VwGH vom 08.10.1991, 91/14/0159
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr Schubert sowie die Hofräte Dr Hnatek und Dr Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr Cerne, über die Beschwerde des Dr NN, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) des Vorsitzenden des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , Zl 1830-4/1991, betreffend Beschlagnahme von Unterlagen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom leitete das Finanzamt Bregenz als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer, einen Rechtsanwalt, ein Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, der Beschwerdeführer habe vorsätzlich in den Jahren 1988 bis 1991 unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Nichterklären von ausländischen Honorareinnahmen für die Jahre 1987 bis 1989 Einkommensteuer in noch festzustellender Höhe verkürzt. Zur Begründung führte die Finanzstrafbehörde aus, auf Grund der ihr zugekommenen Unterlagen und der Feststellungen der beim Beschwerdeführer anhängigen abgabenbehördlichen Prüfung stehe fest, daß der Beschwerdeführer über zumindest ein Konto im Ausland verfüge, auf dem in den steuerlichen Aufzeichnungen nicht erfaßte Beträge vereinnahmt worden seien. Es bestehe daher der dringende Verdacht, daß der Beschwerdeführer auch im Ausland rechtsberatend tätig geworden sei, jedoch die daraus vereinnahmten Entgelte in seinen Aufzeichnungen und Steuererklärungen nicht erfaßt habe.
Dieser Einleitungsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugleich mit einem Hausdurchsuchungsbefehl (vgl das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 91/14/0122) übergeben und die Hausdurchsuchung sogleich vollzogen.
Im Zug der Hausdurchsuchung wurden - nachdem der Beschwerdeführer gegenüber dem Leiter der Amtshandlung angegeben hatte, er verfüge über kein Konto im Ausland und werde die Durchschriften seiner Honorarnoten nicht vorlegen - zur Sicherung von Beweismitteln verschiedene Unterlagen, insbesondere zahlreiche Handakten abgenommen.
Da der Beschwerdeführer gegenüber dem Leiter der Amtshandlung behauptete, die Handakten unterlägen der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht, wurden die abgenommenen Unterlagen ohne weitere Untersuchung unter Siegel genommen und dem Vorsitzenden des Spruchsenates beim Finanzamt Feldkirch (in der Folge: Vorsitzende) übergeben.
Nachdem ein Großteil der abgenommenen Unterlagen dem Beschwerdeführer wieder zurückgegeben worden war, ordnete der Vorsitzende mit Bescheid vom die Beschlagnahme der restlichen, bestimmt bezeichneten Unterlagen nach § 89 Abs 5 FinStrG an, wobei er zur Begründung zunächst ausführte, die Beschlagnahme von Beweismitteln sei auch bei gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichteten Personen gemäß § 89 Abs 1 und 3 lit a FinStrG zulässig, wenn diese Personen selbst in Verdacht stünden, ein Finanzvergehen begangen zu haben. Der Beschwerdeführer sei bereits vor der Abnahme der Unterlagen im dringenden Verdacht gestanden, eine Abgabenhinterziehung im Sinn des § 33 Abs 1 FinStrG insofern begangen zu haben, als er nicht erklärte Tätigkeiten für die Vollmachtgeber Elio K, Firma K-AG und Firma Elio K-Ltd ausgeübt habe und die hiefür vereinnahmten Entgelte auf Konten im Fürstentum Liechtenstein fließen habe lassen. Überdies habe der Beschwerdeführer dem Prüfer erklärt, er finanziere seinen Lebensunterhalt teilweise durch Kredite einer im Fürstentum Liechtenstein wohnhaften Person. Die Beschlagnahme aller mit den eben angeführten Tätigkeiten im Zusammenhang stehenden Unterlagen sei daher geboten. Die Durchsicht aller unter Siegel genommenen Beweismittel habe nun weitere Verdachtsgründe ergeben, wonach der Beschwerdeführer offensichtlich mehrfach im Ausland tätig gewesen sei, die hiefür vereinnahmten Entgelte in seinen Aufzeichnungen jedoch nicht erfaßt habe. Dieser Verdacht sei vor allem aus einem Vergleich zwischen den in den beschlagnahmten Handakten aufscheinenden Einnahmen und den vom Prüfer zur Verfügung gestellten Auflistungen begründet. Es unterlägen daher auch jene Handakten, die generell den Verdacht einer Abgabenhinterziehung begründeten, als Beweismittel der Beschlagnahme. Der Vorsitzende begründete sodann im einzelnen, weshalb die mit den in concreto dargestellten Tätigkeiten des Beschwerdeführers im Zusammenhang stehenden Unterlagen zu beschlagnahmen seien, während er hinsichtlich der weiteren beschlagnahmten Handakten bloß ausführte, in diesen seien die normalerweise von Rechtsanwälten verwendeten Aktendeckel, auf deren Innenseite die Einnahmen und Ausgaben verzeichnet würden, entfernt worden. Bei einer größeren Anzahl der beschlagnahmten Handakten fehlten auch die Honorarnoten. Ohne auf jeden beschlagnahmten Handakt einzeln einzugehen, könne auf Grund der vom Prüfer zur Verfügung gestellten Unterlagen allgemein festgestellt werden, daß der Beschwerdeführer erzielte Einnahmen nicht aufgezeichnet habe.
Gegen diesen Bescheid ergriff der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde, wobei er zunächst bemerkte, sein ehemaliger Klient Elio K habe dem Finanzamt Bregenz diverse Unterlagen zur Verfügung gestellt, aus denen sich ergebe, daß dieser 23.652 SFR auf ein bestimmtes Konto bei einer liechtensteinschen Bank überwiesen habe. Elio K habe fälschlich behauptet, dieses Konto sei ihm, dem Beschwerdeführer, zuzurechnen. Da der Prüfer den von Elio K behaupteten Zahlungseingang in den von ihm geführten Aufzeichnungen naturgemäß nicht feststellen habe können, sei gegen ihn zu Unrecht ein Finanzstrafverfahren eingeleitet sowie die verfahrensgegenständliche Beschlagnahme von Unterlagen verfügt worden. Zur Frage der Beschlagnahme von Unterlagen führte der Beschwerdeführer sodann im wesentlichen aus, schon die Hausdurchsuchung entbehre jeglicher gesetzlichen Grundlage, weswegen auch die verfügte Beschlagnahme rechtswidrig sei. Zufolge der Subsidiarität einer Beschlagnahme wäre die Finanzstrafbehörde zunächst verpflichtet gewesen, andere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhaltes (zB Befragung durch den Prüfer) zu setzen. Die durchgeführte Beschlagnahme lasse erkennen, daß die Finanzstrafbehörde nicht an einer Aufklärung des konkreten und einzigen Verdachtsgrundes interessiert sei, sondern Erkundungsbeweise vornehme. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Umstand, daß Handakten beschlagnahmt worden seien, deren Inhalt in keine Beziehung zu Elio K gebracht werden könne. Es sei somit auch in gröblicher Weise das Anwaltsgeheimnis verletzt worden. Die Finanzstrafbehörde sei überdies nicht berechtigt, von ihm die Durchschriften seiner Honorarnoten zu verlangen, weil diese geschützte Daten und Namen enthielten. Der Vorsitzende habe zudem seine Kompetenzen überschritten, weil er selbst die Aufgaben eines Prüfers bzw Steuerfahnders übernommen habe. Auf Grund einer offensichtlich fehlerhaften Rechtsinterpretation habe der Vorsitzende die durch Versiegelung geschützten Unterlagen mit einer Liste des Prüfers verglichen und der Finanzstrafbehörde rechtswidrig geschützte Informationen überlassen. Er habe dem Prüfer niemals erklärt, er finanziere seinen Lebensunterhalt teilweise durch Kredite einer im Fürstentum Liechtenstein wohnhaftenden Person. Vielmehr habe er dem Prüfer auf dessen Befragen erklärt, er habe der genannten Person eine Zahlung von 200.000 S als Teilrückzahlung eines Darlehens von 500.000 S geleistet. Der Grund zur Darlehensaufnahme sei nicht erörtert worden und habe den Prüfer im übrigen auch nicht zu interessieren. § 89 Abs 5 FinStrG erweise sich als verfassungswidrig, weil durch diese Bestimmung überhaupt kein Schutz des Berufsgeheimnisses gegeben sei. Der Vorsitzende fungiere bei Sichtung der versiegelten und beschlagnahmten Unterlagen selbst als Finanzbeamter, wodurch Art 6 MRK verletzt werde.
In einer kurz darauf eingebrachten Ergänzung der Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer, sämtliche beschlagnahmten Unterlagen seien vom Anwaltsgeheimnis umfaßt und unterlägen daher keiner Beschlagnahme. Da die Erlangung der vom Prüfer erhofften Informationen ohne Verletzung des Anwaltsgeheimnisses nicht möglich sei, hätte die Abgabenbehörde auf diese Informationen verzichten müssen. Abgesehen davon, daß die Beschlagnahme von Handakten eines Rechtsanwaltes unzulässig sei, könnten nicht alle Handakten, die generell den Verdacht einer Abgabenhinterziehung begründeten, beschlagnahmt werden, weil diese Maßnahme mit dem eingeleiteten Finanzstrafverfahren und dem Zweck der Hausdurchsuchung (Auffindung und Beschlagnahme derjenigen Beweismittel, die mit allen Tätigkeiten des Beschwerdeführers als Rechtsvertreter für die Vollmachtgeber Elio K, Firma K-AG und Firma Elio K-Ltd sowie mit Bankverbindungen des Beschwerdeführers im Fürstentum Liechtenstein und dem Zahlungsverkehr zwischen den genannten Vollmachtgebern und ihm im Zusammenhang stünden) nicht mehr in Einklang zu bringen sei.
Mit Bescheid vom verfügte der Vorsitzende, daß die mit Bescheid vom beschlagnahmten Beweismittel nicht den ermittelnden Organen der Finanzstafbehörde ausgefolgt, sondern dem Vorsitzenden des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (in der Folge: belangte Behörde), der über die Beschwerde gegen den Beschlagnahmebescheid vom zu entscheiden haben werde, übermittelt würden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid behob die belangte Behörde den Beschlagnahmebescheid vom zur Gänze und trug dem Vorsitzenden auf, mit Bescheid gemäß § 89 Abs 5 letzter Satz FinStrG begründet festzustellen, ob und gegebenenfalls welche verwahrten Schriftstücke des Beschwerdeführers gemäß § 89 Abs 3 lit b in Verbindung mit § 89 Abs 4 erster Satz FinStrG der Beschlagnahme unterlägen. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens zunächst aus, nach der Aktenlage bestehe weiterhin der Verdacht, der Beschwerdeführer habe durch Nichterklären von ausländischen Honorareinnahmen für die Jahre 1987 bis 1989 Einkommensteuer in noch festzustellender Höhe verkürzt. Von einer vollständigen oder teilweisen Entkräftung dieses Verdachtes durch stichhaltige Beweise könne derzeit jedenfalls keine Rede sein. Zur Frage der Beschlagnahme führte die belangte Behörde sodann im wesentlichen aus, hinsichtlich der abgenommenen Unterlagen sei davon auszugehen, daß in diesen Gegenstände enthalten seien, die im abzuführenden Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kämen, weswegen deren Beschlagnahme grundsätzlich geboten gewesen sei. Unzweifelhaft befänden sich aber in Handakten auch Schriftstücke, auf die sich die gesetzlich anerkannte Verschwiegenheitspflicht des Beschwerdeführers in seiner Stellung als Rechtsanwalt erstrecke. Nach dem Inhalt des angefochtenen Beschlagnahmebescheides und dem Ergebnis des bisherigen Verwaltungsverfahrens könne derzeit nicht festgestellt werden, welche einzelnen Schriftstücke in den beschlagnahmten Unterlagen im abzuführenden Finanzstrafverfahren überhaupt als Beweismittel in Betracht kämen und auf welche dies nicht zuträfe. Der Vorsitzende habe es unterlassen, eine derartige Unterscheidung vorzunehmen und fehlten auch Anhaltspunkte in der Begründung des Beschlagnahmebescheides, die es ermöglichen würden, die Gegenstände mit Beweisfunktion von jenen zu trennen, die als Beweismittel im abzuführenden Finanzstrafverfahren nicht in Betracht kämen und somit von vornherein keiner Beschlagnahme unterlägen. Weiters könne derzeit nicht festgestellt werden, auf welche beschlagnahmten Schriftstücke sich die behauptete Pflicht zur Verschwiegenheit erstrecke und auf welche dies nicht zuträfe. Schließlich müsse noch entschieden werden, welche Schriftstücke trotz einer bestehenden Verschwiegenheitspflicht nach § 89 Abs 3 lit b in Verbindung mit § 89 Abs 4 FinStrG beschlagnahmt werden dürften. Denn eine allfällige Durchbrechung des anwaltlichen Berufsgeheimnisses sei nur dann zulässig, wenn das jeweilige Beweismittel für die Erforschung der materiellen Wahrheit benötigt werde. Hiebei solle vermieden werden, daß durch teilweise unnötige Beschlagnahme sehr umfangreichen Aktenmaterials dem betroffenen Rechtsanwalt in seiner beruflichen Tätigkeit sowie seinen Klienten Nachteile erwüchsen. Es werde daher in der Regel ausreichen, aus den im Zug einer Hausdurchsuchung aufgefundenen Unterlagen nur jene Belege (vgl § 89 Abs 3 lit b FinStrG) zu beschlagnahmen, aus denen abgeleitet werden könne, daß bestimmte Honorarforderungen gestellt und auch beglichen worden seien und zudem der begründete Verdacht bestehe, daß die eingegangenen Beträge in den steuerlichen Aufzeichnungen nicht erfaßt seien. Im fortzusetzenden Verfahren werde daher der Vorsitzende jene Gegenstände, die trotz der Verschwiegenheitspflicht der Beschlagnahme unterlägen, einzeln und konkret zu bezeichnen und hiebei jene Gründe anzuführen haben, die eine Beschlagnahme rechtfertigten. Bei jenen Gegenständen, die keiner Verschwiegenheitspflicht unterlägen, werde es ausreichen, wenn ihnen Beweisfunktion im abzuführenden Finanzstrafverfahren zukomme und die Beweissicherung geboten sei. Diese Feststellungen könnten vom Vorsitzenden nur nach Sichtung aller aufgefundenen Unterlagen getroffen werden. Die belangte Behörde vertrat weiters die Ansicht, alle Unterlagen, die die Vollmachtgeber Elio K, Firma K-AG und Firma Elio K-Ltd beträfen, unterlägen uneingeschränkt der Beschlagnahme, weil Elio K durch die Übergabe von Unterlagen an das Finanzamt Bregenz konkludent auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verzichtet habe. Der Beschwerdeführer stehe im Verdacht, als Alleintäter Einkommensteuer in noch festzustellender Höhe verkürzt zu haben, weswegen NUR die Bestimmung des § 89 Abs 3 lit B in Verbindung mit § 89 Abs 4 FinStrG anwendbar sei. Es könnten daher Schriftstücke, auf die sich die Verschwiegenheitspflicht des Beschwerdeführers erstrecke, ohne weiteres beschlagnahmt werden, wenn es sich um Bücher oder Aufzeichnungen im Sinn der Bundesabgabenordnung oder um dazugehörige Belege handle, die nicht zur Information des Beschwerdeführers durch seine Klienten hergestellt worden seien. Schließlich vertrat die belangte Behörde unter Hinweis auf die Bestimmung des § 96 FinStrG die Ansicht, daß Gegenstände, die im Zug einer Hausdurchsuchung nicht gesucht, jedoch entdeckt worden seien, und die zur Aufklärung eines Finanzvergehens dienen könnten, ebenfalls unter Beachtung der Bestimmungen des § 89 FinStrG beschlagnahmt werden dürften. Zusammenfassend stellte die belangte Behörde fest, daß der Vorsitzende nach eingehender Prüfung und unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen berechtigt sei, die in den Bestimmungen des § 89 Abs 1, 3 und 4 sowie § 96 zweiter Satz FinStrG genannten Unterlagen zu beschlagnahmen.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof behauptet der Beschwerdeführer in nachstehend gesetzlich gewährleisteten Rechten (Beschwerdepunkte) verletzt zu sein:
"1.) Auf Wahrung der Verschwiegenheit gemäß § 9 Abs 2 RAO.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.) | Auf Unterlassung der verbotenen Erkundungsbeweisführung. | |||||||||
3.) | Auf Unterlassung der verbotenen Beweismittelverwertung. | |||||||||
4.) | Auf Unterlassung der Beschlagnahme von Gegenständen, welche der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen. | |||||||||
5.) | Wegen Verweigerung der Rückgabe unzulässig beschlagnahmter Gegenstände. | |||||||||
6.) | Auf Unterlassung der Öffnung von gemäß § 89 Abs 5 FinStrG angebrachter Siegel vor Rechtskraft eines allenfalls bewilligenden Beschlagnahmebeschlusses. | |||||||||
7.) | Auf Entfernung von rechtswidrig gewonnenen Beweismitteln aus dem Akt und Beauftragung eines unbefangenen Sachbearbeiters." | |||||||||
In Ausführung der so bezeichneten Beschwerdepunkte wirft der Beschwerdeführer zunächst dem Vorsitzenden vor, dieser habe einen rechtswidrigen Hausdurchsuchungsbefehl erlassen, weswegen auch die Beschlagnahme von Unterlagen rechtswidrig sei. Damit werde aber die Hausdurchsuchung als "klassischer Fall einer verbotenen Erkundungsbeweisführung entlarvt". Der Beschwerdeführer trägt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides im wesentlichen vor, er sei durch die Beschlagnahme der Gegenstände in seinem Berufsgeheimnis insofern schwerwiegend verletzt worden, als im angefochtenen Bescheid Namen seiner Klienten bzw Causen angeführt würden. Er habe mit den Ausführungen über seinen ehemaligen Klienten Elio K keineswegs auf die Wahrung seines Berufsgeheimnisses verzichtet. Ein Mandant könne nicht konkludent auf die anwaltliche Verschwiegenheit verzichten. In Fällen des § 89 Abs 3 FinStrG könne das anwaltliche Berufsgeheimnis auch dann nicht durchbrochen werden, wenn das betreffende Beweismittel zur Erforschung der materiellen Wahrheit benötigt werde. Der Vorsitzende habe einen rechtswidrigen Hausdurchsuchungsbefehl erlassen, weswegen auch die Beschlagnahme von Unterlagen rechtswidrig sei. Auch die von der belangten Behörde verfügte mögliche Verwertung der anläßlich der Hausdurchsuchung abgenommenen Unterlagen stelle eine unzulässige Erkundungsbeweisführung dar und verstoße gegen das Beweismittelverwertungsverbot. Die von ihm geführten Handakten dürften nicht beschlagnahmt werden, weil sich in diesen keine Bücher oder Aufzeichnungen und die dazugehörigen Belege befänden. Die Aufzeichnungen und die dazugehörigen Belege hätten sich bis zu Beginn der abgabenbehördlichen Prüfung bei seinem Wirtschaftstreuhänder befunden. Nunmehr befänden sie sich in Händen des Prüfers. Die Abnahme der Handakten stelle ebenso eine verbotene Erkundungsbeweisführung dar und diene nur dazu, an die von ihm ausgefertigten Honorarnoten heranzukommen. Deren Herausgabe werde jedoch auf Grund der Bestimmung des § 9 Abs 2 RAO verweigert. Da somit die Beschlagnahme der Unterlagen, insbesondere der Handakten, unzulässig sei, hätte bereits der Vorsitzende alle ihm abgenommenen Unterlagen zurückstellen müssen. Sowohl der Vorsitzende als auch die belangte Behörde hätten insofern sein Berufsgeheimnis verletzt, als sie in rechtswidriger Auslegung der Bestimmung des § 89 Abs 5 FinStrG die an den abgenommenen Unterlagen angebrachten Siegel zum Zweck der Einsichtnahme in die Handakten geöffnet hätten. § 89 Abs 5 FinStrG sehe keine Öffnung der Siegel vor, sondern bestimme lediglich, daß der Vorsitzende zu entscheiden habe, ob das Berufsgeheimnis zu wahren sei oder nicht und welche Gegenstände im letzteren Fall nach Öffnung der Siegel beschlagnahmt werden dürften. Der Vorsitzende sei bei der Erlassung des Beschlagnahmebescheides vom als Finanzbeamter tätig geworden, weil er die Handakten mit den Kontrollmitteilungen bzw den Einnahmenauflistungen des Prüfers verglichen habe. Dadurch werde der Sinn der Versiegelung ad absurdum geführt. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, es sei seinem Antrag vom (Anbringen des Beschwerdeführers betreffend Hausdurchsuchung) auf Entfernung der dem Verwertungsverbot unterliegenden Beweismittel aus den Akten der Finanzstrafbehörde sowie auf Übertragung seines Falles an einen neuen unbeeinflußten Sachbearbeiter nicht entsprochen worden. Daß sowohl der Vorsitzende als auch die belangte Behörde befangen seien, ergebe sich aus den von ihnen erlassenen Beschlagnahmebescheiden. Schließlich rügt der Beschwerdeführer noch die Gewinnung von Erkundungsbeweisen sowie von Beweisen, die dem Beweismittelverwertungsverbot unterlägen, als Verletzung von Verfahrensvorschriften und behauptet, der angefochtene Bescheid sei mit erheblichen Begründungsmängeln behaftet, weil er weder durchdacht noch frei von Widersprüchen sei. Die Rechtsproblematik sei von der belangten Behörde vollkommen verkannt und auf sein Vorbringen überhaupt nicht eingegangen worden. Abschließend beantragt der Beschwerdeführer, die Rechtssache gemäß Art 140 Abs 1 B-VG zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 89 Abs 5 FinStrG an den Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung weiterzuleiten, wobei er unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 24, 50, 51, 52, 89/83 und G 107/84, VfSlg 10.291, die Ansicht vertritt, es müßte vor der Verwertung beschlagnahmter Unterlagen eine von der in der Hauptsache erkennenden Stelle unterschiedliche Behörde über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme entscheiden. Da der Vorsitzende sowohl über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme als auch in der Hauptsache entscheide und diesem daher Gelegenheit geboten werde, auch in unzulässig beschaffte Beweismittel Einblick zu nehmen und diese zu verwerten, erweise sich die Bestimmung des § 89 Abs 5 FinStrG als verfassungswidrig. Die Beschlagnahme der Handakten verletze auch das ihm verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums. |
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen: |
Was zunächst die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Tätigkeit des Vorsitzenden bzw dessen Beschlagnahmebescheid vom betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nur der Bescheid der belangten Behörde unterliegt. Ebenso ist im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen, ob die Einleitung des Finanzstrafverfahrens oder die Hausdurchsuchung (vgl hiezu nochmals das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 91/14/0122) rechtens waren oder nicht. Es erübrigt sich daher, auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen einzugehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde eine Entscheidung nach § 161 Abs 4 FinStrG getroffen und hiebei eine Rechtsanschauung niedergelegt, an die der Vorsitzende bei unveränderter Sach- und Rechtslage gebunden ist.
Gemäß § 41 Abs 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ....
den angefochtenen Bescheid .... im Rahmen der geltend gemachten
Beschwerdepunkte .... zu überprüfen. Eine Überprüfung des
angefochtenen Bescheides ist daher nur dahingehend zulässig, ob der Beschwerdeführer im Rahmen der oben unter 1.) bis 7.) dargestellten Beschwerdepunkte durch den angefochtenen Bescheid (nicht aber - wie bereits ausgeführt - durch andere Bescheide) in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden ist.
Der angefochtene Bescheid trifft keine materiell-rechtliche Entscheidung. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, er sei dadurch in seinen Rechten verletzt worden, daß die belangte Behörde nicht in der Sache selbst entschieden hat. Es ist daher nur noch zu prüfen, ob der Beschwerdeführer durch die Überbindung der Rechtsansicht der belangten Behörde an den Vorsitzenden in den von ihm behaupteten Rechten verletzt worden ist.
Gemäß § 9 Abs 2 RAO ist der Rechtsanwalt zur
Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und
die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt
gewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse seiner
Partei gelegen ist, verpflichtet. Er hat in .... behördlichen
Verfahren nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften
das Recht auf diese Verschwiegenheit. Nach Abs 3 leg cit darf
das Recht des Rechtsanwaltes auf Verschwiegenheit durch ....
behördliche Maßnahmen, insbesondere .... dadurch, daß die
Herausgabe von Schriftstücken .... aufgetragen wird oder diese
beschlagnahmt werden, nicht umgangen werden; besondere Regelungen zur Abgrenzung dieses Verbotes bleiben unberührt.
Im Sinn des § 89 Abs 3 lit b FinStrG unterliegen Beweismittel, auf die sich eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit erstreckt, bei dem zur Verschwiegenheit Verpflichteten der Beschlagnahme nur, wenn es sich um Bücher oder Aufzeichnungen nach den §§ 124 bis 130 BAO oder um dazugehörende Belege .... handelt. Gemäß § 89 Abs 4 FinStrG unterliegen in den Fällen des (eben zitierten) § 89 Abs 3 lit b bei berufsmäßigen Parteienvertretern Gegenstände, die zu deren Information hergestellt wurden, in keinem Fall der Beschlagnahme. Nach Abs 5 leg cit ist der Gegenstand der Beschlagnahme ohne weitere Untersuchung unter Siegel zu nehmen und ohne Verzug dem Vorsitzenden des Spruchsenates vorzulegen, dem gemäß § 58 Abs 2 unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde, wenn der zur Verschwiegenheit Verpflichtete behauptet, daß die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach Abs 3 und 4 nicht vorliegen. Der Vorsitzende des Spruchsenates hat mit Bescheid festzustellen, ob die Beweismittel der Beschlagnahme unterliegen. Über Beschwerden gegen Bescheide nach Abs 5 entscheidet der Vorsitzende des Berufungssenates, der über Rechtsmittel gegen Erkenntnisse des im Abs 5 genannten Spruchsenates zu entscheiden hätte (vgl Abs 6 leg cit).
Die belangte Behörde hat dem Vorsitzenden im wesentlichen die Rechtsanschauung überbunden, aus den abgenommenen Unterlagen, insbesondere den Handakten, dürften ungeachtet einer bestehenden Verschwiegenheitspflicht jene Gegenstände (Abrechnungen und Honorarnoten sowie Quittungen), die im abzuführenden Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kämen, beschlagnahmt werden. Gegenstände, die nicht der Verschwiegenheitspflicht unterlägen, dürften nach § 89 Abs 1 FinStrG beschlagnahmt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof stimmt der Rechtsanschauung der belangten Behörde zu. Bei Abrechnungen und Honorarnoten sowie Quittungen handelt es sich weder um dem Beschwerdeführer anvertraute Angelegenheiten, noch um die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekannt gewordenen Tatsachen, sondern vielmehr um vom Beschwerdeführer verfaßte Belege, die zu den von ihm zu führenden Aufzeichnungen gehören. Sie wurden auch nicht zur Information des Beschwerdeführers hergestellt, sondern dienen bloß der Abrechnung von anwaltlichen Leistungen. Ein Verbot der Beschlagnahme besteht dann nicht mehr, wenn es sich bei den zu beschlagnahmenden Unterlagen um Belege handelt (vgl § 9 Abs 3 letzter Halbsatz RAO in Verbindung mit § 89 Abs 3 lit b FinStrG). Daß Elio K für seine Causen im Umfang der der Abgabenbehörde überlassenen Unterlagen konkludent auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verzichtet hat, liegt auf der Hand. Die Behauptung des Beschwerdeführers, ein Mandant könne nicht konkludent auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verzichten, wurde an Hand der Rechtslage nicht begründet und findet in dieser keine Deckung. Der Beschwerdeführer ist daher ungeachtet seiner Ausführungen in den Beschwerdepunkten 1.) und 4.) nicht verletzt worden.
Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, daß im angefochtenen Bescheid dem Vorsitzenden eine (verbotene) Erkundungsbeweisführung bzw eine (verbotene) Beweismittelverwertung überbunden worden ist. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag derartiges nicht zu erkennen. Der Beschwerdeführer kann daher in den Beschwerdepunkten 2.) und
Tabelle in neuem Fenster öffnen
3.) | nicht verletzt sein. |
Der Beschwerdeführer hat im Sinn des § 89 Abs 5 FinStrG behauptet, die im Zug der Hausdurchsuchung abgenommenen Unterlagen dürften nicht beschlagnahmt werden, weswegen diese ohne weitere Untersuchung unter Siegel genommen und dem Vorsitzenden zur Entscheidung, welche Gegenstände der Beschlagnahme unterliegen, vorgelegt wurden. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, er habe dem Vorsitzenden bzw der belangten Behörde in § 89 Abs 5 bzw 6 FinStrG eine abstrakte Entscheidung ohne Besichtigung der unter Siegel genommenen Gegenstände aufgeben wollen. Daß vor der Einsichtnahme in die Unterlagen die Siegel eröffnet werden mußten, um so überhaupt Bescheide nach § 89 Abs 5 bzw 6 FinStrG erlassen zu können, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Zur materiellen Prüfung der zu beschlagnahmenden Unterlagen war auch die belangte Behörde verpflichtet. Daß sowohl der Vorsitzende als auch die belangte Behörde hiebei nicht als Finanzbeamte tätig geworden sind, ergibt sich aus § 66 Abs 2 FinStrG. Der Beschwerdeführer ist daher ungeachtet seiner Ausführungen im Beschwerdepunkt 6.) nicht verletzt worden.
Nach den bereits mehrfach zitierten Bestimmungen des § 89 Abs 5 und 6 FinStrG hatte im vorliegenden Fall die belangte Behörde über die Beschlagnahme der Unterlagen zu entscheiden. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, weshalb bei dem Organwalter der belangten Behörde Gründe vorgelegen seien, die geeignet wären, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Da die zunächst sichergestellten Beweismittel - wie bereits ausgeführt - nicht rechtswidrig gewonnen worden sind, besteht bei dem derzeitigen Verfahrensstand kein Anlaß, diese aus den Akten der Finanzstrafbehörde zu entfernen bzw zurückzugeben. Der Beschwerdeführer ist daher ungeachtet seiner Ausführungen in den Beschwerdepunkten 5.) und 7.) nicht verletzt worden.
Der allgemeine Hinweis des Beschwerdeführers, der angefochtene Bescheid sei mit erheblichen Begründungsmängeln behaftet, die Rechtsproblematik sei von der belangten Behörde vollkommen verkannt und auf sein Vorbringen überhaupt nicht eingegangen worden, reicht nicht aus, eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darzutun.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, im Sinn des Antrages des Beschwerdeführers Maßnahmen nach Art 140 B-VG zu setzen, um so die verfassungsrechtliche Prüfung des § 89 Abs 5 FinStrG zu veranlassen. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die Bestimmung des § 89 Abs 5 FinStrG keine verfassungsgrechtlichen Bedenken (vgl insbesondere das hg Erkenntnis vom , Zl 90/16/0056, sowie die hg Erkenntnisse vom , Zl 90/14/0112, vom , Zl 90/14/0238, und vom , Zl 91/14/0118). Das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis VfSlg 10.291 ist zu einer anderen Rechtslage ergangen und führte zur Novellierung der entscheidungswesentlichen Bestimmungen des § 89 FinStrG (vgl BGBl Nr 571/1985). Daß eine rechtswidrige Beschlagnahme das Eigentumsrecht verletzt, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Im vorliegenden Fall ist jedoch durch den angefochtenen Bescheid über die Beschlagnahme noch nicht entschieden worden. Die belangte Behörde hat auch zur Verdachtslage als Voraussetzung einer Beschlagnahme dem Vorsitzenden keine unrichtige Rechtsansicht überbunden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß der Beschwerdeführer in den von ihm vorgebrachten Beschwerdepunkten nicht in seinen Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, daß der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos geworden ist.