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VwGH vom 12.04.1994, 91/14/0168

VwGH vom 12.04.1994, 91/14/0168

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Steiermark, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom , Zl. B 16-3/91, betreffend Einkommensteuer 1988 (mitbeteiligte Partei: F in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Sohn des Mitbeteiligten hat am geheiratet. Der Mitbeteiligte gewährte dem Sohn im Laufe des Jahres 1988 in mehreren Teilbeträgen ein Heiratsgut von insgesamt S 120.000,-- und beantragte in der Einkommensteuererklärung für 1988 dessen Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972.

In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid, mit dem das Finanzamt die Anerkennung der außergewöhnlichen Belastung unter Hinweis darauf, daß die Dotationsverpflichtung bereits im Jahre 1987 erwachsen sei, verweigerte, brachte der Mitbeteiligte vor, der Anspruch auf Gewährung eines Heiratsgutes unterliege keiner Verjährung. Daher müßte auch eine mehrere Jahre nach erfolgter Eheschließung geleistete Dotationszahlung steuerliche Berücksichtigung finden. Zudem sei im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, daß der Sohn des Mitbeteiligten am einen Anwartschaftsvertrag über eine Eigentumswohnung unterschrieben habe; für diese Wohnung seien im Jahr 1987 S 227.100,-- und im Jahr 1988 weitere Kaufpreisteile zu leisten gewesen. Das Heiratsgut sei insoweit für diese Wohnung verwendet worden, als im Jahr 1988 ein Betrag von S 20.000,-- des Heiratsgutes zur Kaufpreiszahlung herangezogen worden seien. Der Mitbeteiligte sei nicht in der Lage gewesen, das Heiratsgut aus seinem Vermögen zu decken. Er habe es daher in monatlichen Zahlungen erbracht. Hätte er es im Jahr 1987 geleistet, wäre es als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, daß die Zahlung eines Heiratsgutes nur dann als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finde, wenn sie auch hinsichtlich des Zahlungszeitpunktes zwangsläufig erwachse. Es wäre dem Mitbeteiligten möglich gewesen, die Ausstattung bereits im Jahr 1987 zu leisten. Für das Hinausschieben der Zahlung lägen keine berücksichtigungsfähigen Gründe vor.

Im Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Mitbeteiligte vor, die Einkommensverhältnisse der Jahre 1987 und 1988 seien sehr ähnlich gewesen; das Einkommen nach Abzug der Einkommensteuer habe im Jahre 1987 S 333.705,-- und im Jahre 1988 S 357.809,-- betragen. Daher hätte die Anerkennung des Heiratsgutes für das Jahr 1987 zu einer ähnlich hohen Steuerreduktion geführt wie die Zahlung im Jahr 1988. Der Sohn habe die Leistung des Heiratsgutes allerdings erst Ende 1987 verlangt, weil erst aufgrund des Wohnungskaufes ein entsprechender Finanzierungsbedarf bestanden hätte.

Die belangte Behörde anerkannte mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die Zahlung des Heiratsgutes als außergewöhnliche Belastung. Zur Begründung führt sie aus, es könne im gegenständlichen Fall nicht von einer willkürlichen Verlagerung des Aufwandes in das Jahr 1988 gesprochen werden. Da noch ein naher zeitlicher Zusammenhang zwischen der Eheschließung im April 1987 einerseits und dem Beginn der Hingabe der Heiratsausstattung im Jänner 1988 bestehe, seien die Voraussetzungen für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung gegeben.

Mit der auf § 292 BAO gestützten Beschwerde bekämpft der Präsident der Finanzlandesdirektion für Steiermark die Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der zum Zeitpunkt der Eheschließung des Sohnes des Beschwerdeführers geltenden Rechtslage war die Hingabe eines Heiratsgutes (einer Ausstattung) von der Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausdrücklich ausgeschlossen (§ 34 Abs. 2 zweiter Satz EStG 1972 idF BGBl. 1983/587). Mit Erkenntnis vom , G 52/87, hob der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung mit Wirkung ab auf. Der vom Beschwerdeführer im Jahre 1988 seinem Sohn als Heiratsgut (Ausstattung) bezahlte Betrag von insgesamt S 120.000,-- wäre daher grundsätzlich bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung als solche zu berücksichtigen (vgl. hg. Erkenntnis vom , 89/14/0274).

Voraussetzung dafür, einen Aufwand als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1972 vom Einkommen abzuziehen, ist unter anderem, daß der Aufwand dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen ist. Das Merkmal der Zwangsläufigkeit muß aber nicht nur dem Grunde und der Höhe des Aufwandes nach gegeben sein; es darf auch der Aufwand nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden als in jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre. Das Heiratsgut bzw. die Ausstattung werden im Zeitpunkt der Eheschließung des Kindes fällig. Die Zahlung in einem späteren Kalenderjahr als dem der Eheschließung kann nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn für diese spätere Zahlung triftige Gründe vorliegen (vgl. hg. Erkenntnis vom , 91/13/0096).

Als derartige triftige Gründe können zwingende wirtschaftliche Umstände angesehen werden, die der Entrichtung des Ausstattungsbetrages im gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt entgegenstehen und den Dotationspflichtigen dazu berechtigen, eine spätere Zahlung des Ausstattungsbetrages oder ratenweise Entrichtung vom Berechtigten zu verlangen. Für die Frage, ob dem Dotationspflichtigen ein Anspruch auf ratenweise oder spätere Abstattung des Heiratsgutes zusteht, kann auch eine Abwägung zwischen der Dringlichkeit des Bedarfes des Ausstattungsberechtigten auf der einen Seite und der Belastbarkeit des Ausstattungsverpflichteten auf der anderen Seite entscheidend sein (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 91/13/0096). Der Dotationspflichtige muß aber zur Erfüllung seiner Verpflichtung auch eine vorübergehende Einschränkung des eigenen Lebensstandards hinnehmen (vgl. hg. Erkenntnis vom , 91/14/0019). Eine Verschiebung der Zahlung durch bloßes Abwarten bis zur Einforderung durch das Kind steht der Berücksichtigung der verspäteten Zahlung als außergewöhnliche Belastung entgegen (vgl. hg. Erkenntnis vom , 90/14/0236).

Zu Recht verweist der beschwerdeführende Präsident darauf, daß im angefochtenen Bescheid die Verschiebung der Zahlung in das Jahr 1988 als nicht willkürliche Verlagerung bezeichnet wird, aber nicht angeführt wird, welche triftigen Gründe für die spätere Zahlung sprechen. Die mitbeteiligte Partei hat die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung, daß es ihr ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Ausstattung schon im Jahre 1987 zu leisten, unwidersprochen gelassen. Der Umstand, daß der Sohn der mitbeteiligten Partei die Zahlung erst Ende 1987 einforderte, führt - wie oben ausgeführt - nicht zur Zwangsläufigkeit der erst im Jahr 1988 geleisteten Zahlung. Die belangte Behörde hat somit dem Tatbestandsmerkmal der Zwangsläufigkeit einen unrichtigen Inhalt beigemessen und damit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Das Vorbringen in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei, sie habe bereits im November 1987 mit der Auszahlung des Heiratsgutes begonnen, die Begleichung des gesamten Heiratsgutes im Jahre 1987 wäre aber nur durch Aufnahme eines Kredites möglich gewesen, stellt eine für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtliche Neuerung dar. Zudem ist es in Anbetracht des Nettoeinkommens von über S 330.000,-- im Jahre 1987 und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß ein Dotationspflichtiger zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit auch eine vorübergehende Einschränkung des eigenen Lebensstandards hinnehmen muß, nicht recht verständlich, daß die Zahlung im Jahr 1987 nicht aus dem laufenden Einkommen gedeckt werden hätte können.

Wenn in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei weiters vorgebracht wird, eine Schenkung sei ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, weshalb die Zahlung nur auf Verlangen des Sohnes erfolgen habe können, ist darauf zu verweisen, daß § 1231 ABGB einen Anspruch des Sohnes festlegt und die Zahlung somit nur die Tilgung einer Schuld darstellt.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch nicht die in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Rechtsinstitut der Präsidentenbeschwerde im Sinn des § 292 BAO. Entgegen dem Vorbringen der mitbeteiligten Partei räumt die in Ausführung des Art. 131 Abs. 2 B-VG ergangene Bestimmung des § 292 BAO dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion nicht das Recht ein, die Entscheidung eines Berufungssenates zu revidieren, sondern ermöglicht ihm lediglich, ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof herbeizuführen.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.