TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 12.09.2002, 99/15/0152

VwGH vom 12.09.2002, 99/15/0152

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Dr. S in Baden, vertreten durch Dr. Thomas Keppert, Wirtschaftsprüfer in 1060 Wien, Theobaldgasse 17/11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII A) vom , GZ 17-94/4253/11, betreffend Einkommensteuer 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am hatte die Beschwerdeführerin im Erbweg die im Jahr 1962 bebaute Liegenschaft in B, M-Gasse 21, erworben. Sie vermietete sie erstmals ab . Für das Jahr 1988 reichte sie zunächst keine Einkommensteuererklärung ein. In der der Einkommensteuererklärung 1989 zugrunde liegenden Einnahmenüberschussrechnung für die Vermietung dieser Liegenschaft hatte die Beschwerdeführerin keine AfA geltend gemacht; bei den Überschussrechnungen für die Jahre 1990 und 1991 hatte sie die AfA jeweils mit 1,5% des Einheitswertes angesetzt. Vom Finanzamt wurde für jedes der Jahre 1989 bis 1991 bei Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der genannten Liegenschaft als Bemessungsgrundlage der AfA der Einheitswert herangezogen. Diese Einkünfte wurden der Veranlagung zugrundegelegt.

Im September 1982 hatte die Beschwerdeführerin unentgeltlich die bebaute Liegenschaft in B, P-Gasse 16, erworben. Das Objekt wurde bis Dezember 1990 unentgeltlich von ihrer Mutter benutzt. Seit 1991 vermietet die Beschwerdeführerin das Objekt und erzielt daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In der der Einkommensteuererklärung 1991 zugrunde liegenden Einnahmenüberschussrechung für die Vermietung dieser Liegenschaft, die der Einkommensteuerveranlagung 1991 zugrunde gelegt wurde, berechnete die Beschwerdeführerin die AfA mit 1,5% vom Einheitswert.

In der Folge reichte die Beschwerdeführerin die Einkommensteuererklärungen für 1992 ein, in welcher sie bei Ermittlung der Einkünfte sowohl aus der Vermietung des Objektes M-Gasse 21 als auch aus der Vermietung des Objektes P-Gasse 16 die AfA von den fiktiven Anschaffungskosten berechnete. Das Finanzamt legte allerdings im Einkommensteuerbescheid 1992 der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hinsichtlich beider Objekte die vom Einheitswert berechnete AfA zugrunde. Begründend führte es aus, im Falle des unentgeltlichen Erwerbes eines Mietobjektes stehe das Wahlrecht, die AfA von den fiktiven Anschaffungskosten statt vom Einheitswert zu berechnen, nur im jeweils ersten Jahr zu.

Nachdem über die Berufung der Beschwerdeführerin, mit welcher die erklärungsgemäße Veranlagung beantragt wurde, eine abweisende Berufungsvorentscheidung ergangen war, stellte die Beschwerdeführerin am den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und reichte zugleich (erstmalig) eine Einkommensteuererklärung für 1988 (in dieser Erklärung sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von 17.905 S und solche aus Vermietung und Verpachtung des Objektes M-Gasse 21 von - 2.500 S ausgewiesen) ein. Sie vertrat die Auffassung, im Hinblick auf das bisherige Unterbleiben der Einreichung der Steuererklärung für 1988 sei das in § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG 1972 eingeräumte Recht, hinsichtlich der Vermietung des Objektes M-Gasse 21 an Stelle des Einheitswertes die fiktiven Anschaffungskosten als AfA-Bemessungsgrundlage zu wählen, noch nicht verbraucht. Die Abgabenbehörde verweigerte die Erlassung eines Einkommensteuerbescheides für 1988 mit Hinweis auf die bereits eingetretene Bemessungsverjährung. Dem Begehren der Beschwerdeführerin, über den Antrag, die AfA im Jahr 1988 gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG 1972 von den fiktiven Anschaffungskosten zu bemessen, einen Feststellungsbescheid iSd § 92 Abs 1 lit b BAO zu erlassen, entsprach das Finanzamt nicht. Die Beschwerdeführerin stellte daraufhin einen Devolutionsantrag, den die belangte Behörde mit Bescheid vom zurückwies. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 97/15/0178, abgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführerin habe hinsichtlich des Objekts M-Gasse 21 bestritten, dass ein Fall des § 114 Abs 4 EStG 1988 - nach dieser Bestimmung werde durch das Inkrafttreten des EStG 1988 kein neues Wahlrecht für die Bemessungsgrundlage der AfA geschafften - vorliege; durch das Unterbleiben der Einreichung der Steuererklärung für 1988 sei das Recht, an Stelle des Einheitswertes die fiktiven Anschaffungskosten als AfA-Bemessungsgrundlage heranzuziehen, nicht konsumiert worden. Dem halte die belangte Behörde entgegen, dass das Wahlrecht für das Kalenderjahr ausgeübt werden müsse, in welchem ein Gebäude erstmalig zur Einkunftserzielung verwendet werde. Das Wahlrecht könne nur einmalig ausgeübt werden, bei Unterlassung der Ausübung sei die AfA zwingend vom Einheitswert zu berechnen (Hinweis auf Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 28 Tz 41.3.1). Durch die Nichteinreichung einer Einkommensteuer-Erklärung für 1988 habe die Beschwerdeführerin die Ausübung des Wahlrechtes unterlassen, zumal sie für die Folgejahre die - vom Finanzamt vorgenommene - Berechnung der AfA vom Einheitswert akzeptiert, für die Jahre 1990 und 1991 sogar selber die Berechnung vom Einheitswert vorgenommen habe. Hinsichtlich des Objektes P-Gasse 16, welches von der Beschwerdeführerin seit 1991 zur Erzielung von Einkünften genutzt werde, sei entscheidend, dass sie im Zuge der Veranlagung 1991 ausdrücklich beantragt habe, die AfA vom Einheitswert zu bemessen. Damit sei auch für dieses Mietobjekt das Wahlrecht konsumiert, zumal der Einkommensteuerbescheid 1991 in Rechtskraft erwachsen sei.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom , B 4846/96, ab. Zugleich trat er die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht verletzt, die AfA nicht vom Einheitswert, sondern vom "höheren gemeinen Wert" zu bemessen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG 1972 ist bei einem Gebäude, das nach dem unentgeltlich erworben worden ist und das nicht zu einem Betriebsvermögen gehört, für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung als Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Einheitswert der für den letzten vor dem unentgeltlichen Erwerb liegenden Feststellungszeitpunkt festgestellt worden ist, oder auf Antrag der Betrag, der für die Anschaffung im Zeitpunkt des Erwerbes hätte aufgewendet werden müssen, zugrunde zu legen.

§ 114 Abs 4 EStG 1988 lautet:

"Durch § 16 Abs. 1 Z 8 wird gegenüber § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1972 für Wirtschaftsgüter, die vor dem angeschafft, hergestellt oder unentgeltlich erworben worden sind und dem Steuerpflichtigen bereits am zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 gedient haben, weder eine neue Bemessungsgrundlage noch ein neues Wahlrecht für die Berechnung der Absetzung für Abnutzung oder für Substanzverringerung begründet."

§ 16 Abs 1 Z 8 EStG 1988 lautet:

"Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung (§§ 7 und 8). Gehört ein Gebäude oder ein sonstiges Wirtschaftsgut nicht zu einem Betriebsvermögen, so gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung folgendes:

a) Grundsätzlich sind die tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen. Bei der Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist § 6 Z 11 und 12 zu berücksichtigen. § 13 ist anzuwenden.

b) Wird ein Gebäude unentgeltlich erworben, dann ist der gesamte Einheitswert für den letzten Feststellungszeitpunkt vor dem unentgeltlichen Erwerb zugrunde zu legen. Auf Antrag sind auch die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbes (§ 6 Z 9) anzusetzen.

c) Wird ein sonstiges Wirtschaftsgut unentgeltlich erworben, sind die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbes (§ 6 Z 9) anzusetzen.

d) Wird ein vom Steuerpflichtigen früher angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, dann sind der Bemessung der Absetzung für Abnutzung die ungekürzten tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten zugrunde zu legen. Wurde ein Gebäude vor mehr als zehn Jahren oder ein sonstiges Wirtschaftsgut vor mehr als einem Jahr angeschafft oder hergestellt, dann darf der höhere gemeine Wert angesetzt werden.

e) Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit. a bis d) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden."

Vermietet der Steuerpflichtige ein Gebäude, das er unentgeltlich erworben hat, ist die AfA nach § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG 1988 zu berechnen (vgl Doralt, EstG4, § 16 Tz 144; Hofstätter/Reichel, EStG 1988, § 16 Abs 1 Z 8 Tz 9.3.-B).

a) Mietobjekt M-Gasse 21:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 98/13/0003, zum Ausdruck gebracht, dass von dem durch § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG 1988 eingeräumten Wahlrecht dann noch nicht konkret Gebrauch gemacht worden ist, wenn ein Steuerpflichtiger in einem Fall, in welchem sich bei Ansatz einer von den fiktiven Anschaffungskosten berechneten AfA ein Verlust ergibt, auf eine nach § 41 Abs 2 fristgebunden zu beantragende Verlustveranlagung verzichtet, weil in einem solchen Fall die Entscheidung des Steuerpflichtigen über die Antragstellung iSd § 16 Abs 1 Z 8 EStG nicht ausreichend klargestellt ist.

Von den dem Grunde nach lohnsteuerpflichtigen Einkünften der Beschwerdeführerin des Jahres 1988 (ca 18.000 S) ist wegen ihrer geringen Höhe keine Lohnsteuer einbehalten worden. Aus der Vermietung und Verpachtung ergibt sich bei Berechnung der AfA von den fiktiven Anschaffungskosten ein Verlust von 2.500 S, bei Berechnung der AfA vom Einheitswert ein Einnahmenüberschuss von ca 16.500 S. Im Hinblick auf die dargestellte Höhe der Einkünfte ergab sich für das Jahr 1988 - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis 97/15/0178 zum Ausdruck gebracht hat - keine Einkommensteuerschuld. Das Finanzamt hat auch keine Einkommensteuer vorgeschrieben. Eine Verpflichtung, nach § 42 EStG 1972 eine Steuererklärung einzureichen, hat nicht bestanden.

Aus dem zitierten Erkenntnis 98/13/0003 ist abzuleiten, dass das durch § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG 1988 eingeräumte Wahlrecht, als Bemessungsgrundlage der AfA an Stelle des Einheitswertes die fiktiven Anschaffungskosten heranzuziehen, grundsätzlich in jenem Jahr zu erfolgen hat, in welchem der Steuerpflichtige erstmals Einkünfte aus der Vermietung des konkreten Mietobjektes erzielt. Wenn allerdings der Steuerpflichtige im Hinblick auf die Höhe der Einkünfte nicht verpflichtet ist, für dieses Jahr eine Steuererklärung einzureichen, und die Einreichung auch tatsächlich unterlässt, kann er das Wahlrecht im ersten nachfolgenden Jahr ausüben, in welchem die Verpflichtung zur Einreichung einer Steuererklärung besteht oder er tatsächlich eine Steuererklärung einreicht.

Im gegenständlichen Fall ist zunächst für das Jahr 1988 die Einreichung einer Steuererklärung unterblieben. Durch diesen Umstand ist, da auch keine Erklärungspflicht bestanden hat, das Wahlrecht nicht konsumiert worden.

In der Folge wurde am die Einkommensteuererklärung 1989, am die Einkommensteuererklärung 1990 und am die Einkommensteuererklärung 1991 eingereicht. In der Einkommensteuererklärung 1989 hat die Beschwerdeführerin keine AfA geltend gemacht. Im Einkommensteuerbescheid 1989 vom wurde unter Zugrundelegung der vom Einheitswert bemessenen AfA Einkommensteuer vorgeschrieben; der Einkommensteuerbescheid ist in Rechtskraft erwachsen. In den den Einkommensteuererklärungen 1990 und 1991 zugrundeliegenden Überschussrechnungen hat die Beschwerdeführerin die AfA vom Einheitswert bemessen.

Bei dieser Sachlage ist - bereits im Zuge der Veranlagung für das Jahr 1989 - das durch § 16 Abs 1 Z 8 lit b EStG 1988 eingeräumte Wahlrecht (auch für die Veranlagung der nachfolgenden Jahre) konsumiert worden. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin im September 1994 nachträglich eine Steuererklärung für das Jahr 1988, die für dieses Jahr keine steuerlichen Folgen zeitigen konnte, einreichte, ohne zu einer solchen Einreichung verpflichtet gewesen zu sein, vermag daran nichts zu ändern.

Die Beschwerdeführerin ist sohin nicht dadurch in subjektiven Rechten verletzt worden, dass die belangte Behörde bei Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Jahres 1992 für das Objekt M-Gasse 21 als Bemessungsgrundlage für die AfA den Einheitswert, und nicht den "höheren gemeinen Wert" herangezogen hat.

b) Mietobjekt P-Gasse 16:

Das Mietobjekt P-Gasse 16, das die Beschwerdeführerin ebenfalls unentgeltlich erworben hat, hat sie erstmals im Jahr 1991 vermietet. Bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 1991 hat sie als Bemessungsgrundlage der AfA den Einheitswert gewählt. Diese Einkünfteermittlung, welche in der Beilage zur Einkommensteuererklärung dargestellt ist, liegt dieser Einkommensteuererklärung und dem in Rechtskraft erwachsenen Einkommensteuerbescheid 1991 zugrunde.

Bei dieser Sachlage ist, wie sich aus der unter a) dargestellten Rechtslage ergibt, die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das Wahlrecht, als Bemessungsgrundlage der AfA an Stelle des Einheitswertes die fiktiven Anschaffungskosten heranzuziehen, im Zuge der Veranlagung 1991 verbraucht worden ist. Solcherart ist die Beschwerdeführerin nicht dadurch in ihren Rechten verletzt worden, dass auch für das Jahr 1992 - für Zwecke der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung - die AfA vom Einheitswert bemessen worden ist.

Die Beschwerde erweist sich sohin insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 501/2001

Wien, am