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VwGH vom 22.02.1994, 91/14/0069

VwGH vom 22.02.1994, 91/14/0069

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des F in E, vertreten durch den Masseverwalter Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für OÖ vom , Zl. 764/16-10/Scho-1989, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommen- und Gewerbesteuer 1976 bis 1983 sowie Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens zum bis zum sowie Vermögenssteuer zum bis , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb unter der Firma M. ein Einzelunternehmen. Aufgrund einer im Jahre 1985 abgeschlossenen Betriebsprüfung wurden ihm für die Jahre 1981 und 1982 die Gewinne einer liechtensteinischen Domizilgesellschaft (insgesamt S 6,962.271,--) zugerechnet.

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer (vertreten durch den aufgrund der Konkurseröffnung im Jahre 1986 bestellten Masseverwalter) gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommen - und Gewerbesteuer 1976 bis 1983 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens und Vermögenssteuer zum bis zum . Zur Begründung wird ausgeführt, dem Beschwerdeführer seien zwar die Gewinne der liechtensteinischen Gesellschaft für die Jahre 1981 und 1982 zugerechnet worden, in der Gewinn- und Verlustrechnung des Einzelunternehmens (Firma M.) für 1976 seien aber bereits "Rückflüsse" aus Liechtenstein in Höhe von S 1,000.000,-- unter der Bezeichnung Lizenz- und Patentverkauf als Einnahme erfaßt, unter der gleichlautenden Bezeichnung seien "Rückflüsse" in Höhe von S 4,150.000,-- auch bereits in der Gewinn- und Verlustrechnung der P. GmbH - der Beschwerdeführer hielt an dieser GmbH zunächst unmittelbar, hernach über die Ing. R. BeteiligungsgmbH 25 % des Stammkapitals - erfaßt. Diese Tatsache sei erst im Zuge der Hauptverhandlung im Strafverfahren wegen Abgabenhinterziehung vor dem Kreisgericht W. am hervorgekommen und habe daher in den abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht geltend gemacht werden können. Es sei somit auch die Frist des § 303 Abs. 2 BAO gewahrt.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, die Verfahren, hinsichtlich derer die Wiederaufnahme beantragt werde, seien mit den am in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden abgeschlossen worden. Die Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1976 hinsichtlich des Einzelunternehmens des Beschwerdeführers beinhalte die entsprechenden Einnahmen aus Patentverkäufen bzw. Lizenzverträgen. Diese sei samt der Bilanz und den vom Beschwerdeführer unterschriebenen Steuererklärungen dem Finanzamt vorgelegt worden. Somit seien diese Beträge dem Beschwerdeführer bekannt gewesen. Außerdem seien die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und der liechtensteinischen Domizilgesellschaft Gegenstand mehrerer Betriebsprüfungen vor Ergehen der die Verfahren abschließenden Bescheide gewesen. Der Antrag sei daher nicht innerhalb der Frist des § 303 Abs. 2 BAO eingebracht worden.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wies die belangte Behörde mit der angefochtenen Berufungsentscheidung als unbegründet ab. Die Gewinnermittlungen, Bilanzen und Steuererklärungen betreffend die Verfahren, für die die Wiederaufnahme beantragt wird, seien vom Beschwerdeführer unterschrieben worden. Im Prüfungsverfahren, das zur Zurechnung der Gewinne der liechtensteinischen Gesellschaft an den Beschwerdeführer geführt habe, seien die Zurechnungsbeträge im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer festgesetzt worden, für die Berechnung der Beträge sei die Schlußbesprechung im Betriebsprüfungsverfahren sogar unterbrochen worden. Die Tatsache, auf welche der Wiederaufnahmeantrag gestützt wird, sei somit nicht erst anläßlich der Hauptverhandlung vom , sondern schon viel früher dem Beschwerdeführer bekannt geworden. Es möge zutreffen, daß der Beschwerdeführer der betreffenden Einnahme in der Gewinn- und Verlustrechnung seinerzeit eine andere rechtliche Würdigung beigemessen habe, die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO diene jedoch nicht dazu, eine Änderung in der rechtlichen Beurteilung herbeizuführen.

In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften eingewendet.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und


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a)
...
b)
Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder
c)
...
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gemäß § 303 Abs. 2 BAO ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
In der Beschwerde wird vorgebracht, dem Beschwerdeführer seien für die Jahre 1981 und 1982 Gewinne der Domizilgesellschaft in Liechtenstein zugerechnet worden, dabei seien aber Rückflüsse aus Liechtenstein in Form von Lizenz- und Patentverkäufen im Jahre 1976 nicht berücksichtigt worden, obwohl die zurückgeflossenen Gelder bereits in der Gewinn- und Verlustrechnung für 1976 als Betriebseinnahmen erfaßt worden seien.
Die belangte Behörde ging im Sachverhaltsbereich davon aus, dem Beschwerdeführer sei (von Anfang an) bekannt gewesen, daß die Gewinn- und Verlustrechnung 1976 für sein Einzelunternehmen die betreffenden Erträge aus dem Patent- bzw. Lizenzvertrag erfaßt habe und daß bei der Schätzung des Gewinnes der liechtensteinischen Domizilgesellschaft, welcher dem Beschwerdeführer zugerechnet wurde, diese Beträge nicht vom geschätzten Gewinn in Abzug gebracht worden seien. Die erstgenannte Sachverhaltsannahme konnte die belangte Behörde daraus ableiten, daß der Beschwerdeführer die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Bilanz und die Abgabenerklärungen für 1976 unterschrieben hat und er zumindest dadurch Kenntnis von den Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung erlangt hat. Die Beschwerde enthält keine Einwendungen gegen diese Sachverhaltsannahme. Die Behauptung, daß diese Tatsache zunächst für den Beschwerdeführer nicht "irgendeine Relevanz" gehabt habe, betrifft den Bereich der rechtlichen Würdigung, wendet sich aber nicht gegen die Annahme, daß Kenntnis über diese Tatsache vorgelegen sei. Die zweite Sachverhaltsannahme leitete die belangte Behörde in schlüssiger Beweiswürdigung davon ab, daß die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und der Gesellschaft in Liechtenstein Gegenstand der Betriebsprüfung gewesen sei und schließlich der Gewinn der Gesellschaft, welcher dem Beschwerdeführer 1981 und 1982 zugerechnet worden sei, im Einvernehmen mit dem Beschwerdeführer geschätzt worden sei. Die Beschwerde kann keine Zweifel an der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung wecken:
Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, aus welchem Grunde er hätte annehmen können, daß die in seinem Einzelunternehmen erfaßten Patent- bzw. Lizenzerträge bei der Schätzung des Gewinnes einer liechtensteinischen Gesellschaft in Abzug gebracht worden seien. In Anbetracht der Beiziehung des Beschwerdeführers bei der Schätzung des Gewinnes der liechtensteinischen Gesellschaft im Rahmen des Betriebsprüfungsverfahrens verstieß die belangte Behörde nicht gegen Denkgesetze, wenn sie annahm, der Beschwerdeführer habe Kenntnis davon gehabt, daß der geschätzte Gewinn nicht um bei ihm im Jahr 1976 erfaßte Patent- bzw. Lizenzerträge gemindert worden sei.
Nicht stichhaltig ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen in der Beschwerde, eine Betriebsprüfung sei erfahrungsgemäß mit Aufregung verbunden, die den Steuerpflichtigen in eine Ausnahmesituation bringe, wurde doch die Schlußbesprechung, an der der Beschwerdeführer (mit seinem steuerlichen Vertreter) teilnahm, am zum Zwecke der Auswertung der Bankauszüge der liechtensteinischen Gesellschaft durch den Beschwerdeführer unterbrochen und erst am fortgesetzt. Die belangte Behörde konnte mit Recht annehmen, daß sich der Beschwerdeführer zumindest in diesem Zeitraum mit den Grundlagen der Gewinnschätzung der liechtensteinischen Gesellschaft auseinandersetzte, wenn auch - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - "der Sachverhalt als äußerst kompliziert anzusehen" gewesen ist.
Der Beschwerdeführer rügt als Verletzung von Verfahrensvorschriften, die belangte Behörde habe nicht seinem Antrag entsprochen, den Betriebsprüfer als Zeugen zu vernehmen. Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer einen Antrag auf Einvernahme des Betriebsprüfers in der Eingabe vom gestellt. Die Zeugeneinvernahme sollte zum Beweisthema der Schätzungsmethode (für die Gewinne der Domizilgesellschaft in Liechtenstein) erfolgen. Diesem Beweisantrag hat die belangte Behörde zu Recht nicht entsprochen, weil er nicht die Frage betraf, zu welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer Kenntnis von den als Wiederaufnahmegrund geltend gemachten Tatsachen erlangt habe.
Ausgehend von dem in einem mängelfreien Verfahren festgestellten Sachverhalt wurde der Beschwerdeführer dadurch, daß die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag wegen Nichteinhaltung der Frist des § 303 Abs. 2 BAO zurückwies, nicht in seinen Rechten verletzt. Es braucht daher nicht darauf eingegangen zu werden, ob beim gegebenen Sachverhalt überhaupt der Wiederaufnahmegrund des § 303 Abs. 1 lit. b BAO vorlag.
Aufgrund der dargelegten Erwägungen konnte der Beschwerdeführer nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dartun, weshalb seine Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung
BGBl. Nr. 104/1991.