VwGH vom 05.11.1991, 91/14/0135
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der NN-OHG in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. 30.256-3/91, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für 1984, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unternehmensgegenstand der beschwerdeführenden OHG ist die gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern. Der Gewinn aus dieser Tätigkeit wurde gemäß § 5 EStG 1972 ermittelt. Laut ihrer Darstellung im Verwaltungsverfahren erwarb die Beschwerdeführerin 1984 von einer KG (in der Folge: A-KG) zwei Schlepplifte, die die Beschwerdeführerin mit Leasingverträgen einer anderen KG (in der Folge: B-KG) zur Nutzung überließ. Laut ihrem Vorbringen vor den Abgabenbehörden waren der Beschwerdeführerin von der A-KG rein technische Vorrichtungen von Schleppliftanlagen, bestehend aus Schlepplift-Förderseil, Gehängen, Antriebsmaschinen, Seilstützen samt Fundamenten und Schlepplifthäuschen veräußert worden. In der Veräußerung seien die Trasse, die Schiabfahrt oder Grundstücke nicht enthalten gewesen (Fragebeantwortung vom ). Im Rechtsmittelverfahren brachte die Beschwerdeführerin noch vor, es habe sich auch deshalb nicht um eine Teilbetriebsveräußerung gehandelt, weil der Beschwerdeführerin weder Pistengeräte, noch Konzessionen, noch Bedienungspersonal überlassen worden seien. Über all dies habe bereits die B-KG vor dem Erwerb der technischen Vorrichtungen durch die Beschwerdeführerin verfügt. In deren Besitz hätten sich auch die Zubringerlifte befunden, ohne die ein Betrieb der beiden Schlepplifte nicht möglich sei.
Aus diesen Gründen stand die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren auf dem Standpunkt, daß ihrer Geltendmachung des Investitionsfreibetrages aus den Anschaffungskosten der beiden Schlepplifte § 10 Abs. 2 Z. 5 EStG 1972 nicht entgegenstünde, weil sie keinen Teilbetrieb erworben habe.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde folgte diese der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht, sondern versagte den Investitionsfreibetrag mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe mit den beiden Schleppliften von der A-KG Teilbetriebe erworben. Dem stünde der Umstand nicht entgegen, daß die A-KG die beiden Schlepplifte im Zeitpunkt der Veräußerung an die Beschwerdeführerin nicht selbst betrieben habe, weil sie diese seit Jahren an die B-KG verpachtet hatte. Eine Verpachtung schließe nämlich die Existenz eines Teilbetriebes nicht aus. Die beiden Schlepplifte seien als funktionelle Untereinheiten des von der A-KG an die B-KG verpachteten Unternehmens anzusehen. Der übereignete Betriebsteil sei auch für sich lebensfähig und hätte der Beschwerdeführerin eine Fortsetzung der Erwerbstätigkeit des bisherigen Inhabers erlaubt. Den übrigen Einwendungen gegen die Teilbetriebseigenschaft maß die belangte Behörde keine wesentliche Bedeutung bei.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Anerkennung des Investitionsfreibetrages verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtwidrigkeit, hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bei einem Teilbetrieb handelt es sich nach herrschender Ansicht um einen organisch in sich geschlossenen, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teil eines Gewerbebetriebes, der es vermöge seiner Geschlossenheit ermöglicht, die gleiche Erwerbstätigkeit ohne weiteres fortzusetzen. Um von einem Teilbetrieb sprechen zu können, müssen all diese Voraussetzungen erfüllt sein. Es muß daher insbesondere schon vor einer Übertragung tatsächlich ein Teilbetrieb selbständig geführt worden sein, wobei diese Frage aus der Sicht des Übertragenden zu beantworten ist (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/14/0156, 0157). Um dementsprechend von einem Erwerb eines Teilbetriebes sprechen zu können, darf es sich nicht bloß um die Anschaffung von einzelnen Wirtschaftsgütern handeln, es müssen die wesentlichen Grundlagen des Betriebes (Teilbetriebes) erworben werden. Welche Betriebsmittel zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes gehören, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Es ist dabei auf die Besonderheiten des jeweiligen Betriebstypus abzustellen.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um Schlepplifte, die mit ihren Seilstützen und Fundamenten verankert sind und ein Schlepplifthäuschen haben, also nicht um transportable Liftanlagen, die nach Belieben jeweils woanders aufgestellt werden können. Die Tätigkeit ist daher ortsgebunden und bedarf deshalb zu ihrer Ausübung auch der betreffenden Grundstücke oder zumindestens der Rechte auf Benützung von Grundstücken. Somit bilden aber Grundstücke eine wesentliche Grundlage des Betriebstypus. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt, daß die Beschwerdeführerin außer den technischen Vorrichtungen von Schleppliftanlagen auch noch die für den Betrieb der Schleppliftanlage erforderlichen Grundstücke oder Rechte an solchen Grundstücken erworben hätte. Schon aus diesem Grund kann vom Erwerb eines Teilbetriebes in Form eines Schischleppliftes keine Rede sein.
Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang in ihrer Gegenschrift folgendes ausführt, zeigt sie, daß sie die Rechtslage verkannt hat:
"Bei den gegebenen Verhältnissen liegt es nach Ansicht der belangten Behörde auf der Hand, daß die Beschwerdeführerin (deren Unternehmensgegenstand die gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern ist) von vornherein weder an den Schiabfahrts- und Pistenrechten im Bereich der erworbenen Schlepplifte noch daran interessiert war, diese Lifte selbst zu betreiben. Die selbständige Lebensfähigkeit der streitgegenständlichen Schlepplifte kann somit nicht deshalb in Frage gestellt werden, weil es die Beschwerdeführerin (im Hinblick auf die Leasingvereinbarungen) unterlassen hat, die Schiabfahrts- und Pistenrechte im Bereich der beiden Schlepplifte selbst auszuüben, obwohl dies aus den oben aufgezeigten Gründen möglich gewesen wäre."
Entscheidend ist nämlich nicht, ob die Beschwerdeführerin diese Rechte an Grundstücken hätte ausüben können, sondern lediglich, ob sie diese, als zu den wesentlichen Teilen eines Schleppliftbetriebes gehörig, unter einem mit den bereits erwähnten technischen Einrichtungen erworben hat. Dergleichen hat die belangte Behörde aber nicht festgestellt und konnte dies nach Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten auch nicht feststellen, weil sich aus diesen nicht entnehmen läßt, daß die Beschwerdeführerin außer den technischen Einrichtungen auch Grundstücke oder Rechte an Grundstücken erworben hat, die zum Betrieb der Anlage erforderlich sind. Entscheidend für die Lösung der Frage, ob die Beschwerdeführerin die wesentlichen Grundlagen eines Schleppliftbetriebes erworben hat oder einzelne Wirtschaftsgüter eines solchen Betriebes, ist nämlich nur, was Inhalt des als Einheit zu betrachtenden Erwerbes war, und nicht, was Inhalt dieses Erwerbes hätte sein können.
Es ist aber auch darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde nicht nachvollziehbar dargelegt hat, daß die A-KG ihrerseits im Zeitpunkt der Veräußerung der technischen Einrichtungen der beiden Schlepplifte an die Beschwerdeführerin über die zum Betrieb der Schlepplifte notwendigen Rechte an Grundstücken auf eine Weise verfügte, daß sie diese der Beschwerdeführerin veräußern und diese sie von jener oder einem Dritten hätte erwerben können.
Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob zu den wesentlichen Grundlagen des Schleppliftbetriebes auch die Konzession, das Personal und die Pistengeräte gehört hätten.
Selbst wenn sich aber die A-KG im Zeitpunkt der Veräußerung der technischen Einrichtungen an die Beschwerdeführerin noch im Besitz der zum Betrieb des Schleppliftes erforderlichen Rechte an Grundstücken befunden hätte und diese, wie die belangte Behörde nun erstmalig in der Gegenschrift unter Hinweis auf nach Erlassung des angefochtenen Bescheides angestellte Ermittlungen darzutun versucht, nicht schon längst an die B-KG übergegangen gewesen wären, folgte daraus noch nicht, daß die A-KG diese Rechte der Beschwerdeführerin übertragen hat.
Es ist daher unverständlich, aus welchem Grund die belangte Behörde davon ausging, daß der Beschwerdeführerin die Ausübung der Schiabfahrts- und Pistenrechte möglich gewesen wäre, obwohl von der belangten Behörde kein Rechtsgrund für den Erwerb dieser Rechte aufgezeigt und daher auch die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe lediglich technische Einrichtungen erworben, nicht widerlegt wurde.
Aus der Tatsache, daß die A-KG im Zeitpunkt der Veräußerung der technischen Einrichtungen der Schlepplifte der Beschwerdeführerin ihrerseits nur mehr die Verpachtung von Liftanlagen und eines Bergrestaurants an die B-KG betrieben habe, läßt sich nichts für den Erwerb eines Teilbetriebes durch die Beschwerdeführerin gewinnen. Auch einen Teilbetrieb in Form eines Verpachtungsbetriebes hat die Beschwerdeführerin nämlich nicht erworben. Hiezu hätte es als wesentlicher Grundlage der Abtretung der maßgeblichen Rechte aus solchen Pachtverträgen bedurft. Daß die Beschwerdeführerin solche Rechte erworben hätte, hat die belangte Behörde aber ebenfalls nicht festgestellt. Die Frage, ob bei einer bisherigen Verpachtung überhaupt vom Erwerb eines Teilbetriebes im Sinn des § 10 Abs. 2 Z. 5 EStG 1972 gesprochen werden kann, kann mangels Vorliegens eines Teilbetriebes auf sich beruhen.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt und hiedurch die Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten verletzt. Der Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufgehoben werden.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.