VwGH vom 20.11.1996, 94/15/0132
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde 1) der Hausgemeinschaft M und der G S in Z, und 2) des M und der G S, ebendort, beide vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom , Zl. 35-GA4BK-MGr/93, betreffend Feststellung von Einkünften für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu gleichen Teilen zu ersetzen.
Begründung
Die erstbeschwerdeführende Partei ist eine aus den zweitbeschwerdeführenden Parteien gebildete Hausgemeinschaft. Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer unter anderem fest, daß für zwei im Eigentum der zweitbeschwerdeführenden Parteien stehende, ursprünglich zum Betriebsvermögen gehörige, in der Folge aber entnommene und sodann vermietete Gebäude nicht der zuvor angewendete AfA-Satz von 4 %, sondern gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 mangels Nachweises einer kürzeren Nutzungsdauer lediglich ein AfA-Satz von 1,5 % jährlich der Bemessungsgrundlage gebühre; dementsprechend wurde die als Werbungskosten bei der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzusetzende AfA für diese Gebäude unter anderem für das Streitjahr um S 37.792,-- vermindert. Da der Prüfer außerdem bei seiner Schätzung des Entnahmewertes der Gebäude zu für das Streitjahr erhöhten Anschaffungskosten gelangte, trat hiedurch eine Erhöhung der AfA von S 32.472,-- ein, was per Saldo zu einer Erhöhung des Erfolges im Streitjahr um S 5.320,-- führte.
Das Finanzamt folgte dem Prüfer und erließ im wiederaufgenommenen Verfahren einen an die erstbeschwerdeführende Partei gerichteten Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO, demzufolge die den zweitbeschwerdeführenden Parteien je zur Hälfte zugerechneten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Streitjahr S 2,600.972,-- betragen.
In der dagegen erhobenen Berufung bekämpfte die erstbeschwerdeführende Partei die Herabsetzung des AfA-Satzes von 4 auf 1,5 % pro Jahr mit der Begründung, es widerspreche dem Gleichheitsgebot, bei vollkommen identischer Nutzung - nämlich ob das Gebäude direkt betrieblich genutzt werde oder ob es von einem Mieter betrieblich genutzt werde - beträchtlich andere Abschreibungssätze anzusetzen.
Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung beantragte die erstbeschwerdeführende Partei die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage im wesentlichen aus, § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 stelle eine Spezialnorm für den nichtbetrieblichen Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar. Daß der Mieter der Gebäude einen Gewerbebetrieb führe, ändere nichts daran, daß - ohne entsprechenden Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer - die Höhe des (vom Eigentümer des Wirtschaftsgutes in Anspruch zu nehmenden) AfA-Satzes 1,5 % pro Jahr betrage. Eine kürzere Nutzungsdauer sei von den Parteien des Abgabenverfahrens nicht nachgewiesen worden. Auch der Prüfer, der nicht als Sachverständiger für die Bewertung von Gebäuden angesehen werden könne, habe kein Gutachten zu diesem Beweisthema erstellt, sondern lediglich den Entnahmewert der Gebäude (im Schätzungsweg) ermittelt.
Mit Beschluß vom , B 2207/93-4, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich einerseits "im Recht auf gesetzeskonforme Anwendung der §§ 8, 16 Abs. 1 Ziffer 8 lit. e EStG, sohin im Recht darauf, daß bei der Bestimmung eines bestimmten AfA-Satzes nicht ausschließlich auf die Zugehörigkeit eines Gebäudes zum Betriebs- oder Privatvermögen des Steuerpflichtigen bzw. auf die Identität von Eigentümer und Nutzer des Gebäudes abgestellt wird, sondern hiebei die jeweilige Nutzungsart des Gebäudes und die daraus isolierende TATSÄCHLICHE Abnützung berücksichtigt wird" und andererseits "im Recht darauf verletzt, daß bei einer in einem Betriebsprüfungsbericht bereits vorliegenden Festsetzung einer bestimmten Nutzungsdauer, welche als Grundlage für die Besteuerung des Entnahmegewinnes herangezogen wurde, diese festgestellte Nutzungsdauer auch der Bestimmung eines bestimmten AfA-Satzes zugrundegelegt wird (Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom , Z. 14 0602/10-IV/14/90)".
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und
in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 können bei Gebäuden, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als AfA geltend gemacht werden. Dieser Bestimmung ist eine Beweislastverteilung hinsichtlich einer kürzeren Nutzungsdauer zu entnehmen; diese Beweislast trifft den, der die kürzere Nutzungsdauer behauptet, somit die beschwerdeführenden Parteien. Dies gilt auch in Fällen, in denen bei Veranlagungen für vor dem Jahr 1989 liegende Zeiträume ohne Nachweis eine kürzere Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde. Ein solcher Nachweis ist regelmäßig durch ein Gutachten eines Sachverständigen zu führen (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/14/0052, m.w.N.).
Im vorliegenden Fall haben die beschwerdeführenden Parteien im Abgabenverfahren kein Gutachten eines Sachverständigen zum Nachweis einer kürzeren als der sich aus der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 ergebenden Nutzungsdauer (von 66,6 Jahren) beigebracht. Dem Beschwerdevorbringen, der Schätzung des Prüfers über den Entnahmewert der Gebäude im Zeitpunkt der Überführung aus dem Betriebsvermögen ins Privatvermögen der zweitbeschwerdeführenden Parteien komme die Eigenschaft eines solchen Sachverständigengutachtens zu, hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift entgegen, daß sich die Schätzung des Prüfers ausschließlich auf allgemeine Erfahrungswerte, nicht aber auf den tatsächlichen Bauzustand und die tatsächliche technische Nutzungsdauer der beiden Gebäude gestützt habe, wobei dem Prüfer auch die Kenntnisse und die berufliche Qualifikation fehlten, um eine fachkundige Beurteilung des Bauzustandes vornehmen zu können.
Der Verwaltungsgerichtshof kann diese Beurteilung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig ansehen, woraus sich ergibt, daß die vom Prüfer vorgenommene Schätzung keinen geeigneten Nachweis über eine kürzere als die dem § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 zugrunde liegende tatsächliche Nutzungsdauer der in Rede stehenden Gebäude darstellt. Mangels eines solchen Nachweises erweist sich der angefochtene Bescheid aber auf Grund des Gesagten als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit, weswegen die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.