VwGH vom 12.09.1996, 94/15/0019
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des H in B, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. 6/5-5041/90-03, betreffend Wiederaufnahme des Umsatz- und Einkommensteuerverfahrens für die Jahre 1985 und 1986 sowie Sachbescheide für diese Jahre, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war in den Streitjahren Mitglied des Vorstandes einer Aktiengesellschaft. Nach Erwerb einer bebauten Liegenschaft in Breitenfurt Anfang des Jahres 1985 renovierte er das Gebäude und baute dessen Dachboden so aus, daß darin zu Beginn des Jahres 1986 eine und Ende des Jahres 1992 eine weitere Wohneinheit fertiggestellt wurden. Mit Vertrag vom vermietete er seiner Ehegattin einen im Erdgeschoß gelegenen Büroraum mit 11,34 m2 und Räumlichkeiten im Kellergeschoß, nämlich zwei Arbeitsräume mit 43,68 m2, einen Ausstellungsraum mit 24,89 m2 und ein WC mit Waschgelegenheit, sowie einen Garagenplatz in gedeckter Garage um S 1.200,-- (wertgesichert) zuzüglich anteilige Betriebskosten von S 300,-- pro Monat. Mit Vertrag vom vermietete er weiters seiner Tochter die bereits fertiggestellte Wohneinheit im Dachgeschoß des Gebäudes, bestehend aus Wohnhalle, zwei Schlafzimmern, Küche, Garderobengang, Bad, WC, im Gesamtausmaß von 152,05 m2 (einschließlich Dachschräge) und Balkon von 11,16 m2 um S 3.500,-- (wertgesichert) pro Monat zuzüglich anteilige Betriebskosten von S 5.000,-- pro Jahr, wobei sich die monatliche Miete für die Dauer der Mitbenützung der Wohnung durch den Sohn des Beschwerdeführers (Bruder der Mieterin) auf S 2.000,-- ermäßigte.
Das Finanzamt anerkannte zunächst die in den Abgabenerklärungen dargestellten Verluste aus der Vermietungstätigkeit und gewährte dem Beschwerdeführer auch den auf die vermieteten Flächen anteilig entfallenden Vorsteuerabzug.
Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung gelangte der Prüfer trotz der im Jahr 1988 erfolgten Anhebung der vereinbarten Mietzinse auf S 2.000,-- (betreffend die Ehegattin des Beschwerdeführers) bzw. S 3.000,-- (betreffend die Tochter des Beschwerdeführers) (beide Beträge jeweils einschließlich Betriebskosten und Umsatzsteuer) zu der Beurteilung, daß auf Grund der besonderen Umstände des Falles die Erzielung von positiven Einkünften von vornherein aussichtslos erscheine. Dementsprechend hielt er eine Berichtigung sämtlicher mit der Vermietung im Zusammenhang stehender Umsatzsteuer- bzw. Vorsteuerbeträge sowie die Nichtanerkennung der aus der Vermietungstätigkeit erklärten Verluste in den Streitjahren für geboten.
Das Finanzamt nahm die Umsatz- und Einkommensteuerverfahren für die Streitjahre wieder auf und erließ der Beurteilung des Prüfers folgende Sachbescheide.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung richtete sich sowohl gegen die Wiederaufnahme der seinerzeit abgeschlossenen Abgabenverfahren als auch gegen die neuen Sachbescheide, wozu unter anderem folgendes ausgeführt wurde:
"Die mit der Ehegattin vereinbarte Miete war zunächst deshalb sehr niedrig, da sich die von ... begonnene gewerbliche Tätigkeit im Anlaufstadium befand und da sie in diesem sicherlich schwierigen Zeitraum nicht mit zu hohen Fixkosten belastet werden sollte. Hiezu ist zu bemerken, daß plausiblerweise auch bei Vereinbarungen unter Fremden auf die Situation des Mieters Bedacht genommen und dementsprechend in der Anlaufperiode geringere und später ansteigende Mieten vereinbart worden wären. Ähnliche Erwägungen sind auch im Falle der Vermietung der fertiggestellten Dachgeschoßwohnung an Frl. ... - die 1986 ihre Berufstätigkeit nach Abschluß des Studiums aufgenommen hatte - angestellt worden."
Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf eine von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich erteilte Auskunft, wonach für die der Ehegattin des Beschwerdeführers vermieteten Räumlichkeiten ein monatlicher Mietzins von S 4.800,-- bis S 8.000,-- und für die seiner Tochter vermietete Wohnung ein monatlicher Mietzins von S 6.000,-- bis S 11.250,-- zu erzielen gewesen wäre, die mangelnde Fremdüblichkeit der mit seinen Angehörigen geschlossenen Bestandverträge vor.
Der Beschwerdeführer legte hierauf ein Privatgutachten vor, in welchem der von der Ehegattin des Beschwerdeführers zu leistende angemessene Mietzins mit S 1.850,-- bzw. S 1.140,-- und der von der Tochter des Beschwerdeführers zu leistende angemessene monatliche Mietzins mit S 6.100,-- beziffert wurde, wobei hinsichtlich der Tochter hinzugefügt wurde, daß ein mit dem Wohnrecht eines Mitbewohners mitbelasteter Fremdmieter maximal 30 % des zuletzt genannten Monatsmietzinses leisten würde.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid ab. Hinsichtlich der Sachbescheide führte die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, die Fremdüblichkeit der zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Angehörigen geschlossenen Mietverträge sei nicht gegeben, weil bei Vereinbarungen unter Fremden auf die Situation eines Mieters nicht Bedacht genommen würde. Dementsprechend wären unter Fremden niemals (wegen der "Anlaufperiode" der im Herstellen von Keramik bestehenden betrieblichen Tätigkeit der Ehegatten des Beschwerdeführers bzw. wegen der finanziellen Verhältnisse der kurz nach Beendigung ihres Studiums im Jahr 1986 ihre Berufstätigkeit aufnehmenden Tochter des Beschwerdeführers) anfangs geringere und später ansteigende Mieten vereinbart worden. Auch sei die Belastung eines Mieters mit einem für einen Familienangehörigen des Vermieters eingeräumten Wohnrecht nicht üblich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich ausdrücklich in seinem "Recht auf korrekte Vorschreibung der Einkommen- und Umsatzsteuer, jeweils für die Jahre 1985 und 1986" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit in der Beschwerde auch die Rechtmäßigkeit der Wiederaufnahme der Umsatz- und Einkommensteuerverfahren für die Streitjahre bestritten wird, liegt dieses Vorbringen außerhalb des Beschwerdepunktes. Wird der Beschwerdepunkt nämlich so wie im vorliegenden Fall ausdrücklich und unmißverständlich bezeichnet, so ist er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/15/0220 und vom , Zl. 86/05/0148, m.w.N.) einer hievon abweichenden Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich. Die vorhin wiedergegebene Formulierung des Beschwerdepunktes gestattet aber nicht die Annahme, daß sich der Beschwerdeführer neben der Festsetzung der Einkommen- und Umsatzsteuer auch durch die im Instanzenzug erfolgte Wiederaufnahme der betreffenden Abgabenverfahren in seinen Rechten verletzt zu sein erachtet.
In bezug auf die Sachbescheide steht der Beschwerdeführer wie im Abgabenverfahren auf dem Standpunkt, die mit seinen Angehörigen geschlossenen Bestandverträge hielten einem Fremdvergleich stand. Die mit seiner Ehegattin getroffene Vereinbarung zunächst geringerer und dann - mit steigendem Geschäftsvolumen - höherer Mieten stehe mit den "Realitäten des Wirtschaftslebens" sehr wohl im Einklang. Denn es seien in der Praxis durchaus Beispiele von Mietverträgen bekannt, in denen die Mietzinse umsatzabhängig festgelegt oder nach einer Anlaufzeit erhöht würden, was im Effekt zu demselben Ergebnis führe. Die Beschränkung des seiner Tochter eingeräumten Mietrechtes durch das seinem Sohn eingeräumte Wohnrecht sei im Hinblick darauf notwendig gewesen, daß bei Abschluß des Mietvertrages der Dachboden noch nicht zur Gänze ausgebaut, sondern nur eine Wohnung fertiggestellt gewesen sei. Insofern habe es sich um einen vorübergehenden Zustand gehandelt.
Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet der Ansicht der belangten Behörde bei, daß die zwischen dem Beschwerdeführer als Vermieter und seinen Angehörigen als Mietern abgeschlossenen Verträge nicht wie zwischen Fremden üblich gestaltet wurden. Unter Fremden hätte nämlich ein Vermieter bei der Vereinbarung des Mietzinses nicht darauf Rücksicht genommen, daß sich die eine Mieterin in der "Anlaufperiode" ihrer betrieblichen Tätigkeit und die andere Mieterin in der Phase nach Aufnahme ihrer Berufstätigkeit im Anschluß an ihr Studium befand. Sohin kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie den in Rede stehenden Vereinbarungen die steuerliche Anerkennung versagt hat. Damit erübrigen sich auch nähere Erörterungen darüber, ob in den Streitjahren bei Zugrundelegung dieser Verträge innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes ein Gesamtüberschuß aus der Vermietungstätigkeit zu erwarten war.
Mangels steuerlich anzuerkennender Bestandverhältnisse des Beschwerdeführers mit seinen Angehörigen war es sohin nicht rechtswidrig, daß die belangte Behörde in der Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers in den Streitjahren keine Einkunftsquelle erblickt hat. Infolgedessen mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des gestellten Antrages - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.