VwGH vom 07.10.2003, 99/15/0203
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karger und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Dr. K in G, vertreten durch Hausmaninger Herbst Wietrzyk, Rechtsanwälte - Partnerschaft in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , GZ RV 268/1-9/99, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, wohnhaft in G, bezog im Streitjahr Pensionseinkünfte und Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Mitglied und ständiger Referent des Verfassungsgerichtshofes. Er beantragte in seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 1996, Aufwendungen ua für ein im Wohnungsverband in G gelegenes Arbeitszimmer (ca. S 36.000) und eine in Wien gemietete Wohnung als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Mit Einkommensteuerbescheid 1996 wurden die Werbungskosten hinsichtlich des Arbeitszimmers nicht anerkannt.
Mit Berufung wandte der Beschwerdeführer ein, die Tätigkeit als Richter am Verfassungsgerichtshof sei ein Nebenamt, welches mit der Tätigkeit eines Berufsrichters nicht vergleichbar sei. Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes hätten ihren Wohnsitz teils in Wien, teils wie er außerhalb Wiens. Gemäß Art. 147 Abs. 2 B-VG hätten drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder ihren ständigen Wohnsitz außerhalb Wiens zu haben. Die Mitglieder seien im Unterschied zu Berufsrichtern nicht residenzpflichtig. Sie träten vierteljährlich zu ungefähr drei Wochen dauernden Sessionen am Sitz des Verfassungsgerichtshofes zusammen, wobei die nicht in Wien wohnhaften Mitglieder Anspruch auf Reisegebühren für die Fahrt nach Wien und den Aufenthalt hätten. Den vom Verfassungsgerichtshof aus seinen Mitgliedern gewählten Referenten seien vom Präsidenten einzelne Rechtssachen zugewiesen. Die Tätigkeit eines Referenten bestehe im Erstellen von Entscheidungsentwürfen, Ausfertigen beschlossener Entscheidungen, Führen von Vorverfahren und dgl mehr. Gegenwärtig verfüge der Verfassungsgerichtshof über neun ständige Referenten, von denen vier ihren Wohnsitz in Wien und fünf außerhalb Wiens hätten. Als Referent mit Wohnsitz außerhalb Wiens sei es für ihn erforderlich, ein Arbeitszimmer am Wohnsitz zu haben, welches er vor allem bei der sehr zeitaufwändigen konzeptiven Tätigkeit benütze. Die Unterlagen würden im Postwege übermittelt. Für den ständigen Referenten mit Wohnsitz außerhalb Wiens bilde das Arbeitszimmer sowohl in sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht den Mittelpunkt seiner Tätigkeit.
Auf Anfrage des Finanzamtes teilte der Beschwerdeführer mit, ihm werde am Sitz des Verfassungsgerichtshofes ein Arbeitsraum zur Verfügung gestellt.
Mit Berufungsvorentscheidung lehnte das Finanzamt die Notwendigkeit eines im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmers mit der Begründung ab, es sei dem Beschwerdeführer vom Arbeitgeber ein Arbeitsraum zur Verfügung gestellt worden. Er habe in Wien auch eine Wohnung, welche er benützen könne.
Ohne auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung einzugehen, beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zur Begründung ausführte, es gebe keine berufliche Notwendigkeit für ein häusliches Arbeitszimmer, weil der Beschwerdeführer über einen Arbeitsraum im Verfassungsgerichtshof verfüge. Hinderungsgründe für die Benützung dieses Arbeitsraumes habe er nicht geltend gemacht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 93/14/0087, ausgeführt habe, bestehe für einen Richter keine berufliche Notwendigkeit für die Nutzung eines im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmers.
Nach § 66 Abs. 1 JN werde der Wohnsitz an jenem Ort begründet, an welchem sich eine Person in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, daselbst ihren bleibenden Aufenthalt zu nehmen. Der Wohnsitzbegriff setze keine dauernde körperliche Anwesenheit voraus. Reisen und längere geschäftliche Aufenthalte an anderen Orten vermöchten den einmal begründeten Wohnsitz nicht zu beenden, solange die Absicht, am Ort der Niederlassung den bleibenden Aufenthalt weiter bestehen zu lassen, fortbestehe. Art. 147 Abs. 2 B-VG bestimme ausdrücklich, dass eine bestimmte Anzahl von Mitgliedern (drei ständige, zwei Ersatzmitglieder) des Verfassungsgerichtshofes ihren "ständigen Wohnsitz" außerhalb der Bundeshauptstadt haben müssten. Es sei daraus jedoch nicht abzuleiten, dass der Beschwerdeführer als Referent des Verfassungsgerichtshofes seine Entwürfe unter körperlicher Anwesenheit an seinem Wohnsitz in G erstellen müsse, er hingegen die steuerlich berücksichtigte Wohnung in Wien und das beim Verfassungsgerichtshof zur Verfügung stehende Arbeitszimmer nur während der Sessionen benützen dürfe. Die Begründung für die überwiegende Nutzung des Arbeitszimmers liege vielmehr in den angenehmeren Arbeitsbedingungen, welche steuerlich jedoch keine Berücksichtigung finden könne. Der Beschwerdeführer habe wie Berufsrichter lediglich die Möglichkeit zur Heimarbeit.
Ob ein häusliches Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt iSd § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988 darstelle, sei nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen. Bei einem ständigen Referenten des Verfassungsgerichtshofes bestimme die Tätigkeitskomponente beim Verfassungsgerichtshof - während der Sessionen - das Berufsbild wesentlicher und entscheidender, als die Tätigkeitskomponente, die auf das häusliche Arbeitszimmer an seinem Wohnsitz entfalle. Der Tätigkeitsmittelpunkt des Beschwerdeführers liege somit nicht in seinem Arbeitszimmer in G, sondern in den Räumlichkeiten des Verfassungsgerichtshofes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 201/1996 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.
Die Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer, so genanntes häusliches Arbeitszimmer, sind - zusätzlich zu den in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 normierten Voraussetzungen - nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien weiters nur dann anzuerkennen, wenn ein Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig ist, der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt und auch entsprechend eingerichtet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/13/0193, mwN).
Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, gibt es keine berufliche Notwendigkeit für ein häusliches Arbeitszimmer, weil der Beschwerdeführer über einen Arbeitsraum im Verfassungsgerichtshof verfügt. Dies wird auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt. Daran vermögen auch die Ausführungen des Beschwerdeführers über die föderalistischen Bestimmungen zur Bestellung eines Mitglieds des Verfassungsgerichtshof nichts zu ändern, zumal dies der Nutzung des Arbeitsraumes im Verfassungsgerichtshof nicht entgegen steht.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am