VwGH vom 27.01.2000, 99/15/0207
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
99/15/0208
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerden der G Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 24, gegen die Bescheide der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom ,
Zlen. MD-VfR - G 21/96 und MD-VfR - G 13/98, betreffend Vorschreibung von Vergnügungssteuer für die Zeit vom bis sowie vom bis (jeweils samt Säumniszuschlag), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen:
Begründung
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Vergnügungssteuer für die Veranstaltung von Peepshows und Videofilmvorführungen als Steuer vom Eintrittsgeld oder als Flächenpauschsteuer nach den Bestimmungen des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 1987, LGBl. für Wien Nr. 43/1987 idgF (im Folgenden: VGSG), zu entrichten ist. Mit den angefochtenen Bescheiden bestätigte die belangte Behörde die von der Abgabenbehörde erster Instanz vorgenommene Besteuerung unter Annahme eines Eintrittsgeldes und stützte sich dabei auf das hg. Erkenntnis vom , 95/17/0487.
In dem zitierten Vorerkenntnis, das ebenfalls an die Beschwerdeführerin erging und dieselbe Streitfrage (für einen anderen Besteuerungszeitraum) betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Abweisung der Beschwerde Folgendes ausgeführt:
..."Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob für die von der beschwerdeführenden Partei veranstalteten Vergnügungen ein Eintrittsgeld im Sinne des VGSG eingehoben wurde oder nicht.
Die Steuer ist gemäß § 3 Abs. 5 VGSG nämlich dann als Pauschsteuer zu entrichten, wenn für eine nach dem Entgelt zu besteuernde Veranstaltung kein Eintrittsgeld eingehoben wird.
Nach den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 erster Satz und Abs. 2 VGSG gehört die Vorführung von Filmen (auch z.B. von Videofilmen) zu jenen veranstalteten Vergnügungen, für die die Steuer nach einem Prozentsatz des Entgeltes bemessen wird; gleiches gilt nach dem jeweiligen ersten Satz des § 7 Abs. 1 bis 3 VGSG für Stripteasevorführungen und Peepshows.
Auslegungsbedürftig ist nun, was es nach dem eben zitierten § 3 Abs. 5 VGSG bedeutet, dass für eine nach dem Entgelt zu besteuernde Veranstaltung "kein Eintrittsgeld eingehoben" wird. Denn für veranstaltete Vergnügungen, für die ein Eintrittsgeld eingehoben wird, wird die Vergnügungssteuer nach diesem Eintrittsgeld (allenfalls darüber hinaus gemäß § 3 Abs. 1 VGSG auch nach Spenden, Sonderzahlungen und Beiträgen, die anlässlich der Veranstaltung entgegengenommen werden, sowie allenfalls weiters gemäß § 3 Abs. 2 VGSG von der Differenz zwischen dem Einkaufspreis und Verkaufspreis - Bruttonutzen - beim Verkauf von Speisen, Getränken, Blumen, Juxartikeln udgl. und aus der Erbringung sonstiger Leistungen anlässlich steuerpflichtiger Veranstaltungen) bemessen. Wenn hingegen für eine nach dem Entgelt zu besteuernde Veranstaltung kein Eintrittsgeld eingehoben wird, so ist die Steuer als Pauschsteuer zu entrichten.
Was unter einem Eintrittsgeld zu verstehen ist, wird vom VGSG nicht abschließend normiert. Auch die Bestimmung des § 15 Abs. 1 VGSG, wonach als Eintrittsgeld der für die Eintrittskarte verlangte Preis einschließlich der Steuer gilt, schließt nämlich nicht aus, dass auch andere Entgelte, von deren Zahlung der Besuch der Veranstaltung bzw. die Teilnahme an dieser abhängig ist, als Eintrittsgeld zu qualifizieren sind. Für die Frage des Vorliegens eines Eintrittsgeldes und damit für die Erhebungsform der Abgabe kann weiters nicht entscheidend sein, ob der Unternehmer für die Besucher tatsächlich Eintrittskarten ausgibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 621/67) oder dies unter Verletzung der Vorschrift des § 14 Abs. 4 VGSG unterlässt. Selbst wenn die gesetzwidrige Nichtausgabe von Eintrittskarten von der Abgabenbehörde toleriert wird, kann dies nicht zu einer anderen als der gesetzlich vorgesehenen Bemessungsart der Abgabe führen. Die Art der Bemessung (in Prozentsätzen des Entgeltes oder als Raumpauschsteuer) hängt ausschließlich davon ab, ob vom Konsumenten der veranstalteten Vergnügung für diese ein Eintrittsgeld geleistet wird. Die Wahl der Bemessungsart steht insofern zur Disposition des Abgabepflichtigen, als er ein Eintrittsgeld verlangen oder von einem solchen absehen kann. Hebt er aber als Gegenleistung für den Zutritt zur veranstalteten Vergnügung ein Eintrittsgeld ein, dann ist damit das gesetzliche Tatbestandsmerkmal für die Bemessung nach dem Eintrittsgeld und für den Ausschluss der Pauschbesteuerung gegeben. Liegt ein Eintrittsgeld vor, dann kommt es auf die Modalitäten beim Inkasso desselben und die einer ordnungsgemäßen Abgabenerhebung dienenden, beweissichernden Begleitmaßnahmen - als solche sieht das VGSG grundsätzlich die Ausgabe von Eintrittskarten vor und regelt dies im § 14 Abs. 4 bis 8 - nicht entscheidend an. Sowohl für den Fall der ordnungsgemäßen Ausgabe von Eintrittskarten als auch andernfalls gilt die Aufzeichnungspflicht nach § 16 Abs. 1 VGSG, die nicht nur die Führung von Nachweisen über die ausgegebenen Eintrittskarten, sondern auch über alle anderen zahlungspflichtigen (richtig: steuerpflichtigen) Einnahmen gebietet. Bemerkt wird dazu, dass auch bei dem vom Gesetzgeber im Regelfall vorgesehenen System der Ausgabe von Eintrittskarten Ausnahmen vom gesetzlich vorgezeichneten Inhalt der Eintrittskarten gestattet werden können und dass das Entgelt für die Eintrittskarten nicht in jedem Fall die alleinige Bemessungsgrundlage für die Steuer nach dem Entgelt darstellt (etwa dann, wenn neben der Eintrittskarte auch sonstige Leistungen entgeltlich bezogen werden, gilt gemäß § 15 Abs. 1 VGSG der Gesamtpreis für die Eintrittskarte und die sonstigen Leistungen als Bemessungsgrundlage). Dies zeigt, dass selbst dann, wenn Eintrittskarten ausgegeben werden, das hiefür geleistete Entgelt nicht der entscheidende und ausschließliche Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Steuer ist.
Unter einem Eintrittsgeld ist nun ein der Höhe nach von vornherein festgelegtes Entgelt zu verstehen, das für den Besuch der Veranstaltung (Vergnügung) bzw. für die Teilnahme an dieser zu entrichten ist. Die Berechtigung zur Teilnahme an der Veranstaltung muss von der Entrichtung eines bestimmten Entgeltes abhängig sein. Nur dann, wenn der Besuch der Veranstaltung auch ohne Entrichtung eines dafür festgelegten Entgeltes möglich ist (bei freiem Eintritt zur Veranstaltung; oder auch bei einem variablen, nicht vom Ausmaß der Inanspruchnahme der Vergnügung abhängigen Entgelt, etwa bei einem solchen, das von der Höhe der Konsumation abhängig ist - vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 889/70, ohne dass auf die Berechtigung zum Zutritt zur Veranstaltung eine ganz bestimmte Tangente entfällt - vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0177), ist die Steuer als Pauschsteuer zu erheben. Dies wäre also etwa dann der Fall, wenn das Entgelt des Konsumenten für die Veranstaltung ausschließlich ein nicht ausgewiesener Teil eines Inklusivpreises für dessen jeweilige individuelle Konsumation ist (der Eintritt also an sich frei ist, die Veranstaltung nur der Belebung des Speisen- und Getränkeumsatzes dient und das hiefür geleistete Entgelt auch die Gegenleistung für die Veranstaltung beinhaltet).
Wäre im vorliegenden Fall das Entgelt für die Vorführung der Videofilme und Peepshows in den Kabinen zuvor an der Kasse zu entrichten, so wäre es nicht zweifelhaft, dass es sich dabei um die Entrichtung eines Eintrittsgeldes im engsten Verständnis dieses Begriffes handelte. Dass das ausgewiesene und fixe Entgelt jeweils (nur) für eine bestimmte Zeiteinheit festgelegt ist, für die dem Besucher nach Entrichtung des Entgeltes die Teilnahme an einer fortlaufenden Veranstaltung ermöglicht wird, ändert daran ebenso wenig, wie die Möglichkeit des Besuchers, die Dauer der Teilnahme und das dieser Dauer entsprechende Entgelt nach eigener Wahl zu bestimmen. Es stellt sich daher die Frage, ob die Art der Einhebung des Entgeltes, nämlich in Form des Einwurfes von Münzen in den Kabinen, der Qualifikation dieses Entgeltes als Eintrittsgeld entgegensteht.
Besteuerungsgegenstand der Vergnügungssteuer sind gemäß § 1 Abs. 1 VGSG die im Gebiet der Stadt Wien veranstalteten Vergnügungen, im vorliegenden Fall die Vorführung von Filmen (Videofilmen) und Peepshows. Der Besuch dieser "Vergnügungen" bzw. die Teilnahme an diesen wird dem Besucher aber nicht schon dadurch ermöglicht, dass ihm der Zutritt zu den Räumlichkeiten (Kabinen) auch ohne Entrichtung eines Entgeltes gestattet wird, stellt doch das Verweilen in diesen Räumlichkeiten für sich allein noch nicht die Teilnahme an der veranstalteten Vergnügung dar. Es ist unbestritten, dass der Besucher erst durch den Einwurf einer 10-Schilling Münze, wodurch der Bildschirm mit den Videoprogrammen aktiviert bzw. der Blick durch das Fenster zur Peepshow freigegeben wird, die Vorführungen betrachten kann. Erst dadurch werden die "Vergnügungen" zugänglich gemacht. Damit ist der Besuch der Veranstaltung aber von der Entrichtung dieses Entgeltes abhängig und das Entgelt ein Eintrittsgeld im Sinne des VGSG.
Bei der im Abgabenrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 19 WAO) kann es keinen Unterschied machen, ob das für den "Zutritt" zur Veranstaltung zu leistende Entgelt an der Kasse (gegen Ausgabe einer Eintrittskarte) oder an einem Münzautomaten an der Kabinentür zur Öffnung derselben mit oder ohne Ausgabe eines Zahlungsbeleges (wobei die Laufzeit des in der Kabine zu wählenden Programms oder der Peepshow vom Zeitpunkt des Eintrittes in die Kabine abhängig sein könnte) oder an einem Münzautomaten in der Kabine bezahlt wird. Dem Gesetzgeber ist nicht zu unterstellen, er habe dem Abgabenschuldner durch Missachtung des § 14 Abs. 4 erster Satz VGSG die Möglichkeit zur Auswahl der Bemessungsgrundlage einräumen wollen.
Die belangte Behörde hat somit zu Recht das in Form von Münzeinwürfen geleistete Entgelt als Eintrittsgeld angesehen und die Vergnügungssteuer von diesem Eintrittsgeld bemessen (zutreffend wird im angefochtenen Bescheid auch auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0155, verwiesen, in dem zwar die Frage der Erhebungsform nicht releviert, aber bei einem ähnlichen Sachverhalt wie hier von der Richtigkeit der Bemessung nach dem in Form von Münzeinwürfen geleisteten Entgelt ausgegangen wurde)."
In den Beschwerden erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem ihr nach § 3 Abs. 5 VGSG zukommenden Recht auf Festsetzung der Steuer als Pauschsteuer verletzt ("implizite" auch in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages).
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Begründung ihres Standpunktes, wonach die von ihr durchgeführten Veranstaltungen der Pauschsteuer nach § 3 Abs. 5 VGSG unterlägen (neuerlich) darauf, dass § 15 Abs. 1 iVm 14 Abs. 4 VGSG eine Legaldefinition des Eintrittsgeldes enthalte. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Vorerkenntnis mit näherer Begründung dargelegt, dass dieser "Legaldefinition" keine abschließende Normierung des Eintrittsgeldes im Sinn des § 3 Abs. 5 VGSG zukommt. Mag nach der Bestimmung des § 15 Abs. 1 VGSG auch (jedenfalls) der für die Eintrittskarte verlangte Preis als Eintrittsgeld gelten, ist doch beispielsweise aus der weiteren Regelung des § 15 Abs. 1 VGSG (der auch das Entgelt für sonstige Leistungen in den "Eintrittspreis" einbezieht) und der Überlegung, dass nicht allein das Erfüllen des formellen Erfordernisses nach § 14 Abs. 4 VGSG zur Ausgabe von Eintrittskarten Bestimmungskriterium für die Art der Besteuerung sein kann, abzuleiten, dass der Begriff des Eintrittsgeldes nach § 3 Abs. 5 VGSG weiter zu fassen ist. Es ist damit für den Ausschluss der Pauschbesteuerung nach § 3 Abs. 5 VGSG ausreichend, dass - wie auch in den Beschwerden eingeräumt wird - dem Besucher durch den Münzeinwurf für eine im Voraus bestimmte Zeitspanne beispielsweise die Betrachtungsmöglichkeit der jeweiligen Tänzerin als Gegenleistung garantiert wird. Kommt es entscheidend nur auf diesen Entgeltcharakter und nicht auf das Vorhandensein von Eintrittskarten an, können auch die auf die Funktion einer Eintrittskarte abstellenden Beschwerdeausführungen dahingestellt bleiben. Dass nicht nur die Eintrittskarte als Kontrollinstrument für die Besteuerung in Frage kommt, sondern § 16 Abs. 1 VGSG auch eine Aufzeichnungspflicht für alle anderen Einnahmen verlangt, wurde ebenfalls bereits im Vorerkenntnis festgestellt.
Das in den Beschwerden enthaltene Argument, wonach der Gesetzgeber "mit der per eingeführten Bestimmung des § 15 VGSG" ganz bewusst auf Eintrittskarten abgestellt und damit für "Peepshowveranstaltungen" (für die bekanntermaßen keine "klassischen Eintrittskarten" ausgegeben würden) bewusst die Pauschsteuer in Kauf genommen habe, geht schon deshalb ins Leere, weil zu dem von der Beschwerdeführerin genannten Zeitpunkt keine Novellierung des nach wie vor in der Stammfassung in Geltung stehenden § 15 VGSG stattfand. Nicht stichhältig ist das Beschwerdevorbringen, das den angefochtenen Bescheiden (und dem Vorerkenntnis) eine unzulässige Vermengung der Begriffe "der Entgeltlichkeit mit jenem des Eintrittsgeldes" vorwirft. Wenn die Beschwerdeführerin dazu den Standpunkt vertritt, bei einer Zuordnung von lediglich unentgeltlichen Veranstaltungen zum Anwendungsbereich der Pauschsteuer nach § 3 Abs. 5 VGSG hätte der Gesetzgeber diese Bestimmung anders formuliert, übersieht sie, dass auch nach dem Vorerkenntnis sehr wohl entgeltliche Veranstaltungen in den Anwendungsbereich der Pauschbesteuerung fallen können. Dies allerdings nur dann, wenn beispielsweise das Entgelt für die Veranstaltung unbestimmter Teil eines Inklusivpreises für die jeweilige individuelle Konsumation von Speisen und Getränken ist.
Ob die um den Einwurf von 10 S vermittelte "Veranstaltung" nur von kurzer Dauer ist und der Kunde als "quasi Programmchef" das Wahlrecht hat, die Art und Dauer der "Gesamtzeitspanne der einzelnen Betrachtungsperioden" selbst zu bestimmen, ist in Bezug auf die Entgeltszuordnung zur einzelnen Veranstaltung, nämlich der einzelnen "Betrachtungsperiode", nicht von Bedeutung (vgl. nochmals das Vorerkenntnis). Insoweit wird auch der Preis im Vorhinein voll bezahlt, sodass ein relevanter Unterschied zu dem von der Beschwerdeführerin vergleichsweise herangezogenen Theaterbesuch, bei dem nach Bezahlung des Eintrittsgeldes die Veranstaltung "bis zum bitteren Ende" mitverfolgt werden müsse, nicht erkennbar ist.
Die Beschwerden zeigen, auch in ihrer an dem Vorerkenntnis geübten Kritik, keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf. Sie waren nach § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am