oder Stufenklage) enthält eine Ausnahme von dem gemäß § 226 ZPO bestehenden Gebot der Bestimmtheit des Klagebegehrens für jene Zahlungs- oder sonstigen Leistungsbegehren (z.B. auch Herausgabebegehren), die mit einem Begehren auf Rechnungslegung oder eidliche Vermögensangabe verbunden werden. In diesen Fällen kann zunächst ein unbestimmtes Leistungsbegehren erhoben werden, welches dann später, wenn sich nach Absolvierung der ersten Verfahrensstufe auf Grund der Rechnungslegung oder der eidlichen Vermögensangabe der Leistungsgegenstand manifestiert hat, entsprechend den strengen Erfordernissen des Bestimmtheitsgebotes gemäß § 226 ZPO konkretisiert werden muss (vgl. z.B. Fasching, Zivilprozessrecht, Lehr- und Handbuch2 Rz 1046). Für das ursprüngliche Manifestationsbegehren (auf Rechnungslegung und Zahlung in noch unbestimmter Höhe) war die von der Beschwerdeführerin gewählte Summe von S 50.000,-- gemäß § 56 Abs. 2 JN maßgebend. Im Wege des Vergleichspunktes 3, der nach dem Vorbringen der Beschwerde dasjenige Entgelt darstellt, das auf Grund der in der ersten Stufe begehrten Rechnungslegung zu bezahlen ist, wurde dann die Konkretisierung des zunächst unbestimmten Leistungsbegehrens vorgenommen und damit vergleichsweise eine konkrete Leistungsverpflichtung begründet, die als solche vom ursprünglichen Klagebegehren nicht umfasst war. Auch dieser Vergleichspunkt stellt daher eine Erweiterung des ursprünglichen Begehrens dar, womit die maßgebliche Grenze von S 500.000,-- ebenfalls überschritten wurde.
Da es im Falle eines Vergleiches hinsichtlich der Bemessungsgrundlage nach § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG immer nur auf die im Vergleich übernommene Verpflichtung ankommt (vgl. dazu z.B. die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren5 unter E 25 zu § 18 GGG referierte hg. Judikatur) und weil bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleiches der Streitgegenstand, über den der Vergleich geschlossen wurde, neu zu bewerten ist (Tschugguel/Pötscher, a.a.O. 83 E 7 zu TP 4 GJGebGes 1962) ergibt sich bereits aus dem Beschwerdeinhalt, dass dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet. Da die eventualiter erhobene Verfahrensrüge in der Beschwerde nicht weiter ausgeführt wurde, war daher die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am