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VwGH vom 27.08.1991, 91/14/0117

VwGH vom 27.08.1991, 91/14/0117

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Nöst, über die Beschwerde des Ing. Walter N in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt Dr. B in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 52/4-10/F-1991, betreffend Haftung für Umsatz- und Gewerbesteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war ab dem Sommer 1983 einziger Geschäftsführer einer GmbH. Über deren Vermögen wurde am das Ausgleichsverfahren eröffnet. Nach dessen Einstellung wurde mit Beschluß des Gerichtes am der Anschlußkonkurs eröffnet. Dieser wurde nach Verteilung des Massevermögens am aufgehoben. Hierauf wurde die Gesellschaft am von Amts wegen im Handelsregister gelöscht. Der Beschwerdeführer, der bereits mit Gesellschafterbeschluß vom als Geschäftsführer wieder abberufen worden war, wurde vom Finanzamt gemäß §§ 9 und 80 BAO für Umsatzsteuer 1980 und Gewerbesteuer 1981 sowie für 1983 vorgeschriebene Säumniszuschläge zur Haftung herangezogen, weil er nicht dafür Sorge getragen habe, daß die erwähnten Abgaben durch die GmbH entrichtet werden. Es sei ihm daher eine schuldhafte Verletzung seiner Pflichten anzulasten; sowohl der Umsatzsteuerbescheid für 1980 als auch die Festsetzung der Gewerbesteuer seien dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der GmbH im August bzw. September 1983 zugestellt und von ihm übernommen worden. Die erwähnten Abgabenbeträge hafteten zur Gänze unberichtigt aus.

Der Beschwerdeführer brachte in seiner Berufung gegen den Haftungsbescheid vor, ihm sei laut Vereinbarung mit dem ehemaligen Geschäftsführer der GmbH nur die technische Beratung zugekommen, während alle kaufmännischen Belange und Bereiche bei dem ausgeschiedenen Geschäftsführer verblieben seien. Mitte November 1983 sei dieser ehemalige Geschäftsführer unter Betrugsverdacht verhaftet und seien von der Wirtschaftspolizei alle Unterlagen beschlagnahmt worden. Der Beschwerdeführer habe Mühe gehabt, seine Stellung als Geschäftsführer wieder loszuwerden. Er habe bereits im November 1983 nach Bekanntwerden der Betrügereien des ehemaligen Geschäftsführers den Antrag auf Enthebung seiner Person als Geschäftsführer gestellt. Dieser Antrag sei jedoch erst am seitens des Gerichtes erledigt worden. Während seiner Tätigkeit als Geschäftsführer habe die Agenden der Buchhaltung und sonstigen kaufmännischen Angelegenheiten der ehemaligen Geschäftsführer bis zum Zeitpunkt seiner Verhaftung (November 1983) geführt. Die von ihm übernommenen Steuerbescheide habe der Beschwerdeführer dem Genannten weitergeleitet. Der ehemalige Geschäftsführer der GmbH sei dem Beschwerdeführer heute noch ca. S 90.000,-- schuldig. Er habe ihm keine Mittel für die Geschäftsführertätigkeit gegeben.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nur hinsichtlich der im Jahre 1983 festgesetzten Säumniszuschläge in Höhe von S 5.920,-- Folge, bestätigte jedoch den Bescheid des Finanzamtes hinsichtlich der Haftung für Umsatzsteuer-Nachforderung für 1980 (Bescheid vom , Fälligkeit ) in Höhe von S 22.141,-- und hinsichtlich der laut Bescheid vom am fällig gewesenen Gewerbesteuer 1981 in Höhe von S 88.871.

Der Beschwerdeführer sei ab einziger Geschäftsführer der GmbH gewesen. Als solcher habe er gemäß § 18 Abs. 1 GmbHG die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten gehabt. Mit seiner Bestellung habe er auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übernommen. Aus der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe mit der Buchhaltung der Gesellschaft nichts zu tun gehabt, ergebe sich, daß er die gesetzlichen Sorgfaltspflichten des § 25 Abs. 1 GmbHG schuldhaft verletzt habe. Die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH für nicht entrichtete Abgaben komme auch dann zum Tragen, wenn sich der Geschäftsführer schon bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt habe, die ihm die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere auch den Finanzbehörden gegenüber unmöglich mache. Die vom Beschwerdeführer freiwillig in Kauf genommene Beschränkung seiner Tätigkeit auf rein technische Belange habe ihn noch nicht von den Pflichten eines alleinigen Geschäftsführers entbunden. Er hätte die mit der Führung der kaufmännischen und buchhalterischen Belange betrauten Mitarbeiter der Gesellschaft zu überwachen und dafür zu sorgen gehabt, daß sie die notwendigen Maßnahmen setzen, die zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten notwendig sind. Die gemäß seinem Vorbringen schon im September 1983 aufgetreten Schwierigkeiten hätten den Beschwerdeführer zu erhöhter Sorgfalt veranlassen müssen. Es sei daher nicht relevant, ob das Gläubiger schädigende Verhalten von einem Erfüllungsgehilfen oder vom Beschwerdeführer selbst verursacht worden sei. Ausschlaggebend sei, daß der Beschwerdeführer die Überwachungspflicht gegenüber seinen Erfüllungsgehilfen vernachlässigt habe und daher auch für das Fehlverhalten der Mitarbeiter der Gesellschaft einzustehen habe. Die Verletzung dieser Überwachungspflicht habe zur Uneinbringlichkeit jener Abgabenschuldigkeiten geführt, für die die geltend gemachte Haftung aufrecht bleibe. Die Unterlassung stehe in einem kausalen Zusammenhang mit der Uneinbringlichkeit der Abgaben. Hätte der Beschwerdeführer sich um die kaufmännischen und buchhalterischen Angelegenheiten der GmbH gekümmert, so hätte er die finanzielle Lage der Gesellschaft soweit überblicken müssen, daß durch sein Tätigwerden die Gläubiger zumindest anteilig aus den Mitteln der Gesellschaft befriedigt worden wären. Der Beschwerdeführer sei von der Berufungsbehörde aufgefordert worden, darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge getragen habe, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichte. Er habe im Verfahren nicht dargetan, daß der Gesellschaft die entsprechenden Mittel zur Entrichtung der Abgaben gefehlt hätten. Die Behauptungs- und Nachweispflicht obliege diesbezüglich dem Geschäftsführer. Die belangte Behörde habe daher vom Bestehen der Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Entrichtung der Abgaben aus den Mitteln der GmbH ausgehen können. Hinsichtlich der Säumniszuschläge, die mit Bescheid vom festgesetzt worden seien, dürfte den Beschwerdeführer kein Verschulden an der Nichtentrichtung treffen. Er habe nämlich vorgebracht, seine Geschäftsführertätigkeit bereits im November 1983 zurückgelegt zu haben. Er habe dafür zwar keine Beweise vorgelegt, doch schienen seine Angaben schon deswegen glaubwürdig, weil der für die Gesellschafter auftretende frühere Geschäftsführer in Untersuchungshaft gewesen sei. Es sei daher anzunehmen, daß der Beschwerdeführer seine Geschäftsführertätigkeit tatsächlich nach dem Bekanntwerden der strafbaren Delikte seines Vorgängers im November 1983 zurückgelegt habe. Aus diesem Grund vermindere sich der Haftungsbetrag um die 1983 festgesetzten Säumniszuschläge.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht verletzt, nicht zur Haftung für die Abgabenschuldigkeiten der GmbH herangezogen zu werden. Er behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer geht selbst davon aus, daß er vom bis Ende November 1983 Geschäftsführer - und zwar alleiniger Geschäftsführer - der GmbH war. Die Zeitdifferenz von neun Tagen im Verhältnis zur Feststellung der belangten Behörde über den Beginn der Geschäftsführerstellung ist für die Beurteilung der Beschwerdesache ohne Bedeutung, weil haftungsrechtlich relevante Vorgänge im Zeitraum zwischen dem

5. und dem nicht behauptet wurden und der Aktenlage nicht entnehmbar sind.

Als alleiniger Geschäftsführer der GmbH war er die zu deren Vertretung berufene Person. Er hatte daher gemäß § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die der GmbH oblagen und er war befugt, die der GmbH zustehenden Rechte wahrzunehmen. Er hatte daher auch dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln der GmbH, die er zu verwalten hatte, entrichtet werden.

Im Hinblick auf diese Rechtslage eignet sich das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei lediglich für die laufende Baukörperüberwachung, die Ausschreibung sämtlicher anfallender Reparaturen sowie für die örtliche Prüfung für Endabrechnungen etc. zuständig gewesen, nicht zum Nachweis, er sei zu Unrecht gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung herangezogen worden. Seine Behauptung, für die kaufmännischen Agenden sei der frühere Geschäftsführer bis zu seiner Verhaftung verantwortlich gewesen, steht nämlich weder mit dem GmbHG noch mit § 80 BAO im Einklang.

Wenn es der Beschwerdeführer als alleiniger Geschäftsführer der GmbH hinnahm, daß er vom ehemaligen Geschäftsführer aus einem wesentlichen Bereich der Geschäftsführertätigkeit ausgeschlossen wurde und ihm nicht einmal eine Beaufsichtigung zukam, so hat sich der Beschwerdeführer dies als Verstoß gegen seine Pflichten als Geschäftsführer entgegenhalten zu lassen. Ist ein Geschäftsführer an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Obliegenheiten gehindert, so muß er nämlich entweder sofort die Behinderung der Ausübung seiner Funktion abstellen oder seine Funktion niederlegen und als Geschäftsführer ausscheiden. Jedenfalls darf er sich nicht durch Vereinbarungen von vornherein der Möglichkeit begeben, seine Geschäftsführerfunktion ordnungsgemäß wahrnehmen zu können.

Daß der Beschwerdeführer während der Dauer seiner Geschäftsführung den ehemaligen Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit ausreichend überwacht habe, hat er nie behauptet.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, das Unternehmen sei bereits zum Zeitpunkt seines Eintrittes als Geschäftsführer zahlungsunfähig gewesen, er wäre daher ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die pünktliche Entrichtung der vorgeschriebenen Abgabenverbindlichkeiten aus den Mitteln des Unternehmens vorzunehmen.

Ein derartiges Vorbringen hat der Beschwerdeführer vor den Abgabenbehörden beider Instanzen nicht erstattet. Es handelt sich bei ihm daher um eine gemäß § 41 VwGG unzulässige und damit unbeachtliche Neuerung.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer der belangten Behörde zum Vorwurf, sie habe es unterlassen, die Liquidität des Unternehmens zu prüfen; bei solcher Prüfung wäre ihr bekannt geworden, daß Abgabenverbindlichkeiten aus Mitteln, die nicht vorhanden gewesen seien, nicht abgeführt hätten werden können.

Auch hinsichtlich dieses Vorwurfes ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß ihn als ehemaligen Geschäftsführer der GmbH die Behauptungs- und Beweislast dafür traf, daß während seiner Geschäftsführung die GmbH überhaupt nicht mehr über Mittel verfügte, aus denen die Abgabenschuldigkeiten hätten entrichtet werden können. Ein derartiges Vorbringen hat der Beschwerdeführer nicht erstattet. Aus der Aktenlage ergaben sich keine Anhaltspunkte, die die belangte Behörde von Amts wegen zu Nachforschungen hätte veranlassen müssen. Aus dem Umstand, daß der ehemalige Geschäftsführer der GmbH im November 1983 wegen Betrugsverdacht verhaftet wurde und im März 1984 das Ausgleichsverfahren über die GmbH eingeleitet wurde, ergab sich kein Anlaß für die belangte Behörde, von Amts wegen Liquiditätsnachforschungen für den Zeitraum Juli bis November 1983 anzustellen.

Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Aus der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GmbH ergibt sich nicht, daß dieser die Mittel zur Begleichung der Abgabenschulden in dem längere Zeit davor gelegenen Zeitraum gefehlt hätten (Verwaltungsgerichtshof , Zl. 89/14/0043, ÖStZB 1990, 22).

Dem angefochtenen Bescheid haftet daher weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit noch eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an, die den Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.