VwGH vom 15.12.1992, 91/14/0158
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl 237/1-5/K-1991, betreffend Abweisung des Ansuchens um Rückzahlung von zu Unrecht entrichteter Lohnsteuer für das Kalenderjahr 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der in einem langjährigen Dienstverhältnis stehende Beschwerdeführer wurde von seinem Arbeitgeber zum gekündigt. Die Kündigung wurde beim Arbeits- und Sozialgericht angefochten. Mit Vergleich vom verpflichtete sich der ehemalige Arbeitgeber des Beschwerdeführers zur Zahlung einer in der Folge im Jahre 1989 in zwei Raten bezahlten Abgangsentschädigung von S 470.000,--. Der Arbeitgeber wandte auf diesen Betrag den sich auf Basis des Jahres 1986 ergebenden Belastungsprozentsatz gemäß § 67 Abs 8 vierter Fall EStG 1988 an und behielt dementsprechend Lohnsteuer in Höhe von S 105.750,-- ein.
Der Beschwerdeführer beantragte beim Finanzamt die Rückzahlung dieses Betrages mit der Begründung, bei Errechnung des Belastungsprozentsatzes sei das Jahr 1988 heranzuziehen. Da er in diesem Jahr kein steuerpflichtiges Einkommen gehabt hätte, sei der Belastungsprozentsatz Null.
In einer Berufung gegen die Abweisung dieses Rückzahlungsantrages ergänzte der Beschwerdeführer seine Ansicht, daß bei Ermittlung des Belastungsprozentsatzes das Jahr 1988 und nicht das Jahr 1986 heranzuziehen sei, damit, nach § 67 Abs 8 EStG 1988 seien Vergleichssummen mit dem Steuersatz, der tarifmäßig dem Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres entspricht, zu versteuern. Da er im letzten vollen Kalenderjahr vor der Auszahlung, das war das Jahr 1988, ausschließlich steuerfreies Arbeitslosengeld bezogen habe, wäre keine Steuer einzubehalten gewesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß § 67 EStG 1988 arbeitgeberbezogen auszulegen ist. Zur Ermittlung des Belastungsprozentsatzes sei dementsprechend das letzte volle Kalenderjahr heranzuziehen, in welchem von dem Arbeitgeber, der auch die Vergleichssumme leistete, Arbeitslohn ausbezahlt wurde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht "auf eine gesetzmäßige Steuerleistung, nämlich Steuerfreiheit des im Jahr 1989 bezahlten Betrages von S 470.000,--" verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).
Vom Beschwerdeführer wurde nicht bestritten, daß die strittige Vergleichssumme derartige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellt und somit grundsätzlich einkommensteuerpflichtig ist. Er vermeint jedoch, daß im Hinblick auf § 67 Abs 8 EStG 1988 die durch Steuerabzug vom Arbeitslohn zu erhebende Einkommensteuer mit einem Belastungsprozentsatz von Null anzusetzen ist, weil diese Norm unmißverständlich von dem Steuersatz, der tarifmäßig dem Arbeitslohn des letzten vollen Kalenderjahres entspricht, spreche, wobei der Beschwerdeführer das LETZTE volle Kalenderjahr (1988) auf den Zeitpunkt der Auszahlung der Vergleichssumme (1989) bezieht, in welchem Jahr er kein steuerpflichtiges Einkommen bezogen hätte.
Nun besteht der dem § 67 Abs 8 EStG 1988 entnehmbare Zweck des Gesetzes darin, bestimmten sonstigen Bezügen, die bei typischer Betrachtung einen Zusammenhang mit längeren Zeiträumen des Dienstverhältnisses als einem Kalenderjahr haben und deren Auszahlung ohne diese Ausnahme nach dem Zuflußprinzip zu einer Erhöhung des laufenden Arbeitslohnes eines Kalenderjahres und damit zu einer Erhöhung des durchschnittlichen Steuerprozentsatzes führen würde, diese Erhöhung zu ersparen (vgl das hg Erkenntnis vom , 92/14/0163). Wenngleich im gegenständlichen Fall mangels laufender Bezüge des Beschwerdeführers im Jahre 1988 eine Progressionserhöhung der Steuerbelastung der laufenden Bezüge des Beschwerdeführers nicht zu besorgen ist, ändert dies nichts am grundsätzlichen Zweck einer PROGRESSIONSMILDERUNG bezüglich der vom § 67 Abs 8 EStG 1988 erfaßten Tatbestände.
Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, wenn sie die Ansicht vertreten hat, daß ein Arbeitgeber, der einem Arbeitnehmer in späteren Jahren "Lohn" nachzahlt, diesen nicht unter Anwendung des § 67 Abs 8 EStG 1988 deshalb UNVERSTEUERT ausbezahlen kann, weil der ausgeschiedene Arbeitnehmer im Kalenderjahr vor der Auszahlung vom früheren Arbeitgeber keinen Lohn erhalten hat.
Der belangten Behörde ist aber im Hinblick auf die angeführten Erwägungen auch zuzustimmen, wenn sie die Bestimmung des § 67 Abs 8 EStG 1988 "arbeitgeberbezogen" auslegte und daher der Ermittlung des Belastungsprozentsatzes das Jahr 1986, das war das letzte volle Kalenderjahr, in welchem der Beschwerdeführer von seinem ehemaligen Arbeitgeber (laufenden) Arbeitslohn erhalten hat, heranzog. Es handelt sich nämlich auch bei der Bestimmung des § 67 Abs 8 EStG 1988 um eine Vorschrift über die Berechnung der Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber. Unter Arbeitslohn kann daher nur der gemeint sein, der aus dem Dienstverhältnis zum selben Arbeitgeber entspringt, mit dem die im § 67 Abs 8 EStG 1988 aufgezählten sonstigen Bezüge in Zusammenhang stehen (vgl abermals das oben zitierte Erkenntnis vom ).
Die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung liegt daher nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.