VwGH vom 10.07.1996, 94/15/0030
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Mag. B in M, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zlen. 6/5-5020, 5026/93-05, betreffend den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag für das Jahr 1989, die Gewerbesteuer für das Jahr 1991 und die Gewerbesteuervorauszahlungen für das Jahr 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist strittig, ob der Beschwerdeführer in den Streitjahren Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 22 EStG 1988 (und zwar aus einer unterrichtenden Tätigkeit und aus einer Tätigkeit als Unternehmensberater) oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne des § 23 Z. 1 leg. cit. erzielt hat. Die belangte Behörde nahm im angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid letzteres an und ging hiebei von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer habe als Magister der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Universität I und Master of Business Administration der University of C eine wissenschaftliche Ausbildung absolviert. Er habe bei der U GmbH eine zweijährige Ausbildung zum Managementtrainer/-berater durchlaufen und wickle seither als Senior Consultant seine Beratungsprojekte selbständig ab. Er entfalte Beratungs- und Trainingstätigkeiten im Bereich prozeßorientierte Unternehmensberatung, Marketing, Verkauf und Unternehmensführung. Beratungsaufträge für eine näher genannte Firma hätten "verschiedene Sponsor- und Promotionaktivitäten, neue Konzessionärsstruktur, Werbepläne und -budgets, Konzessionsverhandlungen" mit einer anderen Firma und PRB-Einführung umfaßt. Der Beschwerdeführer sei im Besitz eines Gewerbescheines als Unternehmensberater.
In einem Kooperationsvertrag mit der schon erwähnten U GmbH sei das Arbeitsgebiet des Beschwerdeführers wie folgt definiert worden:
"Akquisition, Organisation und Durchführung von Entwicklungsprojekten, Lieferung von Brainware und Software, Beratungen, Training und Prozeßbegleitung auf dem Gebiet Marketing/Verkauf, Führung, Zusammenarbeit, Kommunikation für Profit- und Non-Profit-Organisationen, Seminare, Vorträge und dergleichen. In beigefügten Honorarnoten kamen diverse Marketingleistungen wie Marketingberatung, Chancenanalyse SSO und PSO, Prospekt- und Logoentwurf zur Verrechnung."
Seine unterrichtende Tätigkeit habe der Beschwerdeführer unter Übermittlung einer Auswahl von Honorarnoten, welche die nachfolgend aufgelisteten Themen aufgewiesen hätten, erläutert:
""Chancenmanagement im Betrieb", "Workshop "Motivierende Leistungsbedingungen", "Unternehmerisches Chancenmanagement", "Führungskräfte-Workshop", "Workshop Techsoft", "Marketingseminar"."
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zur Unternehmungsberatungstätigkeit im wesentlichen aus, es könne in jedem Berufszweig vorkommen, daß ein Berufsangehöriger seine Tätigkeit in unüblicher Weise einschränke. Treffe dies zu, so übe er seinen Beruf nicht mehr berufstypisch aus. Seine Tätigkeit entspreche dann nicht dem Berufsbild, wie es üblicherweise in Erscheinung trete. Die belangte Behörde sei zur Auffassung gelangt, daß sich die Berufstätigkeit des Beschwerdeführers bloß auf einzelne Teilbereiche der Beratungsgebiete eines Unternehmensberaters
(1. Prozeßorientierte Unternehmensberatung,
2. Unternehmensführung/Managementberatung, 3. Qualifiziertes Personalmanagement, 4. Marketing, 5. Organisation/Verwaltung,
6. Technologie/Technik, 7. Logistikberatung, 8. Finanz- und Rechnungswesen, 9. Raumwirtschaft, 10. Ökologieberatung,
11. Beratung in außerwirtschaftlichen Belangen) erstrecke und daß das Berufsbild des Beschwerdeführers somit nicht jenem eines Unternehmensberaters entspreche. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers sei auch nicht als wissenschaftlich einzustufen.
Aus den oben angeführten Schulungsthemen zog die belangte Behörde weiters den Schluß, daß es sich bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers in den Streitjahren wegen des engen und sachlichen wirtschaftlichen Zusammenhanges mit der als gewerblich beurteilten Unternehmensberatungstätigkeit nicht um eine unterrichtende im Sinne des § 22 Z. 1 lit. a EStG 1988 handle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 GewStG ist unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des EStG zu verstehen.
Zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit (und damit nicht zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb) gehören gemäß § 22 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 unter anderem Einkünfte aus einer unterrichtenden Tätigkeit und Einkünfte aus der Berufstätigkeit der Unternehmensberater.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 95/14/0026, ausgeführt hat, sollen unter die Berufsgruppe der Unternehmensberater nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 621 BlgNR 17. GP, solche Personen fallen, die ihre Befähigung durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder durch die Ablegung der Unternehmensberater-Prüfung gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 254/1978 erworben haben. Zwar kennt die GewO 1973 in der bei Beschlußfassung über das EStG 1988 bis zur Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, geltenden Fassung den Ausdruck "Unternehmensberater" nicht (vielmehr handelte § 103 Abs. 1 lit. b Z. 4 GewO vom gebundenen Gewerbe der "Betriebsberater einschließlich der Betriebsorganisatoren"), der Verwaltungsgerichtshof führte jedoch im besagten Erkenntnis weiters aus, daß die Verkehrsauffassung zwischen den Begriffen "Unternehmensberater" und "Betriebsberater" nicht unterscheidet. Daraus ergibt sich, daß Unternehmensberater im Sinne des EStG 1988 nur Personen sind, die auch nach der GewO als solche anzusehen sind.
Im Beschwerdefall stellt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht in Abrede, daß der Beschwerdeführer auf Grund seines beruflichen Werdeganges in den Streitjahren zu einer Tätigkeit als Unternehmensberater befähigt war und die Berechtigung zur Ausübung dieser Tätigkeit nach den Vorschriften der Gewerbeordnung besaß. Die belangte Behörde meint aber, der Beschwerdeführer habe damals deswegen keine für Unternehmensberater berufstypische Tätigkeit ausgeübt, weil sich seine Tätigkeit bloß auf einzelne Teilbereiche der für Unternehmensberater typischen Beratungsgebiete erstreckt habe.
Damit wird jedoch der Inhalt des Begriffes "Unternehmensberater" im Sinne des § 22 Z. 1 lit. b EStG 1988 verkannt; und zwar deshalb, weil nicht jede (mit einer Spezialisierung verbundene) Einschränkung der tatsächlichen Berufstätigkeit gegenüber der berufsrechtlich zulässigen Tätigkeit die Annahme rechtfertigt, daß die konkret ausgeübte Tätigkeit "nicht mehr berufstypisch" ist. Anders als im Fall des noch zum EStG 1972 ergangenen hg. Erkenntnisses vom , Zl. 87/13/0205, in dem es darum ging, ob die Tätigkeit eines Bauleiters der Tätigkeit eines Ziviltechnikers (Architekten) ungeachtet des Umstandes ähnlich ist, daß die damalige Spezialisierung unbestrittenermaßen als nicht üblich angesehen werden konnte, stellt sich im Beschwerdefall nicht die Frage der ÄHNLICHKEIT der Tätigkeit des Beschwerdeführers mit einer ANDEREN berufstypisch ausgeübten. Wird nämlich von einem Steuerpflichtigen eine der im § 22 EStG 1988 namentlich aufgezählten Berufstätigkeiten ausgeübt, so bleibt er auch dann freiberuflich tätig, wenn er seine Tätigkeit atypisch einschränkt, z.B. nur mehr als Sachverständiger tätig wird. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob und in welchem Ausmaß der Beschwerdeführer seine Tätigkeit als Unternehmensberater eingeschränkt hat.
Da dem angefochtenen Bescheid sohin die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes anhaftet, mußte er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.