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VwGH vom 07.08.1992, 91/14/0087

VwGH vom 07.08.1992, 91/14/0087

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des M in P, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) vom , Zl. 111-3/91, betreffend Einkommensteuer 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer hatte hinsichtlich seiner Anträge auf Rückzahlung (§ 240 Abs. 3 BAO) der von seinen Aufsichtsratsvergütungen einbehaltenen Aufsichtsratsabgaben als Anlaßfall zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 37-61/88-12, mit dem das Aufsichtsratsabgabegesetz und die Aufsichtsratsabgabeverordnung aufgehoben worden waren, obsiegt, und für die Jahre 1982 bis 1987 einbehaltene Abgabenbeträge in Gesamthöhe von S 838.203,51 im Jahr 1988 erstattet erhalten.

Davon wurden S 229.385,83 an verschiedene Gesellschaften, deren Aufsichtsratsmitglied der Beschwerdeführer war, zurückgezahlt, S 608.817,68 verblieben dem Beschwerdeführer und wurden bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer 1988 den erklärten Einkünften aus selbständiger Arbeit hinzugerechnet.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde eine dagegen eingebrachte Berufung abgewiesen. Dies mit der Begründung, daß die Verfassungsgerichtshofbeschwerde des Beschwerdeführers nicht gegen die Einkommensteuer 1982 bis 1985, sondern gegen Bescheide gerichtet gewesen wäre, mit denen über die Rückerstattung der Aufsichtsratsabgabe gemäß § 240 Abs. 3 BAO abgesprochen worden war. Nur auf diese Bescheide wirke die Normaufhebung gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG zurück und nur in diesen Anlaßfällen wäre daher so vorzugehen gewesen, als ob die als verfassungswidrig aufgehobene Norm bereits zur Zeit der Verwirklichung des dem Antrag gemäß § 240 Abs. 3 BAO zugrundeliegenden Tatbestandes nicht mehr dem Rechtsbestand angehört hätte. Alle anderen, den Beschwerdeführer betreffenden abgabenrechtlichen Bescheide, die unter der Geltung des aufgehobenen Gesetzes zustande gekommen seien - also auch die Einkommensteuerbescheide 1982 bis 1987 - seien Vollzugsakte, auf die sich die Wirkung der Gesetzesaufhebung nicht erstrecke.

Die in den Jahren 1982 bis 1987 als Betriebsausgabe abgesetzte und im Jahr 1988 erstattete Aufsichtsratsabgabe stelle in diesem Jahr eine Betriebseinnahme in Rahmen der Einkunftsart des § 22 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 dar.

Auch dem weiteren Begehren des Beschwerdeführers, die rückerstatteten Beträge dem ermäßigten Steuersatz des § 37 EStG 1972 zu unterwerfen, versagte die belangte Behörde die Anerkennung. Dies u.a. mit der Begründung, die rückerstatteten Beträge wären nachträglich zugeflossene Teile der vom Beschwerdeführer in den Jahren 1982 bis 1987 erzielten Aufsichtsratsvergütungen und somit Teile einheitlicher Entgelte gewesen, die verteilt auf die Jahre der ursprünglichen Bezahlung und das Jahr der Rückerstattung zugeflossen seien. Der grundsätzlich progressionssteigernden Wirkung im Streitjahr stehe die grundsätzlich progressionsmildernde Wirkung in den Jahren des Abzuges der Aufsichtsratsabgabe gegenüber.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den Bescheid in seinem Recht verletzt, im Jahr 1988 rückerstattete Aufsichtsratsabgabe nicht der Einkommensteuer unterziehen zu müssen, in eventu nur unter Anwendung des Hälftesteuersatzes, behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer meint zunächst, auf Grund des Art. 140 Abs. 7 B-VG stehe fest, daß er Aufsichtsratsabgabe niemals geschuldet habe. Da rückerstattete Einkommensteuer keine steuerbare Einnahme darstelle und es sich nach der erwähnten aufhebenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bei der Aufsichtsratsabgabe um eine der Einkommensteuer gleichartige Abgabe handle, stelle auch rückerstattete Aufsichtsratsabgabe keine steuerbare Einnahme dar.

Dem ist folgendes entgegenzuhalten: Ebensowenig wie jemand, der im Veranlagungsjahr X zum Anlaßfall wurde, sich nicht auch für außerhalb des Veranlagungsjahres X liegende Veranlagungsjahre auf die "Ergreiferprämie" berufen kann, kann jemand, der in einem Verfahren auf Rückerstattung von Aufsichtsratsabgabe nach § 240 Abs. 3 BAO Anlaßfall war, sich außerhalb dieses Verfahrens etwa für bestimmte Einkommensteuerveranlagungsverfahren auf die "Ergreiferprämie" berufen (vgl. auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/14/0062). Da dem Beschwerdeführer auch im vorliegenden Fall im Einkommensteuerveranlagungsverfahren für 1988 die Ergreiferprämie aus einem Anlaßfall nicht zukommt, durfte die belangte Behörde die Betriebsausgabenqualität der einbehaltenen Aufsichtsratsabgabe in den Jahren des seinerzeitigen Zufließens der Aufsichtsratsvergütung nicht in Zweifel ziehen. Die belangte Behörde ist dann aber folgerichtig davon ausgegangen, daß durch die Rückerstattung im Jahr 1988 seinerzeit als Betriebsausgabe abgezogene Aufsichtsratsabgaben zugeflossen sind und daher vereinnahmt wurden. Die belangte Behörde ist weiters zu Recht davon ausgegangen, daß diese Einnahme im Streitjahr im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer seinerzeit entfalteten Tätigkeit stehen, die zu Einkünften aus selbständiger Arbeit führten. Es war daher richtig, diesen Betrag als Einnahmen des Streitjahres unter der erwähnten Einkunftsart zu behandeln (vgl. Paul Doralt, ÖStZ 1988, 240 ff, und das bereits erwähnte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/14/0062). Wenn in der Beschwerde "zur Abrundung" darauf hingewiesen wird, daß "selbst" Quantschnigg (ÖStZ 1988, 12) zubillige, daß die Rückzahlung einer zwischenzeitig in eine Art Einkommensteuer verwandelte Personensteuer (Aufsichtsratsabgabe) nicht mit der Rückzahlung einer Betriebssteuer vergleichbar sei, so muß dem erwidert werden, daß der Gerichtshof hier ebenfalls der Ansicht Doralts folgt, der a.a.O. überzeugend darlegt, daß die Rechtslage bei Rückerstattung einer zu Unrecht eingehobenen Betriebssteuer dem Fall der Rückerstattung der Aufsichtsratsabgabe durchaus vergleichbar ist, weil der Abgabepflichtige in beiden Fällen einen Geldbetrag zurückerhalte, dessen Zufluß deswegen einkommensteuerlich relevant ist, weil der Steuerpflichtige in Höhe dieses Geldbetrages früher eine steuerliche Abzugspost geltend gemacht hatte, während eine zu Unrecht zuviel gezahlte Einkommensteuer (mangels Abzugsfähigkeit) die Einkommensteuerbemessungsgrundlage nicht vermindern hatte können.

Als weiteren Beschwerdepunkt macht der Beschwerdeführer geltend, seiner Ansicht nach wären die Voraussetzungen für den begünstigten Steuersatz gegeben, weil es sich auch hier um eine ausnahmsweise und einmalige Zusammenballung von Einkünften als wirtschaftliches Ergebnis eines mehrjährigen Vorganges handle, die typischerweise zu einer Progressionsverschärfung führe.

Auch diesbezüglich ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie in Einklang mit der hg. Rechtsprechung die Ansicht vertreten hat, daß die rückerstatteten Beträge nachträglich zugeflossene Teile der vom Beschwerdeführer in den Jahren 1982 bis 1987 erzielten Aufsichtsratsvergütungen und somit Teile einheitlicher Entgelte waren, die verteilt auf die Jahre der ursprünglichen Bezahlung und das Jahr der Rückzahlung zugeflossen sind, wodurch der grundsätzlich progressionssteigernden Wirkung im Streitjahr die grundsätzlich progressionsmildernde Wirkung in den Jahren des Abzuges der Aufsichtsratsabgabe gegenüberstehe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 86/13/0044, und vom , 89/14/0178). Der Gerichtshof sieht sich aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde nicht veranlaßt, von seiner oben zitierten Rechtsprechung abzugehen. Die Argumentation des Beschwerdeführers, die Aufsichtsratsabgabe hätte die Einkommensteuer in den Jahren 1982 bis 1987 in keiner wie immer gearteten Weise gemildet, ist deswegen unverständlich, weil die Aufsichtsratsabgabe in den Jahren 1982 bis 1987 zweifellos die Einkommensteuerbemessungsgrundlage hinsichtlich der Aufsichtsratsvergütungen im Ausmaß der als Betriebsausgabe geltend gemachten Aufsichtsratsabgabe gemindert hat. Wäre das Aufsichtsratsabgabegesetz bzw. die Aufsichtsratsabgabeverordnung bereits in diesen Jahren aufgehoben gewesen, wären die Aufsichtsratsvergütungen - soweit sie nunmehr Gegenstand des Verfahrens sind - in voller Höhe der Einkommensteuerbemessungsgrundlage zuzurechnen gewesen. Die Minderung der Bemessungsgrundlage in den Jahren 1982 bis 1987 durch den Abzug der Aufsichtsratsabgabe als Betriebsausgabe war daher grundsätzlich geeignet, die Progression der Einkommensteuer zu mildern. Ob hinsichtlich der Einkommensteuer im Hinblick auf das insgesamt zu versteuernde Einkommen tatsächlich eine Progressionsmilderung eintrat oder nicht - sei es, weil eine Einkommensteuer konkret nicht oder mit dem Höchststeuersatz festzusetzen war - ist dabei nicht von Bedeutung. Der nicht näher begründeten Annahme des Beschwerdeführers, daß hier die Qualifikation der rückerstatteten Beträge als Teile von "Entgelten" nicht gegeben sei, kann deswegen nicht gefolgt werden, weil die nunmehrige Besteuerung letztlich nicht die Aufsichtsratsabgabe als solche, sondern die Aufsichtsratsvergütungen, somit "Entgelte" für die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Aufsichtsrat, zu treffen hat (vgl. in diesem Zusammenhang die vorstehend zu Recht erfolgte Einordnung der diesbezüglichen Einkünfte als solche aus selbständiger Arbeit). Daß Zweck der Bestimmung des § 37 EStG 1972 eine Progressionsmilderung beim zusammengeballten Anfall von Einkünften ist, hat der Gerichtshof zuletzt in seinen Erkenntnissen vom , 88/14/0053 und 90/14/0130, ausgesprochen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.