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VwGH vom 27.10.1999, 97/09/0055

VwGH vom 27.10.1999, 97/09/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, in der Beschwerdesache des EM in P, vertreten durch Mag. Werner Dax, Rechtsanwalt in 7540 Güssing, Hauptplatz 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom , Zl. E 03/05/96.012/2, betreffend Bewilligung der Verfahrenshilfe in einem Verwaltungsstrafverfahren betreffend Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit am zugestelltem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung wurde der Beschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) für schuldig erkannt, zwei namentlich genannte polnische Staatsbürger am in Purbach, Quergasse 9, beim Montieren von Putzträgern beschäftigt zu haben, obwohl für sie keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei und sie auch keine für diese Beschäftigung gültigen Arbeitserlaubnisse und keine Befreiungsscheine besessen hätten. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von jeweils S 5.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 30 Stunden verhängt und ihm die Bezahlung der Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von je S 500,-- auferlegt. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die beiden Polen im Zuge einer Kontrolle durch ein Organ des Arbeitsinspektorates beim Montieren von Putzträgern arbeitend angetroffen worden wären. Einer der beiden hätte bei einer Vernehmung angegeben, dass die Arbeiten für den Beschwerdeführer und auf Weisung des Beschwerdeführers durchgeführt worden seien. Das Organ des Arbeitsinspektorates habe auch angegeben, dass die Arbeiten mit Werkzeug und Material des Beschwerdeführers durchgeführt worden seien. Zwar hätte er diese Aussage zu einem späteren Zeitpunkt widerrufen und auch der Beschwerdeführer angegeben, dass er den beiden Ausländern bloß eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt, sie aber nicht beschäftigt habe, diese Aussagen seien jedoch nicht glaubwürdig.

Mit am bei der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung eingelangtem Schreiben teilte der Beschwerdeführer mit, dass er die Erhebung einer Berufung gegen das genannte Straferkenntnis beabsichtige und beantragte die Bewilligung der Verfahrenshilfe zu diesem Zweck. Die Beigebung eines Verteidigers sei im Interesse der Verwaltungsrechtspflege und für ihn selbst im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung unbedingt erforderlich. Es bestünden besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage. Der Beschwerdeführer könne die auferlegten Geldstrafen nicht bezahlen. Er sei zum Tatzeitpunkt gar nicht in Österreich gewesen, die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung hätte die von ihm beantragten Entlastungszeugen nicht angehört. Der Beschwerdeführer legte diesem Antrag ein Vermögensbekenntnis bei, dass er über eine monatliche Invaliditätspension in der Höhe von S 11.876,30 verfüge und Eigentümer von Grundstücken mit dem Einheitswert von S 100.000,-- sei. Er habe Bankschulden in der Höhe von S 128.000,-- und gegenüber seiner Ehegattin eine Unterhaltspflicht in der Höhe von monatlich S 4.800,--.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom wurde dieser Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 51a VStG abgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass angesichts der "durchaus regionaltypischen Vermögens- und Einkommenssituation" des Beschwerdeführers nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Kosten einer einfachen Lebensführung durch allfällige Kosten der Verteidigung beeinträchtigt würden. Auch die zweite vom Gesetz geforderte Voraussetzung, dass nämlich die Beigebung eines Verteidigers im Interesse der Verwaltungsrechtspflege gelegen sein müsse, komme nicht zum Tragen. Besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten oder eine besondere Tragweite des Rechtsfalles, wie etwa die Höhe der drohenden Strafe, lägen nicht vor. Der Umstand, dass die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz der Argumentation des Beschwerdeführers nicht gefolgt sei, bedeute nicht, dass dieser nicht in der Lage wäre, seinen Standpunkt vor der belangten Behörde auch ohne anwaltlichen Beistand darzulegen. Auch von einer besonderen Tragweite des Rechtsfalles könne nicht gesprochen werden, weil die beiden verhängten Geldstrafen jeweils die Mindeststrafe darstellten. Diese Strafhöhe gebiete für sich allein die Beigebung eines Verteidigers nicht, eine höhere Strafe dürfe über den Beschwerdeführer im Berufungsverfahren jedoch gemäß § 51 Abs. 6 VStG nicht verhängt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Aktenlage hat der Beschwerdeführer im Beschwerdefall keine rechtzeitig eingebrachte Berufung erhoben. Auch würde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht bewirken, dass die Berufungsfrist für die Bekämpfung des in der Hauptsache ergangenen Straferkenntnisses mit dem Datum der Zustellung des Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses neuerlich in Lauf gesetzt würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/02/0377). Es ist aber, etwa im Hinblick auf die Möglichkeit der Erhebung von außerordentlichen Rechtsmitteln, nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers einen Unterschied macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Insbesondere sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlasst, diesbezüglich weitere Nachforschungen anzustellen. Die Beschwerde ist daher zulässig.

§ 51a Abs. 1 erster Satz VStG, in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998, lautet:

"Ist der Beschuldigte außerstande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, dann hat der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, wenn und soweit dies im Interesse der Verwaltungsrechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung erforderlich ist."

Diese Regelung orientiert sich an § 41 StPO und ist vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK zu sehen (vgl. dazu das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom im Fall Quaranta, ÖJZ 1991/16/MRK). Geht es um den Entzug der persönlichen Freiheit, so ist - falls der Betroffene nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Rechtsbeistandes verfügt - die Beigebung eines Verfahrenshelfers geboten (vgl. das Urteil des EGMR vom im Fall Benham gegen das Vereinigte Königreich, ÖJZ 1996/36/MRK). Bei der Beurteilung der Interessen der Verwaltungsrechtspflege ist vor allem auf die zweckentsprechende Verteidigung Bedacht zu nehmen. Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers werden besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) zu berücksichtigen sein (vgl. auch Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, zweite Auflage 1992, S 245 ff, und das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0270).

Im Beschwerdefall waren besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten nicht gegeben. Es handelte sich vielmehr um einen eher einfach gelagerten Fall, weil es letztlich bloß um die Frage der Würdigung der bereits vorliegenden und vom Beschwerdeführer ohnehin bereits in Betracht gezogenen Beweismittel insoferne ging, ob die beiden Ausländer Arbeitsleistungen im Auftrag des Beschwerdeführers erbracht haben. Dass die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz der Argumentation des Beschwerdeführers nicht gefolgt ist, bedeutet nicht, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, seinen Standpunkt vor dem unabhängigen Verwaltungssenat auch ohne anwaltlichen Beistand darzulegen. Auch sonst ist eine besondere Tragweite des Rechtsfalls für den Beschwerdeführer nicht ersichtlich. Es wurde keine (primäre) Freiheitsstrafe über den Beschwerdeführer verhängt und ist auch nicht ersichtlich, dass es hinsichtlich der dem Beschwerdeführer mit dem Straferkenntnis vom auferlegten Pflicht zur Bezahlung von insgesamt S 11.000,-- - insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit der Bewilligung eines angemessenen Aufschubes oder der Teilzahlung gemäß § 54 b Abs. 3 VStG - zum Vollzug der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe gekommen wäre. Schon aus diesem Grunde kann der belangten Behörde kein Vorwurf gemacht werden, dass sie dem Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der Verfahrenshilfe nicht stattgab, und es braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob die belangte Behörde die Frage richtig beurteilt hat, ob er außerstande war, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hatte, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes zu tragen.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am