VwGH vom 03.10.2002, 97/08/0555
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der I in W, vertreten durch Dr. Helga Hofbauer, Rechtsanwältin in 1090 Wien, Garnisongasse 11/1, gegen den Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom , Zl. 42.024/17-7/97, betreffend nachträgliche Zustimmung zur Kündigung (mitbeteiligte Partei: V GmbH in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Hofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Freyung 6/12), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die am geborene Beschwerdeführerin war seit dem bei der mitbeteiligten Partei als Sachbearbeiterin und Sekretärin beschäftigt und gehört auf Grund des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom rückwirkend seit dem Personenkreis der begünstigten Behinderten an. Der festgestellte Grad der Behinderung beträgt 50 vH. Als Gesundheitsschädigungen wurden degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Coxarthrose links, rezidivierendes spannungsinduziertes Hals- und Lendenwirbelsyndrom, Arthrose Mittelgelenk II und IV, Spannungskopfschmerz und eine schwere Form der Gastritis festgestellt.
Am beantragte die mitbeteiligte Partei die nachträgliche Zustimmung zu der am zum ausgesprochenen Kündigung des Dienstverhältnisses mit der Beschwerdeführerin. Die mitbeteiligte Partei sei mit der Errichtung des Allgemeinen Krankenhauses (in Wien) beauftragt worden. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens sei es - mangels ähnlicher Großprojekte - zu einer schrittweisen Betriebseinschränkung und zu einer starken Personalreduktion gekommen. Der Personalstand sei von ursprünglich über 400 Beschäftigten per auf 172 Beschäftigte reduziert worden. Für die kommenden Jahre sei ein weiterer Personalabbau geplant, sodass für den ein Dienstnehmerstand von 67 Personen und für von 51 Personen erwartet werde. In einem Budgetbeschluss von März 1996 hätten die Auftraggeber, der Bund und die Gemeinde Wien, die Finanzmittel für die Jahre 1996 und 1997 deutlich reduziert, sodass ein Personalabbau in noch größerem Ausmaß als prognostiziert wahrscheinlich werde. Da der Personalabbau den gesamten Konzern betreffe, bestehe keine Möglichkeit, die Beschwerdeführerin in einem Tochterunternehmen einzusetzen. Die Kündigung sei unter der Erwägung ausgesprochen worden, dass die Beschwerdeführerin ab November 1996 die Voraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension erfüllt haben würde. Es sei sozial verträglicher, bei notwendigen Kündigungen zuerst die Arbeitnehmer mit Aussicht auf eine baldige Pensionsberechtigung abzubauen. Die Abteilung, in der die Beschwerdeführerin beschäftigt gewesen sei, sei bereits aufgelassen worden. In den anderen Abteilungen bestünde kein Bedarf an Sekretärinnen.
Die Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit der Beschwerdeführerin wäre darüber hinaus auf Grund deren Neigung zu unkollegialem und insubordinativem Verhalten sowie auf Grund des zwischen der Geschäftsführung und der Beschwerdeführerin eingetretenen Vertrauensverlustes nicht weiter zumutbar. Die Beschwerdeführerin habe durch ihr rechthaberisches, eigensinniges, streitsüchtiges und widerspenstiges Verhalten gegenüber unmittelbaren Vorgesetzten und Mitarbeitern zu einer wesentlichen Verschlechterung des Betriebsklimas beigetragen. Weniger dringende Arbeiten habe die Beschwerdeführerin mit übertriebener, geradezu pedantischer Akribie erledigt. Für die Erledigung dringender Arbeiten sei sie jedoch nicht zur Verfügung gestanden, sodass in solchen Fällen auf die übrigen Sekretärinnen habe zurückgegriffen werden müssen. Des Öfteren sei die Versetzung der Beschwerdeführerin beantragt worden. In einer schriftlichen Mitteilung vom habe ihr damaliger Vorgesetzter, Dr. K., neuerlich den Austausch der Beschwerdeführerin urgiert und sie dabei als nicht belastbare und nur in geringem Umfang einsetzbare Hilfskraft bezeichnet. Trotz Zurücknahme dieser - der Beschwerdeführerin planwidrig zur Kenntnis gelangten - Äußerung habe die Beschwerdeführerin Klage auf Unterlassung dieser Beurteilung gegen Dr. K. eingebracht. Der Umstand der Klagsführung eines Mitarbeiters gegen einen anderen stelle - unabhängig von der Berechtigung einer derartigen Klage - wegen der damit verbundenen negativen Konsequenzen für das Betriebsklima eine schwere Belastung für den Arbeitgeber dar. Im Übrigen hätte die Beschwerdeführerin bereits ab November 1996 die Voraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension erworben und wäre damit sozial abgesichert. Gespräche mit der Beschwerdeführerin über eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses seien gescheitert. Man habe sich daher zur Kündigung entschlossen.
Der Personalchef der mitbeteiligten Partei, Dr. M., sei erst am erstmals davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gestellt habe.
Die Beschwerdeführerin erklärte sich mit einer Kündigung nicht einverstanden und führte aus, sie sei bereit, in einer gleichwertigen Funktion, eventuell in einer Tochtergesellschaft der mitbeteiligten Partei, weiter zu arbeiten. Sie verwies darauf, dass die mitbeteiligte Partei bis zuletzt Leiharbeitskräfte beschäftigt habe. Eine Auflösung des Dienstverhältnisses zum komme für die Beschwerdeführerin aus pensionsrechtlichen Gründen nicht in Frage. Eine Weiterbeschäftigung bis zur Erreichung des 60. Lebensjahres bringe ihr eine um S 1.800,-- höhere Pensionsleistung im Vergleich zu einem Ende des Dienstverhältnisses zum mit 420 Versicherungsmonaten. Die Beschwerdeführerin bestritt auch die dienstlichen Vorwürfe gegen sie und brachte vor, sie sei niemals verwarnt worden. Die Einbringung einer Klage gegen Dr. K. sei notwendig gewesen, weil sich dieser geweigert habe, den Ausdruck "Hilfskraft" zurückzuziehen. Dies sei erst im Wege eines gerichtlichen Vergleiches geschehen.
Die Behörde erster Instanz stellte in ihrem Bescheid vom folgenden Sachverhalt fest:
"Die (mitbeteiligte Partei) wurde von der 'Arge der Republik Österreich und der Stadt Wien für den Neubau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses (Universitätskliniken)' mit der Errichtung des AKH beauftragt. Im Zuge der Fertigstellung des Bauvorhabens kam es zu einer schrittweisen Betriebseinschränkung. Der Personalstand betrug im Jänner 1994 261 Dienstnehmer, im Jänner 1995 242 Dienstnehmer, im Jänner 1996 167 Dienstnehmer und wurde bis Juli 1996 auf 141 Dienstnehmer reduziert.
Das Dienstverhältnis mit der (Beschwerdeführerin) wurde am zum gekündigt, das Schreiben von der (Beschwerdeführerin) am übernommen. Die (mitbeteiligte Partei) wurde erstmals am davon in Kenntnis gesetzt, dass die (Beschwerdeführerin) einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gestellt hat.
Die Abteilung, in der die (Beschwerdeführerin) beschäftigt war, wurde in der Zwischenzeit aufgelassen. (...) Vom bis zur ihrer Dienstfreistellung am war sie als Sachbearbeiterin/Sekretärin bei der (mitbeteiligten Partei) tätig gewesen. Ihr zuletzt bezogenes Gehalt betrug S 34.149,--. Die (Beschwerdeführerin) war ursprünglich der Abteilung Forderungsangelegenheiten zugeteilt, die nach dem Zusammenschluss mit der Abteilung Vertragswesen in die Abteilung für Rechtswesen umbenannt wurde.
Das Klima in der Abteilung war sowohl zwischen der (Beschwerdeführerin) und ihren Kolleginnen als auch den Vorgesetzten von Anfang an belastet und nicht von kollegialer Zusammenarbeit und Zusammenhalt geprägt.
Hinsichtlich einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses wurden von der (mitbeteiligten Partei) Gespräche mit der (Beschwerdeführerin) geführt. Aus persönlichen und pensionsrechtlichen Gründen kam für sie eine vorzeitige Lösung des Dienstverhältnis nicht in Frage.
Seit der Kündigung am bezieht sie Arbeitslosengeld in Höhe von S 12.950,-- monatlich. Mit Stichtag hat die (Beschwerdeführerin) 420 Beitragsmonate zur Pensionsversicherung erworben, ein Antrag auf Gewährung einer Pension wurde noch nicht gestellt. Die (Beschwerdeführerin) ist allein stehend, Sorgepflichten bestehen nicht. Über die üblichen Kosten zur Lebensführung hinaus bestehen keine außergewöhnlichen Belastungen."
Mit Bescheid des Behindertenausschuss für Wien beim Bundessozialamt Wien, Niederösterreich, Burgenland vom wurde die beantragte nachträgliche Zustimmung zu der am zum ausgesprochenen Kündigung der Beschwerdeführerin versagt. Die Zustimmung zu einer künftig auszusprechenden Kündigung wurde erteilt.
In rechtlicher Hinsicht führte die erstinstanzliche Behörde aus, eine nachträgliche Zustimmung zu einer bereits ausgesprochenen Kündigung sei nur in besonderen Ausnahmefällen zu erteilen, beispielsweise dann, wenn der Dienstgeber zu einer verhältnismäßig großen Betriebseinschränkung gezwungen sei und er außerdem beim Ausspruch der Kündigung nicht habe wissen können, dass der betreffende Dienstnehmer zu den begünstigten Personen zähle. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung sei noch ein Gesamtdienstnehmerstand (eingeschlossen die Leasingkräfte) von rund 200 Personen gegeben gewesen. Der Arbeitsplatz und der Tätigkeitsbereich der Beschwerdeführerin seien noch vorhanden gewesen. Gleichzeitig sei vor Ausspruch der Kündigung bekannt gewesen, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis des begünstigen Behinderten gestellt habe. Es sei daher kein derart besonderer Ausnahmefall zu erkennen, der es erlaube, der am per ausgesprochenen Kündigung nachträglich die Zustimmung zu erteilen.
Der Antrag auf Zustimmung zu einer bereits ausgesprochenen Kündigung schließe den Antrag auf Zustimmung zu einer künftig auszusprechenden Kündigung ein. Für die mitbeteiligte Partei falle ins Gewicht, dass nach der Beendigung von Großprojekten und einer Kürzung der finanziellen Mittel in den letzten Jahren Personal abgebaut werden musste und in Zukunft eine weitere Reduzierung zu erwarten sei. Die Abteilung, in der die Beschwerdeführerin bis zuletzt beschäftigt gewesen sei, sei bereits aufgelöst worden.
Hinsichtlich der Unzufriedenheit mit ihrem persönlichen und dienstlichen Verhalten sei anzumerken, dass die Beschwerdeführerin fast zwölf Jahre bei der mitbeteiligten Partei beschäftigt gewesen sei. Sollte es in dieser Zeit zu begründeten Beanstandungen gekommen sein, hätte die mitbeteiligte Partei die Möglichkeit und die Verpflichtung gehabt, rechtzeitig entsprechende Schritte zu setzen, um allfällige unerwünschte Entwicklungen zu vermeiden. Für die Beschwerdeführerin bedeute der Verlust des Arbeitsplatzes eine gewisse finanzielle Einbuße. Die wirtschaftliche Existenz sei jedoch nicht gefährdet. Bei einer Weiterbeschäftigung bis zum 60. Lebensjahr würde ihr Pensionsanspruch voraussichtlich S 21.700,-- brutto betragen. Auf Grund der erworbenen Versicherungszeiten und unter Berücksichtigung des Lebensalters habe die Beschwerdeführers bereits zum jetzigen Zeitpunkt Anspruch auf vorzeitige Alterspension. In Anbetracht der gesamten Umstände überwiege das Interesse der mitbeteiligten Partei an einer Beendigung des Dienstverhältnisses, weshalb einer künftig auszusprechenden Kündigung die Zustimmung zu erteilen sei.
Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Beschwerdeführerin (betreffend die erteilte Zustimmung zu einer künftig auszusprechenden Kündigung) als auch die mitbeteiligte Partei (betreffend die Versagung der nachträglichen Zustimmung zur Kündigung) Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass nachträglich die Zustimmung zu der am mit Wirkung zum ausgesprochenen Kündigung erteilt wurde. Der Berufung der Beschwerdeführerin wurde nicht Folge gegeben.
Die belangte Behörde traf folgende ergänzende Feststellungen:
"Die (Beschwerdeführerin) war zu den anderen Dienstnehmern der (mitbeteiligten Partei) unkollegial; es gab mit ihr immer Reibereien und Streitigkeiten. So reagierte sie unwirsch, wenn eine Kollegin von ihrem Schreibtisch einen Bleistift ausborgte; sie half nicht bei der Einschulung neuer Dienstnehmer der (mitbeteiligten Partei) mit. Die Arbeit, die sie selbst nicht fertig stellte, bekam die in ihrem Zimmer sitzende Frau M. auf den Schreibtisch. Die (Beschwerdeführerin) beendete an Freitagen ihre Arbeit vor Dienstschluss und war nie bereit, dringende Arbeiten zu übernehmen; diese überließ sie der Dienstnehmerin M. Die (Beschwerdeführerin) war insbesondere nie bereit, Überstunden zu leisten. Mit Vorgesetzten hatte die (Beschwerdeführerin) ständig Reibereien und ließ sich von diesen auch nichts anschaffen. Sie schwärzte die Zeugin M. und ihren Vorgesetzten Dr. K. bei der Geschäftsleitung an, dass diese angeblich in der Dienstzeit private Arbeiten erledigten. Sie behauptete, dass sie darüber als Beweismittel eine Diskette habe. Für den Vorgesetzten der (Beschwerdeführerin) Dr. ... im Zeitraum 1987 bis 1990 war die Zusammenarbeit mit der (Beschwerdeführerin) mühsamst, weswegen er damals die Kündigung der (Beschwerdeführerin) beantragte. Die (Beschwerdeführerin) las in der Dienstzeit Zeitung und führte private Telefongespräche. Ihrem Vorgesetzten Dr. ... gegenüber zeigte sie sich widerspenstig und unzuverlässlich. Sie überging ihn mehrfach und wandte sich direkt an den (dessen) Vorgesetzten ... Auch ihrem Vorgesetzten Dr. K. gegenüber zeigte sich die (Beschwerdeführerin) als rechthaberisch, eigensinnig, widerspenstig und aufsässig. Sie hatte für dringende Arbeiten keine Zeit, erledigte aber nicht dringende Arbeiten akribisch. Nebenbei setzte sie ihre Gewohnheit, die Zeitung in der Dienstzeit zu lesen und private Telefongespräche zu führen, fort. Dr. K. versuchte deswegen zweimal statt der (Beschwerdeführerin) eine andere Sekretärin zu bekommen. Obwohl die (Beschwerdeführerin) nach den ihr aufgetragenen Arbeiten die Tagesablage nicht durchzusehen hatte, kontrollierte sie die Tagesablage. Sie fand dort einen von ihrem Vorgesetzten Dr. K. mit datierten Bericht, in dem dieser die (Beschwerdeführerin) als eine Hilfskraft bezeichnete, die wegen ihrer körperlichen Konstitution nicht belastbar und daher nur in geringem Umfang einsetzbar sie. Die (Beschwerdeführerin) nahm dies zum Anlass, Dr. K. beim ASG Wien zu 27 Cga 141/95d auf Unterlassung zu klagen, sie als Hilfskraft zu bezeichnen, die auf Grund ihrer körperlichen Konstitution nicht belastbar und daher nur in geringem Umfang einsetzbar sei. Dr. K. sah sich deswegen genötigt, mit Vergleich vom seine diesbezügliche Erklärung zurückzuziehen. Die (Beschwerdeführerin) erhob gegen Dr. K. beim Vorstand der (mitbeteiligten Partei) nicht bewiesene Vorwürfe, Dr. K. betätige sich als Winkelschreiber. Sie behauptete in diesem Zusammenhang, dass sie eine Diskettenkopie mit vertraulichen Dingen über Dr. K. besitze. Sie nahm auch vom Schreibtisch der Dienstnehmerin M. private Schreiben und kopierte diese. Zu ihrer Rechtfertigung gab sie an, sie fühle sich mit biblischem Hass verfolgt und müsse sich schützen. Wegen der von ihr gegen Dr. K. erhobenen, aber nicht bewiesenen Vorwürfe, wurde die (Beschwerdeführerin) von der Firmenleitung auf die Abbauliste gesetzt. Da sich die (Beschwerdeführerin) Disketten und Kopien von persönlichen Daten anderer Mitarbeiter verschafft hatte, bewirkte, dass sie von der Geschäftsleitung als Sicherheitsrisiko eingestuft wurde."
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die mitbeteiligte Partei im Zeitpunkt der Kündigung am zwar seit dem (richtig: 1995) davon Kenntnis gehabt habe, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Anerkennung als begünstigte Behinderte eingebracht habe. Ob dieser Antrag erfolgreich sein würde, sei jedoch nicht bekannt gewesen. Der im Berufungsverfahren zu Gunsten der Beschwerdeführerin erwirkte Bescheid, mit dem sie als begünstigte Behinderte anerkannt worden sei, stamme vom , also lange nach der Beendigung der Kündigungsfrist vom . Im Kündigungszeitpunkt habe die mitbeteiligte Partei daher nicht wissen können, dass die Beschwerdeführerin später als begünstigte Behinderte anerkannt werden würde.
Das Verhalten der Beschwerdeführerin, sich Vorrechte herauszunehmen, lästige Arbeiten nicht zu übernehmen sowie ihre errungene Stellung einer bevorzugt zu behandelnden Dienstnehmerin durch Einschüchterungsversuche zu sichern und dabei auch eine Stellungnahme ihres Chefs, die nicht für sie bestimmt gewesen sei, gleich zum Anlass für eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Wien zu verwenden, zeige "ihre konsequente aggressive Grundhaltung mit einer Neigung sich sowohl über die Arbeitspflicht als auch über die Treuepflicht eines Arbeitnehmers hinwegzusetzen". Das Fehlverhalten erscheine so schwer wiegend, dass im Zusammenhalt mit der festgestellten Notwendigkeit zum Personalabbau "ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, der die nachträgliche Zustimmung zur bereits ausgesprochenen Kündigung rechtfertigt". Dabei müsse auch Bedacht darauf genommen werden, dass die Beschwerdeführerin mit dem Wirksamwerden der Kündigung am nach der Rechtslage vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 unter Ausnützung der damals gegebenen Möglichkeiten (Abfertigung und Sonderunterstützung) zumindest die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit bekommen hätte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit der lediglich der Ausspruch der belangten Behörde bekämpft wird, womit nachträglich die Zustimmung zu der am ausgesprochenen Kündigung erteilt werde. Die Beschwerdeführerin brachte in der Beschwerde vor, sie sei mittlerweile von der mitbeteiligten Partei mit Schreiben vom , zugegangen am , neuerlich ("in eventu") zum gekündigt worden und sie werde diese Kündigung nicht anfechten.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Als inhaltlich rechtswidrig bekämpft die Beschwerdeführerin die Auffassung der belangten Behörde, eine nachträgliche Zustimmung zur Kündigung könne erteilt werden, weil im vorliegenden Fall ein "besonderer Ausnahmefall" im Sinne des § 8 Abs. 2 zweiter Satz Behinderteneinstellungsgesetz anzunehmen sei.
Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des § 8 Behinderteneinstellungsgesetz lauten:
(1) Das Dienstverhältnis eines begünstigten Behinderten darf vom Dienstgeber, soferne keine längere Kündigungsfrist einzuhalten ist, nur unter Einhaltung einer Frist von vier Wochen gekündigt werden. (...)
(2) Die Kündigung eines begünstigten Behinderten (§ 2) darf von einem Dienstgeber erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuss (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates (...) zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschusses ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt. Gesetzliche Bestimmungen, die die Beendigung des Dienstverhältnisses an zusätzliche Voraussetzungen knüpfen, bleiben unberührt. Auf die Kündigung eines begünstigten Behinderten finden die Bestimmungen des § 105 Abs. 2 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974 (...) keine Anwendung.
(3) Abs. 2 findet auf das Dienstverhältnis eines begünstigten Behinderten keine Anwendung, soweit ihm als Mitglied des Betriebsrates (Jugendvertrauensrates) (...) der besondere Kündigungsschutz auf Grund der §§ 120 und 121 des Arbeitsverfassungsgesetzes (...) zusteht."
Bei der vom Behindertenausschuss nach § 8 Abs. 2 leg. cit. zu treffenden Entscheidung handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0039) um eine Ermessensentscheidung. Von dem eingeräumten Ermessen wird dann im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht, wenn die Behörde der Entscheidung eine Interessenabwägung zu Grunde legt, bei der die berechtigten Interessen des Dienstgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des zu kündigenden bzw. schon gekündigten Dienstnehmers im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist zu beurteilen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ermessensentscheidung entsprechend dem Art. 130 Abs. 2 B-VG ausschließlich daraufhin zu prüfen, ob die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat oder ob dies nicht der Fall gewesen ist.
Die Beschwerde bestreitet das Vorliegen der Voraussetzungen für eine nachträgliche Zustimmung zur Kündigung. Es lägen keine an der Grenze des Kündigungsschutzes liegenden außergewöhnlichen Umstände vor, die wegen der Unzumutbarkeit der Einholung einer vorherigen Zustimmung eine nachträgliche Zustimmung zur Kündigung rechtfertigen könnten. Zwar sei es zu Personaleinschränkungen gekommen. Im Zeitpunkt der (ersten) Kündigung habe aber der Personalstand (einschließlich der Leasingkräfte) aber noch rund 200 Personen betragen. Ihre Organisationseinheit, ihr Arbeitsplatz und ihr Tätigkeitsbereich seien noch vorhanden gewesen. Die ihr vorgeworfenen persönlichen Verhaltensweisen könnten eine Entlassung nicht rechtfertigen. Sie beruhten auf Charaktereigenschaften, die der mitbeteiligten Partei über viele Jahre bekannt gewesen und nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung hervorgekommen seien. Die mitbeteiligte Partei habe Monate nach der Klage gegen ihren Vorgesetzten wegen der erwähnten degradierenden Beschreibung noch im August 1995 Gespräche über eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses geführt. Bei einer Bewertung ihres Verhaltens gelange man nicht zu der Annahme eines Kündigungsgrundes nach dem analogen § 121 Z 3 ArbVG. Die Beharrlichkeit der Pflichtverletzung setze die Abmahnung, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung das Bekanntwerden der Pflichtverletzungen voraus. Beides sei nicht gegeben. Schließlich hätte sie nicht mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung am Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit gehabt, sondern erst ab dem . Die nachträgliche Zustimmung zur Kündigung würde zu einer nicht unerheblichen Einkommenseinbuße führen.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Der Kündigungsschutz nach dem Behinderteneinstellungsgesetz entsteht rückwirkend ab dem Tag der Antragstellung, auch dann, wenn der rechtsfeststellende Bescheid erst nach Ablauf der Kündigungsfrist zugestellt wurde. Jede nach dem Zeitpunkt des - wenn auch erst im Nachhinein eingetretenen - Wirksamwerdens dieser Feststellung ausgesprochene Kündigung bedarf daher der Zustimmung des Behindertenausschusses (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/08/0032).
Über die bei jeder Entscheidung über einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten im Rahmen der Ermessensentscheidung vorzunehmende Interessenabwägung hinaus ist bei der Entscheidung über einen Antrag auf nachträgliche Zustimmung zur Kündigung noch zu prüfen, ob ein besonderer Ausnahmefall im Sinne des § 8 Abs. 2 zweiter Satz BEinstG vorliegt, in dem dem Dienstgeber die vorherige Einholung der Zustimmung nicht zugemutet werden kann. Die besonderen Ausnahmegründe haben in diesem Fall ergänzend zu den für die grundlegende Interessenabwägung maßgebenden Gründen zu treten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0438, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine nachträgliche Zustimmung erteilt werden kann, wiederholt die Auffassung vertreten, dass das Gesetz durch die doppelte Hervorhebung des Ausnahmecharakters ("besondere" und "Ausnahmefälle") in eindringlicher Weise zum Ausdruck gebracht habe, dass dabei nur an ganz außergewöhnliche Umstände gedacht sei. Es werde sich demnach um Fälle handeln müssen, die nicht nur hart an der Grenze des (eine gerechtfertigte Entlassung nicht umfassenden: Dittrich-Tades, ArbR, E 38ff zu § 8 BEinstG, und jedenfalls nicht über den Schutz von Betriebsratsmitgliedern nach § 121 ArbVG hinaus gehenden: vgl. das zitierte Erkenntnis vom , Zl. 95/08/0039) Kündigungsschutzes überhaupt gelegen, sondern auch dadurch charakterisiert seien, dass dem Dienstgeber die vorherige Einholung einer behördlichen Zustimmung nicht zugemutet werden könne. Ein solcher Fall liege z.B. dann vor, wenn der Dienstgeber zu einer verhältnismäßig großen Betriebseinschränkung gezwungen sei und außerdem bei Ausspruch der Kündigung nicht habe wissen können, dass der betreffende Dienstnehmer zu den begünstigten Personen zähle (siehe dazu das Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0550, Slg. Nr. 14.986/A, mwN), oder etwa dann, wenn im Falle einer Betriebsstilllegung, auf Grund derer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den behinderten Dienstnehmer im Unternehmen des Dienstgebers nicht mehr gegeben ist, der Dienstgeber um die Behinderteneigenschaft des Dienstnehmers weiss, rechtzeitig um die Zustimmung zur Kündigung ansucht, diese auch rechtzeitig vor der Betriebsstilllegung erhält und nur durch die Einbringung eines erfolglosen Rechtsmittels des gekündigten Dienstnehmers in Verbindung mit der Verfahrensdauer vor der Berufungsbehörde um den Erfolg seiner vorausschauenden Planung gebracht und dadurch dem Risiko ausgesetzt wird, für einen Dienstnehmer, für den es auf Grund einer Betriebsstilllegung keinerlei Beschäftigungsmöglichkeit mehr gibt, dessen ungeachtet auch weiterhin das Arbeitsentgelt bezahlen zu müssen (vgl. das zuletzt zitierte hg. Erkenntnis vom ).
Die mitbeteiligte Partei wusste zwar schon seit dem , dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Feststellung ihrer Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach § 2 BEinstG gestellt hatte. Dies kann aber der rechtswirksamen Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zu diesem Kreis nicht gleichgehalten werden, zeigt doch gerade der vorliegende Fall, dass der Beschwerdeführerin diese Eigenschaft erst über deren Berufung mit Berufungsbescheid vom rückwirkend zum zuerkannt wurde. Vor dem rechtskräftigen Ausspruch darüber hatte die mitbeteiligte Partei weder die Möglichkeit noch die Veranlassung, einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung der Beschwerdeführerin zu stellen. Daher - und insoweit ist der belangten Behörde zuzustimmen - ist die oben genannte zweite Voraussetzung für eine nachträgliche Zustimmung zu einer bereits ausgesprochenen Kündigung (nämlich die Unzumutbarkeit bzw. Unmöglichkeit der vorherige Einholung einer Zustimmung) erfüllt.
Im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde lagen aber bei der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der durch die Kündigung angestrebten Beendigung des Dienstverhältnisses (hier der ) weder in sachlicher noch in persönlicher Hinsicht Umstände vor, die im Sinne der zitierten Rechtsprechung "hart an der Grenze des Kündigungsschutzes" liegen.
Nach den von der belangten Behörde übernommenen Feststellungen verringerte sich der im Jänner 1994 261 Dienstnehmer, im Jänner 1995 242 Dienstnehmer und im Jänner 1996 167 Dienstnehmer umfassende Personalstand der mitbeteiligten Partei von Jänner 1996 bis Juli 1996 weiter auf 141 Dienstnehmer. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung war noch ein Dienstnehmerstand (mit Leasingkräften) von rund 200 Personen gegeben. Die Organisationseinheit der Beschwerdeführerin war damals noch nicht aufgelöst und ihr Arbeitsplatz und Tätigkeitsbereich noch vorhanden. Nicht festgestellt wurde, dass der Arbeitsplatz der Beschwerdeführerin mit dem oder auch nur vor dem - dem Zeitpunkt des Antrags der mitbeteiligten Partei auf nachträgliche Zustimmung zur Kündigung - weggefallen wäre. Auch die mitbeteiligte Partei brachte in ihrem Antrag vom lediglich vor, durch einen Budgetbeschluss von März 1996 seien die Finanzmittel für die Jahre 1996 und 1997 deutlich reduziert worden. Die Abteilung, in der die Beschwerdeführerin beschäftigt gewesen sei, wäre "bereits aufgelassen worden" und es "bestehe keine Möglichkeit, die (Beschwerdeführerin) in einem Tochterunternehmen einzusetzen". Eine (nachträgliche) Zustimmung zur Kündigung bei einer im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung noch andauernden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Beschwerdeführerin widerspräche aber dem Sinn des BEinstG (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/08/0002, Slg. Nr. 14.567/A).
Auch aus den Feststellungen über die das dienstliche Verhalten der Beschwerdeführerin gegenüber ihren Arbeitskollegen und ihren Vorgesetzten ergibt sich lediglich das Bild einer beträchtlichen Unverträglichkeit der Beschwerdeführerin, die zwar im Rahmen der Ermessensübung bei der Zustimmung zu einer Kündigung ins Gewicht fallen wird und einen Grund für eine (vorherige) Zustimmung zur Kündigung gemäß § 8 Abs. 2 erster Satz BEinstG darstellen kann, aber bei Weitem noch nicht "hart an der Grenze des Kündigungsschutzes" liegt. Ein die nachträgliche Zustimmung zur Kündigung rechtfertigender Ausnahmefall iS des § 8 Abs. 2 zweiter Satz BEinstG liegt daher nicht vor.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Der zugesprochene Aufwandersatz setzt sich aus EUR 908,-- als pauschalierter Schriftsatzaufwand nach der zitierten Verordnung und EUR 181,68 als gemäß § 3 Abs. 2 Z. 2 Euro-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2000,
umgerechneter Ersatz für die zu entrichten gewesene Eingabengebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG im Betrag von S 2.500,-- zusammen.
Wien, am
Fundstelle(n):
AAAAE-61786