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VwGH vom 09.05.1995, 94/14/0151

VwGH vom 09.05.1995, 94/14/0151

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der Verlassenschaft nach L S jun., vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , Zl. 11/21/4-BK/Hö-1993, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 11.660 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Vater von LS führte als Einzelunternehmer einen den Handel und die Reparatur von Landmaschinen umfassenden Betrieb, für den er den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1972 ermittelte. Er kaufte am die Liegenschaft in EZ 267 Grundbuch T, zu welcher das Gebäude T, E-Straße, gehört, und übertrug unmittelbar darauf das Hälfteeigentum an seine Gattin. Der Betrieb und auch die Liegenschaft wurden zum unentgeltlich an LS übergeben, der den Gewinn ebenfalls nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelte. Der Grund und Boden einerseits sowie das Gebäude E-Straße andererseits waren bereits 1978 in die Bücher für den Betrieb des Vaters von LS aufgenommen worden und sind in allen Jahresabschlüssen bis zu jenem für das Jahr 1988 als Anlagevermögen ausgewiesen.

Seit dem Jahr 1980 wird ein Teil des Gebäudes E-Straße an die in diesem Jahr gegründete A-GmbH, die den Handel und die Reparatur von Kfz betreibt, vermietet. Die Nutzungsverhältnisse am Gebäude im Jahr 1987, und zwar vor dem in diesem Jahr durchgeführten Zu- und Umbau, stellen sich nach den im Zuge einer Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen, die die belangte Behörde übernommen hat, wie folgt dar (Tz. 14 des BP-Berichtes):

"Keller: ca. 80 m2, davon 15 m2 eigenbetrieblich als

Ersatzteillager für Landmaschinen genutzt, 65 m2

vermietet an die A-GmbH

Erdgeschoß: ca. 80 m2, davon 70 m2 vermietet, 10 m2

gemischt genutzt (privat und betrieblich)

Obergeschoß: ca. 80 m2, davon 80 m2 privat genutzt (Wohnung des Unternehmers)"

Das Finanzamt ging davon aus, daß das gesamte Gebäude im Jahr 1987 aus dem Betriebsvermögen entnommen worden sei, und erfaßte mit den an LS ergangenen Bescheiden betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1987 den entsprechenden Entnahmegewinn.

Die gegen diese Bescheide eingebrachte Berufung richtete sich mit dem Vorbringen, eine allfällige Entnahme sei bereits mit der Vermietung an die A-GmbH im Jahr 1980, jedenfalls aber nicht im Streitjahr erfolgt, gegen die Erfassung des Entnahmegewinnes dem Grunde nach, bekämpfte aber auch die Schätzung des Entnahmewertes und damit die Höhe des Entnahmegewinnes.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge. Sie ging zwar davon aus, daß der Gewinn aus der Entnahme des gesamten Gebäudes für das Streitjahr zu erfassen sei, senkte jedoch den Entnahmegewinn, weil sie einerseits aufgrund eines Schätzungsgutachtens einen niedrigeren Teilwert ansetzte und andererseits einen höheren Buchwert in Abzug brachte. Zur Begründung wird, soweit dies für das Beschwerdeverfahren relevant ist, im wesentlichen ausgeführt, auch vermietete Wirtschaftsgüter gehörten zum Betriebsvermögen des Vermieters, wenn die Vermietung einem Betrieb des Vermieters diene, somit in wirtschaftlichem Zusammenhang mit jenen Aktivitäten stehe, die den Betriebsgegenstand bildeten. Im gegenständlichen Fall bestehe eine wirtschaftliche-organisatorische Verflechtung zwischen dem Einzelunternehmen und dem Unternehmen der A-GmbH: Der Einzelunternehmer sei zumindest bis zur Kapitalerhöhung vom Mehrheitsgesellschafter der A-GmbH sowie deren Geschäftsführer gewesen. Die A-GmbH habe keine Gebäude besessen, sondern diese vom Einzelunternehmen gemietet. Zu beiden Betrieben gehörten sowohl ein Handel als auch eine Werkstätte. Die beruflichen Kenntnisse des Einzelunternehmers seien in beiden Betrieben einsetzbar gewesen. "Durch die räumliche Nähe und die organisatorische Verflechtung beider Betriebe" habe ein betriebliches Interesse des Einzelunternehmers bestanden, den Raumbedarf der GmbH zu decken. Es seien daher auch die vermieteten Räume notwendiges Betriebsvermögen des einzelunternehmerischen Betriebes gewesen. "Eine Entnahme im Jahre 1987 kann als notwendige steuerliche Folge der durch den folgenden Umbau bewirkten Änderung der Nutzungsverhältnisse angesehen werden, wonach sich

lt. Stellungnahme der Betriebsprüfung nach dem Umbau etwa eine private Nutzfläche (Wohnung) von 108 m2 und 70 m2 Nutzfläche für die GesmbH ergaben, eine Nutzung des Gebäudes für die Einzelunternehmung jedoch nur mehr in unbedeutendem Ausmaß stattfand und folglich der betrieblich genutzte Teil für die Einzelunternehmung jedenfalls nicht mehr das Ausmaß von 20% der Nutzfläche erreichte."

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, durch die Verlassenschaft nach LS erhobene Beschwerde. Aus dem Inhalt der Beschwerde ergibt sich als Beschwerdepunkt die Verletzung im Recht, daß für das Streitjahr keine Entnahme des Gebäudes angenommen und somit kein Entnahmegewinn angesetzt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Entnahme von notwendigem Betriebsvermögen erfolgt durch die dauerhafte betriebsfremde Verwendung.

Dient ein Grundstück (Gebäude) zum Teil dem Betrieb, zum Teil außerbetrieblichen Zwecken, so stellt der betrieblich genutzte Teil notwendiges Betriebsvermögen dar. Es kommt in einem solchen Fall also, wenn nicht das Ausmaß einer Nutzungsart von untergeordneter Bedeutung ist, zu einer räumlichen Aufteilung des Gebäudes (vgl. Doralt, EStG2, § 4 Tz. 85f).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnisse vom , 85/13/0041, und vom , 87/14/0122) gehören vermietete Wirtschaftsgüter zum notwendigen Betriebsvermögen des Betriebes des Vermieters, wenn die Vermietung diesem Betrieb dient, somit im wirtschaftlichen Zusammenhang mit jenen Aktivitäten steht, die den Betriebsgegenstand bilden. Dies ist dann der Fall, wenn die Vermietung der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit des Vermieters förderlich ist.

Unter dem Aspekt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wird in der Beschwerde vorgebracht, aufgrund der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen stehe die Vermietung an die A-GmbH nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Einzelunternehmen. Der angefochtene Bescheid führe auch nicht an, worin die organisatorische Verflechtung bestehen solle, zumal es eine vollständige räumliche Trennung und kein gemeinsames Personal zwischen den Betrieben gebe.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht. Dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu entnehmen, worin die behauptete organisatorische Verflechtung liegen solle. Die räumliche Nähe und der Umstand, daß die beruflichen Kenntnisse des Betriebsinhabers (LS oder Vater von LS?) sowohl im Bereich von Handel und Reparatur von Landmaschinen als auch im Bereich Handel und Reparatur von Kfz einsetzbar gewesen seien, können allein in keiner Weise die Annahme rechtfertigen, daß die Vermietung an die A-GmbH dem eigentlichen Betriebszweck des Landmaschinenbetriebes förderlich gewesen wären. Auch der Umstand, daß der Einzelunternehmer Gesellschafter und Geschäftsführer der A-GmbH gewesen ist, läßt den wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Landmaschinenbetrieb nicht erkennen. Die belangte Behörde hat daher in Verkennung der Rechtslage die vermieteten Gebäudeteile (für den Zeitraum vor der von ihr angenommenen Entnahme) dem notwendigen Betriebsvermögen zugeordnet.

Schon aus diesem Grunde erweist sich der angefochtene Bescheid, der den Gewinn aus der Entnahme des gesamten Gebäudes ansetzt und daher davon ausgeht, daß das Gebäude bis dahin notwendiges Betriebsvermögen dargestellt habe, als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodaß auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht eingegangen werden muß.

Im übrigen wäre für die belangte Behörde noch nichts gewonnen, wenn die vermieteten Gebäudeteile aufgrund der besonderen Verhältnisse seinerzeit als notwendiges Betriebsvermögen zu qualifizieren gewesen wären. Für die Erfassung einer Entnahme wäre es dann nämlich erforderlich gewesen, daß die Behörde Feststellungen darüber trifft, daß sich diese Verhältnisse, die die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen zu begründen vermögen, geändert haben und dadurch der Gebäudeteil (erst) ab einem bestimmten Zeitpunkt außerbetrieblichen Zwecken dient. Nichts derartiges ist aber dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen, zumal er auch nicht ausführt und dem Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar ist, daß durch die Vergrößerung des privat genutzten Teiles dem an die GmbH vermieteten Gebäudeteil nur mehr untergeordnetes Ausmaß zukäme. Was schließlich den im Streitjahr von LS zu Wohnzwecken genutzten und somit unzweifelhaft Privatvermögen darstellenden Gebäudeteil betrifft, ist darauf zu verweisen, daß sich aus dem angefochtenen Bescheid in keiner Weise ergibt, aus welchem Grunde er vor dem Streitjahr - damals zudem noch im zivilrechtlichen Eigentum des Vaters von LS und dessen Gattin - notwendiges Betriebsvermögen gewesen sei.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VO BGBl. 416/1994.