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VwGH vom 18.02.1991, 91/15/0008

VwGH vom 18.02.1991, 91/15/0008

Beachte

Besprechung in:

ÖStZB 1992, 200;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Schubert und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde der Firma N, Automatenverleih und Service, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-1476/90, betreffend Nachsicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen ergibt sich folgendes:

Auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers haftet ein Rückstand von S 487.265,-- aus, der aus einer Umsatzsteuernachzahlung für die Jahre 1979 bis 1984 resultiert, weil auf Einspielergebnisse von Geldspielgeräten des Beschwerdeführers der Faktor 3,0 als Vervielfacher angewendet wurde (Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom ).

Unter Hinweis darauf, daß bei Erhebung einer Berufung betreffend den in der Sache vollkommen gleichgelagerten Fall seines Bruders auf Grund des Erlasses der FLD für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 6/5-415/5/90-06, durch Weisung Faktoren von 1,6 (betreffend den Kasseninhalt) und 1,5 (betreffend die Geldeinwürfe) angewendet worden seien, begehrte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom die Nachsicht eines Betrages von S 454.675,68. Er begründete sein Ansuchen einerseits mit der gebotenen Gleichmäßigkeit der Besteuerung und andererseits damit, daß eine Begleichung des Rückstandes bei ihm zu ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten führen würde. Die von ihm bisher geleisteten Zahlungen seien nur durch den Verkauf seines Privatautos und durch grobe Einschränkungen der Lebensführung möglich gewesen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den abweislichen Bescheid des Finanzamtes ab. Sie begründete ihre Entscheidung nach Wiedergabe des § 236 Abs. 1 BAO im wesentlichen damit, daß die den Beschwerdeführer betreffende Berufungsentscheidung ein Jahr vor der erlaßmäßigen Regelung der Besteuerung der Umsätze von Geldspielautomaten ergangen sei. Analog zu Fällen von Gesetzesänderungen bzw. Änderungen der Rechtsprechung seien auch erlaßmäßige Regelungen (wenn nichts anderes bestimmt sei) immer nur auf noch nicht erledigte Fälle anwendbar und daher allenfalls subjektiv als Härte empfundene Auswirkungen dieses Umstandes Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage. Die solcherart entstandene Ungleichbehandlung des Beschwerdeführers gegenüber dem Fall seines Bruders sei sohin einer Nachsicht entzogen.

Dem Hinweis des Beschwerdeführers auf Stoll, BAO-Handbuch 586, hielt die belangte Behörde entgegen, daß die zitierte Stelle von der Berufung insoferne unvollständig wiedergegeben worden sei, als der genannte Autor sich dabei nur auf Fälle rückwirkender Rechtsvorschriften bezogen hätte, die allerdings gegenüber bereits rechtskräftig abgeschlossenen Fällen wegen der rein zeitlichen Komponente gleichheitswidrige Effekte auslösen könnten. Der gegenständliche Fall sei jedoch anders gelagert.

Zur finanziellen Lage des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde darauf hin, daß er lediglich vorgebracht habe, eine weitere Begleichung seines Rückstandes würde zu ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten führen. Die von ihm bisher geleisteten Zahlungen seien nur durch den Verkauf eines Privatautos sowie unter grober Einschränkung seiner privaten Lebensführung möglich gewesen. Der Beschwerdeführer habe es damit unterlassen, seine Ausführungen näher zu konkretisieren. Aus den Akten sei ersichtlich, daß der Beschwerdeführer im letztveranlagten Jahr 1988 bei einem Umsatz von S 599.823,33 Einkünfte in Höhe von S 275.580,-- (Einkünfte aus Gewerbebetrieb S 206.702,--; Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung S 68.878,--) erzielt habe.

Einem Ratenansuchen vom sei zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer bei monatlichen Umsätzen von ca. S 47.000,-- bis S 50.000,-- zur Deckung seiner privaten Verpflichtungen ca. S 25.000,-- im Monat verblieben. Hievon habe er ca. S 9.000,-- monatlich als Rückzahlungsrate für die Errichtung eines Einfamilienhauses an eine Bausparkasse zu entrichten. Es verblieben ihm ca. S 15.000,-- im Monat zur freien Verfügung. Der Beschwerdeführer habe im Mai 1989 S 80.000,-- überwiesen und leiste seit Juni 1989 monatliche Zahlungen in Höhe von S 7.000,--. Berücksichtige man die noch gegebenen Erwerbsmöglichkeiten sowie die Tatsache, daß der Beschwerdeführer für niemanden sorgepflichtig sei, so sei ihm die Abstattung des aushaftenden Rückstandes bei seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen (Einfamilienhaus, Mitbesitzer des Hauses Vöslauerstraße 65) durchaus zumutbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - durch Nichtgewährung der Nachsicht in seinen Rechten verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Argumentation des Beschwerdeführers geht in zwei Richtungen. Zunächst versucht er in Wiederholung seines schon im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunktes darzulegen, daß in der verschiedenen Behandlung seines und des gleichgelagerten Falles seines Bruders eine unbillige Ungleichbehandlung liege. Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Der Verwaltungsgerichtshof hat, bezogen auf Fälle von Gesetzesänderungen und die Aufhebung von Normen durch den Verfassungsgerichtshof, bereits wiederholt ausgesprochen, daß die sich aus einer Gesetzesänderung ergebenden Unterschiede in der Besteuerung von Fällen je nachdem, ob die entsprechenden Sachverhalte vor oder nach der Änderung verwirklicht wurden, zwar subjektive Härten darstellen können, aber in allen gleichen Lagen und damit allgemein eintreten. Darin liege sohin keine Unbilligkeit des Einzelfalles (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/15/0132 AnwBl 1989, 221, und vom , Zlen. 89/13/0266 und 0297). Dasselbe gilt für Fälle, in denen der Verwaltungsgerichtshof durch einen verstärkten Senat von einer bestehenden Rechtsprechung abgeht, betreffend die auf Grund der bisherigen Rechtsprechung vorgenommenen Abgabenfestsetzungen, die deshalb allein nicht als unbillig anzusehen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 85/13/0201, 0202).

Dieser in der gerade zitierten hg. Judikatur, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgedrückte Gedanke gilt aus dem Gesichtswinkel der Abgabennachsicht auch für den Beschwerdefall, in welchem ein Jahr nach rechtskräftiger Entscheidung der Umsatzsteuersache des Beschwerdeführers zufolge eines Erlasses der belangten Behörde ein gleichgelagerter Fall eines anderen Abgabepflichtigen anders erledigt wurde. Die im Wege des in Rede stehenden Erlasses bewirkte Änderung der Praxis der Abgabenbehörden betrifft alle in Frage kommenden Abgabepflichtigen, bei denen ein höherer Faktor angewendet wurde, in gleicher Weise, und stellt sich solcherart lediglich als Auswirkung der allgemeinen Rechtslage dar. Eine Unbilligkeit des Einzelfalles ist darin nicht gelegen. Daran vermag auch der neuerliche Hinweis des Beschwerdeführers auf die Literaturstelle bei Stoll, BAO-Handbuch 586, nichts zu ändern, weil - wie die belangte Behörde schon im angefochtenen Bescheid zu Recht ausführte - die entsprechenden Ausführungen Stolls nur Fälle betreffen, in denen nach Meinung des Autors rückwirkende Rechtsvorschriften eine unbillige Ungleichbehandlung herbeiführen können.

Damit ist das erste Beschwerdeargument entkräftet.

Das zweite Argument des Beschwerdeführers geht dahin, daß die belangte Behörde seine Vermögenssituation unrichtig beurteilt hätte. Konkret führt der Beschwerdeführer dazu ins Treffen, die belangte Behörde hätte übersehen, daß sein Einfamilienhaus mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot belegt und daher nicht "liquidierbar" sei; weiters habe die belangte Behörde "Einkommen- und Ertragsteuern" nicht berücksichtigt, weil die Verlustvorträge aus Vorjahren "aufgebraucht" worden seien.

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß es im Nachsichtsverfahren Sache des Nachsichtswerbers ist, im Sinne seiner Mitwirkungspflicht einwandfrei und unter Ausschluß jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/15/0088, und die dort zitierte Vorjudikatur). Demzufolge wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, bereits im Verfahren vor den Verwaltungsinstanzen das erst jetzt erwähnte Veräußerungs- und Belastungsverbot konkret zu behaupten und auch das jetzt behauptete "Aufbrauchen von Verlustvorträgen" darzustellen. Zu letzterem Umstand sei noch bemerkt, daß der Beschwerdeführer nicht einmal in der Beschwerde dazu konkrete und jeden Zweifel ausschließende Angaben macht.

Damit läßt aber bereits der Beschwerdeinhalt - der keineswegs behauptet, die belangte Behörde hätte konkret vorgebrachte Umstände unberücksichtigt gelassen - erkennen, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher - wegen der durch die bisherige Rechtsprechung klargestellten Rechtsfragen - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.