VwGH vom 26.11.2003, 2003/18/0077
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Wechner, über die Beschwerde des R in Wien, vertreten durch Dr. Zoe van der Let-Vangelatou, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 135.457/4-III/11/02, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß §§ 14 Abs. 2 und 47 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe am bei der Bundespolizeidirektion Wien einen Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gestellt. Dieser Antrag sei an das Amt der Wiener Landesregierung, "MA20", weitergeleitet und vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom gemäß § 14 Abs. 2 iVm § 47 Abs. 3 FrG als Antrag auf Erteilung einer Erst-Niederlassungsbewilligung abgewiesen worden.
In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er sich seit dem in Österreich aufhalte und die Entscheidung über die angestrebte Niederlassungsbewilligung von der Bundespolizeidirektion Wien schon zu einem früheren Zeitpunkt hätte erfolgen müssen. Er sei am mit einem vom bis zum gültigen Sichtvermerk, ausgestellt von der österreichischen Botschaft in Amman, nach Österreich eingereist. Am habe er beim Bundesasylamt, Außenstelle Wien, einen Asylantrag gestellt, welcher mit in zweiter Instanz rechtskräftig negativ "enderledigt" worden sei. Während der Dauer des Asylverfahrens sei dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz gewährt worden. Am habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG gestellt, welcher vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom , mangels einer Antragstellung aus dem Ausland, abgewiesen worden sei. In der Folge habe der Beschwerdeführer am eine näher genannte österreichische Staatsbürgerin geehelicht. Am sei diese Ehe mit Urteil des Bezirksgerichts Hernals für nichtig erklärt worden. Am habe der Beschwerdeführer den vorliegenden Antrag beim Landeshauptmann von Wien gestellt. Am habe die Bundespolizeidirektion Wien gegen den Beschwerdeführer ein bis zum gültiges Aufenthaltsverbot erlassen. Am sei das zuvor ergangene Urteil über die Nichtigkeit der Ehe des Beschwerdeführers mit Urteil des Bezirksgerichts Hernals für nichtig erklärt worden. Am selben Tag sei die Ehefrau des Beschwerdeführers "laut Eintrag in das Sterbebuch des Standesamtes Wien-Hietzing" verstorben. In der Folge sei das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot mit von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien behoben worden.
Es seien nur diejenigen gewöhnlichen Sichtvermerke einer dauernden Niederlassungsbewilligung gleichzuhalten, die die Gültigkeitsdauer von sechs Wochen überschreiten würden. Der genannte Sichtvermerk sei dem Beschwerdeführer von der österreichischen Botschaft in Amman mit einer Gültigkeit vom bis zum , also nur für einen Aufenthalt von vier Wochen, ausgestellt worden, weshalb dieser Sichtvermerk nicht einer dauernden Niederlassungsbewilligung entspreche. Für die belangte Behörde stehe somit eindeutig fest, dass der Beschwerdeführer "zu keinem Zeitpunkt über einen Aufenthaltstitel verfügt" habe, weshalb sein vorliegender Antrag vom als Antrag auf Erteilung einer Erst-Niederlassungsbewilligung zu werten sei. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG hätte er jedoch seinen Antrag vor der Einreise vom Ausland aus stellen müssen, weil er keine der für die Inlandsantragstellung normierten Voraussetzungen erfülle. Die Vorgangsweise des Beschwerdeführers widerspreche auch dem im § 14 Abs. 2 FrG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, dass Fremde die Entscheidung über ihren Antrag vom Ausland aus abzuwarten hätten. Ferner sei gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 leg.cit. die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels zu versagen, wenn der Aufenthaltstitel zeitlich an den durch ein Reise- oder Durchreisevisum ermöglichten Aufenthalt anschließen und nach der Einreise erteilt werden soll. Darüber hinaus würden die Regelungen für begünstigte Drittstaatsangehörige gemäß § 47 Abs. 3 Z. 1 FrG auf den Beschwerdeführer nicht mehr zutreffen, weil seine Ehefrau mit verstorben sei. Ferner sei der in der Berufung angeführte Einwand, dass die Bundespolizeidirektion Wien bereits zu einem früheren Zeitpunkt über den vorliegenden Antrag vom hätte entscheiden können, nicht zutreffend, weil die Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zum Tag des Urteils des Bezirksgerichts Hernals vom - "laut ergangenem Gerichtsurteil vom " - keine Gültigkeit gehabt habe. Zudem sei im Hinblick auf den Tod der Ehefrau des Beschwerdeführers am , dem Tag der Aufhebung der Nichtigkeit der Ehe des Beschwerdeführers durch das Bezirksgericht Hernals, auch eine Zuständigkeit der Bundespolizeidirektion Wien zur Entscheidung über seinen Antrag nicht mehr gegeben gewesen, und sein Antrag daher folgerichtig an den Landeshauptmann von Wien weitergeleitet worden. Zu § 14 Abs. 2 FrG sei festzuhalten, dass die Antragstellung vor der Einreise von wesentlicher Bedeutung sei, und eine nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung zur Abweisung des Antrags führe. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und "die Regelung eines geordneten Zuwanderungssystems über die persönlichen Verhältnisse gestellt". Es könne daher davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers "auch im Hinblick auf Art. 8 MRK" entbehrlich sei. Der Antrag des Beschwerdeführers sei vor diesem Hintergrund gemäß § 14 Abs. 2 iVm § 47 Abs. 3 FrG abzuweisen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese - nach Ablehnung ihrer Behandlung (Beschluss vom , B 1772/02) - an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und beantragt die Aufhebung des bekämpften Bescheids.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen verfügte der Beschwerdeführer bislang lediglich für den Zeitraum vom bis zum über einen (offenbar nach dem damals geltenden Passgesetz 1969 erteilten) Sichtvermerk. Infolge seiner kurzen Geltungsdauer von lediglich vier Wochen kann dieser Sichtvermerk auf dem Boden der hg. Rechtssprechung nicht als solcher eingestuft werden, der es dem Beschwerdeführer nach den damals geltenden Bestimmungen gestattet hätte, sich im Bundesgebiet auf Dauer niederzulassen, also gemäß der Definition des § 7 Abs. 3 FrG in Österreich einen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen zu begründen oder sich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit an einem inländischen Wohnsitz niederzulassen, zumal sich weder aus der Beschwerde noch den vorgelegten Verwaltungsakten ein Anhaltspunkt dafür entnehmen lässt, dass dem Beschwerdeführer mit der Erteilung dieses Sichtvermerks ungeachtet der Kürze seiner Geltungsdauer die Berechtigung zur dauernden Niederlassung eingeräumt worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 98/19/0195,0196). Dieser Sichtvermerk vermochte daher trotz des Weiterverbleibens des Beschwerdeführers (und seiner beruflichen Tätigkeit) in Österreich keine Grundlage dafür abzugeben, das Verfahren über den in Rede stehenden Antrag aus dem Jahr 1999 als solches auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung durchzuführen. Der vorliegende Antrag ist daher auf die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gerichtet.
2. Gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG sind Anträge auf Erteilung eines (Erst-)Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Dabei handelt es sich um eine Anordnung an die Behörde, die beantragte Rechtsgestaltung durch Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann vorzunehmen, wenn der Antrag vor Einreise des Antragstellers in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt wurde, wobei die Erledigung grundsätzlich auch vom Ausland aus abzuwarten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/18/0139, mwH). Eine Ausnahme hievon sieht § 49 Abs. 1 FrG vor, wonach Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3 leg.cit., die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen können.
3. Nach den unbestrittenen Feststellungen wurde die im November 1997 mit Urteil des Bezirksgerichts Hernals erfolgte Nichtigerklärung seiner im Jahr 1996 mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossenen Ehe mit Urteil desselben Gerichts vom für nichtig erklärt. Damit ist aber für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts zu gewinnen, weil diese Österreicherin (ebenfalls unstrittig) am verstarb, ihm jedenfalls nach deren Tod die Position im Sinn des § 49 Abs. 1 zweiter Satz FrG nicht mehr zukam und es ihm mit dem Verlust dieser Position im Grunde des § 14 Abs. 2 FrG verwehrt war, die Entscheidung über den vorliegenden Antrag vom Inland aus abzuwarten (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/18/0044).
Im Übrigen war eine Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einer Niederlassung im Bundesgebiet mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen im vorliegenden Fall einer zutreffend auf § 14 Abs. 2 (erster Satz) FrG gestützten Versagung einer Niederlassungsbewilligung nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/18/0301).
4. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am
Fundstelle(n):
MAAAE-61889