VwGH 18.03.1992, 91/14/0241
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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RS 1 | Ausführungen zu Abfindungszahlungen an den ausscheidenden Gesellschafter für den Erwerb der zum Privatvermögen des Steuerpflichtigen gehörigen GmbH-Anteile. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des RL in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom , Zl. 30.450-3/91, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1983, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betrieb den Handel mit Lederwaren bis zum zusammen mit seinem Bruder ML in der Rechtsform einer OHG. Mit wurde der Betrieb in die neugegründete Leder-L GmbH. eingebracht, an der zunächst nur die beiden ehemaligen OHG-Gesellschafter mit Geschäftsanteilen von je S 50.000,-- beteiligt waren. Später traten auch deren Ehegattinen SL und XL in die Gesellschaft ein; zum waren am Stammkapital der GmbH der Beschwerdeführer und XL sowie ML und SL mit je S 25.000,-- beteiligt. Mit Notariatsakt vom traten ML und SL ihre Geschäftsanteile von je S 25.000,-- und XL von ihrem Geschäftsanteil einen Anteil entsprechend einer Stammeinlage von S 15.000,-- rückwirkend zum an den Beschwerdeführer ab, dessen Geschäftsanteil sich demnach auf S 90.000,-- (90 % des Stammkapitals von S 100.000,--) erhöhte. Mit Notariatsakt vom selben Tag wurde (von den beiden verbliebenen Gesellschaftern, d.h. dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin) gemäß § 2 des Umwandlungsgesetzes in Verbindung mit Art. II Strukturverbesserungsgesetz und Art. IV des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 320/1980 betreffend Änderung des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung die Umwandlung der Leder-L GmbH durch Übertragung ihres Vermögens auf den Beschwerdeführer als Hauptgesellschafter zum beschlossen. Seither betreibt der Beschwerdeführer den Lederwarenhandel in der Rechtsform eines Einzelunternehmens; die Gewinnermittlung erfolgt durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1972.
Bei einer das Veranlagungsjahr 1983 umfassenden Betriebsprüfung stellte der Prüfer unter anderem fest, daß eine Abfindungszahlung von S 120.000,-- an ML keine Betriebsausgabe darstelle, da sie für den Erwerb der zum Privatvermögen des Steuerpflichtigen gehörigen GmbH-Anteile geleistet worden sei.
Gegen die den Prüfungsfeststellungen folgenden Bescheide betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1983 erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte zur Abfindung des ML vor, daß dieser als Geschäftsführer der Leder-L GmbH den Beschwerdeführer (als zweiten Geschäftsführer) an dringenden geschäftlichen Maßnahmen massiv behindert habe. Die Zahlungen an ML seien daher als Abfindung eines "lästigen Gesellschafters" betrieblich veranlaßt.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid entsprach die belangte Behörde dem diesbezüglichen Berufungsbegehren nicht. Sie führte hiezu (andere Punkte sind nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) aus:
Nach den Angaben des Beschwerdeführers bei der Betriebsprüfung gründe sich die im Streitjahr geleistete "Abfindung ML" (S 120.000,--) auf eine Vereinbarung im Jahr 1982; dazu sei dem Prüfer ein (nicht unterfertigter) Aktenvermerk über eine Besprechung zwischen den Brüdern L, deren Mutter und dem Steuerberater vom übermittelt worden, welcher auszugsweise laute:
"Vorerst wird festgestellt, daß die bereits eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen bei der Firma L GmbH in vollem Umfang angelaufen sind und die erwartete Tendenzwende eingeleitet haben. Im Zuge dieser Sanierungsmaßnahmen sind nahezu alle Dienstnehmer der Firma L GmbH ausgeschieden, auch der Mitgesellschafter ML ist aus dem Betrieb als aktiver Mitarbeiter ausgeschieden.
Das Ausscheiden des Gesellschafters ML (inklusive dessen Ehegattin, welche ebenfalls 25 % Geschäftsanteil hält) wurde zu folgenden Bedingungen vereinbart:
1. Herr RL (der Beschwerdeführer) bezahlt an seinen Bruder ML für dessen Ausscheiden aus der Gesellschaft
1.1. S 10.000,-- pro Monat, nicht verzinslich und nicht wertgesichert, beginnend ab Jänner 1982, auch im Falle des Ablebens des Herrn ML an dessen Erben (laut handschriftlicher Ergänzung: auf zehn Jahre).
1.2. Herr RL hat bereits im Dezember 1981 an seinen Bruder eine einmalige Abfertigung im Ausmaß von S 40.000,-- bezahlt, welche ebenfalls aconto dessen Ausscheidungs- bzw. Abfindungsguthaben anzurechnen ist. Eine eventuelle Anrechnung von den ersten Raten bzw. Abfindungsbeträgen auf eine steuerlich günstigere Abfertigung sollte im Auge behalten werden.
1.3. Ebenfalls bereits im Kalenderjahr 1981 hat Herr RL an seinen Bruder ML 4 x pro Monat und zwar September, Oktober, November und Dezember 1981, jeweils S 9.000,-- bezahlt, welche ebenfalls in das Abfindungsguthaben einzurechnen sind.
1.4. Des weiteren übernimmt RL die Rentenverpflichtung des ML an seine Mutter, Frau HL, im nicht wertgesicherten monatlichen Ausmaß von S 2.150,--.
Da der Lebensunterhalt des Herrn ML unter Umständen finanziell nicht ausreichend sichergestellt ist, verpflichtet sich sein Bruder RL, die vereinbarten monatlichen Rentenzahlungen bzw. Ratenzahlungen im Ausmaß von S 10.000,-- aconto des Gesamtbetrages zu erhöhen, falls dies notwendig sein sollte und falls es im Rahmen der wirtschaftlichen Gegebenheiten des Betriebes der Firma L möglich ist ...."
Laut Notariatsakt vom hätten ML und SL für die Übertragung ihrer GmbH-Anteile (je S 25.000,--) an den Beschwerdeführer Abtretungspreise von je S 125.000,-- vereinbart. Dabei handle es sich jedoch nach Auskunft des Beschwerdeführers bei der Betriebsprüfung bloß um "angenommene Beträge", tatsächlichen würden die im Aktenvermerk vom angeführten Zahlungen erbracht. In den Vermögensteuererklärungen zum und zum habe der Beschwerdeführer die Abfindungsverpflichtung unter den Schulden des Privatvermögens als zehnjährige Last ausgewiesen.
Die im Aktenvermerk vom festgehaltenen, vom Beschwerdeführer (mündlich) zugesagten monatlichen Zahlungen hätten offenkundig der Versorgung seines Bruders ML, der nun krankheitshalber eine Frühpension beziehe, und dessen Ehegattin dienen sollen; für eine Versorgungsregelung spreche auch, daß sich die Mutter HL bei der Besprechung vom laut Aktenvermerk zur Feststellung veranlaßt gesehen habe, sie beabsichtige, ihr Einfamilienhaus in Y an ML zu vererben. Versorgungsleistungen an nahe Angehörige stellten in der Regel Aufwendungen der privaten Lebensführung dar. In dem am über die Beteiligungsabtretung errichteten Notariatsakt seien die im Aktenvermerk vom aufgezählten Leistungen überhaupt nicht erwähnt worden; die Zahlungen wären aber auch in dem Umfang nicht (beim Einzelunternehmen) betrieblich veranlaßt, als man sie dennoch im Sinne der Berufung als Gegenleistung für das Ausscheiden des ML (und seiner Ehegattin) aus der GmbH (Abfindung eines "lästigen Gesellschafters") betrachten wollte. Dann würde es sich nämlich bei den strittigen Zahlungen um Aufwendungen des Beschwerdeführers zum Erwerb von zu seinem Privatvermögen gehörigen GmbH-Anteilen (sowohl des ML als auch der SL) handeln, die (als Anschaffungskosten der Beteiligung) steuerlich ebenfalls ohne Auswirkung bleiben müßten. Der Fall der Abfindung eines "lästigen Gesellschafters" durch eine Kapitalgesellschaft sei hier nicht vorgelegen. Die Verpflichtungen seien nämlich nicht von der GmbH, sondern vielmehr vom Beschwerdeführer im Jahr 1982 als GmbH-Gesellschafter, somit im außerbetrieblichen Bereich, zum Erwerb weiterer Anteile eingegangen und ab Jänner 1982 eingelöst worden. Betriebsvermögen bzw. Betriebsvermögensanteile habe der Beschwerdeführer von ML und SL nicht erworben, weshalb die Zahlungen auch nicht als Anschaffungskosten des späteren Einzelbetriebes betrachtet werden könnten. Bei dem durch Umwandlung (Übertragung des Vermögens auf den nunmehrigen Hauptgesellschafter) aus der GmbH erst wesentlich später (1983) hervorgegangenen Einzelunternehmen habe die Abfindungsverpflichtung zudem schon im Hinblick auf die in Art. II § 6 Strukturverbesserungsgesetz (in Verbindung mit Art. IV § 1 Abs. 3 der GmbH-Gesetz-Novelle 1980) angeordnete Buchwertfortführung außer Ansatz zu bleiben. Die Abfindung an ML sei daher beim Einzelunternehmen weder im Wege der AfA noch sonst als Betriebsausgabe abzugsfähig gewesen.
Durch diesen Bescheid erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten insoweit verletzt, als die Abfindung des ML beim Einzelunternehmen weder im Wege der AfA, noch sonst als abzugsfähige Betriebsausgabe anerkannt worden sei. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid (beschränkt auf den Beschwerdepunkt) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet, er sei die in Rede stehende Abfindungsverpflichtung nicht als Privatmann, sondern als Unternehmer eingegangen.
Dieser Auffassung kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen. Vielmehr hat die belangte Behörde richtig erkannt, daß die streitgegenständlichen Zahlungen des Beschwerdeführers dem Erwerb von zu seinem Privatvermögen gehörenden GmbH-Anteilen dienten. Weder im Zeitpunkt der im Aktenvermerk vom festgehaltenen Vereinbarung noch im Zeitpunkt der Errichtung des Abtretungsvertrages vom war der Beschwerdeführer selbst "Unternehmer", sondern lediglich Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft; seine Beteiligung gehörte zu keinem Betriebsvermögen. Auch der im Abtretungsvertrag angeführte Abtretungsstichtag und der im Generalversammlungsprotokoll enthaltene Umwandlungsstichtag vermögen hieran nichts zu ändern.
Es trifft auch nicht zu, daß es sich um einen uno actu erfolgten Gesamtvorgang handeln würde. Vielmehr war der zunächst vorgenommene Anteilserwerb, durch den sich die Beteiligung des Beschwerdeführers auf 90 % des Stammkapitals erhöhte, Voraussetzung für die in der Folge beschlossene Umwandlung. Es handelte sich somit um zwei voneinander zu unterscheidende Vorgänge, mögen auch die betreffenden, vom Notar errichteten Urkunden das selbe Datum tragen.
Nicht für, sondern gegen den Standpunkt des Beschwerdeführers spricht dessen Hinweis auf den letzten Absatz (auf Seite 2) des Aktenvermerks vom : Die allfällige Erhöhung der Ratenzahlungen von monatlich S 10.000,--, sollte der Lebensunterhalt des ML nicht ausreichend sichergestellt sein, deutet auf eine zur privaten Sphäre gehörende Versorgungsregelung zugunsten eines nahen Angehörigen hin. Daß hiebei auf die "wirtschaftlichen Gegebenheiten des Betriebes der Firma L" Bedacht genommen werden sollte, erlaubte nicht schon die vom Beschwerdeführer nunmehr beabsichtigte Zuordnung der Abfindungszahlungen zum im folgenden Jahr entstandenen Einzelunternehmen.
Zusammenfassend ergibt sich somit, daß sich im Beschwerdefall die Fragen der steuerlichen Behandlung der Abfindung eines "lästigen Gesellschafters" einer Kapitalgesellschaft aus Gesellschaftsmitteln (vgl. Putschögl-Bauer-Quantschnigg, Die Körperschaftssteuer, § 8 KStG 1966 Tz 74, Stichwort "Lästiger Gesellschafter"; Stoll, Rentenbesteuerung, 3. Auflage, Seite 278; Schimpf, Die steuerliche Behandlung der Abfindung eines sogenannten "lästigen Gesellschafters", GesRZ 1979, Seite 158; jeweils mit Hinweisen auf die deutsche Rechtsprechung) oder einer Personengesellschaft (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch,
2. Auflage, § 23 Tz 48; Stoll, a.a.O., Seite 274, Schimpf, a. a.O., Seite 154; die jeweils zitierte Judikatur, sowie aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/13/0083) gar nicht stellten. Da lediglich die private Sphäre des Beschwerdeführers berührt wurde, bedurfte es keiner Feststellungen dazu, ob der Abfindungsbetrag den tatsächlichen Wert der Anteile überstieg und wofür ein allfälliger Mehrbetrag geleistet wurde, insbesondere ob es sich beim Bruder (und der Schwägerin) des Beschwerdeführers überhaupt um einen "lästigen Gesellschafter" im Sinne von Lehre und Rechtsprechung handelte. Zu einem wesentlichen Verfahrensmangel kann es in diesem Zusammenhang daher nicht gekommen sein. Auch der in der Gegenschrift erwähnte Umstand, daß der Beschwerdeführer bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich die Ausgaben zeitlich nach Maßgabe der Zahlung zuordnete, kann auf sich beruhen.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1992:1991140241.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAE-62328