VwGH vom 18.07.1995, 91/14/0203
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der WS GmbH & Co KG in F, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat I, vom , 30.079-3/91, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO sowie Gewerbesteuer für die Jahre 1982 und 1985, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 10.590 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An der Beschwerdeführerin, einer GmbH & Co KG, waren seit ihrer Gründung im Jahr 1978 die Brüder AS und WS als Kommanditisten sowie die A und WS GmbH als Komplementärin (ohne Vermögenseinlage) beteiligt. AS und WS waren gleichzeitig auch Gesellschafter der Komplementärin.
Im Februar 1980 schloß die Beschwerdeführerin eine Er- und Ablebensversicherung mit einer inländischen Versicherungs-AG auf das Leben ihrer Kommanditisten mit einer Versicherungssumme von (wertgesichert) 1,4 Mio S und einer Versicherungsdauer von 22 Jahren ab. Im Antrag auf Abschluß der Lebensversicherung wurde als besondere Vereinbarung der Vermerk "Teilhaberversicherung" angebracht. In der Versicherungspolizze wurde als Begünstigte sowohl für den Er- als auch für den Ablebensfall die Beschwerdeführerin als Versicherungsnehmerin ausgewiesen.
In den Jahren 1980 und 1981 machte die Beschwerdeführerin die bezahlten Versicherungsprämien unter der Bezeichnung "Teilhaberversicherung" als Betriebsausgaben geltend, unterließ es jedoch, den Teilwert des Versicherungsanspruches zu aktivieren.
Am verstarb AS. Nach Punkt 13. des Gesellschaftsvertrages wurde die Beschwerdeführerin dadurch nicht aufgelöst. Die minderjährigen Erben des Verstorbenen waren aber nicht zur Fortsetzung der Beschwerdeführerin berechtigt, sondern hatten bloß Anspruch auf eine Abfindung. Im Zug der Verlassenschaftsabhandlung verpflichtete sich daher WS "als Geschäftsführer der Komplementärin und als Kommanditist", das mit 1,586.168 S errechnete Abfindungsguthaben den Erben innerhalb eines Monates ab Zustellung der Einantwortungsurkunde auszuzahlen. Die Erben ihrerseits übernahmen die Verpflichtung zur Herstellung des Registerstandes sowie zur Abtretung des Geschäftsanteiles des Verstorbenen an der A und WS GmbH an WS ohne weitere Gegenleistung. Die auf den Kommanditanteil des Verstorbenen entfallende Abfindungszahlung an die Erben wurde in den Büchern der Beschwerdeführerin als Einlage des verbleibenden Kommanditisten WS dargestellt.
Mit an die Beschwerdeführerin gerichtetem Schreiben vom teilte die Versicherungs-AG mit, sie sei auf Grund der vorgelegten Liquidationsunterlagen in der Lage, eine Versicherungsleistung von 1,467.351,30 S (Versicherungssumme von 1,539.870 S abzüglich der offenen Prämie für das Jahr 1982 von 72.518,70 S) zu erbringen, welcher Betrag mittels Schecks zur Auszahlung gebracht worden sei; damit seien sämtliche Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag erloschen.
Die Beschwerdeführerin nahm weder die ausbezahlte Versicherungssumme noch die offene Prämie in ihre Bücher auf.
Strittig ist, ob mit der Lebensversicherung berufliche oder private Risken abgedeckt worden sind, sie damit betrieblich oder privat veranlaßt gewesen und somit entweder dem Betriebsvermögen oder dem notwendigen Privatvermögen zuzuordnen ist, wovon wieder abhängig ist, ob die im Jahr 1982 ausbezahlte Versicherungssumme eine Betriebseinnahme darstellt oder nicht steuerbar ist. Hinsichtlich des Jahres 1985 ergeben sich aus der Lösung dieser Frage insofern Konsequenzen, als die auf Antrag der Beschwerdeführerin im Jahr 1982 angepaßte Investitionsrücklage, die im Jahr 1985 freiwillig aufgelöst wurde, mit einem höheren Auflösungsbetrag samt Zuschlag zu versteuern ist.
Die belangte Behörde vertritt insbesondere unter Hinweis auf die hg Erkenntnisse vom , 598/66, vom , 293/74, Slg Nr 4772/F, und vom , 86/13/0098, die Ansicht, Prämien zu einer Lebensversicherung seien in der Regel nicht der betrieblichen, sondern der privaten Sphäre zuzuordnen. Einen Sonderfall bildeten jedoch - wie im vorliegenden Fall - Prämien, die eine Personengesellschaft zu einer Teilhaberversicherung leiste. Unter einer Teilhaberversicherung werde eine Lebensversicherung verstanden, die die Personengesellschaft ZU IHREN GUNSTEN auf das Leben ihrer Gesellschafter abschließe, um beim Tod eines Gesellschafters vor Vermögensnachteilen durch die Auseinandersetzung mit dessen Erben geschützt zu sein. Prämien zu einer Teilhaberversicherung stellten daher bei einer Personengesellschaft Betriebsausgaben dar, weil sie ausschließlich betrieblichen Interessen, nämlich der Existenzsicherung des Betriebes dienten. Die auf Grund einer Teilhaberversicherung ausbezahlte Versicherungssumme stelle folglich eine Betriebseinnahme der Personengesellschaft dar und führe insoweit zur Gewinnverwirklichung, als sie den zu aktivierenden Teilwert des Versicherungsanspruches übersteige. Die Beschwerdeführerin habe die in Rede stehende Lebensversicherung ausschließlich zu ihren Gunsten abgeschlossen. Unbestrittener Zweck dieser Versicherung sei gewesen, Vorsorge für den Fall der Auseinandersetzung mit den minderjährigen Erben beim Tod eines Gesellschafters zu treffen. Gerade dies sei aber das Merkmal einer betrieblich veranlaßten Teilhaberversicherung. Daß der Abschluß einer Teilhaberversicherung beabsichtigt gewesen sei, ergebe sich auch aus dem diesbezüglichen Vermerk im Antrag auf Abschluß der Lebensversicherung sowie der buchmäßigen Behandlung der von der Beschwerdeführerin in den Jahren 1980 und 1981 geleisteten Prämien. Die Lebensversicherung als Teilhaberversicherung habe daher ausschließlich betrieblichen Zwecken der Beschwerdeführerin gedient, weswegen die im Jahr 1982 ausbezahlte Versicherungssumme eine Betriebseinnahme darstelle.
Demgegenüber meint die Beschwerdeführerin, bei dem abgeschlossenen Vertrag habe es sich um eine Er- und Ablebensversicherung gehandelt. Versichertes Risiko sei damit aber nicht nur das Ableben der beiden Gesellschafter, sondern auch das Erleben durch sie gewesen. Daraus ergebe sich bereits, daß bei Abschluß der Versicherung die private Vermögensbildung im Vordergrund gestanden sei. Von einer nahezu ausschließlichen betrieblichen Veranlassung könne daher keine Rede sein. Der Abschluß der Versicherung sei zweifelsfrei erfolgt, um dem überlebenden Gesellschafter bei Eintritt des Versicherungsfalles in die Lage zu versetzen, Rechtsnachfolger abzufinden bzw einen Deckungsbetrag zur Abwendung allfälliger strittiger oder außergerichtlicher Auseinandersetzungen zur Verfügung zu haben. Dies führe aber ebenfalls noch nicht dazu, von einer betrieblichen Veranlassung für den Abschluß der Lebensversicherung auszugehen. Vielmehr hätten private Motive
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- | insbesondere im Zusammenhang mit der Rechtsnachfolge in der Gesellschaft - zum Abschluß der Lebensversicherung geführt. Schließlich wäre es, wenn nur ein betriebliches Risiko abgesichert hätte werden sollen, wirtschaftlich vernünftiger gewesen, eine bloße Ablebensversicherung abzuschließen, weil deren Prämien bei gleicher Deckungssumme bedeutend niedriger seien als die einer Er- und Ablebensversicherung. Die Lebensversicherung sei daher nicht betrieblich, sondern privat veranlaßt gewesen, weswegen die ausbezahlte Versicherungssumme keine Betriebseinnahme darstelle. Daran vermöge auch die Tatsache nichts zu ändern, daß in den Jahren 1980 und 1981 | |||||||||
- | zweifelsfrei zu Unrecht - Versicherungsprämien als Betriebsausgaben geltend gemacht worden seien. |
Gegen den im Spruch dieses Erkenntnisses genannten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten die Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht insoweit Übereinstimmung, als sie den Zweck der abgeschlossenen Er- und Ablebensversicherung darin erblicken, dem überlebenden Gesellschafter bzw der Beschwerdeführerin die finanzielle Auseinandersetzung mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters ohne wirtschaftliche Einbußen zu ermöglichen.
Der Verwaltungsgerichtshof ist in den von der belangten Behörde zitierten Erkenntnissen davon ausgegangen, daß eine Lebensversicherung grundsätzlich nicht im betrieblichen Interesse abgeschlossen wird, es sei denn, es handelt sich hiebei um eine Teilhaberversicherung im Sinn der Ausführungen der belangten Behörde. In diesen Erkenntnissen war jedoch nie strittig, ob auch eine ER- UND ABLEBENSversicherung als Teilhaberversicherung anzusehen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 88/14/0093, Slg Nr 6742/F, ausgeführt hat, kann nur eine (bloße) Ablebensversicherung, nicht jedoch auch eine Er- und Ablebensversicherung als Teilhaberversicherung in Betracht kommen, weil die für den Erlebensfall vorgesehene Versicherungssumme nicht dazu dient, das für eine Teilhaberversicherung typische Risiko abzudecken, das im ABLEBEN eines Gesellschafters und in den mit der Abfindung seiner Erben verbundenen finanziellen Belastungen der übrigen Gesellschafter besteht. Da es sich bei der von der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Versicherung unbestritten um eine Er- und Ablebensversicherung handelt, kann sie schon aus diesem Grund nicht als Teilhaberversicherung im Sinn der Ausführungen der belangten Behörde angesehen werden.
Darüberhinaus kann eine Teilhaberversicherung als Lebensversicherung aber auch nicht als zum gewillkürten Betriebsvermögen gehörend angesehen werden. Eine Lebensversicherung als Vermögenswert, dessen Verfügbarkeit von einem zweifelsohne in die private Sphäre fallenden Geschehnis abhängig ist, gehört zum notwendigen Privatvermögen, weil Vertragsverhältnisse, die den Privatbereich der Gesellschafter betreffen, bei der Gewinnermittlung einer Personengesellschaft außer Betracht zu lassen sind. Es müssen daher Aufwendungen und Erträge aus einer von einer Personengesellschaft auf das Leben der Gesellschafter geschlossenen Lebensversicherung bei der Ermittlung der Einkünfte der Gesellschafter stets außer Ansatz bleiben (vgl BFH vom , IV R 56/87, BStBl 1989, Teil II, 657, BFH vom , VIII R 63/88, BStBl 1990, Teil II, 1017, sowie Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 39 zu § 4,
Stichwort - Teilhaberversicherung).
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Lebensversicherung als zum Betriebsvermögen gehörend und somit die im Jahr 1982 ausgezahlte Versicherungssumme als Betriebseinnahme angesehen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid nicht nur hinsichtlich des Jahres 1982, sondern - wegen der sich ergebenden steuerlichen Konsequenzen - auch hinsichtlich des Jahres 1985 als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.