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VwGH vom 29.06.1999, 97/08/0647

VwGH vom 29.06.1999, 97/08/0647

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des H in H, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 5-s26p20/22 - 97, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8011 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse sprach mit Bescheid vom in Spruchpunkt I. aus, dass gemäß § 410 Abs. 1 Z. 2 i. V.m. § 4 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG folgende Dienstnehmer aufgrund ihrer Tätigkeit für den Beschwerdeführer der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlägen, und zwar "Z., Vers Nr. ..., im Zeitraum bis , Ku., Vers Nr. ..., ab dem , E., Vers. Nr. ..., ab dem sowie N., Vers. Nr. ..., im Zeitraum vom bis ;" mit Spruchpunkt II. wurde der Beschwerdeführer gemäß § 410 Abs. 1 Z. 7 i.V.m. § 44 Abs. 1, § 49 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 ASVG und gemäß § 2 Abs. 13, § 31 und § 34 Abs. 1 Z. 10 GewO sowie gemäß § 9 Abs. 1 und 2 ArbVG verpflichtet, für die in den beiden Beitragsnachverrechnungsanzeigen vom angeführten Dienstnehmer (darunter außer den in Spruchpunkt I angeführten auch Kl.) die dort ausgewiesenen allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge und Zuschläge nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die jeweils näher bezeichneten Zeiträume im Betrage von S 259.069,73 nachzuentrichten.

In der Begründung wurde - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - ausgeführt, der Beschwerdeführer verfüge seit dem über die Gewerbeberechtigung für den Stechviehhandel und seit dem auch über jene für die Fleischerei. Sämtliche Dienstnehmer würden nach dem Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter Österreichs entlohnt. Im Betrieb des Beschwerdeführers würden die Schweine und Rinder, mit denen er handle, geschlachtet und zerteilt. Der Schlachtbetrieb sei vom Betrieb des Stechviehhandels sowohl räumlich als auch organisatorisch vollständig getrennt. Die Dienstnehmer Z., Ku., Kl. und E. seien ausschließlich im Schlachtbetrieb tätig. Die übrigen Dienstnehmer verrichteten ihre Tätigkeit entweder sowohl im Schlachtbetrieb als auch im Stechviehhandel oder lediglich im Stechviehhandel.

Aufgrund der Tätigkeit der Dienstnehmer Z., Ku. und E. unterlägen sie nicht dem Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter Österreichs, sondern jenem für das österreichische Fleischergewerbe. Da dieser höhere Stundensätze vorsehe, ergebe dies für die genannten Dienstnehmer einen Entgeltanspruch, dessen Höhe die Geringfügigkeitsgrenze jeweils übersteige.

Zur Ermittlung des Entgelts, auf welches die Dienstnehmer des Beschwerdeführers Anspruch hätten, sei zu prüfen, welcher Kollektivvertrag für den genannten Betrieb, der zunächst ausschließlich über die Gewerbeberechtigung für den Stechviehhandel verfügt habe, zur Anwendung gelange. Der Beschwerdeführer habe geltend gemacht, dass in seinem Betrieb grundsätzlich der Kollektivvertrag für Handelsarbeiter anzuwenden sei. Die Tätigkeit des groben Zerteilens des Stechviehs für den leichteren Transport sei unter die Gewerbeberechtigung für den Stechviehhandel zu subsumieren. Eine innerbetriebliche organisatorische Trennung zwischen Stechviehhandel und Fleischerei liege nicht vor. Bei einer Mischorganisation müsse der Kollektivvertrag für jenen fachlichen Wirtschaftsbereich Anwendung finden, welcher für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung habe.

Dazu führte die erstinstanzliche Behörde aus:

Der Stechviehhandel sei ein Handelsgewerbe; für die dort tätigen Dienstnehmer sei sohin der Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter Österreichs anzuwenden. Im Rahmen der Gewerbeberechtigung stehe den Händlern gemäß § 34 Abs. 1 Z. 10 GewO die Ausübung von Tätigkeiten im Sinne des § 31 leg. cit. zu, wenn diese Tätigkeiten in einem fachlichen Zusammenhang mit dem ausgeübten Handelszweig stünden. Gemäß § 31 GewO seien einfache Tätigkeiten von Handwerkern oder gebundenen Gewerben, deren fachgemäße Ausübung den sonst vorgeschriebenen Befähigungsnachweis nicht erfordere, den betreffenden Gewerben nicht vorbehalten. Als einfache Tätigkeiten gälten allerdings nicht die für ein Gewerbe typischen Kerntätigkeiten, welche die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen voraussetzten. Das Schlachten und Zerteilen von Tieren sei aber (aus näher angeführten Gründen) als typische Kerntätigkeit des Fleischergewerbes anzusehen, die den Stechviehhändlern nicht als Nebenrecht im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigung zustehe.

Wenn in einem Betrieb aber auch Tätigkeiten ausgeübt würden, die über die jeweilige Gewerbeberechtigung hinausgingen, und auch nicht durch gewerberechtliche Nebenrechte gedeckt seien, so komme die Außenseiterwirkung des § 2 Abs. 13 GewO zum Tragen. Dieser Paragraph halte fest, dass Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, die für Arbeitsverhältnisse zu Arbeitgebern gelten, welche die Tätigkeiten aufgrund von Gewerbeberechtigungen ausüben, auch für Arbeitsverhältnisse zu jenen Arbeitgebern Geltung hätten, welche diese Tätigkeiten ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausübten. Da im Betrieb des Beschwerdeführers, welcher vor dem lediglich über die Gewerbeberechtigung für den Stechviehhandel verfügt habe, auch Tätigkeiten verrichtet worden seien, die die Gewerbeberechtigung für die Fleischerei erforderten, gelangten in seinem Betrieb grundsätzlich sowohl der Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter Österreichs als auch der Bundeskollektivvertrag für das österreichische Fleischergewerbe zur Anwendung. Bei der Beurteilung, welcher Kollektivvertrag nun für die einzelnen Dienstnehmer des genannten Betriebes heranzuziehen sei, sei auf die Kollisionsregeln des § 9 ArbVG abzustellen. Demnach habe gemäß § 9 Abs. 1 ArbVG für den Fall, dass ein mehrfach kollektivvertragsangehöriger Arbeitgeber über zwei oder mehrere Betriebe verfüge, auf die Arbeitnehmer der jeweilige dem Betrieb in fachlicher und örtlicher Beziehung entsprechende Kollektivvertrag Anwendung zu finden. Gemäß § 9 Abs. 2 ArbVG sei die Regelung des Abs. 1 sinngemäß dann heranzuziehen, wenn es sich um Haupt- und Nebenbetriebe oder um organisatorisch und fachlich abgegrenzte Betriebsabteilungen handle.

Da in dem vom Beschwerdeführer geführten Betrieb sowohl räumlich als auch organisatorisch zwei Abteilungen, nämlich jene des Handels und jene der Schlächterei abgegrenzt seien, und die Dienstnehmer Z., Ku., Kl. und E. ausschließlich in der Schlachtabteilung beschäftigt seien, sei auf diese Dienstnehmer nicht der Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter Österreichs, sondern jener für das österreichische Fleischergewerbe anzuwenden. Damit sei für diese Dienstnehmer im Zeitraum ihrer jeweiligen Beschäftigung sowohl von einem höheren Entgelt als auch von höheren Sonderzahlungen auszugehen.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch. Darin machte er geltend, dass auf die Dienstnehmer Z., Ku., E. und N. (gemeint wohl: Kl.) der Kollektivvertrag der Handelsarbeiter anzuwenden sei, weil in seinem Betrieb eine Untergliederung in organisatorisch getrennte Einheiten bzw. in Haupt- und Nebenbetrieb nicht vorliege. Dies werde auch durch die Tatsache unterstrichen, dass im gegenständlichen Betrieb nur zweimal pro Woche gestochen werde. Die Dienstnehmer Z., Ku., E. und Kl. seien pro Woche nur ca. 12 Stunden mit dem Schlachten beschäftigt. Die übrige Zeit würden sie für andere Tätigkeiten, z.B. Abholen der Tiere, verwenden. Daher könne auch von einem organisatorisch vollständig getrennten Schlachtbetrieb nicht gesprochen werden. Diese Dienstnehmer seien nur in untergeordnetem Ausmaß mit dem Schlachten der Tiere beschäftigt. Ihre überwiegende Tätigkeit sei der Stechviehhandel. Dieser habe für den gegenständlichen Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung und gebe dem Betrieb auch das Gepräge. Im gegenständlichen Mischbetrieb könne daher gemäß § 9 Abs. 3 ArbVG nur ein Kollektivvertrag, und zwar der für die Handelsarbeiter, zur Anwendung kommen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Teil II des bekämpften Bescheides (Beitragsnachverrechnung) keine Folge und bestätigte den Bescheid. In der Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, der Beschwerdeführer habe bis zum lediglich die Gewerbeberechtigung für den Stechviehhandel gehabt, in seinem Betrieb jedoch auch Tätigkeiten verrichtet, die die Gewerbeberechtigung für die Fleischerei erfordert hätten. Für den Betrieb gelte damit grundsätzlich sowohl der Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter als auch der Bundeskollektivvertrag für das österreichische Fleischergewerbe. Die Kollisionsregeln der §§ 9 und 10 ArbVG gälten auch für die fiktive Kollektivvertragsangehörigkeit wegen Überschreitung des Umfanges der Gewerbeberechtigung. Werde eine Gewerbeberechtigungsüberschreitung fachlich und organisatorisch abgegrenzt ausgeübt, so seien in diesem Betrieb zeitlich überwiegend eingesetzte Arbeitnehmer nach diesem fiktiv einschlägigen Kollektivvertrag zu behandeln. Der Kollektivvertrag der tatsächlichen Organisationsmitgliedschaft finde somit auf diese Arbeitnehmer keine Anwendung. Im Falle des Beschwerdeführers bedeute dies, dass auch die Arbeitsverhältnisse der Dienstnehmer Z., Ku., und E., die in der Schlächterei tätig bzw. überwiegend mit Arbeiten beschäftigt worden seien, welche dem Fleischergewerbe zu subsumieren seien, der Kollektivvertrag für das Fleischergewerbe anzuwenden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, lediglich Beiträge zur Sozialversicherung für die genannten Dienstnehmer Z., Ku., E. und "N." (richtig wohl: Kl.) nach dem Kollektivvertrag für die Handelsarbeiter entrichten zu müssen. In Ausführung des so umschriebenen Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, es sei durchaus erwägenswert, dass die Gewerbeberechtigung für den Handel überschritten worden sei und daher, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen sollten, eine Kollision von zwei in Frage stehenden Kollektivverträgen, nämlich jenem des Handels einerseits und jenem des Fleischergewerbes andererseits, vorliege. Die Frage, wie im Fall einer solchen Kollision von zwei anzuwendenden Kollektivverträgen zu entscheiden sei, sei von der belangten Behörde jedoch schlichtweg falsch gelöst worden. Aus § 9 ArbVG sei eindeutig erkennbar, dass es nicht auf die Tätigkeit des einzelnen Arbeitnehmers ankomme, sondern in welchem Betrieb oder welchen organisatorischen Betriebsabteilungen der Betreffende arbeite und ob es solche getrennte Betriebsabteilungen gebe. Es sei in keiner Weise festgestellt, dass es einen eigenen Schlachtbetrieb gebe oder eine eigene Betriebsabteilung hiefür. Da solche Feststellungen fehlten, hätte der Kollektivvertrag zur Anwendung zu kommen, der für den Betrieb die maßgebliche wirtschaftliche Bedeutung habe. Aus dem gesamten Akt ergebe sich, dass der Handel mit Stechvieh die überwiegende Bedeutung für den Betrieb darstelle.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde geht davon aus, dass sich der Einspruch des Beschwerdeführers nur gegen den Spruchpunkt II. des Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse richtet. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer bezeichnete in seinem Einspruch den Anfechtungsgegenstand wörtlich wie folgt:

"Der Einspruch richtet sich gegen die Anwendung des Kollektivvertrages für das Fleischergewerbe auf die Dienstnehmer Johann Z., Otto Ku. und Alfred E. sowie Franz N."

Diese Umschreibung des Anfechtungsgegenstandes, aber auch die vorgetragene Begründung im Einspruch lässt keine Einschränkung des Einspruches auf einen der beiden Bescheidabsprüche erkennen. Da die belangte Behörde ihren Bescheid auf die Überprüfung der Beitragsnachverrechnung beschränkte, wird sie über den Einspruch, soweit er die Versicherungspflicht der im Spruchpunkt I. des Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bezeichneten Dienstnehmer betrifft, noch zu entscheiden haben. Da sohin weder eine rechtskräftige Entscheidung über die Versicherungspflicht vorliegt, noch die belangte Behörde als Einspruchsbehörde über die Versicherungspflicht spruchgemäß entschieden hat (zur Bindung der Einspruchsbehörde an ihren diesbezüglichen Bescheid schon vor Rechtskraft vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 13.399/A), hatte die belangte Behörde in der Entscheidung über die Beitragspflicht eine selbständige Prüfung der Versicherungspflicht als Vorfrage vorzunehmen.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist nicht strittig, dass der Beschwerdeführer über die Gewerbeberechtigung des Stechviehhandels verfügt und im Rahmen seines Betriebes nicht nur über diese Befugnis hinausgehende Tätigkeiten verrichtet, sondern auch solche, die die Berechtigung für das Fleischergewerbe erfordern. Die Berechtigung für das Fleischergewerbe wurde dem Beschwerdeführer erst ab dem erteilt. Auch bis zu diesem Zeitpunkt ist die Auffassung, dass für seinen Betrieb sowohl der Kollektivvertrag für Handelsarbeiter als auch der für das Fleischergewerbe Geltung hat, nicht nur - wie der Beschwerdeführer meint - "erwägenswert", sondern zwingend: Die von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung des § 2 Abs. 13 Gewerbeordnung ist nämlich als besonderer Fall der Kollektivvertragsangehörigkeit zu verstehen. Betreibt ein Arbeitgeber neben einem Gewerbe, für das eine aufrechte Gewerbeberechtigung besteht, unbefugt ein anderes Gewerbe, so fingiert § 2 Abs. 13 GewO die Geltung des für dieses Gewerbes geltenden Kollektivvertrages (vgl. OGH 9 Ob A 131/97y in ZAS 1998, Seite 117 = DRdA 1998, Seite 110).

Zutreffend gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon aus, dass in einem solchen Fall (aber auch bei befugter Gewerbeausübung ab dem ) nach den Regeln des § 9 ArbVG zu ermitteln ist, welcher Kollektivvertrag auf das konkrete Arbeitsverhältnis Anwendung zu finden hat:

Dem Beschwerdeeinwand, es sei nicht festgestellt, dass zwei Betriebe oder organisatorisch abgrenzbare Betriebsabteilungen vorliegen, entgegnet die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, dass bereits der Betriebsprüfer der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse diese Feststellung getroffen habe und der Beschwerdeführer auch nie bestritten habe, das gekaufte Stechvieh geschlachtet und zerteilt zu haben. Auch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse führt hiezu aus, dass bereits der Prüfer an Ort und Stelle festgestellt habe, dass der vom Beschwerdeführer betriebene Schlachthof vom Betrieb des Stechviehhandels organisatorisch komplett getrennt sei.

Den Ausführungen des Beschwerdeführers kommt Berechtigung zu:

Während die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in der Begründung ihres Bescheides ausführte, "der Schlachtbetrieb ist vom Betrieb des Stechviehhandels sowohl räumlich als auch organisatorisch vollständig getrennt", ist im Bescheid der belangten Behörde dazu zu lesen (Seite 5 erster Absatz): "Wird eine Gewerbeberechtigungsüberschreitung fachlich organisatorisch abgegrenzt ausgeübt, so sind in diesem Bereich zeitlich überwiegend eingesetzte Arbeitnehmer nach diesem fiktiv einschlägigen Kollektivvertrag zu behandeln". Keiner dieser beiden Bescheidbegründungen können Tatsachenfeststellungen entnommen werden, die auf zwei Betriebe oder organisatorisch abgrenzbare Betriebsabteilungen schließen ließen. Solche Feststellungen sind jedoch unbedingt erforderlich. § 9 Abs. 1 und 2 ArbVG setzt für die Geltung des Grundsatzes der Tarifvielfalt voraus, dass sich die unternehmerische Tätigkeit des Arbeitgebers fachlich und auch organisatorisch abgrenzen lässt, ohne die Voraussetzungen dafür anzuführen. Hiezu verweist die Literatur (Floretta/Strasser, KommArbVG 81) darauf, dass im Zweifel die Verkehrsauffassung für die Lösung der Frage, ob eine organisatorische Selbständigkeit, eine organisatorische Abgrenzung vorliegt, entscheidend ist. Ob die den Grundsatz der Tarifeinheit durchbrechende Voraussetzung einer fachlichen und organisatorischen abgegrenzten Betriebsabteilung vorliegt, ist sohin eine Frage der rechtlichen Beurteilung der im Einzelfall getroffenen Feststellungen. Solche Feststellungen können dem angefochtenen Bescheid entgegen der Stellungnahmen der belangten Behörde und der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht entnommen werden. Der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt bedarf daher in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung. Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde darüber hinaus zu beachten haben, dass nach dem Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides und auch des Einspruches fraglich ist, ob auf die Arbeitsverhältnisse von vier Arbeitnehmern, nämlich nicht nur der Dienstnehmer Z., Ku. und E., sondern auch des Kl. der Kollektivvertrag für das Fleischergewerbe anwendbar ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Im Hinblick auf die gemäß § 110 ASVG auch im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren bestehende sachliche Gebührenbefreiung konnte die vom Beschwerdeführer verzeichnete Stempelgebühr nicht zugesprochen werden.

Wien, am