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VwGH vom 28.02.2002, 99/15/0132

VwGH vom 28.02.2002, 99/15/0132

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. H. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des H in B, Deutschland, vertreten durch Roessler Rechtsanwälte KEG in 1010 Wien, Schwedenplatz 3-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B-B5- 8/96, betreffend Erstattung von Vorsteuerbeträgen für den Zeitraum Jänner bis Dezember 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist ein ausländischer Beförderungsunternehmer. Er stellte unter Verwendung des amtlichen Formblattes am den - am beim Finanzamt eingelangten - Antrag auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen für die Kalendermonate Jänner bis Dezember 1994.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom gemäß Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 882/1993 (im Folgenden: VO), mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Antragsfrist nach der bezeichneten Verordnung am abgelaufen sei.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung und führte darin u. a. aus, dass es sich bei der Antragsfrist gemäß der VO um keine gesetzliche Frist gehandelt habe und diese daher verlängerbar gewesen wäre.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die Verlängerbarkeit der gegenständlichen Frist dahingestellt bleiben könne, da ein entsprechender Fristverlängerungsantrag nicht eingebracht worden sei.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom , B 2540/96).

Vor dem Verwaltungsgerichtshof rügt der Beschwerdeführer u. a., dass die VO zufolge Art. II der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 mit außer Kraft getreten sei und damit im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides nicht mehr dem Rechtsbestand angehört habe. Somit würde die Fristenregelung der BAO gelten, sodass der gegenständliche Antrag rechtzeitig gestellt worden sei, da dieser als Steuererklärung gelte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die Auslegung des Art. II der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird, BGBl. Nr. 279/1995, strittig. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

"Artikel II

(1) Diese Verordnung tritt mit in Kraft und ist erstmals auf Vorsteuerbeträge anzuwenden, die in das Kalenderjahr 1995 fallen.

(2) Die Verordnung BGBl. Nr. 882/1993 tritt mit außer Kraft."

Die belangte Behörde kommt zum Ergebnis, dass die VO auch nach dem die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Geltendmachung und Gewährung von Erstattungsansprüchen, die im Jahr 1994 entstanden sind, darstelle.

Demgegenüber vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die VO könne ab nicht mehr zur Anwendung gelangen. Zwangsläufig müsse dies auch für die im § 3 VO festgelegte Antragsfrist gelten, sodass eine Vorsteuererstattung für Vorsteuerbeträge des Jahres 1994 innerhalb der in § 240 BAO vorgegebenen 5-Jahresfrist möglich sei.

Gemäß § 28 Abs. 1 UStG 1994 trat dieses Bundesgesetz mit Wirksamkeit des Beitritts Österreichs zur EU () in Kraft. Aus § 28 Abs. 2 und 3 UStG 1994 ergibt sich ausdrücklich, dass das UStG 1972 mit diesem Zeitpunkt außer Kraft tritt, auf Umsätze und sonstige Sachverhalte aus der Zeit vor der Wirksamkeit des Beitritts Österreichs zur EU aber das im Zeitpunkt des maßgebenden Ereignisses für sie geltende Umsatzsteuerrecht anzuwenden ist.

Gemäß dem ab der Veranlagung 1994 geltenden, mit BGBl. Nr. 818/1993 eingeführten § 21 Abs. 11 UStG 1972 konnte der Bundesminister für Finanzen bei Unternehmen, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, und die im Inland keine steuerpflichtigen Umsätze ausführen, ausgenommen Umsätze, die nach § 20 Abs. 4 besteuert werden, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuern abweichend von den Abs. 1 bis 5 sowie den §§ 12 und 20 regeln. In der Verordnung konnte ein besonderes Verfahren angeordnet und ein Mindestbetrag festgelegt werden, ab dem eine Vorsteuererstattung erfolgte.

Zum genannten § 21 Abs. 11 UStG 1972 i.d.F. BGBl. Nr. 818/1993 ist die VO ergangen. Die VO normiert in Art. I Abs. 1, dass die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1972 nach Maßgabe der weiteren Regelungen der Verordnung zu erfolgen hat. Gemäß Art. II der Verordnung trat diese am in Kraft und ist erstmals auf Vorsteuerbeträge anzuwenden, die in das Kalenderjahr 1994 fielen.

Die Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 ist zu § 21 Abs. 9 UStG 1994 ergangen. Sie normiert in Art. I § 1 Abs. 1, dass die Erstattung der abziehbaren Vorsteuerbeträge an Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 nach Maßgabe der weiteren Regelungen der Verordnung zu erfolgen hat. Art. II Abs. 1 der Verordnung ordnet an, dass die Verordnung mit in Kraft tritt und erstmals auf Vorsteuerbeträge anzuwenden ist, die in das Kalenderjahr 1995 fallen. Gemäß Art. II Abs. 2 der Verordnung tritt die Verordnung BGBl. Nr. 882/1993 mit außer Kraft.

Auf dem Gebiet des Steuerrechts stehen generell abstrakte Normen mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich hinsichtlich der in diesem zeitlichen Bereich gesetzten Sachverhalte weiterhin in Geltung, es sei denn, der Gesetzgeber ordnet anderes an (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 23-26/97). Der Regelung des Art. II Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995, die das Ende des zeitlichen Anwendungsbereiches der VO festlegt, ist daher das Verständnis beizulegen, dass die VO für jene Vorsteuerbeträge nicht mehr zur Anwendung gelangt, welche nach dem anfallen und für welche sich sohin der Vorsteueranspruch aus dem UStG 1994 ergibt. Für Vorsteuerbeträge, die vor dem anfallen und für welche sich der Vorsteueranspruch aus dem UStG 1972 ergibt, ist hingegen die VO weiterhin in Geltung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0195). Die belangte Behörde hat somit die VO zu Recht als maßgebliche Rechtsgrundlage für die Geltendmachung und Gewährung von Erstattungsansprüchen, die im Jahr 1994 entstanden sind, herangezogen.

Auf die Frage, ob es sich bei der Frist des § 3 Abs. 1 der VO nicht um eine Fallfrist, sondern um eine bloße Ordnungsfrist handle, muss nicht näher eingegangen werden, da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht behauptet hat, innerhalb der genannten Frist einen Antrag auf Fristverlängerung gestellt zu haben. Schon deshalb kann auch darin, dass die belangte Behörde von der Versäumung der Frist des § 3 Abs. 1 der VO ausgegangen ist, kein Verfahrensmangel erblickt werden.

Zu den vom Beschwerdeführer vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken ist auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 2540/96, zu verweisen. Auch beim Verwaltungsgerichtshof vermochte die Beschwerde keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die VO zu wecken.

Zu der Anregung des Beschwerdeführers, der Verwaltungsgerichtshof möge i.S.d. Art. 234 EG-Vertrag dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Wege der Vorabentscheidung die Frage vorlegen, ob die Bestimmung des § 3 der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 den EG-Vertrag deswegen verletze, weil der Erstattungsantrag des Unternehmers aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde, da er nach Ablauf der kurzen Frist von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres gestellt worden ist, wird festgestellt, dass der angefochtene Bescheid auf der Grundlage der VO und nicht auf jener der Verordnung BGBl. Nr. 279/1995 ergangen ist. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass dem Gemeinschaftsrecht für Zeiträume vor dem in Österreich keine normative Wirkung zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis von , 97/15/0051).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am