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VwGH vom 25.09.2003, 2003/18/0216

VwGH vom 25.09.2003, 2003/18/0216

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des H, geboren 1981, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 869/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am auf Grund eines ihm von der österreichischen Botschaft in Ankara ausgestellten Visums "D" nach Österreich eingereist. In der Folge seien ihm Aufenthaltserlaubnisse für den Aufenthaltszweck "Student" bis erteilt worden.

Am habe der Beschwerdeführer eine namentlich genannte österreichische Staatsangehörige geehelicht. Am habe er einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gestellt.

Mit Urteil vom sei die Ehe des Beschwerdeführers rechtskräftig für nichtig erklärt worden. Nach der Begründung des Urteils sei die Ehe nur deshalb geschlossen worden, um dem Beschwerdeführer einen dauernden Aufenthaltstitel, die Berechtigung zum Arbeiten und das schnellere Erlangen der österreichischen Staatsbürgerschaft zu ermöglichen. Die Ehegattin des Beschwerdeführers habe als Gegenleistung für die Eheschließung einen Betrag von S 50.000,-- (EUR 3.633,64) erhalten.

Der Beschwerdeführer habe somit die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen und sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen, ohne mit seiner Gattin ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt zu haben. Er habe für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet. Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG sei daher erfüllt.

Der Missbrauch des Rechtsinstituts der Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Rechte stelle eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar. Die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei daher gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer befinde sich seit knapp drei Jahren im Bundesgebiet, wo auch seine Schwester und deren Ehegatte lebten. Der Beschwerdeführer wohne mit diesen Personen allerdings nicht im gemeinsamen Haushalt. Seit August 2001 gehe der Beschwerdeführer einer Beschäftigung nach. Aus diesen Gründen sei das Aufenthaltsverbot mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben verbunden. Dieser Eingriff sei jedoch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, somit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Wer, wie der Beschwerdeführer, rechtsmissbräuchlich vorgehe, um sich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts wesentliche Berechtigungen zu verschaffen, verstoße gegen das gewichtige öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer nur auf Grund der rechtsmissbräuchlichen Eheschließung eine bevorzugte Stellung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erlangt habe, die ihm die Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung ermöglicht habe. Aus diesem Grund werde seine Integration wesentlich geschmälert. Hinsichtlich der Bindung zur Schwester sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer "mit dieser im gemeinsamen Haushalt lebt", sodass auch diese Beziehung zu relativieren sei. Insgesamt wögen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorhanden seien, könne auch nicht im Rahmen des der Behörde eingeräumten Ermessens von der Erlassung des Aufenthaltsverbots Abstand genommen werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grund der insoweit unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde begegnet die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG verwirklicht sei, keinen Bedenken.

2. Die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Vorteile gegen Entgelt beeinträchtigt das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens erheblich. Der in der Beschwerde vorgebrachte Umstand, dass der Beschwerdeführer bereits vor der Eheschließung über einen - allerdings keine Erwerbstätigkeit zulassenden - Aufenthaltstitel verfügt hat, kann daran nichts ändern. Der seit der rechtsmissbräuchlichen Eheschließung am verstrichene Zeitraum von etwa zwei Jahren ist viel zu kurz, um von einem Wegfall oder auch nur einer erheblichen Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung öffentlicher Interessen schließen zu können. Von daher ist die Ansicht der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, unbedenklich.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde zu Gunsten des Beschwerdeführers die dreijährige Aufenthaltsdauer, die Berufstätigkeit seit August 2001 sowie den inländischen Aufenthalt einer Schwester und deren Gatten, welche Personen mit dem Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt leben, berücksichtigt. Soweit die belangte Behörde die Beziehung zur Schwester deshalb als relativiert angesehen hat, weil der Beschwerdeführer "mit dieser im gemeinsamen Haushalt lebt", handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit, die den Beschwerdeführer nicht in Rechten verletzt, ergibt sich doch aus dem übrigen Bescheidinhalt eindeutig, dass der Beschwerdeführer mit seiner Schwester nicht im gemeinsamen Haushalt lebt.

Zu Recht hat die belangte Behörde die aus der Berufstätigkeit ableitbare Integration des Beschwerdeführers als geschmälert angesehen, weil der Beschwerdeführer nur auf Grund der Scheinehe mit einer Österreicherin keine Berechtigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Ausübung einer Beschäftigung benötigte. (Siehe § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG, wonach dieses Gesetz u. a. auf drittstaatsangehörige Gatten von österreichischen Staatsbürgern nicht anzuwenden ist.) Aus diesem Grund handelt es sich beim Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht um einen nach dem auf dem Assoziierungsabkommen EWG-Türkei vom gründenden Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80 begünstigten türkischen Staatsangehörigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/18/0100).

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet kommt insgesamt kein großes Gewicht zu. Der in der Beschwerde vorgebrachte Umstand, dass zwei Schwestern und zwei Onkeln mit ihren Familien im Bundesgebiet leben, führt zu keiner wesentlichen Verstärkung der persönlichen Interessen. Der Beschwerdeführer macht daher mit seiner Rüge, die belangte Behörde habe zu diesen Beziehungen kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und keine Feststellungen getroffen, keinen relevanten Verfahrensmangel geltend.

Im Hinblick auf die den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers gegenüberstehende erhebliche Gefährdung öffentlicher Interessen durch das dargestellte rechtsmissbräuchliche Verhalten kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig erkannt werden.

4. Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestand auch keine Veranlassung für die belangte Behörde, von ihrem Ermessen im Grund des § 36 Abs. 1 FrG zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am