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VwGH vom 20.11.1996, 94/15/0125

VwGH vom 20.11.1996, 94/15/0125

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. M in P, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. 6/5-5014/94-03, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1985 bis 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielt als praktischer Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit und übt als Eigentümer einer in A im Jahr 1984 erworbenen Eigentumswohnung ab diesem Jahr eine Vermietungstätigkeit aus. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht in Streit, ob diese Vermietungstätigkeit eine Einkunftsquelle bzw. Liebhaberei im umsatzsteuerrechtlichen Sinn darstellt.

Das Finanzamt anerkannte in seinen endgültigen Einkommen- und Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre die Vermietungstätigkeit infolge der erklärten Überschüsse der Werbungskosten über die Einnahmen nicht als Einkunftsquelle bzw. nahm Liebhaberei im umsatzsteuerrechtlichen Sinn an.

In seiner dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, die betreffende Eigentumswohnung habe schon innerhalb kurzer Zeit eine beachtliche Wertsteigerung erfahren. Die Ertragssituation sei durch den Schneemangel "in den letzten Jahren" stark beeinträchtigt gewesen. Erst im Jahr 1992 seien neue Verträge mit Reisebüros abgeschlossen und bei insgesamt besserer Schneelage auch ein entsprehend höherer Ertrag erwirtschaftet worden.

Über Vorhalt des Finanzamtes verwies der Beschwerdeführer "bezüglich der Prognoserechnung für die zukünftigen Jahre" auf die allgemeine Unsicherheit im Fremdenverkehrssektor. Ein Wintersportort wie A lebe selbstverständlich grundsätzlich von der Schneelage, die zuletzt sehr schlecht gewesen sei. Bei ausreichender Schneelage könnten hingegen "erstklassige Einnahmen" erzielt werden. Die Kostensituation werde sich gegenüber den Verhältnissen im Jahr 1991 nicht wesentlich ändern. Die Zinsaufwendungen in den nächsten Jahren dürften geringer werden, die Abschreibungen entsprächen bis auf die Abschreibung des Gebäudeanteiles im wesentlichen der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Instandhaltungsarbeiten würden immer wieder vorkommen. Eine durchschnittliche Auslastung von 40 % pro Jahr würde auf Basis der im Jahr 1991 angefallenen Bruttoausgaben einen Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten bringen. Es sei auch zu erwarten, daß diese Auslastung erzielt werden könne. Die Fremdenverkehrswirtschaft rechne bei neuen Projekten in "Zweisaisonenorten" mit wesentlich höheren Auslastungsquoten.

Über Vorhalt der belangten Behörde führte der Beschwerdeführer im wesentlichen noch aus, eine Verbesserung seiner Ertragslage sei durch die Bemühungen von Reisebüros, die Auslastung der Eigentumswohnung im Sommer zu erhöhen, zu erwarten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die gegen die erstinstanzlichen Bescheide erhobenen Berufungen abgewiesen. In der diesem Bescheid beigegebenen Begründung wurden die Einnahmen, die Werbungskosten und der sich daraus für die einzelnen Streitjahre ergebende Differenzbetrag wie folgt festgestellt:

Einnahmen Werbungskosten Differenz

S S S

1985 39.104,20 117.700,40 - 78.596,20

1986 33.036,60 118.108,98 - 85.072,38

1987 34.544,-- 53.535,94 - 18.991,94

1988 55.455,90 47.905,96 + 7.549,94

1989 27.592,80 57.080,40 - 29.487,60

1990 43.816,62 80.468,26 - 36.651,64

1991 31.598,88 73.159,96 - 41.561,08

Die abweisliche Entscheidung begründete die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes und des Verfahrensganges damit, daß der Beschwerdeführer durch den Abschluß neuer Verträge mit Reisebüros im Jahr 1992 und durch das damit verbundene verstärkte Werben um den Sommergast und durch das "Ansprechen von Herbsturlaubern" ein Verhalten gesetzt habe, welches eine Änderung der Bewirtschaftungsart (Umwandlung eines hauptsächlich im Winter vermieteten Appartements zu einem gleichermaßen auch im Herbst und Sommer zu vermietenden Objekt) darstelle. Da die Vermietungstätigkeit in der ursprünglich gewählten Art und Weise nicht geeignet gewesen sei, auf Dauer gesehen Einnahmenüberschüsse erwarten zu lassen, seien die Berufungen als unbegründet abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die Äußerung des Beschwerdeführers zur Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:

1. Zu den Jahren 1985 bis 1989 und, soweit Umsatzsteuer betroffen ist, für den Streitzeitraum vor dem :

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelten nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen positive Einkünfte erwarten lassen, als Einkunftsquelle, wobei es in erster Linie auf die objektive Möglichkeit, positive Einkünfte zu erzielen, auf die (subjektive) Einkünfteerzielungsabsicht hingegen nur im Zweifel ankommt (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/15/0028, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer außer einem kleinen Einnahmenüberschuß im Jahr 1988 die oben dargestellten Werbungskostenüberschüsse erwirtschaftet hat. Erst im Jahr 1992 strebte der Beschwerdeführer auch eine Vermietungstätigkeit im Sommer und Herbst an. Damit ist aber - wie die belangte Behörde zu Recht ausführt, im Jahr 1992 die Bewirtschaftungsart geändert worden, weswegen hinsichtlich der Vermietungstätigkeit in den Jahren zuvor ein abgeschlossener Beobachtungszeitraum vorliegt. Unter diesen Umständen findet auf den Beschwerdefall die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Anwendung, daß der Liebhabereibetrachtung jeweils nur Zeiträume gleicher Bewirtschaftungsart zugrunde zu legen sind. Ändert sich die Art des wirtschaftlichen Engagements grundlegend und sind deshalb für die Zukunft positive wirtschaftliche Ergebnisse zu erwarten, so können die geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mit der Folge in die Vergangenheit projeziert werden, daß eine bisher ertraglose Tätigkeit bereits für die Vergangenheit als Einkunftsquelle beurteilt wird.

Liebhaberei in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist anzunehmen, wenn unter Bedachtnahme auf den Betriebsgegenstand und die Art der Betriebsführung Gewinne oder Einnahmenüberschüsse überhaupt nicht erwirtschaftet werden können, sodaß eine Person dann nicht Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist, wenn ihre Tätigkeit auf Dauer gesehen und unter Anwendung objektiver Kriterien Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt (vgl. hiezu beispielsweise das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 93/13/0171, m.w.N.)

Schon mangels der erforderlichen Einnahmenüberschüsse im abgeschlossenen Beobachtungszeitraum weist der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Streitjahre 1985 bis 1989 die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht auf.

2. Zu den Jahren 1990 und 1991 und, soweit Umsatzsteuer betroffen ist, für den Streitzeitraum ab :

Für die Jahre 1990 und 1991 ist die Liebhabereiverordnung in der Fassung BGBl. Nr. 322/1990 anzuwenden. Danach kommt es im Gegensatz zu der vor Inkrafttreten dieser Verordnung geltenden Rechtslage, wonach, wie bereits erwähnt, zur Beurteilung einer Tätigkeit als Einkunftsquelle in erster Linie objektive Kriterien (Möglichkeit zur Erzielung von Gewinnen bzw. Überschüssen) heranzuziehen waren, in erster Linie auf die Absicht des Steuerpflichtigen an (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/15/0099, m.w.N.).

Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung ist Liebhaberei aber "zu vermuten bei einer Betätigung, wenn Verluste entstehen

1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für die Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (z.B. Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitgestaltung dienen, Luxuswirtschaftsgüter, Wirtschaftsgüter, die der Befriedigung des persönlichen Wohnbedürfnisses dienen) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder

2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind."

Gemäß § 2 Abs. 4 Liebhabereiverordnung kann die Vermutung im Sinn des § 1 Abs. 2 nur widerlegt werden, "wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten läßt."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei Wohnungen um Wirtschaftsgüter, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (vgl. abermals das besagte hg. Erkenntnis vom ).

Hinsichtlich der objektiven Ertragsfähigkeit der Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers wird auf die obigen Ausführungen betreffend die Jahre 1985 bis 1989 verwiesen. Hinzu kommt, daß es dem Beschwerdeführer freigestanden wäre, eine entsprechend konkretisierte und hinsichtlich ihrer zu beziffernden Positionen glaubhaft gemachte Prognoserechnung vorzulegen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/14/0035). Diesen Erfordernissen entspricht die vom Beschwerdeführer im Abgabenverfahren vorgelegte Prognoserechnung jedoch nicht.

Solcherart kann es auch hinsichtlich der Streitjahre 1990 und 1991 nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, es bestehe keine Gewißheit, daß die Betätigung des Beschwerdeführers als Einkunftsquelle zu beurteilen ist bzw. Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn annahm.

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte angesichts der zitierten Vorjudikatur gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.