VwGH vom 23.06.1998, 97/08/0648

VwGH vom 23.06.1998, 97/08/0648

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des UG in G, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schmiedgasse 31, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom , Zl. LGS600/LA2/1218/1997-Dr.Puy/Fe, betreffend Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am mit Wirkung vom Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld unter Verwendung des einheitlich aufgelegten Formblattes. In diesem Formblatt wurde die Frage, ob sich der Antragsteller in Ausbildung (Schule, Hochschule, Fachschule, Kurs, Lehrgang, Praktikum usw.) befinde, verneint. Der Beschwerdeführer legte u. a. eine Schulbesuchsbestätigung der Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt in Graz vom vor. Nach dem Inhalt dieser Bestätigung war der Beschwerdeführer vom bis in dieser Schule eingeschrieben und werde voraussichtlich am zur Reifeprüfung antreten.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Graz vom wurde diesem Antrag mit der Begründung keine Folge gegeben, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung seien nicht erfüllt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin machte er geltend, er sei vom bis in der höheren Lehranstalt für Elektrotechnik, Ausbildungszweig Elektrotechnik und Leistungselektronik als Schüler eingeschrieben gewesen. Am 14. Oktober habe er einen Herbsttermin zur mündlichen Reifeprüfung gehabt. In der Zeit vom bis sei er weder Schüler in einer Schule oder einem geregelten Lehrgang, noch als ordentlicher Hörer einer Hochschule bzw. als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt ausgebildet worden. Er habe auch nicht an einer Universität inskribiert, weil er bereits für den den Einberufungsbefehl erhalten habe. Weiters war in dem Schreiben ausgeführt, der Beschwerdeführer erkläre, daß er sich bei seiner Antragstellung als arbeitsbereit erklärt hätte und nach wie vor bereit sei, jede ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Mit der Berufung legte er die bereits erwähnte Schulbesuchsbestätigung vom neuerlich und einer weitere vom vor.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. In der Begründung wurde nach Zitierung der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen und Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, daß nach den vorgelegten Schulbesuchsbestätigungen der Beschwerdeführer vom bis in der Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt in Graz eingeschrieben gewesen sei. Wenngleich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung die Schule nicht mehr körperlich besucht habe, so müsse doch davon ausgegangen werden, daß er nach wie vor ausgebildet worden sei, weil er die Abschlußprüfung noch nicht absolviert habe. Arbeitslosigkeit sei daher gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG nicht gegeben. Da der Beschwerdeführer die Voraussetzung des § 12 Abs. 4 leg. cit. nicht erfülle, könne auch eine Ausnahme von den erwähnten Bestimmungen nicht gemacht werden. Der Beschwerdeführer sei mit dem Hinweis, arbeitsbereit gewesen zu sein, darauf zu verweisen, daß nur bei Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehe. Andererseits sei aufgrund des Umstandes, daß sich der Beschwerdeführer auf die Reifeprüfung am vorbereiten habe müssen, an der Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt zu zweifeln gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer meint, der von der Behörde angenommene Sachverhalt sei hinsichtlich der Beendigung seiner Ausbildung als Schüler in der höheren Lehranstalt für Elektrotechnik ergänzungsbedürftig. Die belangte Behörde gehe davon aus, daß er nach dem ausgebildet worden sei. Aus den Schulbesuchsbestätigungen ergebe sich, daß er lediglich vom bis als Schüler in der genannten Lehranstalt eingeschrieben gewesen sei. Er habe bereits in seiner Berufung klar und deutlich ausgeführt, daß er am lediglich einen Herbsttermin zur mündlichen Reifeprüfung habe. Demgegenüber gehe die Behörde pauschal davon aus, daß er erst im Herbst 1997 seine Reifeprüfung abgelegt habe. Die Wortwahl der belangten Behörde erwecke jedenfalls den Eindruck, als ob der Beschwerdeführer die gesamte Reifeprüfung am abzulegen gehabt habe. Dies entspreche nicht den Tatsachen, er habe nur eine Nachtragsprüfung und zwar in Form einer mündlichen Prüfung gehabt. Seine Ausbildung an der genannten höheren Lehranstalt sei mit beendet gewesen. Die Beendigung der Ausbildung sei jedenfalls mit dem Ende des Eingeschriebenseins eines Schülers in einer Lehranstalt gleichzusetzen. Ab habe er keinesfalls an irgendwelchen Lehrveranstaltungen dieser Lehranstalt teilgenommen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Sie weist u.a. darauf hin, daß dem Beschwerdeführer über neuerlichen Antrag ab Arbeitslosengeld zuerkannt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde dem Beschwerdeführer über neuerlichen, nicht beschwerdegegenständlichen Antrag mit Zahlungs- und Verrechnungsauftrag Arbeitslosengeld ab zuerkannt. Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist daher der Zeitraum ab Antragstellung, sohin ab , bis .

Gemäß § 12 Abs. 3 lit. f AlVG gilt nicht als arbeitslos, wer an einer Schule oder einem geregelten Lehrgang - so als ordentlicher Hörer einer Hochschule, als Schüler einer Fachschule oder einer mittleren Lehranstalt - ausgebildet wird oder, ohne daß ein Dienstverhältnis vorliegt, sich einer praktischen Ausbildung unterzieht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0097, m.w.N.) bewirkt die Ausbildung in einer Schule oder in einem schulähnlichen geregelten Lehrgang kraft Gesetzes die unwiderlegliche Vermutung, daß der Betreffende solange nicht an einer neuen Beschäftigung, sondern an der Erreichung seines Ausbildungszieles interessiert (und daher nicht arbeitslos) ist, als er in der Schule oder einem geregelten Lehrgang ausgebildet wird bzw. sich der praktischen Ausbildung unterzieht. Seine allfällige bestehende Arbeitswilligkeit kann ein solcher Anspruchswerber daher nicht durch die bloße Erklärung, arbeitswillig zu sein, sondern nur durch die Beendigung der Ausbildung wirksam dokumentieren. Ob bzw. wie lange der Beschwerdeführer in Ausbildung stand, ist nach den entsprechenden Ausbildungsvorschriften zu beurteilen.

Der Beschwerdeführer besuchte die Höhere Technische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt (§ 67 SchOG) in Graz, Ibererstraße. Für diese Schule gilt sowohl das Schulunterrichtsgesetz (§ 1 SchUG) als auch das Schulzeitgesetz (§ 1 SchZG). Das Schuljahr für diese Schule beginnt am zweiten Montag im September und dauert bis zum Beginn des nächsten Schuljahres (§ 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz). Nach dem ersten Satz des § 33 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz hört ein Schüler auf, Schüler einer Schule zu sein, wenn er die lehrplanmäßig letzte Schulstufe abgeschlossen hat. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung bleibt ein Schüler bis zum Abschluß der Wiederholung weiterhin Schüler, wenn er zur Wiederholung der lehrplanmäßig letzten Schulstufe berechtigt ist und von diesem Recht Gebrauch macht.

Im Beschwerdefall ist unstrittig, daß es sich bei der vom Beschwerdeführer im Schuljahr 1996/1997 besuchten Schulstufe um die lehrplanmäßig letzte Schulstufe gehandelt hat und kein Fall des § 33 Abs. 1 zweiter Satz des Schulunterrichtsgesetzes gegeben ist. Zum Zeitpunkt der Antragstellung mit Wirkung vom war daher der Beschwerdeführer nicht mehr Schüler dieser Schule. Ob der Beschwerdeführer bereits mit (vgl. § 2 Abs. 2 Z. 1 lit. c Schulzeitgesetz) nicht mehr Schüler war, ist auf Grund des Zeitpunktes der Antragstellung im vorliegenden Fall nicht zu prüfen.

Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr Schüler war, ist die Auffassung der belangten Behörde, er sei nicht arbeitslos im Sinne des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG gewesen, rechtswidrig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.