VwGH vom 19.06.2002, 99/15/0135
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des Dr. S, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. AO 720/5-8/99, betreffend Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 1996 und 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, beteiligte sich in den Jahren 1996 und 1997 an jenem Beteiligungsmodell, welches auch dem hg. Erkenntnis vom , 99/15/0119, zugrunde liegt (Beteiligung an einer in Deutschland ansässigen Personengesellschaft, die den gewerblichen Handel mit Wertpapieren betreibt). Auf Grund dieser Beteiligung wurde ihm für das Jahr 1996 ein Auslandsverlust von S 2,004.072,-- und für das Jahr 1997 ein Auslandsgewinn von S 1,746.129,-- zugewiesen.
Mit Bescheiden vom wurde der Beschwerdeführer für die Jahre 1996 und 1997 zur Einkommensteuer veranlagt. Für das Jahr 1996 ergab sich im Hinblick auf den Beteiligungsverlust eine Einkommensteuer von S 0,--. Für das Jahr 1997 wirkte sich der aus der Beteiligung zugewiesene Gewinn lediglich progressionserhöhend aus (Progressionsvorbehalt).
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die Bescheide des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer 1996 und 1997 gemäß § 299 Abs. 2 BAO wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, das Finanzamt habe die Einkommensteuerveranlagungen erklärungsgemäß durchgeführt und somit die aus dem Beteiligungsmodell zugewiesenen Ergebnisse im Wege des (negativen bzw. positiven) Progressionsvorbehaltes berücksichtigt. Dies habe für das Jahr 1996 zu einer Progressionsentlastung (Einkommensteuer von S 0,--) und für das Jahr 1997 zu einer Progressionserhöhung geführt. Da jedoch die Beteiligungsverluste des Jahres 1996 unter das Verlustverwertungsverbot des § 2 Abs. 2 EStG 1988 fallen würden - es handle sich um die Verwaltung unkörperlicher Wirtschaftsgüter -, sei die Anwendung des negativen Progressionsvorbehaltes zu Unrecht erfolgt. § 2 Abs. 2 EStG 1988 würde eine Gegenverrechnung des Verlustes des Jahres 1996 mit dem Gewinn des Jahres 1997 anordnen; diese Gegenverrechnung habe das Finanzamt verabsäumt, weshalb der Auslandsgewinn des Jahres 1997 zu Unrecht in voller Höhe seine progressionserhöhende Wirkung entfaltet habe. Die Bescheide des Finanzamtes seien sohin inhaltlich rechtswidrig. Aus Gründen der Zweckmäßigkeit und vor allem im Interesse der Gleichmäßigkeit in der Besteuerung verfüge die belangte Behörde die Aufhebung dieser Bescheide.
Mit Beschluss vom , B 846/99, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung einer gegen den Bescheid der belangten Behörde erhobenen Beschwerde ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seit dem Abgabenänderungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 660, sind gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 "Verluste aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter gelegen ist, ... weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs. 6 und 7 vortragsfähig. Solche Verluste sind mit Gewinnen (Gewinnanteilen) aus diesem Betrieb frühestmöglich zu verrechnen" (Satz 2 und 3; die Neufassung des zweiten Satzes durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 fügte dem Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter noch die hier nicht einschlägige gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern hinzu). Die Regelung soll einem neuen Typ von Verlustzuweisungsgesellschaften - Unternehmen, die praktisch nur zum Zweck von Verlustzuweisungen ins Leben gerufen werden - entgegenwirken (Ausschussbericht 1162 BlgNR 17. GP, 2 f). Die Bestimmung spricht von der Verwaltung unkörperlicher Wirtschaftsgüter als Unternehmensschwerpunkt, hat also die Verwaltung solchen Vermögens gerade in der Form eines Gewerbebetriebes im Auge. Das Verlustausgleichsverbot gilt auch für Unternehmensverluste von Mitunternehmerschaften, sodass Verlustanteile der Gesellschafter nicht ausgleichsfähig sind (vgl.
das Erkenntnis 99/15/0119).
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen,
BGBl. Nr. 734/1996, ausgegeben am , bestimmt:
"Als Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter ist sowohl die
Verwaltung von Anlagevermögen als auch die Verwaltung von Umlaufvermögen zu verstehen. Darunter fällt insbesondere auch der gewerbliche Handel mit unkörperlichen Wirtschaftsgütern."
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 99/15/0119, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, zum Ausdruck gebracht hat, fallen Verlustanteile aus dem gegenständlichen Verlustmodell unter die Verlustausgleichsbeschränkung des § 2 Abs. 2 EStG 1988.
Der der Verlustbeteiligung zugrunde liegende Gesellschaftsvertrag stammt vom und ist daher im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. 734/1996, zustande gekommen. Schon deshalb liegt die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht vor. Zudem ist darauf zu verweisen, dass § 2 Abs. 2 EStG 1988 keine Einschränkung auf das Anlagevermögen enthält; mit der genannten Verordnung wurde somit lediglich klargestellt und verdeutlicht, dass auch Verluste aus der - schwerpunktmäßigen - Verwaltung von unkörperlichen Umlaufvermögen unter dieses Verlustausgleichsverbot fallen (vgl. Hofstätter/Reichel, § 2 EStG 1988 Tz 8a).
Der Beschwerdeführer verweist zutreffend darauf, dass Bescheide eine Begründung zu enthalten haben (§ 93 Abs. 3 lit. a BAO). Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde allerdings
- entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - der Begründungspflicht entsprochen. Sie hat nämlich eindeutig zum Ausdruck gebracht, der Bescheid des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer 1996 sei inhaltlich rechtswidrig, weil die Gesellschaft, an welcher sich der Beschwerdeführer beteiligt hat, die Verwaltung unkörperlicher Wirtschaftsgüter betreibe, weshalb - was das Finanzamt nicht erkannt habe - die aus dieser Beteiligung zugewiesenen Verluste unter das Verlustausgleichsverbot des § 2 Abs. 2 EStG 1988 fielen. Für das Jahr 1996 sei daher zu Unrecht ein negativer Progressionsvorbehalt berücksichtigt worden (dieser führte trotz eines "inländischen" Einkommens von ca. 1,6 Mio. S zu einer Einkommensteuer von S 0,--). Für das Jahr 1997 ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid, dass das Finanzamt zu Unrecht einen positiven Progressionsvorbehalt vorgenommen habe, weil in Anwendung des § 2 Abs. 2 EStG 1988 der Verlust des Jahres 1996 aus dem Beteiligungsmodell mit dem Gewinn des Jahres 1997 hätte verrechnet werden müssen.
Soweit der Beschwerdeführer die Ermessensentscheidung der belangten Behörde rügt, ist darauf zu verweisen, dass sich die Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof bei Ermessensentscheidungen darauf beschränkt, ob vom eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht wurde, oder ob dies - in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmissbrauches - nicht der Fall gewesen ist. Im Verhältnis zu den Interessen von Beteiligten, die durch Verlustbeteiligungsmodelle gezielt steuerliche Verluste anstreben, am bescheidmäßigen Rechtsbestand wiegt aber das Prinzip der Rechtsrichtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung besonders schwer (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 99/15/0119). Im Lichte dieser Rechtsprechung erweist sich weder die Ermessenübung durch die belangte Behörde noch die Begründung dafür als mangel- oder fehlerhaft.
Gemäß § 299 Abs. 5 BAO tritt durch die Aufhebung eines Bescheides das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hat. Der Begründung des Aufhebungsbescheides kommt dabei keine Bindungswirkung für die Unterbehörde zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 89/15/0133).
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am