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VwGH vom 17.02.2000, 99/16/0024

VwGH vom 17.02.2000, 99/16/0024

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

99/16/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerden 1) der D in K und 2) des W in K, beide vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, Alter Platz 19, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Kärnten je vom , Zlen. 1) RV 170/1-5 (6)/98 und 2) 171/1-5 (6)/98, je betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den beiden Beschwerdeführern Aufwendungen von je S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die am verstorbene Dorothea Stromberger hatte einen eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen letzten Willen errichtet, in welchem sie ihrem ehelichen Sohn Kurt Stromberger eine dort näher beschriebene Liegenschaftshälfte (Grundstück und Haus in Klagenfurt, Alter Platz 12) "vermachte" und den beiden Beschwerdeführern (ihren weiteren ehelichen Kindern) Geldlegate aussetzte.

Im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung (3A 261/96b) des BG Klagenfurt wurde am vor dem Gerichtskommissar eine Niederschrift errichtet, in der sich die beiden Beschwerdeführer mit ihrem Bruder darauf einigten, dass ungeachtet der von der Erblasserin gewählten Formulierung Kurt Stromberger als Alleinerbe anzusehen ist.

Darüber hinaus enthält die zitierte Niederschrift (auszugsweise) folgenden Text:

"Die Anwesenden erklären übereinstimmend, dass die Erblasserin zu ihren Lebzeiten wiederholt den Wunsch geäußert hat, dass ihre Sparguthaben bei der Volksbank, Gewerbe- und Handelsbank Kärnten AG nach ihrem Ableben ihren beiden Kindern, Herrn Werner Stromberger und Frau Dorothea Weitzel, vermächtnisweise in der Weise zufallen sollen, dass Herr Werner Stromberger die beiden Sparbücher mit einem Einlagestand von ca. S 350.000,-- sowie die erbl. Tochter, Frau Dorothea Weitzel, das Sparbuch mit einem Einlagenstand von ca. S 440.000,-- erhalten. Eine schriftliche Abfassung dieses letzten Willens der Erblasserin ist nicht erfolgt. Die Anwesenden erklären jedoch, diese Anordnung der Erblasserin als mündliche letztwillige Anordnung zu akzeptieren, wobei sich der erbl. Sohn, Herr Kurt Stromberger, bereit erklärt, die Vermächtnisse wie vor angeführt zu erfüllen.

Festgestellt wird, dass bei Eintritt der gesetzlichen Erfolge die erbl. Kinder, Herr Kurt Stromberger, Herr Werner Stromberger, und Frau Dorothea Weitzel, zu je 1/3 des Nachlasses als Erben berufen wären. Die Pflichtteilsansprüche der Vorgenannten belaufen sich demnach auf je 1/6 des reinen Nachlassesn.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage erklären die erbl. Kinder, Herr Werner Stromberger, und Frau Dorothea Weitzel, die von der Erblasserin zu ihren Gunsten verfügten Vermächtnisse anzunehmen und darüber hinaus mit Wirksamkeit für sich und ihre Nachkommen auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen dem gegenständlichen Nachlass gegenüber zu verzichten."

Auf dieser Basis gab Kurt Stromberger zum gesamten Nachlass der Erblasserin die unbedingte Erbserklärung ab und erstattete ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis, in dem unter anderem betreffend das Sparbuch Nr. 00600051585 der Volksbank Gewerbe- und Handelsbank Kärnten AG mit Einlagestand von S 444.998,96 festgestellt ist, dass es der Erstbeschwerdeführerin vermacht wurde und hinsichtlich der Sparbücher 006023170 und 00606217180 der obgenannten Bank mit zusammen einem Einlagestand von S 704.097,76 folgende Anmerkung aufscheint:

"Die vorangeführten Sparbücher sind dem erbl. Sohn, Herrn Werner Stromberger, vermacht und wurden von diesem bereits realisiert."

In einem anschließenden Übereinkommen zwischen den drei Kindern der Erblasserin verpflichtete sich Kurt Stromberger, das Sparbuch 0060051585 an die Erstbeschwerdeführerin binnen 14 Tagen nach rechtskräftiger Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens auszufolgen.

Daraufhin erklärten sich alle Beteiligten mit ihren Erb-, Pflichtteils- und Vermächtnisansprüchen für befriedigt und erfolgte mit Beschluss des BG Klagenfurt vom die Einantwortung des Nachlasses an Kurt Stromberger, wobei das Abhandlungsgericht die Volksbank Gewerbe- und Handelsbank Kärnten AG betreffend das auf dem Sparbuch Nr. 00600051585 erliegende Guthaben davon verständige, dass die Erstbeschwerdeführerin darüber allein verfügungsberechtigt ist.

Mit Bescheiden je vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt (im Folgenden kurz: Finanzamt) der Erstbeschwerdeführerin betreffend das Sparguthaben von S 444.998,96 und dem Zweitbeschwerdeführer betreffend die Sparguthaben von insgesamt S 704.097,76 Schenkungssteuer vor, wobei es die Auffassung vertrat, es liege mangels eines gültigen Vermächtnisses eine freigebige Zuwendung des Erben an die beiden Beschwerdeführer vor.

Dagegen beriefen die Beschwerdeführer im Wesentlichen mit dem Vorbringen, der eingeantwortete Erbe habe mit den in Rede stehenden Zuwendungen nur eine mündliche letztwillige Anordnung der Erblasserin erfüllt. Im Übrigen seien die Zuwendungen als Gegenleistungen für den Verzicht der Beschwerdeführer auf ihre Pflichtteilsansprüche zu sehen. Der Pflichtteilsanspruch jedes der beiden Beschwerdeführer habe gemessen am Wert des dem Erben zugekommenen Hälfteanteils an der Liegenschaft in Klagenfurt ca. S 1,160.000,-- betragen.

Gegen die daraufhin ergangenen abweislichen Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes stellten die Beschwerdeführer fristgerecht Anträge auf Entscheidungen über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufungen als unbegründet ab und vertrat ebenfalls die Auffassung, der bloße Wunsch der Erblasserin sei kein gültiges Vermächtnis, auch keine Verfügung gemäß § 9 ErbStG gewesen; es lägen daher in Gestalt der in Rede stehenden Sparguthaben freigebige Zuwendungen des Erben an die beiden Beschwerdeführer vor.

Gegen diese Bescheide richten sich die beiden Verwaltungsgerichtshofbeschwerden je wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Steuerfreiheit verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstatteten Gegenschriften vor, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne dieses Gesetzes jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Im Bereich des Steuertatbestandes des Erwerbs durch Erbanfall bzw. durch Vermächtnis bzw. auf Grund eines Pflichtteilsanspruchs gründet sich die Steuerpflicht auf durch das Zivilrecht geregelte Tatbestände (vgl. dazu die bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer in Rz 2 Abs. 3 zu § 2 ErbStG referierte hg. Judikatur).

Das ABGB enthält in den §§ 577ff detaillierte Bestimmungen über die Form der Erklärung des letzten Willens, wozu § 601 leg. cit. anordnet, dass die letzte Willenserklärung ungültig ist, wenn der Erblasser eines der im Gesetz vorgeschriebenen und nicht ausdrücklich der bloßen Vorsicht überlassenen Erfordernisse (bei Errichtung des letzten Willens) nicht beobachtet hat.

Dazu wird in der zivilrechtlichen Lehre und Judikatur allerdings die Auffassung vertreten, dass eine formungültige letztwillige Verfügung wirksam ist, wenn sie von allen Beteiligten anerkannt wird (vgl. z.B. Eccher in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB2 III Rz 4 zu § 601 ABGB unter Berufung insbesondere auf OGH JBl 1987, 112; siehe dazu auch Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II10 337 mwN in FN 3 sowie Welser in Rummel, ABGB I2 Rz 5 zu § 601 ABGB). Auch ein solcher anerkannter letzter Wille ist der Nachlassabhandlung zu Grunde zulegen (vgl. Koziol/Welser a.a.O. mit Nachweisen in FN 4), wobei bei einem formungültigen Vermächtnis die Anerkennung durch den durch das Vermächtnis Verpflichteten (= also den Erben) genügt (Kralik-Ehrenzweig, Erbrecht 130 mwN in FN 15).

Daraus folgt aber, dass auch im vorliegenden Fall selbst dann, wenn man wie die belangte Behörde davon ausgeht, dass die mündlich erklärte letztwillige Zuwendung der in Rede stehenden Sparguthaben zunächst formungültig war, eine Sanierung im Wege der von den drei Beteiligten (sonstige Rechtsnachfolger der Erblasserin waren nicht vorhanden) ausdrücklich ausgesprochenen Anerkennung erfolgte. Demnach wurden die in Rede stehenden Zuwendungen im Abhandlungsverfahren auch zu Recht als Vermächtnisse behandelt und hat die belangte Behörde dadurch, dass sie den Vorgang dem Tatbestand des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG unterstellte, ihre Bescheide mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu ihrer Aufhebung führen muss, weshalb auch ein weiteres Eingehen auf eine allfällige Anwendbarkeit des § 9 ErbStG ebenso entbehrlich ist wie auf die von den Beschwerden gerügten Verfahrensfehler.

Mit Rücksicht auf die einfache Rechts- und Sachlage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Wien, am